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Im Zweifel ist eine abgeleitete (unechte) Nettolohnvereinbarung anzunehmen

GREGORKALTSCHMID

Der Kl war bei der Bekl vom 21.8. bis 6.9.2013 als Angestellter in einem Wettbüro beschäftigt. Sein Dienstplan sah vor, dass er im Wechsel drei Tage arbeiten, dann zwei Tage frei haben, anschließend vier Tage arbeiten und drei Tage frei haben sollte. Als Entlohnung waren € 120,- netto pro geleistetem Arbeitstag vereinbart. Das Dienstverhältnis endete durch Entlassung.

Mit seiner Klage verlangte der Kl Kündigungsentschädigung. Er brachte vor, sein Gehalt habe monatlich € 4.062,- brutto für durchschnittlich 20 Arbeitstage betragen, woraus sich für 53 Tage Kündigungsfrist eine Kündigungsentschädigung von € 7.176,36 brutto ergebe.

Das Erstgericht wies die Klage mit Ausnahme eines geringfügigen Teilbetrages ab.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Kl zum Teil Folge und sprach einen Betrag von € 3.720,- netto samt Zinsen unter Abweisung des (Brutto-)Mehrbegehrens zu. Dabei ging es von einer originären (echten) Nettolohnvereinbarung und den vereinbarten € 120,- netto pro Arbeitstag aus und errechnete so bei noch 31 Arbeitstagen den zugesprochenen Betrag. Es sah im konkreten Fall keinen Anlass, die Nettosumme in einen Bruttobetrag „umzurechnen“.

Der OGH erachtete die dagegen vom Kl erhobene Revision zum überwiegenden Teil aus folgenden Gründen als berechtigt:

Der Lohnanspruch des AN richtet sich grundsätzlich auf einen Bruttobetrag, der AG schuldet daher eine Bruttovergütung. Dementsprechend steht es einem AN frei, den Bruttolohn einschließlich der von ihm zu tragenden, wenngleich vom AG abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsabgaben einzuklagen.

Zulässig ist aber auch eine Vereinbarung, dass der AG den Lohn netto schuldet. Arbeitsrechtlich ist dabei zwischen der abgeleiteten (unechten) und der originären (echten) Nettolohnvereinbarung zu unterscheiden. Bei der abgeleiteten Nettolohnvereinbarung wird nur eine punktuelle Einigung darüber erzielt, wie viel dem AN im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Abzug aller Beiträge und Abgaben verbleiben soll, was er also bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis „auf die Hand“ erhält. Die maßgebliche Größe ist aber auch hier der zugrunde liegende Bruttobetrag, von dem ausgehend bei einer Veränderung der Abgaben auch das Nettoentgelt neu zu berechnen ist. Abgeleitete Nettolohnvereinbarungen beinhalten somit einen Anpassungsvorbehalt.

Das Berufungsgericht ist im vorliegenden Fall (jedenfalls erkennbar) jedoch von einer originären bzw echten Nettolohnvereinbarung ausgegangen. Nur bei dieser Form ist der Anspruch des AN auf den Nettobetrag beschränkt.

Der AG schuldet hier vereinbarungsgemäß den Nettolohn als konstante Größe. Bei der originären Nettolohnvereinbarung hat der AG auch den Wegfall individueller Steuervorteile und generelle Steuererhöhungen zu tragen, andererseits muss er aber auch nicht die für bestimmte Bezüge gewährten Steuervorteile weitergeben.

Wenn vereinbart wurde, dass dem AN ein bestimmter Betrag netto auf die Hand zukommen soll, reicht dies allein für die Annahme einer originären Nettolohnvereinbarung, die einen Ausnahmefall bildet, noch nicht aus. Im Zweifel ist immer nur eine abgeleitete Nettolohnvereinbarung anzunehmen. Die Behauptungs- und Beweislast für eine originäre Nettolohnvereinbarung liegt beim AN.

Dieser hat aber kein entsprechendes Vorbringen erstattet. Die Kündigungsentschädigung wurde daher zu Recht brutto eingeklagt.71