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Invaliditätspension – Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die strengen Anforderungen an den Berufsschutz

SOPHIAMARCIAN
§ 255 Abs 2 Satz 2 und 3 ASVG

Der 1963 geborene Kl, gelernter Koch und Kellner, beantragte bei der Bekl eine Invaliditätspension, welche mangels Vorliegens von Invalidität abgelehnt wurde. Das Erstgericht wies die Klage ab und stellte fest, dass der Kl keine berufsschutzerhaltende Tätigkeit im Ausmaß von 90 Monaten innerhalb des Beobachtungszeitraumes von 15 Jahren ausgeübt habe und daher kein Berufsschutz vorliege. Der Kl kann – mangels Berufsschutzes – auf einfache Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und ließ die Revision nicht zu.

Die außerordentliche Revision des Kl wurde mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückgewiesen. Der Revisionswerber stellte in seiner Revision an den OGH den Antrag, dieser möge beim VfGH die Aufhebung des § 255 Abs 2 Satz 2 und 3 ASVG wegen verfassungsrechtlicher Bedenken beantragen. Der Revisionswerber sah in dieser Regelung eine unsachliche Differenzierung sowie eine Diskriminierung aufgrund der Alters.

Der OGH teilte die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken des Revisionswerbers nicht und sprach erneut aus, dass die mit der Novellierung des § 255 Abs 2 Satz 2 ASVG eingeführten verschärften Anforderungen zur Erlangung eines Berufsschutzes mit keinen offenbaren Wertungswidersprüchen in der Rechtsordnung einhergehen (OGH10 ObS 50/12v SSV-NF 26/33; OGH10 ObS 12/14h SSV-VF 28/13; OGH10 ObS 63/14h SSV-NF 28/48; OGH 25.11.2014, 10 ObS 144/14w). Der OGH sieht daher keinen Anlass zur Antragstellung an den VfGH. Da eine Prozesspartei kein subjektives Recht darauf hat, war der Antrag des Revisionswerbers zurückzuweisen.

Schon in früheren Entscheidungen des OGH (10 ObS 50/12v SSV-NF 26/33) wurde die Voraussetzung einer bestimmten Mindestversicherungszeit, in der eine qualifizierte Erwerbstätigkeit in einem vom Gesetzgeber definierten Zeitraum ausgeübt wurde, als nicht unsachlich angesehen. Auch das Argument, diese Regelung stelle eine unzulässige Altersdiskriminierung gegenüber (jüngeren) Versicherten dar, bei denen ein kürzerer Beobachtungszeitraum vorliegt und die sogenannte „Halbdeckung“ gilt, wurde bereits in der bisherigen Rsp des OGH verneint.