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Berufsunfähigkeitspension: Zuletzt über fünf Monate ausgeübte Angestelltentätigkeit bestimmt Verweisungsfeld, wenn sie an früher bereits länger ausgeübte Tätigkeiten anschließt

CAROLINEKRAMMER

Der Kl, ein gelernter Schlosser, war nach Absolvierung der HTL-Abendschule in verschiedenen Angestelltenberufen tätig. Von September 2005 bis April 2011 war er als gewerberechtlicher Geschäftsführer im Bereich Sicherheitstechnik in der Verwendungsgruppe 6 des KollV der Angestellten im Metallgewerbe beschäftigt. Danach war er von Jänner 2012 bis August 2013 in einer Alarmzentrale tätig, wo er Alarmanlagen überprüfte und den Generalvertrieb für Industrietelefone übernahm. Von September 2013 bis Oktober 2013 war der Kl als Kundenberater im Außendienst für die ÖBB und zuletzt von Jänner bis Mai 2015 im Außendienst als technischer Angestellter im Vertrieb, Kundenservice und in der Beratung tätig.140

Unstrittig war, dass die ab August 2013 ausgeübten Tätigkeiten keiner höheren Verwendungsgruppe als jener der Gruppe 3 entsprachen. Dem Kl sind zumindest technische Angestelltentätigkeiten bis Gruppe 2 weiter möglich, ohne sein medizinisches Leistungskalkül zu überschreiten.

Die Unterinstanzen wiesen das auf Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension gerichtete Klagebegehren ab. Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück.

Nach dem im vorliegenden Fall relevanten § 273 Abs 1 ASVG wird nicht auf die während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübten Berufstätigkeiten abgestellt, maßgeblich ist vielmehr die zuletzt nicht bloß vorübergehend ausgeübte Angestelltentätigkeit. Für die Frage der „nicht bloß vorübergehend“ ausgeübten Tätigkeit gibt es keine fixe Zeitgrenze. In der Rsp wurde eine eineinhalbmonatige Tätigkeit als vorübergehend bewertet (OGH 16.9.2003, 10 ObS 240/02w); Zeiträume von 13 (OGH 18.12.2007, 10 ObS 158/07v) bzw acht Monaten (OGH 22.10.2002, 10 ObS 315/02z) wurden dagegen als nicht nur vorübergehend angesehen. Relevant ist die inhaltliche Frage, ob sich der Versicherte, der eine andere als die bisherige Tätigkeit aufnimmt, vom früher ausgeübten Beruf „gelöst“ hat (OGH10 ObS 158/07v).

Im Hinblick auf den Berufsverlauf des Kl gestand der OGH zwar zu, dass die Tätigkeit als technischer Außendienstmitarbeiter im Zeitraum von Jänner bis Mai 2015 nur relativ kurz ausgeübt wurde, gab allerdings zu bedenken, dass diese Tätigkeit an eine früher bereits länger ausgeübte Tätigkeit als technischer Angestellter im Vertrieb und in der Kundenberatung in den Jahren 2012 und 2013 anschließe. Daher könne bei der zuletzt ausgeübten technischen Angestelltentätigkeit von einer „zuletzt nicht bloß vorübergehend“ ausgeübten Tätigkeit gesprochen werden, weil der Kl mit dieser Tätigkeit an früher bereits länger ausgeübte Tätigkeiten anschließe und sich nicht davon „gelöst“ habe.

Das Berufungsgericht hielt sich mit seiner Entscheidung daher im Rahmen der höchstgerichtlichen Rsp zur Auslegung des § 273 ASVG. Es entspreche außerdem der stRsp, dass § 273 Abs 1 ASVG keinen Schutz der im Berufsleben höchst erreichten Tätigkeit gewähre.