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Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Exportpflicht von Rehabilitationsgeld

MONIKAWEISSENSTEINER

Die 1965 geborene Kl ist österreichische Staatsbürgerin und arbeitete bis 1990 in Österreich und erwarb hier 59 Versicherungsmonate. Seit ihrer Übersiedlung nach Deutschland im Jahr 1990 erwarb sie dort 235 Versicherungsmonate; zuletzt war sie 2013 als Bürokauffrau beschäftigt.

Die Kl beantragte am 18.6.2015 die Gewährung einer Invaliditätspension in eventu Maßnahmen der Rehabilitation. Die Bekl bestritt das Vorliegen von Invalidität. Sollte vorübergehende Invalidität vorliegen, sei das Rehabilitationsgeld nicht zu exportieren; es sei unionsrechtlich eine Leistung bei Krankheit. Der Export würde zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen, weil infolge Fehlens eines zwischenstaatlichen Kürzungsfaktors nach dem Verhältnis der erworbenen Versicherungszeiten unverhältnismäßig hohe Leistungen zu erbringen wären.

Das Erstgericht stellte das Vorliegen vorübergehender Invalidität fest und bejahte den Anspruch auf Rehabilitationsgeld. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht Folge.

Im Revisionsverfahren ist strittig, ob das Rehabilitationsgeld zu exportieren ist.

Der OGH setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vor, ob das Rehabilitationsgeld als Leistung bei Krankheit, bei Invalidität oder bei Arbeitslosigkeit nach Art 3 der VO (EG) 883/2004 zu qualifizieren sei. Die herrschende Ansicht in Österreich ordne das Rehabilitationsgeld als Leistung bei Krankheit ein, weil es nicht das Risiko der Erwerbsunfähigkeit decke, sondern den Einkommensausfall während des Zeitraums einer Rehabilitation abdecken soll. Die Berechnung richte sich nach dem Krankengeld. Es weise aber auch Eigenschaften einer Leistung bei Invalidität auf (Erfüllung einer Wartezeit; Invalidität muss länger als sechs Monate vorliegen). Auch eine Einordnung als Leistung bei Arbeitslosigkeit käme in Frage, weil die Aktivierung in den Arbeitsmarkt bewirkt werden solle. Weiters wird gefragt, ob die Verordnung im Lichte des Primärrechts dahin auszulegen ist, dass der ehemalige Wohnsitz- und Beschäftigungsstaat verpflichtet ist, eine Leistung wie das Rehabilitationsgeld zu exportieren, wenn der Großteil der Versicherungszeiten im anderen Staat erworben wurde und seit der Verlegung des Wohnsitzes aus dem ursprünglichen Staat keine Leistungen aus der KV und PV bezogen wurden.

ANMERKUNG DER BEARBEITERIN:
Diese E des OGH überrascht, wurde doch seit dem Urteil 10 ObS 133/15d vom 20.12.2016 (RS0131207) in stRsp die Exportierbarkeit bejaht. Der OGH betonte den Sondercharakter des Rehabilitationsgeldes an der Schnittstelle zwischen Krankheit und Invalidität und hielt fest, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob ein primärrechtlich fundierter Anspruch gegeben sei.