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Zinsen für Abfertigung nach § 1a IESG weiterhin gesichert

MARGITMADER

Die Kl war von 12.4.1988 bis 31.12.2016 als Küchenhilfe beschäftigt. Das Begehren der Kl auf Zahlung der gesetzlichen Abfertigung samt 8,58 % Zinsen seit 1.1.2017 wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 21.4.2017 abgewiesen, da die Billigkeitsprüfung nach § 23 Abs 2 AngG iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG (Arbeiter-Abfertigungsgesetz) ergab, dass sich die wirtschaftliche Lage des AG derart verschlechtert hatte, dass ihm die gänzliche oder teilweise Zahlung der Abfertigung nicht zumutbar war. Die Kl stellte daraufhin einen Antrag bei der IEF-Service GmbH. Diese sprach der Kl Insolvenz-Entgelt für die Abfertigung zuzüglich der Kosten des Verfahrens zu, nicht jedoch für die Zinsen. Die Kl brachte dagegen Klage ein. Sie habe unter sinngemäßer Anwendung des § 3 Abs 2 IESG Anspruch auf 8,58 % Zinsen für die Abfertigung vom 1.1.2017 bis zum Stichtag des Urteils, sohin bis zum 21.4.2017. Hilfsweise werde der Anspruch auf § 1333 ABGB gestützt. Die Bekl wandte ein, in den Fällen des § 1a IESG bestehe weder ein nach § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG gesicherter (aufrechter) Anspruch noch ein Stichtag iSd § 3 Abs 1 IESG, sodass sich gem § 3 Abs 2 IESG auch kein Anspruch der Kl auf Zinsen ergebe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl teilweise Folge. Unter Berücksichtigung der bisherigen Judikatur des OGH (11.2.1999, 8 ObS 11/99x und 15.4.1999, 8 ObS 77/99b) stünde Insolvenz-Entgelt auch für Zinsen für nach § 1a IESG gesicherte Ansprüche auf Abfertigung zu. Die Änderung des § 3 Abs 2 IESG durch das Budgetbegleitgesetz 2001 bedeute nicht, dass keine Zinsen mehr zustünden, sondern nur, dass auch der Zinsenlauf für eine nach § 1a IESG gesicherte Abfertigung mit dem Stichtag begrenzt werde. Dem Anspruchsberechtigten stünde im Falle der Abweisung eines Abfertigungsanspruchs aus den Gründen des § 23 Abs 2 AngG bis zur Zustellung des ihm gegenüber rechtskräftig gewordenen Urteils die gesetzlichen Zinsen von 4 % zu, auch wenn dieser Zeitpunkt in § 3 Abs 1 IESG nicht als Stichtag genannt werde. Es sei allerdings zu beachten gewesen, dass mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht der gesamte Abfertigungsanspruch sofort fällig geworden sei. Der Kl seien daher die Zinsen von 4 % für den Zeitraum 1.1. bis 21.4.2017 nach der gem § 23 Abs 4 AngG gestaffelten Fälligkeit der Abfertigung zuzusprechen gewesen.

Die dagegen eingebrachte Revision der Bekl wurde abgewiesen.

Gem § 23 Abs 2 AngG entfällt im Falle der Auflösung eines Unternehmens die Verpflichtung zur Gewährung einer Abfertigung ganz oder teilweise, wenn sich die persönliche Wirtschaftslage des DG derart verschlechtert hat, dass ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung zum Teil oder zur Gänze billigerweise nicht zugemutet werden kann. Wird dieser Umstand mit gerichtlichem Urteil festgestellt, sieht § 1a IESG zwar eine Sicherung der Abfertigung durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds vor, trifft aber keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Zinsen.

Der OGH hat jedoch bereits in 8 ObS 11/99x und 8 ObS 77/99b ausgesprochen, dass Insolvenz-Entgelt auch für Zinsen für nach § 1a IESG gesicherte Ansprüche auf Abfertigung in dem in § 3 Abs 2 IESG genannten Ausmaß gebührt. Im Anlassfall war nun strittig, ob durch die Novellierung des § 3 Abs 2 IESG durch das Budgetbegleitgesetz 2001 diesbezüglich eine Änderung bewirkt wurde. Nach dieser Bestimmung gebührt Insolvenz-Entgelt für Zinsen für die gem § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG gesi-122cherten Ansprüche nunmehr ab Fälligkeit dieser Ansprüche bis zum Stichtag (§ 3 Abs 1 IESG). Mit dieser Neuregelung sollte der zuvor bis zu sechs Monate nach Insolvenzeröffnung bestehende Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für Zinsen mit dem Stichtag der Insolvenzeröffnung begrenzt und so eine Übereinstimmung mit den Vorschriften des Insolvenzrechts erzielt werden, wonach Zinsen nur bis zur Verfahrenseröffnung angemeldet werden können. Stichtag iSd § 3 Abs 1 IESG ist der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Anordnung der Geschäftsaufsicht bzw der Zeitpunkt eines Beschlusses nach § 1 Abs 1 Z 2 bis 6 IESG und somit jener Zeitpunkt, in dem der insolvenzrechtliche Tatbestand wirksam geworden ist, der den Anspruch auf Insolvenz-Entgelt begründet. Dass der für den Eintritt des Sicherungstatbestands des § 1a IESG maßgebliche Zeitpunkt in § 3 Abs 1 IESG nicht ausdrücklich genannt wird, schadet nach Ansicht des OGH nicht.

Bei den Ansprüchen nach § 1a Abs 1 IESG handelt es sich um eine Erweiterung der gesicherten Ansprüche „zur Vermeidung sozialer Härten“. § 1a IESG sieht dafür gewisse Sonderbestimmungen vor. Im Übrigen gelten aber nach § 1a Abs 4 IESG die sonstigen Bestimmungen des IESG. Weder dem Gesetzestext noch den Materialien zur Novelle BGBl I 2000/142 ist zu entnehmen, dass durch die Neufassung des § 3 Abs 2 IESG AN mit Abfertigungsansprüchen nach § 1a IESG schlechter gestellt werden sollten.

Der Sicherungstatbestand des § 1a Abs 1 IESG setzt das Vorliegen eines Urteils voraus, welches feststellt, dass die persönliche Wirtschaftslage des AG die Erfüllung der Abfertigungszahlung unzumutbar macht. Da mit dem Vorhandensein eines derartigen Urteils der den Anspruch auf Insolvenz-Entgelt begründende Tatbestand eingetreten ist, hat das Berufungsgericht zu Recht darauf abgestellt und Zinsen – wie von der Kl begehrt – bis zum Tag der Erlassung des Urteils zuerkannt. Mangels Verzug des AG beschränkt sich der Anspruch allerdings auf die gesetzlichen Zinsen von 4 % (§ 1333 Abs 1 ABGB iVm § 1000 Abs 1 ABGB).