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Austritt wegen Ehrverletzung durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer

FLORIANHÖRMANN (WIEN)
  1. DG iSd § 26 Z 4 AngG sind bei juristischen Personen die vertretungsbefugten Organe. Sie tragen die Verantwortung für das gesamte Unternehmen und können daher Abhilfe gegen Ehrverletzungen schaffen sowie diese in Zukunft verhindern. Ihnen gleichgestellt sind zur Geschäftsführung berufene Stellvertreter, die zur selbstständigen Ausübung von Unternehmer- und AG-Funktionen berechtigt sind.

  2. Darüber hinaus sind dem DG Ehrverletzungen durch Repräsentanten zurechenbar. Repräsentanten sind Personen in leitender Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich. Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist für die fachliche Ausübung des Gewerbes sowie die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich und besitzt die entsprechende Anordnungsbefugnis. Die Ehrverletzung durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer stand aber in keinem Zusammenhang mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes und ist dem DG daher nicht zurechenbar.

Der Kl [...] trat [...] infolge einer ehrenbeleidigenden Äußerung des Sohnes des Geschäftsführers der Bekl gem § 26 Z 4 AngG vorzeitig aus dem Dienstverhältnis aus. Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass die Äußerung eine erhebliche Ehrverletzung darstellte („charakterlose Sau“).

Mit der vorliegenden Klage macht der Kl [...] Beendigungsansprüche geltend (Kündigungsentschädigung samt Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistung). Die Bekl müsse sich die Äußerung zurechnen lassen. Der Sohn des Geschäftsführers der Bekl sei faktisch geschäftsführend tätig gewesen. [...] Die Bekl [...] beantragte Klagsabweisung, weil ihr [...] die Äußerung nicht zurechenbar sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest: „E* [...] ist [...] alleiniger geschäftsführender handelsrechtlicher Gesellschafter der Bekl [...]. Der Sohn des Geschäftsführers E*, S* [...] ist [...] gewerberechtlicher Geschäftsführer bei der Bekl. [...] Ab Jänner 2016 [...] war S* [...] zuständig für den Verkauf, den Vertrieb und die Lagerwirtschaft sowie insgesamt für das Marketing für alle Abteilungen, die Werbung und die Internetauftritte der Bekl. Im persönlichen Facebook Auftritt des S* hat dieser [...] geschrieben: ‚S* (...) Geschäftsführung/Inhaber bei W* Ges.m.b.H‘ (...). [...] E* hatte von diesem Eintrag keine Kenntnis. E* hat angedacht, das Unternehmen in Zukunft an seinen Sohn S* zu übergeben. [...] Der Kl war ab [...] 4.4.2016 bei der Bekl als Innendienstmitarbeiter beschäftigt und [...] der Verwaltungsabteilung zugeordnet. [...] Der Verwaltungsabteilung steht I* – die Mutter des S* – vor, sie war die direkte Vorgesetzte des Kl. [...] Das Vorstellungsgespräch mit dem Kl [...] führten I* und S*, dabei war auch kurz E* anwesend. [...] I* und S* arbeiteten [...] in der Folge fünf Vorschläge von Stellenbewerbern aus, wobei sie den Kl für gut befanden. I* präsentierte dies [...] dergestalt dem E*, woraufhin dieser die Lohnkalkulation machte, den Dienstvertrag veranlasste und dem Kl persönlich mitteilte, dass er die Stelle bekommt. S* ist nicht befugt, Mitarbeiter einzustellen oder zu kündigen. [...] Ob sich S* gegenüber dem Kl als Chef präsentiert und aufgespielt hat, ist nicht feststellbar. Der Kl war mit dem [...] Arbeitsverhältnis bei der Bekl nicht mehr zufrieden, weshalb er sich eine neue Arbeitsstelle suchte. [...] Der Kl [...] ging [...] am Nachmittag des 24.6.2016 [...] in den Betrieb der Bekl, er wollte wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein klärendes Gespräch mit S* führen. [...] E* war nicht im Betrieb. Der Kl sagte zu S*, dass es ihm bei der Bekl nicht mehr passe und dass er einen neuen Job bei einer Klimatechnikfirma gefunden habe und dass er dort hinwolle. Der Kl strebte eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses an, um ehestmöglich bei der neuen Firma anfangen zu können. Eine solche einvernehmliche Auflösung kam aber nicht zu Stande. [...] Weil der Kl das Unternehmen ehest möglich verlassen wollte, bezeichnete S* den Kl als ‚charakterlose Sau‘. [...] Dieser Ausspruch hat den Kl getroffen und beleidigt, das Vertrauensverhältnis zu S* war zerstört und der Kl konnte sich nicht mehr vorstellen, dort weiterzuarbeiten. [...] Bei diesem Gespräch am Freitag, den 24.6.2016 war der Kl das letzte Mal in der Firma der Bekl. [...] Noch am 24.6.2016 kontaktierte der Kl seinen Rechtsanwalt, Dr. H*, welcher mit Schreiben vom 24.6.2016 [...] den sofortigen Austritt des Kl gem345 § 26 AngG, unter Berufung auf die gefallene Äußerung ‚charakterlose Sau‘ erklärte. [...] Rechtlich führte das Erstgericht [...] aus, [...] der [...] Sohn des Geschäftsführers [...] habe gegenüber dem Kl [...] keine Unternehmer- oder AG-Funktionen ausgeübt. Da der Kl nach dem 24.6.2018 nicht mehr in den Betrieb gekommen sei, liege auch keine Verletzung der Abhilfeverpflichtung des DG vor.“

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl [...] Folge [...]. Zusammengefasst war das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Sohn des Geschäftsführers der Bekl aufgrund seiner Stellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§ 39 Abs 2 GewO) die zur gewerberechtlichen Kontrolle notwendigen entsprechenden Anforderungsbefugnisse besessen habe und schon deshalb als Repräsentant der Bekl anzusehen sei. [...]

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1. Gem § 26 Z 4 AngG ist als ein wichtiger Grund, der den Angestellten zum vorzeitigen Austritt berechtigt, insb anzusehen, wenn der DG sich (ua) erhebliche Ehrverletzungen gegen den Angestellten oder dessen Angehörige zuschulden kommen lässt oder es verweigert, den Angestellten gegen solche Handlungen seines Mitbediensteten oder eines Angehörigen des DG zu schützen.

2. DG iSd § 26 Z 4 AngG ist grundsätzlich nur der Geschäftsinhaber (bei juristischen Personen die vertretungsbefugten Organe), also derjenige, der die Verantwortung für das gesamte Unternehmen trägt und in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen und weitere Ehrverletzungen in Zukunft zu verhindern. Ihm gleichgestellt sind jene Personen, die kraft ihrer Befugnisse und ihrer Stellung gegenüber den anderen DN als zur selbständigen Geschäftsführung berufene Stellvertreter anzusehen sind, also solche Personen, die zur selbständigen Ausübung von Unternehmer- und insb AG-Funktionen berechtigt sind (RIS-Justiz RS0029091). Derartige Funktionen kamen dem Sohn des Geschäftsführers der Bekl nicht zu, er war insb nicht befugt, Mitarbeiter einzustellen oder zu kündigen.

3. Darüber hinaus können auch von Repräsentanten des AG begangene Ehrverletzungen dem AG zugerechnet werden und den Angestellten zum sofortigen Austritt berechtigen (s Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 26 Rz 138 f mwN). Repräsentanten sind Personen, die in der Organisation der juristischen Person eine leitende Stellung innehaben und dabei mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind (RIS-Justiz RS0009113; s auch RS0107916). Für die Qualifikation einer Person als Repräsentant einer juristischen Person kommt es darauf an, dass diese Person eine Stellung innehat, vermöge der diese Person, wenn von der Satzung auch nur mittelbar berufen, so doch effektiv und in entscheidender Weise an der Leitung des Verbandswillens teilzunehmen berufen ist (RIS-Justiz RS0106862). Die Zurechnung des deliktischen Verhaltens von Repräsentanten folgt dem Grundgedanken, dass jene Vermögensmasse, die den Vorteil des Handelns des „Machthabers“ genießt, auch die daraus entstehenden Nachteile zu tragen hat, weil sie wegen der Selbständigkeit ihrer Tätigkeit eine besondere Gefährdungsmöglichkeit haben (RIS-Justiz RS0009113 [T18]). Der Vorteil des Handelns des „Machthabers“ kommt dieser Vermögensmasse aber nur zu, wenn der Repräsentant im Rahmen seines Wirkungsbereichs tätig wird. Auch eine besondere Gefährdungsmöglichkeit – die die Zurechnung des Repräsentantenhandelns rechtfertigt – haben Repräsentanten nur in dem ihnen übertragenen eigenverantwortlichen Wirkungsbereich. Maßgeblich ist nach der Rsp daher auch, ob eine Person für den „Machtgeber“ in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion tätig wurde (9 Ob 9/11f) oder zumindest ein Sachzusammenhang zwischen dem Aufgabenbereich und dem behaupteten Delikt vorliegt (vgl 6 Ob 249/00m).

4. Die Funktion des Sohnes als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bekl als solche vermittelt diesen Zusammenhang nicht und ist hier auch sonst nicht geeignet, die DG-Eigenschaft nach § 26 Z 4 AngG zu begründen. Nach § 39 Abs 1 GewO 1994 kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333 leg cit) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Nach § 39 Abs 2 GewO 1994 muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insb dem Abs 1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Der Zweck dieser gewerberechtlichen Bestimmungen ist erkennbar darauf gerichtet, sicherzustellen, dass eine zur redlichen fachkundigen Ausübung des Gewerbes geeignete und dafür verantwortliche Person vorhanden ist. Nach der Rsp muss der gewerberechtliche Geschäftsführer daher die Möglichkeit haben, die gewerberechtliche Tätigkeit des Betriebs ausreichend zu beobachten und zu kontrollieren (RISJustiz RS0016760 [T3, T4]), er muss daher insb eine entsprechende selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Aus dieser Funktion lässt sich aber nicht ableiten, dass der Sohn des Geschäftsführers der Bekl Personalverantwortung für den Kl gehabt hätte. Eine solche steht, wie dargelegt, nicht fest. Aus den Feststellungen geht hier auch nicht hervor, dass der Sohn des Geschäftsführers der Bekl gegenüber dem Kl sonst eine leitende Stellung mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis gehabt hätte, war der Kl doch in der Verwaltungsabteilung tätig, in der seine direkte Vorgesetzte I* war.

5. Diesen Erwägungen steht auch die vom Kl angeführte E 2 Ob 273/05vnicht entgegen. Der gewerberechtliche Geschäftsführer jener E war für den Zweig Güterbeförderung bestellt. Der dort entstandene Schaden trat im Zuge der Ausführung eines Abschleppauftrags durch die Bekl ein, wofür der gewerberechtliche Geschäftsführer eine selbstverantwortliche, von ihm aber konkret nicht ausreichend wahrgenommene Anordnungsbefugnis besaß. Seine Repräsentanteneigenschaft wurde danach deshalb bejaht, weil er beim schädigenden346 Verhalten (Unterlassen entsprechender Weisungen und Kontrollen) in der Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig war und ihm diesbezüglich auch eigenverantwortliche Entscheidungs- und entsprechende Weisungsbefugnis zukam. Derartiges liegt hier nicht vor. Der Kl suchte vielmehr von sich aus ein Gespräch mit dem Sohn des Geschäftsführers der Bekl in einer Angelegenheit (Beendigung des Dienstverhältnisses), die keinen Zusammenhang mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes (§ 39 Abs 1 GewO 1994) aufwies und bei der letzterem auch sonst keine entsprechende Anordnungs- oder Entscheidungsbefugnis zukam. Eine Zurechnung aufgrund einer Repräsentantenstellung des Sohnes des Geschäftsführers der Bekl an diese kommt danach nicht in Betracht.

6. Der Kl kann sich dafür auch nicht auf einen vom DG selbst oder einen vom Sohn des Geschäftsführers der Bekl geschaffenen bzw geduldeten äußeren Tatbestand berufen. Solchen Erwägungen wäre nur nachzugehen, wenn der rechtfertigende Tatbestand mit Zutun desjenigen zustande gekommen ist, dem der Schutz zum Nachteil gereicht (s RIS-Justiz RS0020004). Das wäre hier die Bekl, vertreten durch ihren Geschäftsführer. Derartiges lässt sich aus dem Sachverhalt jedoch nicht ableiten. Entgegen dem Vorbringen des Kl steht nicht fest, dass sich der Sohn gegenüber dem Kl als Chef („Juniorchef“) präsentiert und „aufgespielt“ hat. Sehr wohl steht aber fest, dass der Geschäftsführer der Bekl vom Facebook-Auftritt seines Sohnes keine Kenntnis hatte. Dass der Sohn das Vorstellungsgespräch mit dem Kl (mit-)geführt hat und mit seiner Mutter Vorschläge von Stellenbewerbern ausgearbeitet hat, ändert nichts daran, dass die Entscheidungsbefugnis über die Einstellung des Kl beim Geschäftsführer lag und es auch dieser war, der dem Kl die Einstellungszusage machte. Andere ausreichende Gründe für die Schaffung eines entsprechenden äußeren Tatbestands durch den Geschäftsführer liegen nicht vor. Der Sohn des Geschäftsführers der Bekl ist dieser daher nicht in ihrer Eigenschaft als DG des Kl iSd § 26 Z 4 AngG zuzurechnen. [...]

8. Der Revision der Bekl ist danach Folge zu geben. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Der gewerberechtliche Geschäftsführer und Sohn des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers einer GmbH nannte einen Angestellten „charakterlose Sau“. Dieser trat daraufhin wegen erheblicher Ehrverletzung durch den DG vorzeitig aus dem Dienstverhältnis aus (§ 26 Z 4 AngG). Die erhebliche Ehrverletzung liegt unstrittig vor. Fraglich ist, ob sie dem DG zurechenbar und der Austritt somit berechtigt ist.

Der OGH verneinte dies. Der Sohn des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers sei mangels Personalbefugnis nicht DG iSd § 26 Z 4 AngG. Er sei dem DG – abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts – auch nicht als Repräsentant kraft seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer zurechenbar. Die Ehrverletzung stand nämlich in keinem Zusammenhang mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes. Zudem habe der DG keinen äußeren Tatbestand geschaffen, wonach ihm der Sohn des Geschäftsführers zurechenbar wäre.

Dem OGH ist im Ergebnis zuzustimmen, großteils auch in der Begründung.

2.
DG iSd § 26 Z 4 AngG

§ 26 Z 4 AngG berechtigt den Angestellten ua zum vorzeitigen Austritt, wenn ihn der DG selbst in der Ehre verletzt oder nicht vor Ehrverletzungen durch Mitbedienstete oder Angehörige des DG schützt. Die Bestimmung unterscheidet also zwischen Ehr- und Schutzpflichtverletzungen durch den DG.

Der DG verstieß nicht gegen seine Schutzpflicht. Zwar verletzte der Sohn des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers – also ein Angehöriger des DG – den Angestellten in der Ehre. Die Verweigerung des Schutzes durch den DG setzt aber voraus, dass der Angestellte Abhilfe vom DG verlangt (OGH9 ObA 90/98 Arb 11.711; OGH9 ObA 56/92

[Andexlinger]
). Dies tat der Angestellte im vorliegenden Fall nicht.

Ob eine Ehrverletzung durch den DG selbst vorliegt, hängt vom DG-Begriff des § 26 Z 4 AngG ab. Der OGH definiert den DG iSd § 26 Z 4 bei juristischen Personen als die vertretungsbefugten Organe. Sie tragen die Verantwortung für das gesamte Unternehmen und können daher Abhilfe gegen Ehrverletzungen schaffen sowie diese in Zukunft verhindern. Ihnen gleichgestellt seien zur Geschäftsführung berufene Stellvertreter, die zur selbstständigen Ausübung von Unternehmer- und AG-Funktionen berechtigt seien (RIS-Justiz RS0029091). Der Sohn des Geschäftsführers sei mangels Personalbefugnis nicht DG.

ME hingegen ist für § 26 Z 4 AngG der arbeitsvertragliche AG-Begriff maßgeblich. Es gibt keinen Grund, beim vorzeitigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis davon abzuweichen. Danach ist der AG der Vertragspartner des AN beim Arbeitsvertrag. Bei juristischen Personen ist diese der AG, nicht ein Organmitglied (Rebhahn in Neumayr/Reissner [Hrsg], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 § 1151 ABGB Rz 13 f [Stand 1.1.2018, rdb.at]). Im vorliegenden Fall ist daher die GmbH DG, nicht der gesellschaftsrechtliche Geschäftsführer und auch nicht sein Sohn. Fraglich ist aber, ob die Ehrverletzung durch den Sohn des Geschäftsführers der GmbH zurechenbar ist, sodass eine Ehrverletzung durch den DG vorliegt.

3.
Zurechnung als Repräsentant

Der OGH prüfte sodann die Zurechnung des Sohnes des Geschäftsführers als Repräsentanten der GmbH kraft seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer.

Die Repräsentantenhaftung weitet die deliktische Haftung juristischer Personen – gestützt auf347 die Gleichstellung mit natürlichen Personen (§ 26 ABGB) – über die engen Grenzen der Besorgungsgehilfenhaftung nach § 1315 ABGB aus. Zurechenbar ist der GmbH danach zunächst das Handeln ihrer Organe; im vorliegenden Fall des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers. Darüber hinaus ist der GmbH das Handeln ihrer Repräsentanten zurechenbar; das sind Personen in leitender Stellung mit selbstständigem Wirkungsbereich (F. Bydlinski, „Bananenprozeß“ und Schadenersatzrecht, ZAS 1966, 165 [169 ff]; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II3 [2018] 941 ff mwN; Ostheim, Organisation, Organschaft und Machthaberschaft im Deliktsrecht juristischer Personen, GedS Gschnitzer [1969] 317 [320 ff]; Schacherreiter in Kletečka/Schauer [Hrsg], ABGB-ON1.05 § 1315 Rz 24 ff mwN [Stand 1.1.2018, rdb.at]; RIS-Justiz RS0009113). Die Ratio der Repräsentantenhaftung ist: Die Vermögensmasse, die den Vorteil des Repräsentantenhandelns hat, soll die daraus entstehenden Nachteile tragen. Zudem haben die Repräsentanten wegen der Selbständigkeit ihrer Tätigkeit eine besondere Gefährdungsmöglichkeit (F. Bydlinski, ZAS 1966, 165 [169]; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II3 944; RIS-Justiz RS0009113 [T18]).

Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich (§ 39 Abs 1 GewO). Er muss sich im Betrieb entsprechend betätigen können und gegenüber den AN die dafür erforderliche, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen (§ 39 Abs 2 GewO). Darüber hinaus sind mit der Stellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht notwendig Befugnisse zur Geschäftsführung im gesellschaftsrechtlichen Sinn verbunden (Rebhahn, Der gewerberechtliche Geschäftsführer [1994] 29 f). Nicht zu den gewerberechtlichen Vorschriften iSd § 39 Abs 1 GewO, für die der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist, gehören die dem Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ zuzuordnenden Bestimmungen; zB AZG oder ASchG (VwGH 27.9.1988, 88/08/0088; VwGH 8.7.1980, 2079/79; Rebhahn, Der gewerberechtliche Geschäftsführer 47).

Ist ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nun als Repräsentant zurechenbar? Die Antwort ist differenziert. Betreffend die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften hat der gewerberechtliche Geschäftsführer eine entsprechende Anordnungsbefugnis und ist somit in einem selbständigen Wirkungsbereich leitend tätig. Er ist Repräsentant. Daraus folgt aber nicht – wie das Berufungsgericht meinte –, dass der juristischen Person jegliches Handeln des gewerberechtlichen Geschäftsführers zurechenbar ist. Die Zurechnung des Handelns des Repräsentanten setzt vielmehr zusätzlich voraus, dass es mit seinem selbständigen Wirkungsbereich zusammenhängt (Ostheim in Korinek/Krejci [Hrsg], Der Verein als Unternehmer [1988] 165 f; Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1315 Rz 27; OGH 23.11.2000, 6 Ob 249/00m). MaW: Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss in seiner Funktion tätig werden. Sonst kommt der juristischen Person kein Vorteil des Repräsentantenhandelns zu. Auch hat der Repräsentant außerhalb seines Wirkungsbereichs keine besondere Gefährdungsmöglichkeit, wie der OGH treffend auf die Ratio der Repräsentantenhaftung rekurrierte.

In diesem Sinne rechnete der OGH in der E 2 Ob 273/05v vom 19.4.2007 – auf die das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Zurechnung des gewerberechtlichen Geschäftsführers stützte – einem Abschleppunternehmen dessen gewerberechtlichen Geschäftsführer als Repräsentanten zu. Dieser hatte vor Abschleppung eines Autos auf Auftrag einer unbekannten Person die Eigentumsverhältnisse nicht überprüft. Das schädigende Verhalten des gewerberechtlichen Geschäftsführers stand mit seinem selbständigen Wirkungsbereich in Zusammenhang.

Ein solcher Zusammenhang zur Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften fehlt aber im vorliegenden Fall. Der Angestellte wollte von sich aus mit dem Sohn des Geschäftsführers über eine einvernehmliche Beendigung seines Arbeitsverhältnisses sprechen. Dies hängt nicht mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes zusammen. Der Sohn des Geschäftsführers hatte daher keine Anordnungsbefugnis und wurde nicht in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig. Er hatte keine Personalbefugnisse und auch sonst keine leitende Stellung gegenüber dem Angestellten. Dem OGH ist daher beizupflichten: Die Ehrverletzung durch den Sohn des Geschäftsführers ist der GmbH nicht aufgrund seiner Repräsentantenstellung zurechenbar.

4.
Zurechnung als Erfüllungshilfe

Denkbar wäre mE darüber hinaus die Zurechnung des Sohnes des Geschäftsführers als Erfüllungsgehilfe nach § 1313a ABGB. Erfüllungsgehilfe ist, wer zur Erfüllung eines Schuldverhältnisses eingesetzt wird (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II3 878; Schacherreiter in Kletečka/Schauer [Hrsg], ABGB-ON1.05 § 1313a Rz 3 [Stand 1.1.2018, rdb.at] mwN; OGH5 Ob 92/07a JBl 2008, 105).

Juristische Personen können ihre Fürsorgepflichten gegenüber AN auf Gehilfen übertragen. Diesfalls ist ihnen jenes Gehilfenhandeln nach § 1313a ABGB zurechenbar, das in einem inneren Zusammenhang mit der übertragenen Fürsorgepflicht steht (OGH9 ObA 118/11kDRdA 2013, 52 [Mayr]). § 26 Z 4 AngG konkretisiert die Fürsorgepflicht: Der DG darf Angestellte ua nicht in der Ehre verletzen und muss sie vor Ehrverletzungen von Mitbediensteten oder Angehörigen des DG schützen. Als Rechtsfolge einer Ehr- oder Schutzpflichtverletzung des DG kann der Angestellte vorzeitig austreten und hat einen Schadenersatzanspruch auf Kündigungsentschädigung (§ 29 AngG; Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer [Hrsg], AngG § 29 Rz 29 ff [Stand 1.10.2007, rdb.at]).

Ehrverletzungen durch Gehilfen sind der juristischen Person als DG zurechenbar, wenn der Gehilfe zur selbständigen Ausübung von AG-Funktionen berechtigt ist (so zur sexuellen Belästigung durch Gehilfen: OGH9 ObA 118/11kDRdA 2013, 52 [Mayr]; Krömer, Geschlechtsdiskriminierung bei348 Einstellung durch einen GmbH-Geschäftsführer [2009] 288 [292]). Im vorliegenden Fall hatte der Sohn des Geschäftsführers aber keine AG-Funktionen, sodass die Ehrverletzung der GmbH auch nach § 1313a ABGB nicht zurechenbar ist.

5.
Zurechnung des Anscheins

Zuletzt kommt die Zurechnung der Ehrverletzung durch den Sohn des Geschäftsführers an die GmbH aufgrund des äußeren Anscheins seiner leitenden Stellung und selbständigen AG-Funktionen in Betracht. Voraussetzung ist, dass der Anschein auf dem Verhalten des Geschäftsherrn – hier der GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer – beruht (Kletečka, Der Anscheinserfüllungsgehilfe, JBl 1996, 84 [98]; RIS-Justiz RS0020004). Dies war nicht erfüllt.

Zwar brachte der Kl vor, der Sohn des Geschäftsführers habe das Bewerbungsgespräch federführend geleitet. Nach den Feststellungen des Erstgerichts traf jedoch der Geschäftsführer die Entscheidung über die Einstellung des Kl und gab diesem auch die Einstellungszusage. Entgegen dem Vorbringen des Kl steht nicht fest, dass sich der Sohn des Geschäftsführers ihm gegenüber als Chef präsentierte und aufspielte. Schließlich bezeichnete sich der Sohn des Geschäftsführers im persönlichen Facebook-Auftritt als Geschäftsführer. Es steht jedoch fest, dass der tatsächliche Geschäftsführer davon keine Kenntnis hatte. Die Ehrverletzung durch den Sohn des Geschäftsführers ist der GmbH daher auch nicht aufgrund eines äußeren Anscheins zurechenbar.

6.
Resümee

Dem OGH ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Ehrverletzung durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer und Sohn des gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführers ist der GmbH nicht zurechenbar. Der Austritt des Angestellten war daher unberechtigt. DG iSd § 26 Z 4 AngG ist mE – abweichend von der Definition des OGH – der Vertragspartner des AN; vorliegend die GmbH. Der Sohn des Geschäftsführers ist der GmbH nicht als Repräsentant zurechenbar. Zwar hatte er als gewerberechtlicher Geschäftsführer eine Anordnungsbefugnis betreffend die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften und war insofern Repräsentant der GmbH. Die Ehrverletzung stand aber in keinem Zusammenhang mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes. Der Sohn des Geschäftsführers ist der GmbH auch nicht als Erfüllungsgehilfe zurechenbar, weil ihm keine AG-Funktionen übertragen waren. Es gab keinen der GmbH zurechenbaren äußeren Anschein, dass der Sohn des Geschäftsführers AG-Funktionen gehabt hätte.