Die „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit – Verrat oder Verwirklichung des ursprünglichen Ideals?

THOMASMATHY (LINZ)
Vor allem in Deutschland sind Stimmen laut geworden, welche einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit das Wort reden. Hinter diesem Schlagwort verbirgt sich vielfach nichts anderes, als die rechtspolitische Forderung nach einer Vergütung für freigestellte Betriebsratsmitglieder, die über das nach dem Lohnausfallprinzip Geschuldete hinausgeht. „Professionalisierung“ allein auf diesen Aspekt zu reduzieren, würde der Bedeutung dieses Begriffes jedoch nicht gerecht. Aus Anlass des 100. Jahrestages der Verankerung der Institution „Betriebsrat“ im österreichischen Recht soll die „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit vor dem Hintergrund der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention betrachtet werden.
  1. Einleitung

  2. Entwicklungslinien

    1. Entstehungsgeschichtlicher Kontext

    2. Hilfskräfte des Betriebsrates

    3. Anspruch auf Freistellung

    4. Lohnausfallprinzip

    5. Erste Schlussfolgerung

  3. Vereinbarkeit mit dem Konzept des BRG 1919

  4. Schlussfolgerung und Ausblick

1.
Einleitung

Die Frage nach dem Für und Wider einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit hat – insb im deutschen Schrifttum – ein beträchtliches Ausmaß angenommen. Trotz mancherlei Vorschläge de lege ferenda, die ebenso eindringlich gefordert wie abgelehnt werden,* bleibt der Sinngehalt des Schlagwortes „Professionalisierung“ zunächst unklar. Zu einer Konturierung dieses Begriffes gelangt man freilich, indem man diesen seiner Antithese, dem Grundsatz der Ehrenamtlichkeit, gegenüberstellt.* Man erkennt dann, dass es sich um eine Grundfrage der Ausgestaltung eines demokratischen Systems handelt, die sich seit den Zeiten Perikles‘* immer wieder von Neuem stellt: Welche306 Ressourcen müssen politische MandatsträgerInnen für ihre Tätigkeit selbst aufbringen und welche sind ihnen zur Verfügung zu stellen?

Vor dem Hintergrund, dass mit dem Betriebsverfassungsrecht eine „Demokratisierung des Betriebes“ beabsichtigt wurde,* überrascht es nicht, dass bereits die Begründung zu dem von der Staatsregierung eingebrachten Entwurf eines Betriebsrätegesetzes, welcher seinerseits wiederum auf die Arbeit der Sozialisierungskommission zurückgeht, zu dieser Thematik vergleichsweise ausführlich Stellung genommen hat:

Hingegen ist die Besoldung der Betriebsräte, die Anstellung eigener Beamter u. dgl. nicht vorgesehen und auch nicht erwünscht. Denn die Betriebsräte sollen lediglich durch ihren persönlichen Einfluß, getragen von dem Vertrauen ihrer Auftraggeber, hingegen nicht durch einen bureaukratischen Apparat die Interessen der Arbeiterschaft wahrnehmen, sie sollen mit dieser stets in lebendigem Kontakt bleiben und nicht eine neue Einrichtung entwickeln, welche nur zu bald der Arbeiterschaft gegenüber den Charakter einer Behörde erhalten könnte. Daher wird den Arbeitern des Betriebes das Recht gegeben, jederzeit Mitglieder eines Betriebsrates, welche ihr Vertrauen nicht mehr genießen, zurückzurufen (§ 8).*

Lange Zeit in Vergessenheit geraten, haben diese Ausführungen eine beispiellose Renaissance erlebt: Sie bilden die historisch-teleologische Grundlage jener Auffassung, die den Zweck der Unentgeltlichkeit des Betriebsratsmandates nicht allein in der Wahrung der Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder sieht, sondern darüber hinaus auch darin, der Gefahr einer Entfremdung zwischen Betriebsratsmitgliedern und AN entgegenzuwirken.* Es ist dies eine Auffassung, welche sowohl Eingang in die gängige Kommentarliteratur* als auch in die höchstgerichtliche Rsp* gefunden hat.

2.
Entwicklungslinien
2.1.
Entstehungsgeschichtlicher Kontext

Um zum richtigen Verständnis der eingangs zitierten Ausführungen als dem Ausgangspunkt der weiteren Entwicklung des Betriebsverfassungsrechtes zu gelangen, sind diese zunächst in den Kontext der damaligen Zeit – dem Übergang zwischen Monarchie und Erster Republik – zu stellen. Diese war durch eine Erosion bestehender Autoritäten gekennzeichnet. Das betraf nicht nur die staatlichen Behörden sowie die sich in Demobilisierung befindliche Armee, die erst durch Arbeiter- bzw Soldatenräte wieder Führung erhielten.* Auch die institutionalisierte Arbeiterbewegung war davor nicht gefeit. Diese hatte die Politik des „Burgfriedens“ mitgetragen,* was mit zunehmender Dauer des Krieges bei den „einfachen“ AN einem Gefühl der Entfremdung Vorschub geleistet hat. Dies gipfelte in den Ereignissen des Jännerstreiks 1918, wo spontan gebildete Arbeiterräte nicht nur gegen Hunger und Ausbeutung, sondern auch gegen die Führung der Freien Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) auftraten.* Es muss dieses Ereignis als Wendepunkt angesehen werden, von dem an die institutionalisierte Arbeiterbewegung die Ressentiments gegenüber der Rätebewegung hintanstellte und sich dieser bediente, um verlorengegangene Legitimität zurückzugewinnen.*

Die Rätebewegung war „Legitimation von unten“ in einer Zeit, in der die bestehenden Institutionen gelähmt bzw diskreditiert waren. Dass sich der BR jedoch nicht allein auf diesen Aspekt reduzieren lässt,* beweist bereits der Umstand, dass dieser nicht wie zahllose andere, in dieser Umbruchphase errichtete Räte dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen ist.*

2.2.
Hilfskräfte des Betriebsrates

Die in der Begründung des Entwurfs zum BRG 1919 zum Ausdruck kommende Ablehnung eines „bureaukratischen Apparats“ bzw „eigener Beamter“ des BR hat weder expliziten Niederschlag im Gesetz gefunden, noch hat sie – soweit ersichtlich – in der Praxis Bedeutung erlangt. Im Gegenteil! Bereits unter Geltung des BRG 1919 wurde die Beschäftigung einer Schreibkraft durch den BR eines Großbetriebes nicht beanstandet und die damit verbundenen Lohnzahlungen als „notwendige Kosten der Geschäftsführung“ anerkannt.* Die Zulässigkeit einer solchen Unterstützung der Betriebsratsarbeit durch Hilfskräfte wurde mit dem BRG 1947 und in weiterer Folge mit dem ArbVG nicht nur fortgeführt, sondern sogar ausgebaut: Auch weiterhin wurden die aus der Anstellung von Hilfskräften resultierenden Lohnzahlungen grundsätzlich als rechtmäßige Mittelverwendung angesehen.* Darüber hinaus ist dem Betriebsinhaber (BI) die Pflicht auferlegt worden, dem BR „Kanzlei- und Geschäftserfordernisse“ zur Verfügung zu stellen (§ 22 BRG 1947, § 72 ArbVG). Diese Verpflichtung beinhaltet nach hA auch die Beistellung von Dienstleistungen (insb für Schreib- und Bürohilfsdienste).* Dabei handelt es sich307 zwar um eine Auslegung, die vereinzelt bestritten wird,* die jedoch in mehrfacher Hinsicht in der Genese der Norm Deckung findet. Diese Interpretation kann sich nämlich nicht nur auf die konkrete Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers stützen,* sondern auch auf das tradierte Verständnis der in § 22 BRG 1947 bzw § 72 ArbVG verwendeten Begrifflichkeit. Diese knüpft an die Regelungen des § 36 S 2 dBRG 1920 sowie des § 13 Abs 2 S 1 Arbeitsordnungsgesetz (AOG) an. Es entsprach zu beiden Normen der hA, dass in größeren Betrieben die Beistellung von Schreib- bzw Arbeitskräften als „Geschäftsbedürfnisse“ des BR (bzw Vertrauensrates) anzusehen und folglich von der Beistellungspflicht des BI (bzw „Führers des Betriebes“) umfasst war.*

Mit der durch das BRG 1947 erfolgten Überbindung der Pflicht zur Beistellung von Kanzlei- und Geschäftserfordernissen an den BI hat sich die Möglichkeit der Unterstützung des BR durch Hilfskräfte maßgeblich erweitert: Denn die Grenze für deren Beiziehung bilden seitdem nicht mehr allein die limitierten finanziellen Mittel der Belegschaft* bzw des Betriebsratsfonds. Diese brauchen vielmehr erst dann angetastet zu werden, wenn die aufgrund einer Interessenabwägung zu ermittelnden Grenzen der Beistellungspflicht des BI überschritten werden.

2.3.
Anspruch auf Freistellung

Aus der eingangs zitierten Passage aus der Begründung des Entwurfs zum BRG 1919 wird im Schrifttum zT auf ein gespanntes Verhältnis des Betriebsverfassungsrechtes zu den Freistellungsansprüchen der Betriebsratsmitglieder geschlossen.* Die dahinterstehende Überlegung erweist sich jedoch als ambivalent: Da die Erreichbarkeit des Betriebsratsmitglieds für den „einfachen“ AN uU erst durch eine Freistellung für die Betriebsratstätigkeit gewährleistet ist, lässt sich mit der Gefahr einer Entfremdung zwischen Betriebsratsmitgliedern und AN nicht nur gegen, sondern auch für die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern argumentieren.* Vor diesem Hintergrund scheint ein umfassenderer Blick auf den Entwurf des BRG 1919 und die weitere Rechtsentwicklung geboten.

Bereits § 3 Abs 1 S 2 des Entwurfs des BRG 1919 hat vorgesehen, dass sich die Tätigkeit des BR „tunlichst ohne Störung des Betriebes vollziehen [soll]“. Eine Kollision zwischen den Pflichten als Betriebsratsmitglied und jenen als AN wurde also schon in diesem frühen Stadium der Gesetzwerdung erkannt und dahingehend aufgelöst, dass eine Freistellung von der Arbeitspflicht nach Maßgabe einer Abwägung möglich sein sollte.*) Ganz idS hat dann auch § 6 Abs 1 S 2 BRGO 1919 die bloß sprachlich geringfügig abgeänderte Bestimmung des § 3 Abs 1 S 2 BRG 1919 ausgedeutet. Diesem war nämlich e contrario zu entnehmen, dass Betriebsratstätigkeiten während der Arbeitszeit besorgt werden durften, wenn diese eine Erledigung außerhalb der Arbeitszeit nicht zugelassen haben. Das führt zu einer wichtigen Erkenntnis: Eine Ehrenamtlichkeit im strengsten Sinn des Wortes, welche eine Ausübung der Betriebsratstätigkeit ausschließlich außerhalb der Arbeitszeit erlaubt hätte, war auch in den Anfängen des Betriebsverfassungsrechtes nicht vorgesehen. Es ist dies ein Umstand, der dadurch zusätzlich an Bedeutung gewinnt, dass er auf einer bewussten Entscheidung des historischen Gesetzgebers beruht: Anträge des Abgeordneten Friedmann, die darauf abzielten, dass sich die Betriebsratstätigkeit stets außerhalb der Arbeitszeit zu vollziehen habe, wurden von der Konstituierenden Nationalversammlung (KNV) abgelehnt.* Dieses Modell der Ad-hoc-Freistellung, welches zwischen Freistellungsanspruch und Befugnisausübung mittels des Erfordernisses einer Abwägung einen Konnex herstellt, ist für das Betriebsverfassungsrecht prägend geblieben (vgl § 16 Abs 3 BRG 1947, § 116 ArbVG).

Eine neue Kategorie von Freistellungsansprüchen wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Zuge der Rückkehr zu einer auf demokratischen Grundsätzen beruhenden Betriebsverfassung geschaffen. Obwohl die arbeitsrechtliche Praxis schon unter dem BRG 1919 Fälle einer permanenten Freistellung von Betriebsratsmitgliedern gekannt hat,* war eine solche dem BRG 1919 an sich noch fremd. Diese Form der Freistellung fand erst mit dem BRG 1947 Eingang in das Betriebsverfassungsrecht (vgl § 16 Abs 4 BRG 1947) und basiert auf einer Pauschalierung des Abwägungskriteriums der Ad-hoc-Freistellung.* Seit seiner Einführung ist dieses Rechtsinstitut durch zwei die Möglichkeit einer Freistellung ausweitende Entwicklungstendenzen geprägt: Einerseits ist die für eine Freistellung erforderliche Zahl an AN sukzessive reduziert worden.* Andererseits sind die Organisationseinheiten, innerhalb derer die erforderlichen Schwellenwerte zu erreichen sind, sukzessive erweitert worden.* Die tragende Erwägung hinter der Einführung sowie der Erweiterung dieses Rechtsinstitutes war jeweils, dass steigende Anforderungen an die Betriebsratsmitglieder, die ua aus einer Erweiterung der Befugnisse resultieren, nur308 dann nicht zu einer Beeinträchtigung der Qualität der Interessenvertretungstätigkeit führen, wenn die Möglichkeiten der Freistellung entsprechend ausgebaut werden.* Der Gesetzgeber stellt also wiederum den Konnex zu den Befugnissen her.

Für die Auslegung des Anspruchs auf permanente Freistellung ist ein weiterer Aspekt von maßgeblicher Bedeutung. Bereits das BRG 1919 kannte – ebenso wie später das BRG 1947 sowie nunmehr das ArbVG – eine Kategorie von Betriebsratsmitgliedern, deren Kontakt zu den AN des Betriebes sowie zum betrieblichen Arbeitsprozess auf die Betriebsratstätigkeit beschränkt war: Vorstandsmitglieder und Angestellte einer Berufsvereinigung der AN, die im Ausmaß von höchstens einem Viertel der Betriebsratsmitglieder in den BR wählbar sind.* Aufgrund der Verpflichtung zur wertungskohärenten Auslegung des Rechtes kann eine auf die Vermeidung einer Entfremdung zwischen AN und Betriebsratsmitgliedern gestützte restriktive Interpretation des Anspruchs auf permanente Freistellung jedenfalls erst dann Platz greifen, wenn die Zahl der dem betrieblichen Arbeitsprozess entzogenen und nur mit Betriebsratsagenden beschäftigten Betriebsratsmitglieder diesen Grenzwert übersteigt.

Die aus historischer Sicht jüngsten Freistellungsansprüche sind jene auf Bildungsfreistellung sowie auf erweiterte Bildungsfreistellung. Von der Einsicht getragen, dass eine wirksame betriebsrätliche Interessenvertretungstätigkeit „genaue Kenntnis der sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Zusammenhänge“ erfordert,* hat die BRG-Novelle 1971 (BGBl 1971/319) diese zusätzlichen Ansprüche auf Freistellung von der Arbeitsleistung geschaffen. Während ersterer die weit zu verstehende* Grundausbildung für die Betriebsratsarbeit gewährleisten sollte und für jedes Betriebsratsmitglied mit zwei bzw in Ausnahmefällen vier Wochen pro Funktionsperiode festgesetzt worden war, sollte zweiterer eine vertiefende Wissensvermittlung ermöglichen und berechtigte den BR ein Betriebsratsmitglied bis zum Höchstmaß von einem Jahr pro Funktionsperiode freistellen zu lassen, wenn in der jeweiligen Organisationseinheit der Schwellenwert von 200 AN überschritten wurde.* Anders als das Ausmaß der erweiterten Bildungsfreistellung, das seit deren Einführung unverändert geblieben ist, hat der Gesetzgeber die Dauer des Anspruchs auf Bildungsfreistellung mit BGBl 1986/394 zunächst auf drei bzw fünf Wochen angehoben und dann mit BGBl I 2017/12 den Grundanspruch um weitere drei Arbeitstage erhöht. Diese Erweiterungen fanden jeweils im Zusammenhang mit einer anderen gesetzgeberischen Maßnahme statt: der Verlängerung der Funktionsperiode des BR. Die dahinterstehende gesetzgeberische Intention ist dabei jeweils eine Steigerung der Effizienz der betriebsrätlichen Interessenvertretung durch zusätzliches „Know-How“, welches einerseits von externen Stellen vermittelt werden sollte, sowie andererseits aus den Erfahrungen der praktischen Betriebsratsarbeit herrühren sollte.* Die letzte Erweiterung des Ausmaßes des Anspruchs auf Bildungsfreistellung wurde überdies mit den gestiegenen Anforderungen an die Interessenvertretungstätigkeit des BR, die insb auch mit dem technologischen Fortschritt einhergehen, begründet.*

2.4.
Lohnausfallprinzip

Anders als der Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung lässt sich ein Anspruch auf Vergütung der ausgefallenen Arbeitszeit dem Entwurf des BRG 1919 nicht entnehmen. Im Gegenteil! Nimmt man die eingangs zitierten Ausführungen ernst, so muss eine solche Leistung als „Besoldung“ und damit als unzulässig angesehen werden. Die diesbezügliche Wende kam jedoch bereits im Zuge der Ausschussberatungen: In § 12 BRG 1919 wurde zwar einerseits der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit festgeschrieben, andererseits aber auch eine Entschädigung für den infolge der ausgefallenen Arbeitszeit eingetretenen Verdienstentgang vorgesehen, welche aus Mitteln der Belegschaft zu bestreiten war. Sowohl § 16 BRG 1947 als auch §§ 115 Abs 1, 116 ArbVG stehen in der Tradition dieser Regelung. Wenngleich das BRG 1947 und die dazu ergangenen Novellen das Lohnausfallprinzip als Grundsatz bewahrt haben, hat dieses doch eine entscheidende Änderung gebracht: Wiederum beeinflusst vom deutschen Betriebsverfassungsrecht, das von Beginn an durch ein Umlageverbot sowie die Verpflichtung des BI (bzw „Führers des Betriebes“) zur Entgeltfortzahlung gekennzeichnet war (vgl §§ 35, 37 dBRG 1920, § 13 Abs 1 AOG), wurde die Verpflichtung für den Entgeltausfall aufzukommen, dem AG auferlegt.* Dies war für die Betriebsratstätigkeit nicht ohne Folgen. Die limitierten finanziellen Mittel der Belegschaft bildeten für die Betriebsratsmitglieder, die als AN typischerweise in wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt waren (und sind), eine faktische Grenze für eine Befugnisausübung während der Arbeitszeit, welche mit der Überbindung des Anspruchs auf Ersatz des Verdienstentgangs auf den AG weggefallen ist. Eine Entgeltfortzahlungspflicht des AG für infolge der betriebsrätlichen Interessenvertretungstätigkeit ausgefallene Arbeitszeit war dem BRG 1919 jedoch nicht gänzlich fremd: Hinsichtlich der Mitwirkung in gesellschaftsrechtlichen Organen (Verwaltungs-, Direktions- bzw Aufsichtsrat gem § 3 Abs 2 Z 11309 BRG 1919) hat sich in der Rsp die Auffassung durchgesetzt, dass der AG verpflichtet ist, dem Betriebsratsmitglied den Verdienstentgang gem § 1154b ABGB (wichtiger persönlicher Grund) zu ersetzen.*

Die Kombination von Freistellungsanspruch und Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip ist für das Betriebsverfassungsrecht prägend geblieben. Darauf beruht nicht nur die Adhoc-Freistellung gem § 116 ArbVG, sondern grundsätzlich auch die permanente Freistellung gem § 117 ArbVG sowie die Bildungsfreistellung gem § 118 ArbVG. Von dieser Kombination wurde erstmals mit BGBl 1971/319 abgewichen: Bei der mit dieser Novelle eingeführten erweiterten Bildungsfreistellung handelte es sich um einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung ohne Fortzahlung des Entgelts (§ 16b BRG 1947). Auch das ArbVG kennt das Konzept eines entgeltlosen Freistellungsanspruchs in zwei Fällen: Einerseits wurden die Bestimmungen über die erweiterte Bildungsfreistellung in § 119 ArbVG im Wesentlichen fortgeschrieben. Andererseits ist mit dem ArbVG zwar die Beschränkung des Anspruchs auf Bildungsfreistellung auf Betriebe mit zumindest 20 AN aufgegeben worden (vgl demgegenüber § 16a iVm §§ 7 Abs 1, 19 BRG 1947 idF BGBl 1971/319), ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung während der Inanspruchnahme der Bildungsfreistellung ist für Betriebsratsmitglieder in solchen Kleinbetrieben jedoch nicht vorgesehen worden (§ 118 Abs 1 ArbVG).*

2.5.
Erste Schlussfolgerung

Die soeben nachgezeichnete Rechtsentwicklung veranschaulicht zum einen, dass eine klare Tendenz hin zu einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit besteht, sowie zum anderen, dass die Bedeutung der oben zitierten Ausführungen aus der Begründung des Entwurfs des BRG 1919 für das geltende Recht nur eine beschränkte sein kann. Dort zum Ausdruck kommende Verbote sind durch neue gesetzgeberische Wertungen zT überholt („Anstellung eigener Beamter“, „bureaukratischer Apparat“), zT zumindest nicht unwesentlich modifiziert („Besoldung“). Es steht diese Relativierung im Einklang mit dem allgemeinen methodischen Grundsatz, dass die historische Absicht des Gesetzgebers umso mehr zulasten von objektivteleologischen Erwägungen an Bedeutung verliert, je länger ein Rechtssatz in Geltung steht.* Das bedeutet zwar nicht, dass sich an den Normzwecken der Unentgeltlichkeit der Betriebsratstätigkeit eine Änderung vollzogen hat.* Jedoch bedürfen die aus den Normzwecken abzuleitenden konkreten Gebote bzw Verbote einer Neubewertung.

3.
Vereinbarkeit mit dem Konzept des BRG 1919

Stellt man die soeben skizzierte Evolution der Betriebsverfassung dem eingangs zitierten Auszug aus der Begründung des Entwurfs des BRG 1919 gegenüber, liegt der diesbezügliche Widerspruch scheinbar auf der Hand. Daraus auf einen Abfall vom ursprünglichen Ideal zu schließen, wäre jedoch vorschnell. Vielmehr muss man sich des „provisorischen“ Charakters sowohl des Rätesystems im Allgemeinen als auch des BRG 1919 im Besonderen bewusst sein. Ebenso wenig wie die VordenkerInnen des Rätesystems eine abschließende Vorstellung hinsichtlich dessen Ausgestaltung hatten,* bestand bei Schaffung des BRG 1919 die Illusion, es handle sich dabei um mehr als einen ersten Schritt in die angestrebte Richtung.* Das BRG 1919 wurde vielmehr als Ausgangspunkt für eine Sozialisierung der Wirtschaft betrachtet.* Zur Erreichung des angestrebten „demokratischen Sozialismus“, welcher dem „bürokratischen Sozialismus“ Sowjetrusslands entgegengesetzt wurde, hat die Konstituierende Nationalversammlung nicht nur die Grundlage (BRG 1919) geschaffen, sondern auch den Rahmen, innerhalb dessen sich dieser entfalten sollte: Die angestrebte Sozialisierung der Wirtschaft sollte einerseits durch Enteignung von Unternehmungen und Entschädigung der Enteigneten erfolgen.* Andererseits sollte die Führung der enteigneten Unternehmungen durch neu geschaffene Rechtsträger – gemeinwirtschaftliche Anstalten bzw Gesellschaften gemeinwirtschaftlichen Charakters – besorgt werden.* Als oberstes Organ der gemeinwirtschaftlichen Anstalt war eine Anstaltsversammlung vorgesehen. Diese hatte neben VertreterInnen diverser Interessengruppen (zB der gründenden öffentlichen Körperschaften sowie der Hauptgeschäftsleitung) im Ausmaß von grundsätzlich einem Viertel aus vom BR zu wählenden VertreterInnen zu bestehen (§ 11 Gesetz über gemeinwirtschaftliche Unternehmungen); eine vergleichbare Regelung bezüglich der Vertretung des BR in gesellschaftsrechtlichen Organen war auch für Gesellschaften gemeinwirtschaftlichen Charakters vorgesehen (§ 36 leg cit).

Obwohl sich alle drei politischen Lager zu Beginn der Ersten Republik zu einer Sozialisierung der Wirtschaft bekannt haben, trägt diese Sozialisierungsgesetzgebung des Jahres 1919 unverkennbar die Handschrift des damaligen Vorsitzenden der Sozialisierungskommission, Otto Bauer, und orientiert sich an den von diesem in seiner Schrift „Der Weg zum Sozialismus“ angestellten Über-310legungen.* Dort war ua vorgesehen, dass die technische und ökonomische Leitung der zu enteignenden Industriezweige einem Verwaltungsrat übertragen werden sollte, der aus VertreterInnen des Staates, der KonsumentInnen und der ArbeiterInnen zu bilden ist, während die Leitung des einzelnen Betriebes zwischen vom Verwaltungsrat zu bestellenden „technischen Beamten“ und dem von den AN des Betriebes zu wählenden Arbeiterausschuss geteilt werden sollte.* Vor diesem Hintergrund erscheinen die Ausführungen von Otto Bauer zum Entwurf des BRG 1919 bemerkenswert: „Aber gerade das erscheint uns als das Wichtigste an diesem Gesetzesentwurf, daß er allmählich in den Betrieben einen Stab von Arbeitern und Angestellten heranziehen wird, die gewöhnt sind, sich mit wirtschaftlichen Fragen zu beschäftigen, die es gelernt haben, sich in ihnen zurechtzufinden und die eigentlichen Träger der Sozialisierung sein werden, jene Männer und Frauen, denen es obliegen wird, die künftige Organisation unserer Produktion zu leiten.* Hier ist keine Rede mehr von einer Teilung der Verwaltung des Betriebes zwischen „technischen Beamten“ und Betriebsräten in der sozialisierten Wirtschaft. Das ist jedoch nur dann ein Widerspruch zu seinen früheren Ausführungen, wenn man diese Aussage auf die durch die Sozialisierungsgesetzgebung unmittelbar zu schaffenden Verhältnisse bezieht. Eine solche Sichtweise ließe freilich nicht nur außer Acht, dass die Sozialisierung als „lange Kette mannigfaltiger durchgreifender Reformen“ gedacht war,* sie unterstellt auch, dass die Aufteilung der Leitung des Betriebes zwischen „technischen Beamten“ und BR Selbstzweck wäre. Dem ist freilich nicht so: Der Grund dafür war vielmehr jener, dass andernfalls „[d]ie meisten Direktoren, Ingenieure, Chemiker, Gutsverwalter, Techniker, Betriebsbeamten und kaufmännischen Beamten aller Art, die allein in der kapitalistischen Gesellschaft jene Kenntnisse zu erwerben vermögen, die zur Leitung großer Betriebe erforderlich sind, [...] die Mitarbeit verweigern [würden]“.* Wegen des beschränkten Einblicks der ArbeiterInnen in die Organisation der Arbeit wären diese außerstande, den Betrieb in seiner Gesamtheit zu leiten, ohne dass dies gravierende Produktionseinbußen zur Folge hätte.* Diese Befürchtungen kamen nicht von ungefähr. In jenen Betrieben, in denen mangels gewerkschaftlicher Organisation keine Vertrauensmänner zur Betätigung im Rahmen der neuen Institution zur Verfügung standen, fehlte es am erforderlichen Wissen der Betriebsratsmitglieder für eine zweckentsprechende Nutzung der dem BR durch das BRG 1919 zugewiesenen Befugnisse.* Dessen ungeachtet führt die Identifikation des Zwecks hinter dem Dualismus in Bezug auf die Leitung des Betriebes in der sozialisierten Wirtschaft zu einer Schlussfolgerung: Wenn dieser allein in der mangelnden Kompetenz zur Leitung des Betriebes begründet lag, war dieser letztlich darauf angelegt, nach Überwindung dieser Wissensdefizite wegzufallen.* Es liegt auf der Hand, dass eine umfassende Leitungsfunktion in Bezug auf den Betrieb sinnvollerweise nicht primär in der Freizeit verrichtet werden kann. Daraus ergibt sich eine logische Konsequenz: Eine weitere „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit war von Beginn an in der Betriebsverfassung angelegt.

Die soeben aus den grundlegenden Erwägungen zum BRG 1919 deduzierte Immanenz einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit lässt sich anhand der Befugnisse des BR nicht nur belegen, sondern erfährt dadurch auch eine nähere Konturierung: Zunächst ist festzuhalten, dass die dem BR explizit zugewiesenen Befugnisse hinter dem zurückblieben, was Otto Bauer in „Der Weg zum Sozialismus“ konzipiert hatte: Dort war vorgesehen, dass sich der Einfluss der Arbeiterausschüsse auf sämtliche Angelegenheiten erstrecken sollte, welche „das Wohl der Arbeiter und Angestellten berühren“.* Im BRG 1919 war jedoch eine Mitwirkung des BR bei Einstellungen nicht explizit vorgesehen; es nahm der BR an der Verwaltung der Wohlfahrtseinrichtungen, Werkswohnungen etc nur teil (§ 3 Abs 2 Z 8 BRG 1919) und besorgte dies nicht allein; es wurde im Zuge der Ausschussberatungen das Einsichtsrecht in die Bilanz für Handelsunternehmen durch eine Mindestanzahl der im Betrieb beschäftigten AN eingeschränkt (§ 3 Abs 2 Z 10 BRG 1919).* Eine Mitwirkung des BR bei Versetzungen bzw bei sozial ungerechtfertigten Kündigungen war im BRG 1919 nicht einmal angedeutet. Doch was ist daraus abzuleiten, dass die Befugnisse in § 3 Abs 2 BRG 1919 bloß beispielhaft (arg: „insbesondere“) aufgezählt wurden? Jedenfalls bei Otto Bauer klingt die Auffassung durch, dass eine Erweiterung der Befugnisse auch im Verhältnis zum BI möglich gewesen wäre.* Infolge des durch das Erfordernis einer Abwägung hergestellten Konnexes zwischen Freistellung und Befugnisausübung kommt dabei ein Strukturprinzip des Anspruchs auf Adhoc-Freistellung zum Tragen: Diesem wohnt in dem Sinne ein dynamisches Element inne, als ein Mehr an Betriebsratsarbeit tendenziell auch ein Mehr an Freistellung zur Folge hat.* Denn die Abwägungsentscheidung, die die bereits an sich beschränkte Ressource „Zeit“ verteilt, nimmt Rücksicht auf Aspekte wie Bedeutung und Unaufschiebbarkeit einer Angelegenheit, aber auch auf eine angemessene Mindestfreizeit (Schlaf, Familienleben etc) von Betriebs-311ratsmitgliedern.* Zwar entsprach die Möglichkeit einer Erweiterung der Befugnisse im Verhältnis zum BI nicht der hA zum BRG 1919. Diese hat vielmehr die Aufzählung des § 3 Abs 2 BRG 1919 dem BI gegenüber als abschließend angesehen.* Die Möglichkeit der Erweiterung einer demonstrativen Aufzählung von Befugnissen und damit in weiterer Folge das „Mitwachsen“ des Anspruchs auf Ad-hoc-Freistellung mit den Befugnissen zeigt sich jedoch anhand des § 14 BRG 1947 idF BGBl 1947/97. Auf der Grundlage dieser beispielhaften Enumeration haben Floretta/Strasser ein wenngleich ungeschriebenes, so dennoch umfassendes Überwachungs- und Interventionsrecht des BR abgeleitet.*

Aber auch bei Zugrundelegung der hA zum BRG 1919 lässt sich die der Betriebsverfassung immanente Tendenz hin zu einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit bereits anhand der Sozialisierungsgesetzgebung des Jahres 1919 – konkret an der Mitwirkung des BR in den gesellschaftsrechtlichen Organen der gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen – nachvollziehen: Die Verknüpfung zwischen der Mitwirkung der VertreterInnen des BR in gesellschaftsrechtlichen Organen in nicht-sozialisierten Unternehmen (§ 3 Abs 2 Z 11 BRG 1919) sowie in sozialisierten Unternehmen (§§ 11, 36 Gesetz über gemeinwirtschaftliche Unternehmungen) lässt sich nicht nur in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes über gemeinwirtschaftliche Unternehmungen nachweisen,* sondern entspricht auch der systematisch-teleologischen Verpflichtung zur möglichst widerspruchsfreien Auslegung des Rechtes. Vor diesem Hintergrund musste die auf § 1154b ABGB gestützte Rsp, welche den AG im Rahmen des § 3 Abs 2 Z 11 BRG 1919 zur Freistellung der Betriebsratsmitglieder von der Arbeitsleistung sowie zur Entgeltfortzahlung verpflichtete, auch auf die VertreterInnen des BR in den Gremien der gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen erstreckt werden. Die Begründung* bzw der Ausbau* der Mitwirkung des BR in gesellschaftsrechtlichen Gremien im Rahmen der sozialisierten Wirtschaft hatte folglich eine fortschreitende Herauslösung von Betriebsratsmitgliedern aus dem Arbeitsprozess zur Konsequenz.

Es kann daher Folgendes festgehalten werden: Die von Beginn an im Betriebsverfassungsrecht angelegte „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit vollzieht sich nicht schlagartig, sondern ist als Prozess zu begreifen, der insb mit der Schaffung einer jeden neuen Befugnis bzw dem Ausbau einer bestehenden Befugnis einhergeht.*

4.
Schlussfolgerung und Ausblick

Die Befassung mit dem Gegensatzpaar „vollständige Professionalisierung“ und „strengste Ehrenamtlichkeit“ hat gezeigt, dass es sich dabei nicht nur um das Gegenteil des jeweils anderen handelt, sondern vielmehr auch um Gegenpole. Dh nichts anderes, als dass diese die beiden Endpunkte einer Skala markieren. An welchem Punkt dieser Skala das Verhältnis zwischen den vom Betriebsratsmitglied selbst aufzubringenden und den diesem zur Verfügung zu stellenden Ressourcen „richtig“ ist, ist keine Frage, die losgelöst von den Aufgaben und Befugnissen beantwortet werden kann. Diese Einsicht hat bereits die Befassung mit dem BRG 1919 zu Tage gefördert und lässt sich sowohl den Materialien zum BRG 1947 als auch jenen zum ArbVG entnehmen. Eine den Ansprüchen auf Beistellung von Ressourcen immanente Verpflichtung zur restriktiven Interpretation kann daher nicht generell angenommen werden.

Die „richtige“ Justierung – und das bedeutet Schaffung bzw Verbesserung der personellen, zeitlichen, finanziellen und intellektuellen Voraussetzungen für die Betriebsratsarbeit – zählt zu den zentralen Herausforderungen für die Fortentwicklung des gegenwärtigen Betriebsverfassungsrechtes.* Dabei hat die Tendenz hin zu einer „Professionalisierung“ der Betriebsratstätigkeit nicht zur Folge, dass das Bestreben, eine Entfremdung zwischen Betriebsratsmitgliedern und AN zu vermeiden, künftig keine Rolle mehr spielt. Im Gegenteil! Jedes demokratische System basiert auf „Legitimitätsgewinnung durch Kommunikation“; Entfremdung lässt sich demzufolge auf Kommunikationsdefizite zurückführen.* Es ist dies eine Sichtweise, die in den Materialien zum BRG 1919 wenigstens anklingt („in lebendigem Kontakt“, „Vertrauen“). Dementsprechend gilt es im Zuge der weiteren „Professionalisierung“ die Elemente des betriebsverfassungsrechtlichen Legitimationsgefüges zu stärken: Während der „individuelle“ Austausch zwischen AN und BR bzw Betriebsratsmitgliedern seit jeher im Betriebsverfassungsrecht fest verankert ist,* erscheint insb der „institutionalisierte“ Austausch ausbaufähig. Die Betriebsversammlung als Kontroll- und Konsultativorgan des BR hat mit dem BRG 1947 Eingang in das österreichische Betriebsverfassungsrecht gefunden;* ging also mit einem maßgeblichen „Professionalisierungsschub“312 einher. Ein solcher Gleichschritt könnte auch für die künftige Entwicklung eine taugliche Blaupause sein. De lege ferenda könnte ein erster Ansatzpunkt etwa darin liegen, die Hürde zur Einberufung einer außerordentlichen Betriebsversammlung auf Verlangen der AN von ursprünglich mehr als der Hälfte der AN (§ 5 Abs 8 BRG 1947) und nunmehr einem Drittel der AN (§ 43 Abs 2 ArbVG) weiter zu senken und auf diese Weise den AN eine proaktivere Rolle einzuräumen.* Es gilt – plakativ gesprochen – Entfremdung durch Einbindung zu bekämpfen. Das scheint auch mit Blick auf die für diese Untersuchung anstoßgebende Diskussion um das Lohnausfallprinzip bedeutsam: Dieses hält dem Betriebsratsmandat sachfremde Anreize hintan und hat damit gewichtige Argumente für sich.* Sollten diese – wenn auch nur in Teilbereichen, wie der Entgeltentwicklung bei permanenter Freistellung – tatsächlich einmal zurückgestellt werden, lässt sich dem Gefühl der Entfremdung wohl noch am ehesten dadurch entgegenwirken, dass von Beginn an Transparenz waltet und die gewünschte Vergütungsregelung nur dann wirksam zu Stande kommt, wenn ihr die Betriebsversammlung im Voraus zustimmt.