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Mehrmalige Verständigung des Betriebsrates von der Kündigungsabsicht

REINHARDGEIST (LINZ)
  1. Ein bestimmter Kündigungstermin muss in der Verständigung nach § 105 Abs 1 ArbVG nicht genannt sein.

  2. Finden erst allgemeine Gespräche über eine mögliche künftige Kündigung statt und wird der BR darüber verständigt, so ist dies noch nicht als Verständigung iSd § 105 Abs 1 ArbVG zu verstehen. Die Verständigung von einer erst bei Eintritt verschiedener Umstände geplanten Kündigung ist nicht konkret genug.

  3. Bei der Wochenfrist des § 105 Abs 1 ArbVG handelt es sich um eine nicht verlängerbare Höchstfrist. Eine verspätete Stellungnahme des BR ist unwirksam. Bloß interne Zustimmung des BR zur beabsichtigten Kündigung innerhalb der Wochenfrist reicht nicht.

  4. Eine weitere Verständigung durch den Betriebsinhaber (BI) bei ein und demselben Kündigungsfall löst die einwöchige Frist nicht erneut aus.

Die Kl war seit 1.7.1985 bei der Bekl bzw ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Am 18.11.2016 kündigte die Bekl ihr Dienstverhältnis und stellte die Kl dienstfrei.

Die Kl begehrt, die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit für rechtsunwirksam zu erklären. [...]

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dabei ging es von folgendem Sachverhalt aus:

„Am 27.10.2016 wurde der Betriebsratsvorsitzende * von der personalverantwortlichen Vorgesetzten der Klägerin, Dir. *, informiert, dass die Kündigung der Klägerin beabsichtigt sei und vorbereitet werde. Ein konkreter Termin wurde dabei noch nicht bekanntgegeben. Der Betriebsratsvorsitzende * informierte die anderen Betriebsratsmitglieder * und * hievon. Am 16.11.2016 wurde der Betriebsratsvorsitzende * von Dir. * informiert, dass das Kündigungsgespräch und die konkrete Kündigung des Dienstverhältnisses nunmehr für den 18.11.2016 geplant sei und dass eine Zustimmung des Betriebsrats allenfalls erforderlich sei. Der Betriebsratsvorsitzende * hatte bereits nach der ersten Verständigung (27.10.2016), die noch ohne konkreten Termin war, mit den anderen Betriebsratsmitgliedern gesprochen und wurde dabei einstimmig die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung beschlossen. Die schriftliche Zustimmung zur geplanten Kündigung der Klägerin am 18.11. wurde Dir. * am 17.11.2016 durch den Betriebsratsvorsitzenden * übermittelt. Der mündliche Beschluss des Betriebsrats, dass der Kündigung zugestimmt werde, erfolgte unmittelbar nach der Verständigung vom 27.10.2016 mündlich. Die schriftliche Mitteilung durch den Betriebsratsvorsitzenden an die Dir. *, dass der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung der Klägerin zustimme, wurde, wie bereits oben angeführt, am 17.11.2016 übermittelt. Dieses Schreiben vom 17.11.2016 war gerichtet an die Geschäftsleitung der R* e.Gen. und unterzeichnet mit Betriebsrat R* e.Gen. Es hatte folgenden Inhalt: „Sehr geehrte Geschäftsleitung! Der Betriebsrat der R* e.Gen. wurde ordnungsgemäß über die bevorstehende Kündigung der Mitarbeiterin * informiert. Der Kündigung wird zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen.“ Vor Übergabe dieses Schreibens hatte der Betriebsratsvorsitzende * bereits mit Email vom 17.11.2016, 12:08 Uhr, Dir. * mitgeteilt: „Hallo *! Der Betriebsrat stimmt der Kündigung von Mitarbeiterin * zu. LG, *.

Nach Erhalt dieser E-Mail ließ Dir. * von ihrer Assistentin das Schreiben des Inhalts ./1 vom 17.11.2016 konzipieren, da sie ein formelles Schriftstück über die Zustimmung haben wollte. Dieses Konzept wurde dem Betriebratsvorsitzenden übermittelt, der es nach diesem Konzept in ein Word-Dokument übernahm, ausdruckte, unterfertigte und es auch vom Betriebsratsmitglied * unterschreiben ließ, der es dann zur Bankstellenleitersitzung, welche um 14:00 Uhr erfolgte, mitbrachte. Die Beschlussfassung zur Zustimmung der Kündigung der Klägerin vom 27.10.2016 erfolgte, wie bereits angeführt, einstimmig.

In rechtlicher Hinsicht legte das Erstgericht die für die Stellungnahme des BR normierte Frist des § 105 Abs 1 ArbVG dahin aus, dass ihm „jedenfalls (zumindest)“ eine Woche zur Stellungnahme zu gewähren sei und lediglich eine vor Ablauf dieser Frist ausgesprochene Kündigung ohne Stellungnahme rechtsunwirksam sei. Soweit der BR nach der Verständigung am 27.10.2010 den Beschluss gefasst habe, der Kündigung zuzustimmen, sei dieser im Innenverhältnis rechtswirksam zustande gekommen. Soweit der Betriebsratsvorsitzende am 16.11.2016 vom konkreten Termin informiert worden sei, sei eine neuerliche Befassung des Gremiums nicht mehr erforderlich gewesen. Die ausdrückliche Zustimmung am 17.11.2016 sei rechtswirksam erfolgt. Dies gelte selbst bei Annahme, dass mit der Mitteilung des konkreten Kündigungstermins am 16.11.2016 die Frist erneut ausgelöst worden wäre, weil die Bekl von der Richtigkeit der Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden, dass der BR zustimme, habe ausgehen dürfen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl keine Folge. Das darin enthaltene Vorbringen der Kl, dass die der Bekl am 17.11.2017 zur Kenntnis gebrachte Zustimmung des BR zur Kündigung der Kl verspätet gewesen sei, weil der BR bereits am 27.10.2017 über die Kündigung informiert worden sei, verstoße gegen das Neuerungsverbot. Die Berufung gehe schon deshalb ins Leere. Im Übrigen sei die einwöchige Frist zwar eine nicht verlängerbare Höchstfrist. Auch die zweite Mitteilung sei aber als Verständigung iSd § 105 Abs 1 ArbVG zu qualifizieren, zu der der BR rechtzeitig seine Zustimmung erteilt habe.

In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision beantragt die Kl die Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Erstgericht. [...]328

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1. Die Kl richtet sich zunächst dagegen, dass sie mit ihren Berufungsausführungen zur Verspätung der Zustimmung des BR gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO verstoßen habe.

Darin ist ihr beizupflichten. Sie bestritt schon in ihrer Klage, dass der BR der Kündigung zugestimmt hätte. Ihr Vorbringen ist hier auch dahin zu verstehen, dass sie damit auch eine (fristgerechte) Verständigung der Bekl von einer solchen Zustimmung bestritt, zumal sich die Bekl selbst nur auf eine Zustimmung des BR vom 17.11.2016 berief. Im Berufungsvorbringen, dass die erst am 17.11.2016 erteilte Zustimmung zu der schon am 27.10.2016 bekanntgegebenen Kündigungsabsicht der Bekl verspätet war, ist daher kein neues Tatsachenvorbringen, sondern eine rechtliche Qualifikation des vom Erstgericht festgestellten Vorgangs zu sehen, dem das Neuerungsverbot nicht entgegensteht (vgl RIS-Justiz RS0016473; RS0042011).

2. Zurecht richtet sich die Kl gegen die Annahme einer fristgerechten Zustimmung des BR.

2.1. Gem § 105 Abs 1 ArbVG hat der BI vor jeder Kündigung eines AN den BR zu verständigen, der innerhalb einer Woche hierzu Stellung nehmen kann.

Gem § 105 Abs 6 ArbVG kann dann, wenn der BR der beabsichtigten Kündigung innerhalb der in Abs 1 genannten Frist ausdrücklich zugestimmt hat, die Kündigung gem Abs 3 Z 2 nicht angefochten werden (sog Sperrrecht des BR).

2.2. Zweck des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens ist die Wahrung der Mitwirkungsbefugnisse der Arbeitnehmerschaft, wobei einerseits auf die Interessen der zu Kündigenden hinreichend eingegangen wird und andererseits aber auch die Situation der gesamten Belegschaft Berücksichtigung finden soll (Wolligger in ZellKomm II2 § 105 ArbVG Rz 28 f).

2.3. Eine Verständigung nach § 105 Abs 1 ArbVG kann dabei stets nur eine Absichtserklärung sein: Dadurch soll es dem BR ermöglicht werden, sich in den Kündigungsfall rechtzeitig einzuschalten und den BI unter Umständen zu veranlassen, von der beabsichtigten Kündigung abzusehen (RIS-Justiz RS0051609). Ein bestimmter Kündigungstermin muss in der Verständigung nicht genannt sein, denn Gegenstand bzw Zweck des allgemeinen Kündigungsschutzes ist die Inhaltskontrolle der Kündigung (Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 21). Ist eine Kündigung aber noch nicht konkret geplant, sondern finden erst allgemeine Gespräche über eine mögliche künftige Kündigung statt und wird der BR darüber verständigt, so ist dies noch nicht als Verständigung iSd Abs 1 zu verstehen (Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 146 mwN). Daher wird auch formuliert, die Verständigungspflicht greife bei jeder „konkret beabsichtigten Kündigung“ (Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 19). Die Verständigung von einer erst bei Eintritt verschiedener Umstände geplanten Kündigung ist nicht konkret genug, um die Voraussetzungen des § 105 ArbVG zu erfüllen (s RIS-Justiz RS0051615; s auch Wolligger in ZellKomm II2 § 105 Rz 39).

2.4. Das Gesetz schreibt keine bestimmte Frist für die Verständigung in dem Sinne vor, dass zwischen Verständigung des BR und Ausspruch der Kündigung eine bestimmte Frist nicht überschritten werden dürfte. Es muss aber zwischen der Verständigung des BR durch den BI einerseits und der Kündigungserklärung andererseits ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen. Ein solcher Zusammenhang wird insb dann anzunehmen sein, wenn es sich um einen einzigen Kündigungsfall handelt und wenn die Kündigung zum ehest zulässigen Termin oder innerhalb einer Frist von wenigen Wochen ausgesprochen wird (RIS-Justiz RS0051425).

2.5. Die Stellungnahme des BR ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die an keine bestimmte Form gebunden und gegenüber dem BI abzugeben ist. Die Beurteilung des Inhalts einer solchen Erklärung richtet sich danach, wie die Erklärung objektiv unter Würdigung der dem BI bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Würdigung der Verkehrssitte aufgefasst werden muss. Klar und eindeutig muss die Stellungnahme aber zum Ausdruck bringen, ob der Kündigung widersprochen oder zugestimmt wird. Auf die Wortwahl kommt es nicht an (RIS-Justiz RS0101805). Bei der Wochenfrist des § 105 Abs 1 ArbVG handelt es sich um eine nicht verlängerbare Höchstfrist. Eine verspätet zugegangene Stellungnahme des BR ist daher unwirksam (9 ObA 151/97i).

2.6. Im vorliegenden Fall brachte die Bekl selbst vor, den BR bereits am 27.10.2016 von der beabsichtigten und konkret geplanten Kündigung verständigt zu haben. Wenngleich darin noch kein konkreter Kündigungstermin genannt wurde, ist nach der dargestellten Rechtslage nicht zweifelhaft, dass hier eine Verständigung über eine konkret beabsichtigte Kündigung einer bestimmten DN erfolgte, die nach § 105 Abs 1 ArbVG die Wochenfrist zur Beratung und allfälligen Stellungnahme des BR auslöste. Unzweifelhaft war die am 18.11.2016 tatsächlich ausgesprochene Kündigung jene Kündigung, die die Bekl bereits Ende Oktober 2016 in Aussicht genommen hatte, sodass daher aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen der ersten Verständigung und der tatsächlichen Kündigung ein einziger Kündigungsfall vorlag.

2.7. Hier hat der BR der beabsichtigten Kündigung innerhalb der Wochenfrist zwar intern zugestimmt. Unabhängig von der Frage, ob für die Einhaltung der Wochenfrist auch ihr Zugang beim BI erforderlich ist (so Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 39) oder schon die rechtzeitige Absendung genügt (so Löschnigg Arbeitsrecht13 Rz 8/054), gab der BR in Reaktion auf die am 27.10.2016 erfolgte Mitteilung von der beabsichtigten Kündigung jedoch erst mit Schreiben vom 17.11.2016 eine entsprechende Stellungnahme gegenüber der Bekl ab. Dies hat zur Folge, dass der BR für diesen Kündigungsfall keine Anfechtungssperre wegen Sozialwidrigkeit bewirkt hat.

2.8. Die Erwägung, dass eine weitere Verständigung durch den BI bei ein und demselben Kündigungs-329fall erneut die einwöchige Frist auslösen könnte, wird nicht geteilt. Sie liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass der BR infolge der weiteren Verständigung außerhalb der einwöchigen Höchstfrist selbst eine bereits kommunizierte Stellungnahme wieder revidieren könnte und etwa sein Schweigen oder einen Widerspruch idF durch eine Zustimmung oder umgekehrt ersetzen könnte. Derartiges liefe nicht nur dem Sinn einer Höchstfrist für die Stellungnahme des BR, sondern auch dem Interesse der Belegschaft am Bestand der einmal getroffenen Entscheidung des BR zuwider.

3. Da im konkreten Fall infolge der am 27.10.2016 erfolgten Verständigung des BR über die beabsichtigte Kündigung der Kl innerhalb einer Woche keine Stellungnahme des BR an die Bekl dahin erfolgte, dass er der Kündigung der Kl zustimmt, hat er sich seines Sperrrechts iSd § 105 Abs 6 ArbVG begeben, womit das Anfechtungsrecht der Kl wegen Sozialwidrigkeit gewahrt blieb. Der Revision der Kl ist daher Folge zu geben. Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. [...]

ANMERKUNG
1.
Allgemeines

Der OGH spricht sich dezidiert gegen die These aus, eine neuerliche (zB durch bestimmte Angaben ergänzte) Verständigung durch den BI in ein und demselben Kündigungsfall löse erneut die einwöchige Frist (zum fristauslösenden Zugang der Mitteilung Drs, Allgemeiner Kündigungs- und Entlassungsschutz, in Resch [Hrsg], Kündigungs- und Entlassungsschutz [2012] 20; dies, Stellungnahme des Betriebsrats zur Kündigung, ASoK 2012, 2 f) zur Stellungnahme des BR aus, denn Derartiges wäre mit der Konstruktion der Stellungnahmefrist als Höchstfrist nicht vereinbar. Damit treten aber die Anforderungen an eine fristauslösende Verständigung in den Vordergrund; solange diese eben nicht erfüllt sind, läuft die Stellungnahmefrist nicht. Andernfalls handelt es sich bei zusätzlichen Angaben bloß um eine Ergänzung der ursprünglichen aber fristauslösenden Mitteilung (vgl schon Floretta/Strasser, BetriebsräteG2 [1973] 520). Im Folgenden werden einige Anforderungen an die fristauslösende Mitteilung iSd § 105 Abs 1 ArbVG sowie die Frage der Rechtzeitigkeit thematisiert.

2.
Mitteilung der Kündigungsabsicht durch den Betriebsinhaber

Nach § 105 Abs 1 ArbVG hat die Mitteilung durch den BI zu erfolgen. Dies schließt allerdings Stellvertretung nicht aus, was bei organschaftlicher Stellvertretung selbstverständlich ist. Aber auch gewillkürte Stellvertretung ist möglich (Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR5 § 105 Rz 44; Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 17). Auch die Übermittlung der Mitteilung durch Boten ist möglich (so schon Floretta/Strasser, BetriebsräteG2 516; siehe auch Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 17). Im konkreten Fall erfolgte die Mitteilung durch die „personalverantwortliche Vorgesetzte“ der gekündigten AN, einer Frau Direktor. Die Vertretungsmacht der Mitteilenden wurde im Verfahren offenbar in keiner Instanz problematisiert; das überrascht doch etwas, zumal Einzelvertretungsmacht gerade im Bankbereich eher die Ausnahme darstellt (vgl § 5 Abs 1 Z 12 BWG). Dass sich ein Mangel der Vertretungsmacht erst bei Kündigung, nicht aber bei der Wirksamkeit der Mitteilung auswirke (so Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 142), trifft nicht zu, denn der BR muss wissen, ob er iSd § 105 ArbVG reagieren soll oder nicht. Wer meint, der BR könne ja auf Verdacht eine Sitzung einberufen, verkennt, dass die Organisation einer mitunter nötigen außerordentlichen Sitzung mit Beschlussfähigkeit nicht immer leicht ist. Es leuchtet auch nicht ein, einerseits Bevollmächtigung zu verlangen (Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 30; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 142), anderseits mangelnde Vertretungsmacht für die Wirksamkeit der Verständigung als unerheblich einzustufen (Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 142). Richtigerweise ist entsprechende Vertretungsmacht des Mitteilers Voraussetzung für die Wirksamkeit der Mitteilung. Konsequenterweise muss die Vertretungsmacht, wenn sie nicht bekannt oder offengelegt (zB durch Firmenbucheintragung) ist, nachgewiesen sein. Nachträgliche Vorlage wirkt nach dem Zweck nur ex nunc. Gleiches gilt für nachträgliche Genehmigung iSd § 1016 ABGB (vergleichbare Überlegungen werden bei fristgebundenen Erklärungen angestellt, Perner in Kletečka/Schauer [Hrsg], ABGB-ON1.02 Rz 2; ausführlich Hueber, Nachträgliche Genehmigung vollmachtslos geschlossener Geschäfte [2018] 62 ff). Diese Grundsätze finden unabhängig davon Anwendung, ob man in der Mitteilung der Kündigungsabsicht eine Willenserklärung (so etwa Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 30; OGH9 ObA 12/01gDRdA 2002/3 [Pfeil]) oder eine Wissenserklärung (so etwa Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 144) sieht. Das ergibt sich aus dem Zweck. In diesem Kontext ist auch die E des OGH9 ObA 81/12w ARD 6268/3/2012 problematisch, wonach eine dem AG zurechenbare Verständigung von der Kündigungsabsicht auch dann vorliegt, wenn dem BR – wie üblich – die geplante Tagesordnung (samt Bericht aus dem sich ergibt, dass eine Kündigung eines konkreten AN erfolgen soll) der Vorstandssitzung übermittelt wird (von wem, kommt in der E nicht vor) und Kündigungen dem Vorstand vorbehaltene Angelegenheiten sind. AG war offenbar ein Sozialversicherungsträger. Gem § 434 ASVG obliegt die Vertretung dem Vorstand (von den in § 434 ASVG vorgesehen Delegationsmöglichkeiten wurde offenbar nicht Gebrauch gemacht). Solange es keinen diesbezüglichen Vorstandsbeschluss gibt, liegt keine rechtliche relevante Kündigungsabsicht des AG vor; es steht allenfalls eine Kündigung im Raum; letzteres330 reicht aber nicht (vgl OGH9 ObA 12/01gDRdA 2002/3 [Pfeil]; siehe auch unter 2.3.). Die Mitteilung betreffend die Kündigungsabsicht hat prinzipiell gegenüber dem Vorsitzenden des BR zu erfolgen (arg § 71 ArbVG; dazu im Detail etwa Mosler, Ein mangelhafter Betriebsratsbeschluss und eine problematische Kündigung, DRdA 2005, 78).

3.
Kündigungstermin als notwendiger Inhalt der Verständigung?

Der OGH zählt in der vorliegenden E den Kündigungstermin nicht zu den Wirksamkeitserfordernissen der Mitteilung der Kündigungsabsicht. Der OGH beruft sich dabei auf Schrank (in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 21; ebenso Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR5 § 105 Rz 45; Gerhartl, Das betriebliche Kündigungsvorverfahren, ASoK 2018, 468). Als Argument wird angeführt, Zweck des allgemeinen Kündigungsschutzes sei die Inhaltskontrolle, nicht die Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen (Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 21). Dies ist jedenfalls insofern zu relativieren, als sicher die Inhaltskontrolle den Hauptzweck des § 105 ArbVG darstellt; das bedeutet aber nicht, dass der BR bei Beratungen iSd § 105 Abs 2 S 1 ArbVG nicht auf die Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen drängen dürfte. Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls vertretbar, wenn man den Kündigungstermin nicht als notwendigen Bestandteil der Mitteilung iSd § 105 Abs 1 ArbVG ansieht. Jedenfalls muss einerseits die Kündigung – bezüglich eines namentlich bestimmten AN – konkret beabsichtigt sein (nicht bloß als Möglichkeit im Raum stehen; Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 19; Gerhartl, ASoK 2018, 467 f; Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR5 § 105 Rz 45) und anderseits eine Zeitnähe zwischen Mitteilung beabsichtigter Kündigung vorliegen (vgl Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR5 § 105 Rz 46; Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 22; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 105 Rz 42 ff; Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 42 ff mit Übersicht über die Judikatur).

4.
Kündigungsgrund als notwendiger Inhalt der Verständigung?

Nach ganz hM ist die Angabe des Grundes, der den AG zur Kündigung veranlasst, zur Rechtswirksamkeit der Verständigung von der Kündigungsabsicht iSd § 105 Abs 1 ArbVG nicht erforderlich (so schon Floretta/Strasser, BetriebsräteG2 520 unter Hinweis auf eine E des ArbG Wien vom 8 Cr 539/66 ARD 1988/13; ebenso zum ArbVG Gerhartl, ASoK 2018, 468).

Schon Floretta/Strasser (BetriebsräteG2 520) betonen, dass das Verlangen des BR auf Bekanntgabe des Kündigungsgrundes gerechtfertigt erscheint, da eine begründete Stellungnahme zum Kündigungsvorhaben nur dann erfolgen kann; sie verweisen in diesem Kontext auf § 14 Abs 1 BRG (nunmehr § 91 Abs 1 ArbVG; ebenso Auer-Mayer in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR5 § 91 Rz 6; Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 91 Rz 20; OLG Wien 31 Ra 37/92 ARD 4389/8/92); die Erfüllung der Auskunftspflicht sei aber keine Gültigkeitsvoraussetzung der Verständigung. Das verwundert doch etwas, zumal die gerichtliche Erkämpfung des Kündigungsgrundes jedenfalls zu spät kommt. Sachgerecht ist nur die Lösung, dass dann, wenn der BR die Mitteilung des Kündigungsgrundes verlangt, die Stellungnahmefrist für den Zeitraum zwischen Verlangen nach dem Kündigungsgrund und Bekanntgabe desselben gehemmt wird. Den BR, der keine rechtzeitige Aufklärung erhält, auf den Widerspruch gegen die Kündigung zu verweisen (so etwa Gerhartl, ASoK 2018, 469 für den Fall der Verweigerung der vom BR verlangten Beratung), ist nicht sachgerecht. Durch die hier vorgeschlagene Lösung verlängert sich uU im Ergebnis die Stellungnahmefrist. Daher sollte auch die ganz hM überdacht werden, dass eine Vereinbarung zwischen AG und BR über die Dauer der Stellungnahmefrist nicht wirksam ist (OGH9 ObA 151/97i

[Jabornegg]
= SZ 70/219; Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 55; Melzer-Azodanloo/Schoditsch in Tomandl, ArbVG § 169 Rz 6, Ritzberger-Moser in Jabornegg/Resch, ArbVG § 169 Rz 4; Drs in Resch [Hrsg], Kündigungs- und Entlassungsschutz 25). Das wäre nicht die einzige Durchbrechung der zwingenden Wirkung im Bereich des Betriebsverfassungsrechts (im gegebenen Kontext Dispositionsmöglichkeiten der Betriebspartner bejahend auch Jabornegg, ). Umstritten ist auch, ob Tage des Betriebsurlaubes bei der Fristberechnung zu berücksichtigen sind. Mit guten Gründen (vor allem Urlaubsschutz) spricht sich Drs (Stellungnahme des Betriebsrates zur Kündigung, ASoK 2012 2; dies in Resch [Hrsg], Kündigungs- und Entlassungsschutz 23 f; referierend Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 55) für die Nichteinrechnung der Stellungnahmefrist aus (anders Melzer-Azodanloo/Schoditsch in Tomandl, ArbVG § 169 Rz 3 arg Rechtssicherheit und Friedrich, Die Änderungen des ArbVG durch BGBl I 2010/101, ZAS 2011, 60 arg Wortlaut; idS auch Gerhartl, ASoK 2018, 473). Die nunmehrige – durch BGBl I 2010/101 eingeführte – Wochenfrist ersetzt die vorherige Frist von fünf Arbeitstagen – worunter jene Tage verstanden wurden, an denen aufgrund der betrieblichen Arbeitszeiteinteilung die Mehrheit der AN des Betriebes arbeitet (vgl § 63 Abs 1 BR-GO alt) – mit der gesetzgeberischen Absicht, Streitigkeiten über die Frage, wann ein Arbeitstag im Betrieb vorliegt, zu vermeiden (RV 901 BlgNR 24. GP 6). Da sich das Vorliegen eines Betriebsurlaubes erheblich leichter eruieren lässt, als das Vorliegen eines „Arbeitstages“ iSd § 105 Abs 1 ArbVG alt überzeugt das Rechtssicherheitsargument nicht wirklich. Da das Betriebsurlaubsthema im Gesetzgebungsverfahren offenbar unberücksichtigt geblieben ist, gebietet sich eine einschränkende Interpretation des § 105 Abs 1 ArbVG, um eine erhebliche unsachliche Verschlechterung der kollektivrechtlichen Rechtsposition der Beleg-331schaft (dies beklagend aber immerhin Melzer-Azodanloo/Schoditsch in Tomandl, ArbVG § 169 Rz 3) zu vermeiden: Zugang der Mitteilung betreffend die Kündigungsabsicht am Ende des letzten Arbeitstages vor einem einwöchigen Betriebsurlaub nimmt realistischerweise dem BR die Möglichkeit zur rechtzeitigen Stellungnahme, wenn der Betriebsurlaub in die Stellungnahmefrist eingerechnet wird.

5.
Rechtzeitigkeit der Stellungnahme des BR

Ambivalent ist die Haltung des OGH zur Frage, ob die Stellungnahme des BR innerhalb der Wochenfrist zugehen muss oder ob rechtzeitiges Absenden genügt. Unter Pkt 2.5. der besprechungsgegenständlichen E erklärt der OGH unter Hinweis auf OGH 22.10.1997 9 ObA 151/97i (

[Jabornegg]
= SZ 79/219) eine verspätet zugegangene Stellungnahme für unwirksam. Unter Pkt 2.7. lässt er die Frage offen. Richtigerweise ist zu differenzieren (siehe etwa Weiß, Probleme bei der Stellungnahme zur Kündigung, DRdA 2011, 573). Gem § 169 ArbVG gelten für Berechnung und Lauf der im ArbVG festgesetzten Fristen die §§ 32 und 33 AVG. Dieser Verweis erfasst alle Fristen des ArbVG, egal ob materiellrechtliche oder verfahrensrechtliche Fristen (siehe etwa Ritzberger-Moser in Jabornegg/Resch, ArbVG § 169 Rz 1; Melzer-Azodanloo/Schoditsch in Tomandl, ArbVG § 169 Rz 2), insb auch die Stellungnahmefrist nach § 105 Abs 1 ArbVG (Gerhartl, ASoK 2018, 472; Melzer-Azodanloo/Schoditsch in Tomandl, ArbVG § 169 Rz 3). § 33 Abs 3 AVG sieht nun vor, dass bei Übermittlung per Zustelldienst iSd § 2 Z 7 ZustG die Tage des Postlaufes nicht in die Frist eingerechnet werden (Postlaufprivileg). Ein derartiger Zustelldienst ist etwa die Post (Gerhartl, ASoK 2018, 472). § 33 Abs 3 AVG setzt im unmittelbaren Anwendungsbereich die Übermittlung an die „Behörde“ voraus; nun ist der AG keine solche; doch würde die Nichtanwendbarkeit des § 33 Abs 3 AVG im verwiesenen Anwendungsbereich auf postalische Übermittlung der Betriebsratsstellungnahme den Zeitraum für eine rechtzeitige Reaktion des BR noch mehr verkürzen. Andere Kommunikationsmittel (zB E-Mail, Telefax) sind von § 33 Abs 3 AVG auch nicht analog erfasst (mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 33 Rz 3). Dies gilt auch grundsätzlich im Bereich des ArbVG (Weiß, DRdA 2011, 573 FN 44; Gerhartl, ASoK 2018, 472). Anderes gilt, wenn ein vom AG zur Verfügung gestelltes Kommunikationsmittel für die Übermittlung der Stellungnahme des BR verwendet wird (zutreffend Gerhartl, ASoK 2018, 472). Das harmoniert mit der ratio des Postlaufprivilegs („Post als verlängerter Arm der Behörde“ vgl dazu mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 33 Rz 3). § 33 Abs 3 AVG erfasst nicht den Verlust am Postweg (mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 33 Rz 5; dies gilt auch im Bereich des ArbVG (so Gerhartl, ASoK 2018, 472 mit Ausnahme des vom AG zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittels).