Deutsch/Nowotny/SeitzAusländerbeschäftigungsgesetz

2. Auflage, Verlag des ÖGB, Wien 2018 824 Seiten, kartoniert, € 69,–

KLAUSFIRLEI (SALZBURG)

Dieser bewährte und für einschlägig befasste PraktikerInnen unentbehrlich gewordene Kommentar liegt nunmehr in zweiter Auflage vor. Neuauflagen von Kommentierungen dieses neuerungsanfälligen Gesetzes sind eigentlich nach relativ kurzer Zeit bereits „überfällig“, denn die Materie (einschließlich der damit eng zusammenhängenden Regelungen des Fremdenrechts und des Unionsrechts) hat sich in den letzten Jahren äußerst dynamisch entwickelt, auch weil oft mit Innovationen – manchmal auch nur vermeintlichen – experimentiert wird. Die regulativen Schwerpunkte haben sich gegenüber den früheren Fassungen und vor allem gegenüber der Urfassung aus dem Jahr 1975 so wie auch die österreichische Philosophie der Arbeitsmigration weitgehend verändert. Das gilt aber eindeutig nicht für das Ziel einer äußerst strengen Begrenzung der Ausländerbeschäftigung (aus Drittstaaten). All das erfordert eine zeitnah veröffentlichte solide fachliche Aufbereitung, die dieses Werk denn auch bereitstellt.

Eine Rezension muss mit einbeziehen, dass die Kommentierung des AuslBG eine mehr als undankbare Aufgabe ist. Das Gesetz in ein konsistentes System zu fassen, ist praktisch unmöglich. Es wechselt zwischen Kasuistik und Detailverliebtheit und einer Vielzahl von Verweisungen auf komplexe wirtschaftliche und arbeitsmarktbezogene Abwägungserfordernisse. Der Kommentar versteht sich daher verständlicherweise nicht als eine systematische Durchdringung der Materie. Er hat sich nicht der Aufgabe gestellt, alle mit dem Arbeitsmigrationsrecht vernetzen Rechtsbereiche in Form einer einheitlichen Gesamtanalyse zu erfassen.

Aufbau und Gliederung folgen dem bisherigen Schema, das ich allerdings für nicht allzu gelungen halte. Für Nicht-SpezialistInnen ist die Einleitung als Erstinformation zu empfehlen, ebenso der geschichtliche Werdegang mit vielen auslegungsrelevanten Hinweisen auf die Zielsetzungen einzelner Regelungen. Jede Bestimmung des Gesetzes wird übersichtlich gegliedert und verständlich aufbereitet, aber überaus knapp kommentiert. Nach der Kommentierung der jeweiligen Regelung wird die Judikatur, soweit erkennbar, weitgehend vollständig in Form von unterschiedlich langen Leitsätzen dargestellt. Maßstab dafür ist wohl die Bedeutung der Entscheidung. Dadurch sind die Judikaturzitate oft relativ lang und sie gehen über bloße „Leitsätze“ hinaus. Die mE bessere Alternative wäre eine von den VerfasserInnen komprimiert zusammengestellte Judikaturübersicht, die sich auf die wesentlichen Punkte konzentriert. Noch besser wäre es, wenn die Judikatur in die Kommentierung der VerfasserInnen, einer systematischen Gliederung folgend, integriert und gelegentlich auch mit kritischen Anmerkungen versehen worden wäre.

Im umfangreichen Anhang werden wichtige Regelungen, die für Anwendung und Verständnis des AuslBG unverzichtbar sind, im Volltext abgedruckt. So finden sich hier die AuslBVO, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), das Fremdenpolizeigesetz (FPG), die Durchführungsverordnung zum NAG und relevante Auszüge aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und aus dem Beschluss des Assoziationsrates Nr 1/1980. Die Auswahl ist nicht ganz verständlich, es bleibt unerfindlich, warum nicht auch die wesentlichen Richtlinien und Verordnungen des Unionsrechts (auszugsweise) abdruckt wurden. Der aktuelle Text des AuslBG wird vorweg vollständig abgedruckt und dann nochmals vor den Kommentierungen wortgleich wiederholt. Damit fängt das Werk praktisch erst bei S 108 an. Es ist dem Rezensenten aber bewusst, dass sich diese Unsitte großer Beliebtheit erfreut.

Ob es eine glückliche Lösung ist, die begleitende Kommentierung zu einer Bestimmung von der Judikatur zu trennen, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Da die Zielgruppe des Kommentars aber wohl vorwiegend PraktikerInnen sind, die mit der Abwicklung von Beschäftigungen zu tun haben, die dem Geltungsbereich des AuslBG unterworfen sind, und für diese die Rechtspraxis der Behörden und des VwGH letztlich eine entscheidende Grundlage darstellt, kann man dieser Trennung doch etwas abgewinnen. Der Nachteil dieser Darstellungsweise ist, dass damit 473 die Chance vergeben wird, kritisch auf die Judikatur einzugehen und Themenblöcke zu bilden, die eigene Kommentare, Literatur und Rsp integrieren.

Ein weiteres Charakteristikum dieses Kommentars ist es, dass sich die VerfasserInnen bewusst auf die Durchführungserlässe des zuständigen Ministeriums stützen. Auch das dient der Rechtssicherheit, wenn auch nicht unbedingt einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Gesetz und seinen möglichen, uU auch etwas ausländer- oder unternehmerfreundlicheren Auslegungen. Aus meiner Sicht fühlen sich die VerfasserInnen im Zweifel einer eher strengen und restriktiven Auslegung der Zulässigkeit von Beschäftigungsverhältnissen mit Drittstaatsangehörigen verpflichtet.

Die eine oder andere inhaltliche Positionierung wäre angesichts der hohen Fachkompetenz der AutorInnen eine begrüßenswerte, dogmatisch wohl auch weiterführende Zugabe gewesen. Leider wurde auch auf eine Auseinandersetzung mit der zugegeben sehr spärlichen Literatur zum AuslBG verzichtet. Insgesamt verleihen die gerade genannten Besonderheiten dem Kommentar den Charakter eines halboffiziösen Werkes. Da ist kein Nachteil, man sollte das aber als Hintergrund im Auge behalten.

Zusammenfassend sei festgehalten: Das Werk bietet für den Praktiker ein nützliches Handwerkszeug. Es bietet die notwendigen Informationen, um Probleme der Arbeitsmigration verlässlich – dh in Einklang mit der Judikatur und in Übereinstimmung mit den Rechtsmeinungen des zustimmenden Ministeriums – zu lösen. Schon damit erfüllt der Kommentar eine wichtige Funktion. Die offensichtliche Sprödigkeit der Kommentierung ergibt sich schlicht daraus, dass die überwiegende Zahl an Rechtsfragen nicht nach methodisch ausgefeilten Auslegungen verlangen, sondern nach einer korrekten Anwendung verwickelter bzw „vertrackter“, von ihrer Ratio her oft nicht sehr gut nachvollziehbarer Detailregelungen. Das knappe bis gar nicht vorhandene Eingehen auf arbeitsvertragliche Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten erklärt sich auch daraus, dass das AuslBG kaum Spielräume bietet. Auch bei der Vertragsgestaltung schiebt das Gesetz den arbeitsvertraglich allenfalls doch vorhandenen Spielräumen durch die Auslegungsregel, dass jeweils der „wahre wirtschaftliche Gehalt“ der Konstruktion heranzuziehen ist, weitgehend einen Riegel vor.

Es sollte hier aber auch angemerkt werden, dass der österreichische Gesetzgeber mit dem AuslBG kleinlich und detailversessen versucht, den inländischen Arbeitsmarkt bis in die letzten allenfalls noch bestehenden Ritzen abzuschotten. Damit will man vor allem „Sozialdumping“ verhindern und die „privilegierten“ AN-Gruppen (wozu auch die EU-BürgerInnen gehören) schützen. Das Resultat ist nachvollziehbar neben Ungereimtheiten bei der Anwendung des Gesetzes ein überdimensionierter Sanktionsapparat und grenzwertige Strafsätze, die auch sozialpolitisch harmlose Fälle erfassen. Derartige Strafsätze finden sich in weiten Bereichen des Arbeitsrechts, in denen mit sehr viel mehr Berechtigung sozialschädliches Verhalten von AG zu ahnden wäre, nicht.

Im Interesse der eher in der Wissenschaft beheimateten Leserschaft erlaubt sich der Rezensent für eine Neuauflage vier Wünsche zu äußern: Zum einen die Integration der Judikatur in die Kommentierung, eine verstärkte durchaus kritische Berücksichtigung der Literatur, sowie die Anreicherung des Kommentars mit von den verfassenden Persönlichkeiten erarbeiteten Lösungen jenseits ihrer beruflichen Stellung, und schließlich, wenn das auch nur eine Kleinigkeit ist, ein Literaturverzeichnis, sei es am Ende des Bandes oder nach jedem Paragraphen des Gesetzes.