SchrankUrlG – Urlaub und Pflegefreistellung – Kommentar
Linde Verlag, Wien 2018, 294 Seiten, gebunden, € 64,–
SchrankUrlG – Urlaub und Pflegefreistellung – Kommentar
Dieser von Franz Schrank verfasste Kommentar zum Urlaubsgesetz erschien im Jahr 2018. Obwohl das Gesetz sehr kurz ist, stellen sich doch einige Fragen bei seiner Anwendung. Diese versucht der Autor besonders im Hinblick auf die Zielgruppe der Personen aus der Praxis, wie RechtsanwenderInnen, BeraterInnen, PersonalverrechnerInnen und AN, zu beantworten. Dazu bedient er sich in erster Linie des geltenden Rechts und der aktuellen Judikatur des OGH. Zur erleichterten Anwendbarkeit für PraktikerInnen wird ausschließlich der aktuelle Iststand von Gesetz und Rsp herangezogen und auf historische Entwicklungen verzichtet.
Nach einem Inhalts-, Abkürzungs- und Literaturverzeichnis wird zuerst das gesamte Urlaubsgesetz in der geltenden Fassung abgedruckt, bevor die Kommentierung der einzelnen Bestimmungen erfolgt. Besonders hervorzuheben ist, dass zu Beginn der Kommentierung der einzelnen Paragrafen die jeweils relevanten Gesetzesmaterialien abgebildet sind. Das erspart einen zusätzlichen Rechercheaufwand und der Leser bekommt einen guten Einstieg in die betreffende Thematik. Ein Stichwortverzeichnis unterstützt bei der Anwendung des Kommentars. Im Folgenden greife ich zwei Bereiche des Urlaubsrechts aufgrund aktueller Anknüpfungspunkte heraus (siehe zu den aktuellen Entwicklungen im Urlaubsrecht auch Auer-Mayer, Unionsrechtliche Auswirkungen auf das Urlaubsrecht, ZAS 2018, 12 ff).
Dem Urlaubsanspruch kommt eine Doppelnatur zu: Einerseits soll damit Freizeit garantiert werden, in der sich AN erholen können und andererseits steht in dieser Zeit auch ein Entgeltanspruch zu. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt bei weniger als 26 Dienstjahren pro Jahr 30 Werktage, danach steigt er auf 36 Werktage. Kalendarisch gerechnet sind das fünf bzw sechs Wochen. Das Urlaubsentgelt wird nach dem Ausfallsprinzip der letzten 13 Wochen berechnet. In den letzten Jahren sind mehrere Entscheidungen – sowohl des EuGH ( 22.4.2010, C-486/08, ZBR der LKH Tirols; 13.6.2013, C-415/12, Brandes, letztere war im Kommentar nicht zu finden) als auch des OGH ( 19.12.2014, 8 ObA 80/14v; 22.7.2014, 8 ObA 20/14b; 24.10.2012, 8 ObA 35/12y) – zu Urlaubsaliquotierungen bei Änderung des Arbeitszeitausmaßes ergangen. Auch Schrank setzt sich mit der Urlaubsaliquotierung bei Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit auseinander. Bereits zu Beginn dieses Kapitels führt er aus, dass sich an dem gesetzlich kalendarischen Ausmaß des Jahresurlaubes nichts ändere, ohne die konkrete Problematik zu erklären. Zur Darstellung dieses doch komplexen Problems hätte ein Beispiel wie folgendes wesentlich beitragen können, anhand dessen sich auch die Auswirkungen der Judikatur gut erklären lassen: Ein AN wechselt von einer Vollzeitbeschäftigung mit einer 40-Stunden-Woche (acht Stunden pro Tag) in eine Teilzeitbeschäftigung mit zwei Arbeitstagen pro Woche zu je acht Stunden. Angenommen ihm steht aus der Vollzeitbeschäftigung ein Resturlaubsanspruch von einer Woche zu – bei einer tageweisen Berechnung fünf Urlaubstage –, so wären das in der Teilzeitbeschäftigung also 2,5 Wochen Urlaub. Bei der umgekehrten Variante, also der Erhöhung des Arbeitszeitausmaßes, wären von der Resturlaubswoche plötzlich nur mehr zwei Tage übrig (siehe dazu Chr. Klein, Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit, DRdA 2015, 20). Der EuGH entschied hinsichtlich der ersten Variante, dass bei einer tageweisen Berechnung eine verhältnismäßige Verkürzung des Urlaubsanspruches (EuGH Rs ZBR der LKH Tirols, Rz 35; EuGH Rs Brandes, Rz 42) und auch ein geringeres Urlaubsentgelt (EuGH 22.4.2010, C-486/08, ZBR der LKH Tirols, Rz 35) dem Unionsrecht widerspricht. Aufgrund des kalendarischen Urlaubssys tems und keiner tage- oder stundenweisen Berechnung sah sich der OGH jedoch nicht veranlasst, seine bisherige Vorgehensweise zu ändern. Demnach bleibt der Urlaubsanspruch bei einem Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit in Wochen gerechnet unverändert bestehen, unabhängig davon, ob die Arbeitszeit erhöht oder reduziert wird (OGH 19.12.2014, 8 ObA 80/14v; OGH 22.7.2014, 8 ObA 20/14b; OGH 24.10.2012, 8 ObA 35/12y). Hat ein AN also bei einer Reduktion des Arbeitszeitausmaßes auf zwei Tage pro Woche eine Resturlaubswoche (ursprünglich fünf Urlaubstage), so bleibt diese Woche auch in der Teilzeit erhalten, allerdings sind es in Tagen gerechnet eben nur noch zwei Urlaubstage. In der umgekehrten Variante bleibt dem AN ebenso eine Urlaubswoche erhalten, bei einer tageweisen Berechnung ist das eine Steigerung des Urlaubsanspruchs um drei Tage (siehe dazu Chr. Klein, Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit, DRdA 2015, 20).
Gem § 4 Abs 5 UrlG verjähren Urlaubsansprüche nach einer Frist von zwei Jahren. Der Fristenlauf beginnt ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist. Im Kommentar dürfte es sich um eine etwas missverständliche Formulierung handeln, wenn erläutert wird, dass die zweijährige Verjährungsfrist mit dem Beginn des Arbeitsjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, zu laufen beginne (Schrank, UrlG § 4 Rz 71). Dazu verweist Schrank auf die zweite Auflage des Zeller Kommentars, wobei Reissner dort aber (ebenso wie in der aktuellen 3. Auflage) die Ansicht vertritt, dass der Fristenlauf mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, beginnt (Reissner in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 Rz 33). An anderer Stelle erörtert Schrank richtigerweise, dass der Fristenlauf am Ende des Urlaubsjahres beginnt und deshalb der Verbrauch des Urlaubsanspruchs in den meisten Fällen drei Jahre möglich ist. Die Verjährung des Urlaubsanspruches kann aber auch gehemmt oder verkürzt werden. Bei einem innerhalb eines Urlaubsjahres erst später entstehenden Anspruchs verkürzt sich die dreijährige Frist entsprechend des späteren Entstehens. Dies ist bspw bei aliquot anwachsenden Urlaubsansprüchen zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses der Fall. Eine kollektiv- oder einzelvertragliche Vereinbarung kürzerer Ausschluss- oder Verfallsfristen widerspricht der relativ zwingenden Wirkung des § 12 UrlG. Gesetzliche Hemmungstatbestände sind Mutter- oder Väterkarenzen. Die Verjährungsfrist verlängert sich um den Zeitraum der Karenz. Dieser Elternkarenz sind Mutter-Beschäftigungsverbote hinsichtlich der Verjährungshemmung gleichgestellt. Weiters sind Hinweise auf weitere gesetzliche Fristenhemmungen wie bspw jener der Präsenz-, Zivil- und Ausbildungsdienste enthalten. Außerdem hemmen nach der Judikatur auch lange Krankenstände, die einen Verbrauch des Urlaubs rechtlich unmöglich machen, die Verjährungsfrist. Passend wäre hier eine Stellungnahme oder zumindest ein Hinweis auf die aktuelle E des478EuGH (29.11.2017, C-214/16, King) und ihre möglichen Auswirkungen auf das nationale Recht gewesen. Der EuGH schloss die Verjährung von 13 Jahresurlaubsansprüchen eines scheinselbständig beschäftigten AN, dem es verwehrt wurde, einen bezahlten Urlaub zu konsumieren, aus. Reissner leitet daraus für das nationale Recht ab, dass die Verjährungsfrist bei scheinselbständigen AN, denen ein Konsum des Urlaubs nicht möglich war, nicht anzuwenden ist (Reissner in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 Rz 36). Auer-Mayer geht noch weiter und meint, dass die Verjährung auch bei rechtmäßig angestellten AN auszuschließen sei, wenn diesen ein Urlaubskonsum oder auch nur dessen Bezahlung in der vorgesehenen Frist verweigert wird (Auer-Mayer, [Keine] Verjährung arbeitsrechtlicher Ansprüche? – Analyse der Entscheidung EuGH Rs C-214/16, King, und ihrer möglichen Folgen, DRdA 2018, 302 f). Grillberger/Weber stellten einen (zwar nicht unsachlichen aber doch auffallenden) Wertungswiderspruch zwischen dem Ausschluss der Verjährung bei der Urlaubsersatzleistung und dem gültigen Ablauf der Verjährung von anderen Beendigungsansprüchen scheinselbständiger AN, die nicht vom Unionsrecht geregelt werden, fest (Grillberger/Weber, Unbegrenzte Urlaubsersatzleistung bei Scheinselbständigkeit, wbl 2018, 313). Hier wird erkennbar, dass die E King weitgehende innerstaatliche Auswirkungen haben kann, die für die Praxis durchaus interessant sein können.
Der Kommentar enthält im Vergleich zu anderen Gesetzeskommentierungen, wie bspw jener im Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht (Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 UrlG), nur sehr wenige Quellenangaben. An mehreren Stellen fehlen vor allem weiterführende Literaturverweise. Gerade weil dieser Kommentar der Praxis dienen soll, sind Verweise auf weiterführende Literatur bzw auf andere Meinungen in der Literatur sicher hilfreich, um praktische Probleme zu lösen. Da sich der Kommentar stärker auf die Judikatur als auf Literatur stützt, fehlt ein Judikaturverzeichnis umso schmerzlicher. Im Großen und Ganzen handelt es sich bei diesem Kommentar aber sicher um ein sehr nützliches Werk für die Praxis. Die erläuternden Bemerkungen zu Beginn jeden Kapitels und auch das Stichwortverzeichnis beschleunigen die Recherche erheblich. Auch die praxisorientierte Gliederung der einzelnen Kapitel ist positiv hervorzuheben. Daher ist dieser Praxiskommentar durchaus zu empfehlen.