Reissner/Neumayr (Hrsg)Zeller Handbuch Arbeitsvertrags-Klauseln

2. Auflage, Manz Verlag, Wien 2019, XLIV, 1.338 Seiten, Leinen, € 258,–

JOHANNESWARTER (SALZBURG)

Neben dem „Flaggschiff“ der arbeitsrechtlichen Literatur – dem „Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht“ – haben dessen Herausgeber Reissner (Universität Innsbruck) und Neumayr (Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs, Universität Salzburg) mit dem Zeller Handbuch Betriebsvereinbarungen und dem Zeller Handbuch Arbeitsvertragsklauseln auch zwei – mittlerweile ebenso bekannte – „Schwestern“-Werke zum großen Kommentar herausgegeben. Letzteres wurde nunmehr in zweiter Auflage veröffentlicht.

Neben den beiden bereits angesprochenen Herausgebern beschäftigen sich in der Neuauflage insgesamt 21 AutorInnen (statt der bisher 18) auf nunmehr fast 1.400 Seiten mit verschiedensten Themen zum Arbeitsvertrag. Als Ersatz für die ausgeschiedene Autorin Rainer konnten Ghramani-Hofer (Juristin), Held (Juristin), Stella (Rechtsanwaltsanwärter) und Winter (Rechtsanwalt) zum AutorInnenteam hinzugewonnen werden. Während die AutorInnenauswahl für manche auf den ersten Blick eigenartig erscheinen mag (so etwa Schima zur Erstauflage, JBl 2012, 815), immerhin sind diesmal (ebenfalls nur) fünf der 21 AutorInnen Rechtsanwälte, so handelt es sich bei den AutorInnen dennoch keinesfalls ausschließlich um TheoretikerInnen, sind doch auch Personen aus Justiz, Interessenvertretungen, Rechts- und Personalabteilungen vertreten, die wohl gleichermaßen regelmäßig mit der Gestaltung und Kontrolle von Arbeitsverträgen befasst sind.

Neben einer umfassenden Aktualisierung der Inhalte wurde der Umfang im Vergleich zur Erstauflage um mehr als 200 Seiten erweitert. Diese zusätzlichen Seiten gehen ganz wesentlich auf die neu aufgenommenen Klauseln zu den Umzugskosten (34 a.-Klausel) und zum neuen Datenschutzrecht (63 a.-Klausel) zurück.

Am Konzept und am Aufbau des Handbuchs hat sich freilich nichts geändert. Nach einer kurzen allgemeinen Einleitung der Herausgeber zu den Grundlagen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht mit Hinweisen zur Abgrenzung des Arbeitsvertrags von anderen Vertragstypen, zum Abschluss und zur Interpretation eines Arbeitsvertrags, zum Stufenbau der Arbeitsrechtsordnung und zu den allgemeinen Auswirkungen auf Sozialversicherungs- und Steuerrecht, erläutern die 21 AutorInnen im darauffolgenden „Besonderen Teil“ 80 verschiedene Sachthemen der Arbeitsvertragsgestaltung. Diese Sachthemen werden in 12 Abschnitte gegliedert, wobei deren Aufbau dem eines Arbeitsvertrages zumindest ähnelt (Allgemeines, Dauer des Arbeitsverhältnisses, Arbeitspflicht allgemein, Arbeitszeit, Inanspruchnahme von [betrieblichen] Ressourcen, 501 Entgeltpflicht allgemein, Entgeltfortzahlung, Immaterialgüterrechte, Treuepflichten des AN und Vereinbarungen betreffend Persönlichkeitsrechte, Urlaubsrecht, Schadenersatzrecht und Sicherung und Durchsetzung von Ansprüchen). Trotz der Bezeichnung als Handbuch ist das Werk gemäß seiner Ausrichtung eher für den versierten Anwender geeignet.

Die Bearbeitungen der Sachthemen folgen einem einheitlichen Schema: Nach einer „Einführung“, in welcher die Gesetzeslage und der Klauselzweck erklärt werden, folgt unter der Überschrift „Konzeptionen“ eine Analyse charakteristischer Klauselgestaltungen. Abschließend werden unter dem Stichwort „Folgen“ die Auswirkungen auf den Gebieten Arbeits- und Zivilrecht sowie Sozialversicherungs- und Steuerrecht näher beleuchtet. Diese Verknüpfung ist aus meiner Sicht besonders gut gelungen. Das Schema selbst wird allerdings nicht konsequent durchgezogen, so finden sich regelmäßig auch unter dem Punkt „Folgen“ Klauselbestimmungen, die man eigentlich unter der Überschrift „Konzeptionen“ erwarten würde (so zB im Kapitel, Völkl-Posch, verantwortlich Beauftragter, Rz 19.13; Radner, Altersteilzeit, Rz 27.93, 27.103; Pacic, Karenzierungsvereinbarung, Rz 28.09 ff; Oberhofer, Nutzung von Telefonen, Internet, Internetdiensten und Online-Kommunikation, Rz 29.46; Radner, Rückzahlung von Ausbildungskosten, Rz 34.61 ff, Mair, Provisions-, Prämien- und Gewinnbeteiligungsvereinbarung, Rz 37.15 etc).

Im Gegensatz zu Vertragsmustersammlungen nehmen der eigentliche Vertragstext bzw die Musterklauseln aber nur einen geringen Teil der Darstellung in Anspruch. Den größeren Teil beanspruchen die Ausführungen des arbeitsrechtlichen Rahmens, in den die behandelten Klauseln eingebettet sind. Für den Rechtsanwender ergibt sich daraus, dass das Werk nicht für das rasche Auffinden bestimmter Muster und Entwürfe konzipiert wurde. Es handelt sich eben nicht um eine klassische Mustersammlung, sondern um eine Aufarbeitung sachbezogener Themen mit Musterbeispielen und Hinweisen. Das Werk eignet sich deshalb in erster Linie für die Konzeption und Überprüfung von Klauseln für einzelne spezifische Sachthemen als für die Erstellung ganzer Arbeitsverträge. Bereits Schima hat 2012 zu diesem Punkt zur Erstauflage angemerkt, dass die Erstellung eines Vertragspunktes „Entgelt“, der normalerweise vielleicht fünf Absätze umfasst, eines Studiums von insgesamt 250 Seiten bedarf.

Für das gewählte Format wäre es ein zusätzlicher Mehrwert, auch solche Klauseln zu behandeln, die nicht empfehlenswert oder gar klar unzulässig sind (aber in der Praxis häufig verwendet werden). Dies wird zwar in der Aufmachung angekündigt, im Buch finden sich derartige Negativbeispiele aber selten.

Leider kaum Mehrwert bringt das Kapitel zum neuen Datenschutzrecht. Die Ausführungen sind zwar zutreffend, bleiben allerdings sehr abstrakt und beinhalten ausschließlich Altbekanntes. Dabei böte es sich gerade in einem Handbuch an, die abstrakte Ebene zu verlassen und praktische Sachprobleme anhand konkreter Beispiele und Muster darzustellen.

So werden etwa die abstrakten Voraussetzungen einer Einwilligungserklärung im Arbeitsverhältnis dargestellt (vgl Rz 63a 07-21), aber keine Beispiele vorgebracht, bei welchen Verarbeitungen eine Einwilligung tatsächlich auch benötigt werden würde. Im Muster zur Einwilligung (Rz 63a 22) sind lediglich Platzhalter, insb zur Einfügung der betroffenen Datenarten und des Verarbeitungszwecks, vorgesehen.

Die Schwierigkeit in der Praxis besteht aber nicht in der Erstellung von Einwilligungserklärungen, sondern in der Frage, wann der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gewählt werden muss. Die Einwilligung ist (gerade in Arbeitsverhältnissen) insofern problematisch, als sie aufgrund der oft fehlenden Freiwilligkeit und der jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit meist keinen tauglichen Rechtfertigungsgrund darstellt und deshalb nur als ultima ratio verwendet werden soll (so etwa Heinrich, Datenschutz im Beschäftigungskontext, in Pachinger [Hrsg], Datenschutz – Recht und Praxis [2019] 293 [299]). In der Praxis ist es deshalb von besonderer Bedeutung, dass Verantwortliche den „richtigen“ Rechtfertigungsgrund einer Datenverarbeitung finden, wobei insb berechtigte Interessen, Vertrag oder rechtliche Verpflichtungen eine zentrale Rolle spielen (dann bleiben dem Rechtsanwender auch rechtliche Kunstgriffe wie die Argumentation eines Verbots schikanöser Widerrufe [vgl Rz 63 a.20] erspart). Das vorliegende Werk ist für die Beantwortung dieser Frage leider keine Hilfe. Im Gegenteil: So wird im darauffolgenden Kapitel vorgeschlagen, (konzerninterne) Datenübermittlungen innerhalb der EU auf eine Einwilligung zu stützen (Rz 63 a.31). Auf den möglichen Rechtfertigungsgrund einer (allenfalls europarechtlich aufgeladenen) BV (vgl dazu ausführlich Goricnik, DatKomm Art 88 Rz 79 ff) wird hingegen nicht näher eingegangen.

Auch das Muster einer Datenschutzerklärung für MitarbeiterInnen zur Erfüllung der Informationspflichten bleibt stark abstrakt und vielfach nichtssagend. Auch hier hätte es sich angeboten, Beispiele von in Betrieben häufig vorkommenden Verarbeitungen (etwa Datenübermittlungen an Krankenversicherungsträger, Wirtschaftskammer und Finanzamt, Datenverarbeitungen iZm Mitarbeiterbewerbungen oder allgemein gebräuchliche Verarbeitungen wie Geburtstagslisten, interne Telefonbücher etc) zu thematisieren. Ob der teilweise vorgeschlagene pauschale Mustertext (etwa „Wir löschen ihre pbD sobald sie für die oben genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.“ oder „Nach Beendigung des AV werden ihre personenbezogenen Daten gespeichert, solange wir dazu gesetzlich verpflichtet sind.“) dem unionsrechtlichen Transparenzgebot entspricht, bleibt mE fraglich; insb dann, wenn der Verantwortliche Kenntnis von der konkreten Löschfrist hat.

Die geäußerte Kritik soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Werk insgesamt für die im Arbeitsrecht versierten LeserInnen sehr zu empfehlen ist.