Körber-Risak/Brodil (Hrsg)Datenschutz und Arbeitsrecht

LexisNexis Verlag ARD Orac, Wien 2018, 130 Seiten, gebunden, € 29,–

GÜNTHERLÖSCHNIGG (GRAZ)

Der von Körber-Risak und Brodil herausgegebene Sammelband erschien mitten in der Phase des Inkrafttretens der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), 502 dh in einem Zeitraum, in dem große Verunsicherung hinsichtlich der entsprechenden, rechtlich notwendigen Vorkehrungen in den Unternehmen herrschte. Der Markt für datenschutzrechtliche Seminare boomte und die Kurzartikel in den einschlägigen Zeitschriften überschlugen sich. Vor diesem Hintergrund entstand der in Buchform entstandene Überblick zum Datenschutz im Arbeitsrecht oder – wie die HerausgeberInnen es nennen – ein First Point of Reference für die verschiedenen Stadien des Arbeitsverhältnisses.

Der Sammelband soll sich an PraktikerInnen, HRManagerInnen, GeschäftsführerInnen, Datenschutzbeauftragte und BeraterInnen richten. Die Gruppen der Betriebsräte werden wohl den PraktikerInnen zuzurechnen sein. Der Verlag bewirbt das Werk unter der durchaus griffigen Bezeichnung „populäres Fachbuch“.

In einem ersten Beitrag geht Brodil auf die neue Terminologie und „neue“ Grundsätze der DSGVO ein. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang (S 5) die Bedeutung der Zustimmung des AN zu Datenverarbeitungen in Hinblick auf die jederzeitige Widerrufbarkeit relativiert und auf andere einwilligungsunabhängige Zulässigkeitstatbestände rekurriert. Brodils Aufsatz enthält auch die Groteske zur Entstehung des nunmehrigen § 11 DSG und zu seinen „historischen“ Bedeutungsvarianten.

Ein zweiter Beitrag von Englader versteht sich als „Handlungsleitfaden zur Umsetzung“. In erster Linie geht es zwar um die Umsetzung und Erfüllung der in der DSGVO enthaltenen Vorgaben (S 13), die Ausführungen sind aber erfreulicherweise so gehalten, dass sie als Guidelines für – in der Praxis mit Sicherheit erforderliche – zukünftige Anpassungen in der Personaldatenverarbeitung abgefasst sind. Kurz und prägnant sind die Tipps zur Bewusstseinsbildung für das Management, die Hinweise zu einer Datenschutz-Policy, zur Erstellung von Verzeichnissen, zur Wahrung der Betroffenenrechte, zur Datenschutz-Folgenabschätzung etc.

Das vorvertragliche Arbeitsverhältnis bzw das nicht zustande gekommene Arbeitsverhältnis ist Thema der Darstellung von Busch. Die Problematik der Bewerberdaten wird hier eher „prozessorientiert“ behandelt: Internetrecherche, Auskünfte von ehemaligen AG, freiwillige Datenbekanntgabe, E-Recruiting, Online-Bewerbungsplattformen oder – wie 2020 höchst aktuell – die Bewerbung über Videokonferenzen. Gegliedert nach Datenarten werden die Bewerberdaten von Busch/Falb diskutiert. Grundsätzlich sollte die Darstellung nicht nur auf AN-Daten im Bewerbungsverfahren, sondern auch im laufenden Arbeitsverhältnis eingehen (siehe Überschrift auf S 39). Hiebei handelt es sich aber um zwei völlig konträre Ansatzpunkte für die sachliche Rechtfertigung der Datenverarbeitung. Dem wird der Beitrag nicht immer gerecht. So ist etwa im Zusammenhang mit der Schwangerschaft schlichtweg davon die Rede, dass aufgrund der Ansprüche der AN nach dem MSchG, dem AZG, GlBG und der allgemeinen Fürsorgepflicht eine entsprechende Datenverarbeitung durch den AG nach Art 9 Abs 2 lit b DSGVO gerechtfertigt ist (S 47). Ein Hinweis, dass die Frage nach der Schwangerschaft gegenüber einer Bewerberin und eine daran anknüpfende Datenaufnahme anders zu beurteilen ist, hätte sich zB in diesem Zusammenhang durchaus angeboten.

Körber-Risak beschäftigt sich mit gewissen Überschneidungen von DSGVO und Betriebsverfassungsrecht. Ein Thema, das auch in anderen Beiträgen kurz angesprochen wird, ist das Verständnis des Art 88 DSGVO und die Frage nach einer Umsetzung im österreichischen Betriebsverfassungsrecht. Art 88 Abs 3 DSGVO zufolge war die EU-Kommission bis zum 25.5.2018 zu informieren, welche Vorschriften auf Basis von Art 88 DSGVO erlassen wurden. Körber-Risak ging noch davon aus, dass Österreich die Öffnungsklausel bis zu diesem Datum nicht in Anspruch genommen hat. Knapp vor Ablauf der Frist, nämlich am 23.5.2018, ging allerdings eine Notifikation zum öffentlichen Dienst an die Europäische Kommission; eine weitere betreffend das ArbVG, das Landarbeitsgesetz (LArbG) etc folgte mit 27.6.2018 (siehe hiezu Bergauer, Erwägungen zu Art 88 DS-GVO „Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext“, in FS Löschnigg [2019] 741).

Weitere Beiträge befassen sich mit der „Datenübermittlung innerhalb des Konzerns und ins Ausland“ (Lindner), mit dem „Umgang mit Arbeitnehmerdaten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ (Prankl) und mit „Sanktionen“ bei Verstößen gegen den Pflichtenkanon der DSGVO (Lindner).

Vor allem die in Relation zu den anderen Aufsätzen umfangreichen Ausführungen von Prankl gehen auf eine Reihe von interessanten Konstellationen ein, die in der betrieblichen Praxis mit Sicherheit auf Interesse stoßen: Löschung von E-Mail-Accounts ausgeschiedener AN, wenn der AN auch private Mails empfangen und versenden durfte; Vernichtung des Personalaktes nach einer Entlassung; Verlangen des Löschens von Fotos des AN nach Ende des Arbeitsverhältnisses; widerrechtliche Aneignung von Kundendaten anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Im Ergebnis handelt es sich um eine sehr gute, kurze Darstellung vieler komplexer Probleme rund um die Anwendung der DSGVO im Arbeitsrecht. Mitunter würde man sich zwar eine ausführlichere Literaturliste wünschen, die Idee eines Praxisleitfadens wird durch das Werk aber ohnedies übererfüllt. Der Sammelband hätte sich vor allem auch eine raschere Rezension verdient. Der Rezensent entschuldigt sich für die Verspätung.