Lohnersatz bei Arbeitsunfähigkeit in Frankreich
Lohnersatz bei Arbeitsunfähigkeit in Frankreich
Lohnersatzleistung der Krankenversicherung bei Krankheit
Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers bei Krankheit
Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers im allgemeinen Sicherungssystem
Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers in Anwendung lokalen Rechts
Lohnersatz und Rente bei Arbeitsrisiken
Zum Begriff Arbeitsunfall
Lohnersatzersatzleistung bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit
Bezug einer Arbeitsunfallren
Sicherungspflicht des Arbeitgebers am Arbeitsplatz als Ergebnispflicht
Änderung der Auslegung der Sicherungspflicht als Ergebnispflicht
Finanzielle Entschädigung für selbständig Beschäftigte
Asbestopferentschädigung
Vorgezogene Altersrente für Asbestopfer
Ergänzende Entschädigungszahlung für Asbestarbeiter
Kontrolle und Rechtsschutz
Entschädigung materieller und finanzieller Art wird von der KV bei Krankheit jeder Art geleistet. Abzugrenzen 583 von der Krankheit sind sonstige Beeinträchtigungen wie insb die Invalidität (Minderung der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit), deren Folgen durch die Invaliditätsversicherung abgesichert sind.
Die KV leistet bei nicht beruflich bedingter Krankheit neben den notwendigen Sachleistungen im Fall der Arbeitsunfähigkeit auch eine Lohnersatzleistung.
Der Arzt stellt die Arbeitsunfähigkeit fest und die zuständige Krankenversicherungskasse entscheidet über die Zahlung einer Lohnersatzleistung. Der AG hat im Übrigen das Recht, den Feststellungsbescheid anzufordern und eine zweite Begutachtung zu verlangen. Um leistungsberechtigt zu sein, muss der Antragsteller eine bestimmte Mindestversicherungszeit nachweisen können, entweder durch Beitragszahlungen* oder durch 150 getätigte Arbeitsstunden innerhalb dreier Monate.* Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, leistet die KV die Tagesentschädigung nach einer Wartezeit von drei Tagen, ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Die Dauer der Zahlung beträgt höchsten 360 Tage, in einem Zeitraum von drei Jahren ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Gegebenenfalls wird die Zahlung der Lohnersatzleistung während der Entgeltfortzahlung des AG unterbrochen. Bei Langzeitkrankheit ist die Leistungsdauer höher und auf insgesamt drei Jahre begrenzt.
Die Höhe der Tagesentschädigung der Krankenkasse beträgt 50 vH des Referenzentgelts, das dem während eines Zeitraums von drei Monaten (oder zwölf Monaten bei nicht kontinuierlicher Beschäftigung) bezogenen Bruttoentgelts vor Feststellung der Arbeitsunfähigkeit entspricht. Allerdings wird das zugrunde liegende Entgelt für die Festsetzung der Höhe der Lohnersatzleistung nur bis zur Höhe des 1,8-fachen gesetzlichen Mindestlohns berücksichtigt. Die Höhe der Lohnersatzleistung entspricht in jedem Fall mindestens der Mindesthöhe einer Invalidenrente (Erwerbsunfähigkeitsrente).
Wenn der Leistungsberechtigte Kinder hat, für deren Unterhalt er aufkommt, erhöht sich die Tagesentschädigung der Krankenkasse ab dem 31. Tag der Arbeitsunfähigkeit um zwei Drittel. Die Zahlung der Lohnersatzleistung ist im Übrigen bis zur Dauer von 21 Tagen für die Begleitung einer Person am Lebensende möglich.
Diese AG-Leistung ist im Gesetz vorgesehen,* wobei Besonderheiten für die AN vorgesehen sind, die lokalem Recht unterliegen.
Der AG ist zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, wenn bestimmte im Arbeitsgesetzbuch vorgesehene Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich: Feststellung der Arbeitsunfähigkeit; Vorlage der ärztlichen Bescheinigung innerhalb 48 Stunden (Ausnahmen sind vorgesehen), wenn die SV die Kosten für die Arbeitsunfähigkeit übernimmt, wenn die medizinische Betreuung in Frankreich oder einem anderen EU-Staat oder einem Land der EFTA stattfindet.
Die Verpflichtung zur Leistung durch den AG besteht ab dem achten Tag der Arbeitsunfähigkeit, wenn der Bezugsberechtigte ein Jahr Betriebszugehörigkeit nachweisen kann. Die Höhe der Entgeltfortzahlung beträgt 90 vH des Arbeitslohns während der Dauer von 30 Tagen und verringert sich danach auf zwei Drittel des Lohns. Die Krankenkasse leistet während der Entgeltfortzahlung keine Lohnersatzleistung, sondern nur Sachleistungen.* Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Berechtigten ab.
Der Arbeitsvertrag oder auch der zuständige Tarifvertrag können für den AN günstigere Lösungen vorsehen. Wenn aber eine finanzielle Leistung vom AG auf der Grundlage dieser Verträge vorgesehen ist und geleistet wird, wird sie gegebenenfalls direkt mit der Lohnersatzleistung verrechnet, so dass auf keinen Fall eine höhere Geldleistung in Anspruch genommen werden kann, als der vorher bezogene Lohn.
In Elsass/Mosel (Départements Haut-Rhin, Bas-Rhin, Moselle) gilt abweichend vom allgemeinen Recht lokales Recht. Dieses Recht deutschen Ursprungs war bis 2008 im lokalen Gesetzbuch verankert und ist im allgemeinen Arbeitsgesetzbuch kodifiziert.* Ein AN der Privatwirtschaft, dessen Arbeitsvertrag aufgrund einer ihm nicht anzulastenden Ursache suspendiert ist und der seiner Tätigkeit überwiegend in einem dieser Départements nachgeht, hat danach Anspruch auf volle Entgeltweiterzahlung, unabhängig von der Beschäftigungsdauer und der Ausgestaltung des Arbeitsvertrags (unbefristet, befristet, Zeitarbeit, Teilzeitarbeit etc).
Dabei sind zwei Situationen zu unterscheiden: Entgeltfortzahlung für alle AN und die Entgeltfortzahlung für Handelsgehilfen.
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach lokalem Recht besteht während einer relativ unbedeutenden Dauer der Arbeitsunfähigkeit für alle AN, die ihre Beschäftigung überwiegend in Elsass-Mosel ausüben.* Gegebenenfalls wird die Entgeltfortzahlung mit Leistungen aus der obligatorischen 584 KV verrechnet. Bezüglich der Leistungsdauer, für die der Entgeltfortzahlungsanspruch nach Gesetz für eine unbedeutende Zeit der Arbeitsunfähigkeit besteht, nimmt die Rsp auf die Betriebsangehörigkeit, die Betriebsgröße und auch die Auswirkungen der Arbeitsunfähigkeit des betroffenen AN auf den Einfluss der Abwesenheit, auf den Arbeitsverlauf im Betrieb Bezug. Das Appellationsgericht Nancy hat in einem Urteil vom 18.4.2001 entschieden, dass nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Jahren eine Abwesenheit wegen Krankheit von einer Dauer von elf oder von sieben Tagen als kurze Dauer zu beurteilen sei. Das Appellationsgericht Colmar hingegen hat entschieden, dass die Regelung der Anwendung lokalen Rechts nicht greift, wenn die Beschäftigungsdauer des Versicherten sechs Monate lang bestand und die Dauer einer ersten Arbeitsunfähigkeit 20 Tage beträgt und die entsprechende Vorschrift des lokalen Zivilgesetzbuches demnach nicht anzuwenden ist.*
Die Entgeltfortzahlung für Handelsgehilfen (commis de commerce) folgt anderen Regeln. Dem AG obliegt aufgrund gesetzlicher Grundlage die Entgeltzahlung in voller Höhe ohne Wartezeit für eine Dauer von sechs Wochen für diese Personen.* Die Handelsgehilfen sind kaufmännische Angestellte* iSd französischen Handelsgesetzbuchs,* die berufsmäßig Tätigkeiten kaufmännischer Natur mit den Kunden ausüben.*
Der Arbeitsunfall und die Berufskrankheit sind die abgesicherten Arbeitsrisiken; der Wegeunfall zählt ebenfalls dazu. Die finanzielle Entschädigung der SV ist die Tagesentschädigung und die Arbeitsunfallrente,* die nach Feststellung des konsolidierten Gesundheitszustandes des Versicherten geleistet werden kann. Da die Entschädigung nur von der SV geleistet wird, stellt sich die Frage nach Entgeltfortzahlung durch den AG nicht.
Die Arbeitsrisiken werden durch einen eigenen Sozialversicherungszweig abgesichert, der ebenfalls von der KV verwaltet wird. Der Arbeitsunfall wird in erster Linie von der Rsp definiert. Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall, der sich während der Ausübung der Beschäftigung im Dienst eines AG ereignet.* Neben dem Arbeitsunfall und dem Wegeunfall erstreckt sich die Arbeitsunfallversicherung auch auf das Risiko Berufsunfähigkeit.
Bei Arbeitsrisiken ist ein Verschulden des AG nicht nachzuweisen, allerdings gibt es davon Ausnahmen, nämlich bei absichtlicher Herbeiführung des Unfalls.
Bis Anfang der Jahre 2000 war ein plötzliches Ereignis wesentliches Element des Arbeitsunfalls, die Rsp hat diese Voraussetzung jedoch nach und nach geändert. So ist ein Arbeitsunfall auf ein oder mehrere Ereignisse zurückzuführen, das sich zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund oder während der Ausübung der Beschäftigung ereignete und woraus ein körperlicher Schaden jeglicher Form resultiert; das gilt unabhängig des Zeitpunktes seiner wahrnehmbaren Realisierung bzw seines Erkennens.* Schaden ist in diesem Zusammenhang zudem ein weitgefasster Begriff; ausschlaggebend bleibt das auslösende Moment, das Ereignis, welches sich während der Arbeitszeit und aufgrund der Beschäftigungsausübung ereignet und so bestimmbar ist, wenn auch nicht unmittelbar zum Zeitpunkt des auslösenden Ereignisses.* Somit wurde die Voraussetzung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls durch ein plötzlich eingetretenes Ereignis durch die Rsp geändert und das den Arbeitsunfall auslösendes Ereignis kann zeitlich später zum versicherten Risiko führen, sein Auftreten somit erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar sein.
Im Fall einer vorläufigen Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit* erhält der Versicherte von der KV ein Tagegeld ohne Wartezeit. Am ersten Tag des Unfalls entspricht es dem vollen Lohn, danach sind es 60 % des Referenzlohns, dessen Höhe inklusive aller Zusatzzahlungen berechnet wird.* Ab dem 29. Tag der Arbeitsunfähigkeit wird die Leistung auf 80 % des Referenzlohns erhöht, allerdings nicht über eine bestimmte Höhe hinaus. Familienmitglieder, dh Kinder, für deren Unterhalt der Versicherte aufkommt, werden dabei nicht berücksichtigt.
Das Opfer hat keinen Anspruch auf Geldleistungen, wenn es den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, jedenfalls führt die „faute intentionnelle“ (Vorsatz) des Unfallopfers, die einen Schaden an seiner Person zur Folge hat, zur Minderung der Arbeitsunfallrente, aber der Anspruch auf die Sachleistungen aus der KV bleibt gewahrt.*
Es wird in keinem Fall auf eine außergewöhnlich grobe Pflichtverletzung „faute inexcusable“ (unentschuldbare Pflichtverletzung) des AG abgestellt, wenn der AN fahrlässig gehandelt hat. Ist dem AG 585 aber vorsätzliches Handeln vorzuwerfen, gelten zwar die Bestimmungen der Arbeitsunfallversicherung, das Arbeitsunfallopfer kann aber auch Anspruch nach dem allgemeinen Haftungsrecht erheben und vollständige Entschädigung nach den zivilrechtlichen Regelungen verlangen. Das Unfallopfer hat bei grober Pflichtverletzung des AG Anspruch auf höhere Leistungen als die im Leistungs katalog der UV vorgesehenen.
Das Tagegeld wird bis zur Heilung oder der endgültigen Feststellung einer konsolidierten Situation, für die ein Rentenbezug wegen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit vorgesehen ist, gezahlt.
Die Höhe der Rente hängt in erster Linie von der Beeinträchtigung und somit vom zuerkannten Grad der festgestellten Arbeitsunfähigkeit ab, die vollständig oder teilweise sein kann. Für die Rentenhöhe werden auch die Art der Einschränkung, der allgemeine Zustand des Betroffenen, das Alter sowie die physische und körperliche Einschränkung in Betracht gezogen. Dazu wird schließlich auch eine Tabelle der Höhe der Einschränkung herangezogen, wozu ein beruflicher Bemessungsgrad Berücksichtigung finden kann, der auf die berufliche Situation abstellt und die Fähigkeiten und Qualifizierung bemisst.
Ist die Arbeitsunfähigkeit geringer als 10 %, wird eine Kapitalabfindung geleistet. Bei einer Höhe von mindestens 80 % oder mehr wird zur Rente eine Zusatzleistung von 40 % gezahlt, wenn die Hilfe einer dritten Person in Anspruch genommen werden muss. Hinterbliebene haben Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente.
Notwendige Sachleistungen werden direkt von der Krankenkasse übernommen.
Die von der Rsp vor Jahrzehnten definierte „faute inexcusable“ des AG hat im Lauf der Zeit eine Veränderung durch die zuerst zur Berufskrankheit, dann zum Arbeitsunfall ergangene Rsp erfahren.
Unter einer „faute inexcusable“ wurde eine außergewöhnlich grobe Pflichtverletzung (faute d‘une gravité exceptionnelle) verstanden, die auf ein Tun oder Unterlassen des sich der möglichen Gefährdung bewussten AG begründet war.*
Durch die 2002 ergangene grundlegende Rechtsprechungsänderung im Rahmen der sogenannten Asbest-Urteile* wurde dem AG eine umfassende und unbeschränkte Sicherungspflicht als Ergebnispflicht am Arbeitsplatz auferlegt.* Der AG kann seitdem wegen arbeitsvertragsbegründeter Pflichtverletzung belangt werden, sofern er diese Sicherungspflicht als Ergebnispflicht nicht vollständig und umfassend gewährleistet hat. Die Rsp hat die Anforderungen an den AG als verschuldensunabhängige Haftung aus dem Arbeitsvertrag festgelegt. Es genügt dafür, dass die Pflichtverletzung des AG bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Auslöser des schädigenden Ereignisses ist.* Die Erfüllung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Sicherungspflicht am Arbeitsplatz iS einer Ergebnispflicht (obligation contractuelle de sécurité de résultat) ist somit wesentlich. Die „Asbest-Rechtsprechung“ der Sozialkammer des Kassationsgerichtshofs wurde von der Plenarversammlung des Gerichtshofs mit Urteil vom 29.6.2005 bestätigt.* Die „Asbest-Rechtsprechung“ erfuhr nach und nach eine Konsolidierung durch die Rsp, die im Übrigen nicht nur Schädigungen durch Asbest betrifft, sondern weit gefasst ist und jegliche Art von Ereignissen und Situationen betreffen kann* und dadurch die Sicherheit der AN gefährden könnte.
Verletzt wird die Sicherungspflicht insb, wenn der AG von der Gefahr, der der AN ausgesetzt war, wusste oder hätte wissen müssen, und es dennoch unterlassen hat, die notwendigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, um den Eintritt eines Schadens zu verhindern.*
Diese für den AG sehr restriktive Rsp zur Sicherungspflicht wurde 2015 zugunsten des AG abgeändert, ohne ihn jedoch von besonderer Sorgfalts- und Sicherungspflicht als Ergebnispflicht zur Gewährleistung der Sicherheit am Arbeitsplatz zu entbinden. Der AG haftet nunmehr nicht mehr wegen unentschuldbarer Verletzung der Sicherungspflicht als Ergebnispflicht am Arbeitsplatz, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, wenn er den Nachweis erbringt, alle notwendigen gesetzlich bestimmten Maßnahmen* zur Verhinderung von Arbeitsunfällen ergriffen zu haben.*
Selbständig Beschäftigte haben in manchen Fällen Anspruch auf krankheitsbedingt oder unfallbedingt 586 entgangene Einkünfte aus ihrem entsprechenden Sozialversicherungssystem.* Ansonsten gilt für diese Personengruppen der Rechtsanspruch auf Leistung, wenn sie eine entsprechende Privatversicherung abgeschlossen haben. Handwerker und Handelstreibende können eine Leistung aus dem Sozialversicherungssystem erhalten, wenn sie mindestens ein Jahr Versicherung im zuständigen System nachweisen. Die Leistung wird ab dem vierten Tag nach Eintritt des Risikos geleistet, ist die Arbeitsunterbrechung aber kürzer oder gleich sieben Tagen, wird keine Entschädigung geleistet.
Die Gefährdung durch Asbest ist seit langem bekannt, wurde anfangs nicht publik gemacht, dann abgestritten und lange Zeit geschah nichts auf diesem Gebiet. Die Regelung zur Entschädigung von anerkannten Asbestopfern ist eine weitere Hilfe für Asbestarbeiter.
1998 wurde ein Fonds zur Hilfe vorgezogener Arbeitsaufgaben der Asbestarbeiter eingerichtet (FCAATA).* Dieser Fonds soll einen Vorruhestand ab einem Zeitpunkt ermöglichen, der das normale Renteneintrittsalter um ein Drittel des Zeitraums mindert, während der die betroffenen Beschäftigten durch Asbest gefährdet waren. Der Rentenbeginn ist jedoch frühestens ab dem Alter von 50 Jahren möglich. Der Antrag ist bei der Altersversicherung (Carsat) zu stellen, finanziert wird diese vorgezogene Rente vom FCAATA. Hinzu kommt die obligatorische und freiwillig kontraktierte Zusatzaltersrente.
Die Höhe der Entschädigungszahlung in Form einer vorgezogenen Rente „Asbest“, die ACAATA,* beträgt 65 % des gedeckelten Referenzlohns, wenn dieser weniger als eine bestimmte Höhe ausmacht. Übersteigt die Höhe des Referenzlohns des Berechtigten die gedeckelte Summe, wird die Entschädigungszahlung in Höhe von 50 % der Lohnhöhe zwischen der genannten festgelegten Summe und einer ebenfalls festgelegten Summe aufgestockt, die diese Summe übersteigenden Lohnteile werden nicht mehr berücksichtigt. Für die Höhe der vorgezogenen Rente ist auch eine Mindesthöhe im Rahmen von 85 % des Referenzlohns vorgesehen. Diese Leistung wird gezahlt bis zum Erreichen des Alters, ab dem der Empfänger Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente hat.
Ein öffentlich-rechtlicher Fonds, Rechtsperson mit Finanzautonomie (FIVA),* hat die vollständige Entschädigung der Asbestschädigung zur Aufgabe. Der Fonds wurde auf der Grundlage der nationalen Solidarität eingerichtet. Diese Entschädigungsleistung hat zum Ziel, andere Entschädigungsarten, insb aus der SV, zu vervollständigen.
Leistungsempfänger sind Personen, deren Einschränkung dazu führte, sie als Asbestopfer anzuerkennen, und die nach der Berufskrankheitenliste Opfer einer Berufskrankheit sind; diejenigen, deren Pathologie in einer Liste verzeichnet ist und deren Erkrankung als Berufskrankheit zählt; sowie solche, deren Pathologie nicht zu den Berufskrankheiten zählt und nicht als Asbestschädigung zählt, denen aber eine spezifische Schädigung zuerkannt worden ist. Wenn es sich um keine Berufskrankheit handelt oder die Schädigung nicht als solche anerkannt ist, muss der Betreffende die Krankheit nachweisen und die Kausalität mit der Asbestarbeit belegen.
Neben der Gerichtsbarkeit gibt es andere Kontrollinstanzen. Die Gewerbe- bzw Arbeitsaufsicht (inspection du travail) ist von zentraler Bedeutung für die Kontrolle der Einhaltung zwingender sozialer Vorschriften. Die Arbeitsinspektoren überwachen die gesetzeskonforme Anwendung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen in den Unternehmen. Die IGAS* hat insb eine Kontroll- und Evaluierungsaufgabe der verschiedenen Bereiche der Sozialpolitik und der sozialen Sicherheit sowie des Sanitär- und Sozialschutzes.
Für die Betroffenen eines realisierten Risikos ist natürlich der gerichtliche Rechtsschutz von größter Bedeutung. Der „conseil de prud‘hommes“ ist die Erstinstanz im Arbeitsrecht. Die Sozialgerichtsbarkeit kennt aber verschiedene andere Gerichte und Entscheidungsinstanzen.*
Die Sozialgerichte sind für alle Streitigkeiten aus dem Bereich der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit zuständig, für die keine andere Gerichtsbarkeit zuständig ist.
Je nach Art des sozialrechtlichen Streitverfahrens können verschiedene Gerichte aus jeder Gerichtsordnung (Zivil-, Straf-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit) zuständig sein. So kann die Strafgerichtsbarkeit zuständig sein, wenn sozialversicherungsrechtliches Strafrecht (droit pénal de la sécurité sociale) Anwendung findet. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist insb zuständig für Streitigkeiten im Bereich der Arbeitsaufsicht. Die Strafgerichte ahnden die Verstöße gegen die im Arbeitsgesetzbuch „C.T.“ enthaltenen strafrechtlichen Bestimmungen. Allgemeine Sozialrechtsstreitigkeiten werden vor dem „tribunal des affaires de la sécurité sociale“ (TASS) ausgetragen, wenn die Entscheidung der Schiedsstelle der Krankenkasse angefochten wird. Dieses „contentieux général“ erstreckt sich auf 587 alle Fragen, die die allgemeinen Voraussetzungen für den Leistungsbezug und die Versicherteneigenschaft betreffen. Die Sozialkammer, der „Cour d‘appel“, ist Berufungsinstanz.
Neben diesen Gerichten bestehen besondere Gerichtsbarkeiten. Für Streitigkeiten die Invaliditätsversicherung und im Besonderen den Grad der Erwerbsminderung betreffend ist eine „technische Entscheidungsinstanz“ beim Gericht für Streitigkeiten über die Erwerbsminderung (tribunal du contentieux de l‘incapacité [TCI]) zuständig. Die Berufungsinstanz ist die „cour nationale de l‘incapacité et de la tarification de l‘assurance des accidents du travail“ (CNITAT), die über Anfechtungen der Eingruppierung oder des zuerkannten Invaliditätsgrades entscheidet. Auch hier ist die Berufungsinstanz die Sozialkammer der „Cour d‘appel“.
Der Kassationshof „Cour de cassation“ ist letzte Instanz, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist es der Staatsrat.