Auer-Mayer/Felten (Hrsg)Diskussionen und Reflexionen zum Sozialrecht und Arbeitsrecht – Festband für Rudolf Mosler und Walter J. Pfeil

Manz Verlag, Wien 2019, X, 190 Seiten, broschiert, € 46,–

MARTINGRUBER-RISAK (WIEN)

Neben der schon lange gepflogenen akademischen Tradition einer Festschrift zum 65. Geburtstag, wird es in Österreich mehr und mehr üblich, auch den 60. Geburtstag von ProfessorInnen in der einen oder anderen Form zu begehen. Es gibt dann Symposien oder auch kleinere Festbände, die immer einen recht persönlichen Charakter haben und vor allem von SchülerInnen und nahen WeggefährtInnen bestritten werden. Gegenüber den doch eher ausufernden Festschriften, die das wissenschaftliche Gewicht der Geehrten durch einen möglichst großen, breit gefächerten und idealerweise auch internationalen AutorInnenkreis sichtbar 595 machen wollen, handelt es sich bei den Büchern zum 60. Geburtstag um eine persönlichere, stärker freundschaftlich geprägte Angelegenheit. Auch sind zumeist jüngere KollegInnen unter den AutorInnen, die sich ordentlich ins Zeug legen und dabei oft neue Perspektiven einbringen.

Dies gilt auch für die hier zu rezensierende Festgabe für die beiden Salzburger Professoren, Rudolf Mosler und Walter J. Pfeil, die – trotz ihrer doch ein wenig auseinander liegenden 60. Geburtstage – gemeinsam gefeiert und geehrt wurden. Dies ist sicherlich auch auf ihre enge, schon viele Jahrzehnte seit ihrer Assistentenzeit andauernde Zusammenarbeit zurückzuführen, die sehr fruchtbar ist und gerade beim Aufbau des wissenschaftlichen Nachwuchses überaus erfolgreich war. Das Salzburger Institut tritt dabei auch mit einer Geschlossenheit nach außen auf, die man sonst in der österreichischen Universitätslandschaft nur selten wahrnimmt. Das zeigt auch der vorliegende Band sehr gut, der von großer Wertschätzung für die beiden Salzburger Kollegen getragen ist.

Das Buch gliedert sich dabei in zwei Teile: Der erste enthält die Schriftfassungen der Vorträge des am 1.2.2019 zu ihren Ehren abgehaltenen Symposiums „Aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht“ und ist mit „Diskussionen“ übertitelt. Es spiegelt sehr gut den sozialrechtlichen Schwerpunkt der beiden Jubilare wider, die gerade diesen Rechtsbereich wesentlich geprägt haben und diese Begeisterung für ihn auch auf die nächste Generation übertragen konnten. Der Kreis der AutorInnen ist ebenso wie der der behandelten Themen weitgefächert: Angela Julcher setzt sich mit der Frage auseinander, was eine entschiedene Sache nach dem AlVG ist, die sich daraus ergibt, dass durch das Arbeitsmarktservice nicht immer bescheidmäßig zu entscheiden ist und häufig in Form von „Mitteilungen“ erfolgt. Benjamin Kneihs behandelt in seinem umfangreichen Beitrag diverse Verfassungsfragen betreffend die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger. Der VfGH hat in seinem Erk vom 13.12.2019 (G 67/2019, G 78/2019) bei der konkreten Ausgestaltung der Kassenfusion den rechtspolitischen Spielraum der Gesetzgebung freilich als nicht überschritten angesehen. Franz Marhold stellt sich unter dem Titel „Neue Arbeitsformen – neue Solidarität?“ Fragen des Risikoausgleichs bei grenzüberschreitenden Sachverhalten und der Absicherung wirtschaftlich Inaktiver, wobei auch ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert (und abgelehnt) wird. Rudolf Müller untersucht mit einem wirklich erhellenden und fundierten weiten historischen Rückblick die Beteiligung der DG an der sozialen Selbstverwaltung der DN, der er durchaus kritisch gegenübersteht und deren Ausbau er mit guten Argumenten als verfassungsrechtlich problematisch erachtet. Der VfGH folgte dem jedoch nicht und sieht es in seinem Erk vom 13.12.2019 (G 78/2019)nicht als Verstoß gegen demokratische Grundsätze der Selbstverwaltung an, wenn sich Organe der Sozialversicherungsträger paritätisch aus Vertretern der DN und der DG zusammensetzen. Die Beiträge von Matthias Neumayr zur prothetischen Versorgung und zu ökonomischen Aspekten in der UV sowie von Walter Pöltner zur beruflichen Rehabilitation in der SV, die er im Bereich der PV in ihrer derzeitigen Ausgestaltung sehr kritisch sieht, runden diesen Teil ab.

Im zweiten Teil, den „Reflexionen“ setzen sich die SchülerInnen von Mosler und Pfeil in unterschiedlicher Weise mit wichtigen Aufsätzen ihrer Lehrer auseinander. Nicht nur deshalb zahlt es sich aus, sie zu lesen, zeigen sie doch in beeindruckender Weise auf, dass es die beiden Salzburger Professoren sehr gut verstanden haben, in den letzten Jahren eine diverse und sehr engagierte Gruppe von Arbeits- und SozialrechtlerInnen auszubilden, die unterschiedliche Themenbereiche beforschen. Dass das Verhältnis auch persönlich gut sein dürfte, zeigen von den AutorInnen gebotene Einblicke in das Privatleben ihrer Lehrer auf. So erfahren wir zB, dass Mosler in jungen Jahren Ministrant war (S 135) und dass Walter J. Pfeil in der Bundesliga Basketball gespielt hat (S 155). Aber nicht nur das macht die kurzen „Reflexionen“ lesenswert, sondern auch dass damit teilweise schon länger zurück liegende Publikationen der Jubilare in Erinnerung gerufen werden: Mit Werken von Rudolf Mosler haben sich Elias Felten (Arzt und gesetzliche Krankenversicherung), Hannah Dölzlmüller (Entwicklung des Universitätsarbeitsrechts), Fabian Schaup (Anwendung des kollektiven Arbeitsrechts auf arbeitnehmerähnliche Selbständige), Johannes Warter (Überlegungen zur Anwendbarkeit kollektivrechtlicher Bestimmungen bei Crowdwork) sowie Katrin Wetsch (Flexibilisierung des Arbeitsrechts) auseinandergesetzt. Über Beiträge von Walter J. Pfeil haben Susanne Auer-Mayer (Neuregelung der Pflegevorsorge), Anna Lisa Engelhart (Sport und Sozialversicherung), Birgit Schrattbauer (Verhältnis von Gemeinwohlökonomie und Arbeitsrecht) und Stella Weber (Mitverschuldensregel bei vorzeitiger Auflösung) reflektiert. Sie zeigen, dass diese jüngeren WissenschafterInnen wertvolle Anregungen aus Arbeiten der Jubilare ziehen und dass so deren Ergebnisse offensichtlich befruchtend wirken und weitergetragen werden. Als akademischer Lehrer kann man sich eigentlich kaum etwas Schöneres wünschen!