178Bei einem Wechsel in eine höherwertige Verwendung verlängert sich die Ausbildungsphase nach VBG
Bei einem Wechsel in eine höherwertige Verwendung verlängert sich die Ausbildungsphase nach VBG
Der Kl begann am 1.8.2016 ein Verwaltungspraktikum im mittleren Dienst beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. In diesem bis 31.7.2017 befristeten Ausbildungsverhältnis war der Kl in die Entlohnungsgruppe v4 eingestuft. Ab 1.4.2017 war der Kl aufgrund eines unbefristeten Dienstvertrags als Vertragsbediensteter tätig. Er wurde dabei in die Entlohnungsgruppe v4/3 (Ausbildungsphase) eingestuft.
Im Februar 2018 wurde der Dienstvertrag in einem Nachtrag ab 1.3.2018 dahin abgeändert, dass der Dienstort des Kl mit „Leoben“ festgelegt wurde. Die Beschäftigungsart wurde in „gehobener Dienst“ und die Entlohnungsgruppe in v2/4 geändert. Für den Monat März 2018 wurde dem Kl das dieser Einstufung entsprechende Entgelt samt Funktionszulage bezahlt.
Mit Schreiben vom 9.4.2018 teilte die Bekl dem Kl mit, es habe sich herausgestellt, dass bei seiner Überstellung von der Entlohnungsgruppe v4 in die Gruppe v2 keine Anpassung der Dauer der Ausbildungsphase nach § 66 Abs 2 VBG vorgenommen wurde. Richtigerweise sei bei der Überstellung von Gruppe v4 in die Gruppe v2 eine Verlängerung der Ausbildungsphase von einem auf vier Jahre vorzunehmen, weshalb diese für den Kl erst mit 31.7.2020 ende.
Der Kl begehrte Entgeltdifferenzen für den Zeitraum April bis Dezember 2018. Die Ausbildungsphase des Kl sei am 31.7.2017 abgeschlossen gewesen, eine neuerliche Vereinbarung sei nicht erfolgt.
Die Bekl wandte ein, es gehe nicht um einen Neubeginn der Ausbildungsphase, sondern um eine durch die Überstellung in die höhere Entlohnungsgruppe notwendige Verlängerung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Kl keine Folge, aber erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage der Verlängerung einer laufenden Ausbildungsphase nach § 66 Abs 1 und 2 VBG im Fall der Überstellung in eine höhere 424 Entlohnungsgruppe noch keine höchstgerichtliche Rsp vorliege.
Der OGH befand, dass die von der Bekl beantwortete Revision des Kl zulässig, aber nicht berechtigt war.
Das VBG 1948 sieht für die Vertragsbediensteten im Verwaltungsdienst ein Entlohnungsschema mit fünf Entlohnungsgruppen (v1 bis v5) und bis zu 21 von den anrechenbaren (Vor-)Dienstzeiten abhängigen Entlohnungsstufen vor (Gehaltsstaffel; §§ 71, 72 VBG). Die Entlohnungsgruppen sind darüber hinaus in Bewertungsgruppen unterteilt (zB v2/1 bis v2/6, v4/1 bis v4/3; § 65 VBG), nach denen sich die Höhe einer hinzutretenden Funktionszulage bemisst (§ 73 VBG).
Für die „dienstliche Ausbildung“ verpflichtet § 67 Abs 2 Satz 1 VBG die Vertragsbediensteten der Entlohnungsschemata v und h, eine Grundausbildung nach Maßgabe der Bedürfnisse des jeweiligen konkreten Arbeitsplatzes zu absolvieren.
Gem § 66 Abs 1 VBG sind die Vertragsbediensteten unabhängig von der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer Bewertungsgruppe der Entlohnungsgruppen v1 bis v4, h1 und h2 am Beginn des Dienstverhältnisses bis zum Abschluss der Ausbildungsphase in die niedrigste Bewertungsgruppe ihrer Entlohnungsgruppe einzustufen. Als Ausbildungsphase gelten gem § 66 Abs 2 VBG in den Entlohnungsgruppen v1 und v2 die ersten vier Jahre, in den Entlohnungsgruppen v4, h2 und h3 das erste Jahr des Dienstverhältnisses.
Nach Ansicht des OGH haben die Vorinstanzen die Frage der Anwendbarkeit des § 66 VBG auf einen Sachverhalt, in dem beim Wechsel des Vertragsbediensteten in die höherwertige Verwendung, gerechnet ab Beginn des Dienstverhältnisses, zwar die Ausbildungsphase der Entlohnungsgruppe v4, aber noch nicht die längere Ausbildungsphase für die Entlohnungsgruppe v2 abgelaufen war, zutreffend bejaht.
Die Regelung über die Dauer der Ausbildungsphasen in § 66 Abs 2 VBG stellt gerade nicht auf die Dauer der Ausbildungsmaßnahmen ab, die der Vertragsbedienstete für seine konkrete Tätigkeit tatsächlich zu absolvieren hat, sondern nimmt eine abstrakte Pauschalierung vor.
Der Grund für diese Regelung ist nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP) darin zu finden, dass von Vertragsbediensteten in der ersten Zeit des Dienstverhältnisses noch nicht die vollwertige Ausübung aller Aufgaben seines Arbeitsplatzes zu erwarten sei und diesem Umstand üblicherweise durch innerorganisatorische Maßnahmen Rechnung getragen werde. Der Gesetzgeber stellt also nicht nur auf das Absolvieren der für die jeweilige Verwendung erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen ab, die – wie im Fall des Kl – schon vor Ablauf der Phasen nach § 66 Abs 2 VBG abgeschlossen sein können, sondern zusätzlich auf eine durch praktische Tätigkeit über eine bestimmte Dauer gewonnene Erfahrung.