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Rechtsanspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation für BezieherInnen von Rehabilitationsgeld

MONIKAWEISSENSTEINER

Der 1975 geborene Kl bezieht seit 2016 ein mit Urteil zuerkanntes Rehabilitationsgeld wegen vorübergehender Invalidität. Im Urteil war die bekl Pensionsversicherungsanstalt auch schuldig erkannt worden, dem Kl konkrete medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zu erbringen.

Im Oktober 2018 und im Jänner 2019 beantragte der Kl die Bewilligung konkreter Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation (Aufenthalt im Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum [BBRZ] und in einer Rehabilitationsklinik). Die Bekl lehnte beide Anträge jeweils mit einem Schreiben ab, weil der Kl ohne vorherige Entzugsbehandlung nicht ausreichend belastbar sei.

Der Kl beantragte daraufhin die Erlassung von Bescheiden betreffend die Ablehnung der beiden genannten Anträge.

Die Bekl wies mit Bescheid vom 9.7.2019 den Antrag des Kl auf Erlassung eines Bescheids über die Anträge auf Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zurück. Da die Anträge nicht im Rahmen des Case Managements gem § 143b ASVG gestellt wurden, handle es sich nicht um eine Pflichtleistung und es bestehe keine Bescheidpflicht.

Die Säumnisklage wurde mangels Zulässigkeit des Rechtswegs mit Beschluss zurückgewiesen, das Oberlandesgericht gab dem Rekurs des Kl nicht Folge. Es bestehe kein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, die Rsp kenne nur einen Anspruch auf gesetzmäßige Ermessensausübung. Der Kl wünsche konkrete Therapiemaßnahmen, auf die kein Rechtsanaspruch bestehe, über die Ablehnung sei kein Bescheid zu erlassen.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur strittigen Frage einer Bescheidpflicht über einen Antrag auf gewünschte Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253f ASVG Rsp des OGH fehle.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Der OGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und trägt dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf.

Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation in der PV (§§ 253f, 270b ASVG), die im Zusammenhang mit einem Pensionsantrag stehen, sind als Leistungssachen mit bedingter Bescheidpflicht iSd § 367 Abs 1 ASVG ausgestaltet. Der Rechtsanspruch steht nur Personen offen, bei denen vorübergehende Invalidität bescheidmäßig festgestellt wurde. Diese einzige Anspruchsvoraussetzung ist hier erfüllt. Die Maßnahmen müssen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig sein, sie 432 müssen ausreichend sein, dürfen aber nicht das Maß des Notwendigen überschreiten. Solange die vorübergehende Invalidität andauert und Rehabilitationsgeld bezogen wird, besteht ein Rechtsanspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation. Mag auch der Krankenversicherungsträger im Rahmen des Case Managements nach § 143b ASVG eine derartige Maßnahme im Versorgungsplan vorsehen und anregen können, kann daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass kein Anspruch bestünde, wenn der Krankenversicherungsträger sie nicht anordnet. Das ergibt sich auch daraus, dass der Pensionsversicherungsträger zuständig ist. Da der Kl ausdrücklich einen Bescheid beantragt hat, wäre die Bekl verpflichtet gewesen, einen über die Anträge absprechenden Bescheid zu erlassen (§ 367 Abs 1 Z 2 ASVG). Die (Säumnis-) Klage war daher zulässig.

Der Umstand, dass ein Rechtsanspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation besteht, ändert nichts daran, dass auch in diesem Fall Rehabilitationsmaßnahmen vom Pensionsversicherungsträger zu erbringen sind (§ 253f ASVG). Die Bestimmung räumt schon nach ihrem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte, vom Anspruchswerber begehrte Rehabilitationsmaßnahme ein. Die Maßnahmen sind vielmehr nur dann zu erbringen, wenn sie zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig sowie ausreichend sind. Die Entscheidung, welche von allenfalls auch gleichwertigen Rehabilitationsleistungen (für die im medizinischen Bereich vor allem die ärztliche Einschätzung maßgeblich ist) zu erbringen ist, liegt im Entscheidungsermessen des Pensionsversicherungsträgers.

ANMERKUNG DES BEARBEITERS:
Eine Entscheidungsbesprechung der Bearbeiterin wird in DRdA 2021/H2 erscheinen.