Köck/Sonntag (Hrsg)ASGG – Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz mit Schlichtungsstellenverfahren des ArbVG

Verlag Österreich, Wien 2020, XXIX, 491 Seiten, gebunden, € 129,–

MATTHIASNEUMAYR

Die beiden Herausgeber haben ein Team von (weiteren) sechs AutorInnen aus der Praxis um sich versammelt, um einen aktuellen Kommentar zum ASGG herauszugeben. Neben dem Zweitherausgeber (§ 7 ASGG) kommentieren RA Jens Winter und RAin Andrea Potz die §§ 1-9 ASGG (Einrichtung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit sowie Zuständigkeit) und Günter Kegelreiter anschließend die §§ 10-35 ASGG (Besondere Organisationsbestimmung und Fachkundige Laienrichter). Die besonderen Verfahrensbestimmungen (§§ 36-44 ASGG) liegen im Verantwortungsbereich von RA Christoph Wolf. Die spezifischen Verfahrensbestimmungen für Arbeitsrechtssachen (§§ 49-63, einschließlich Aufwandersatzgesetz [AufwEG]) werden vom Erstherausgeber und von Georg Kodek behandelt, die Verfahrensbestimmungen für Sozialrechtssachen vom Zweitherausgeber. Den Schlusspunkt bilden die Verfahrensbestimmungen der Schlichtungsstelle (§§ 144-146, 159 ArbVG), kommentiert von RA Christoph Wolf und Daniel Scharf.

Die Kommentierungen sind aktuell und – vor allem auch durch eine gute Gliederung und Hervorhebungen im Text – gut zu lesen. Im Vordergrund steht die Darstellung der hA und umstrittener Fragen, was ein Nutzer gerade von einem prägnanten Kommentar erwartet. An mancher Stelle wäre vielleicht ein kritischerer Zugang zur OGH-Rsp angebracht gewesen: Bei § 65 ASGG Rz 24 wird zur Frage der analogen Anwendbarkeit der Bestimmungen über die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte allein auf die rezente OGH-E vom 24.10.2019, 4 Ob 163/19b, verwiesen, obwohl diese in einem diametralen Gegensatz zur Rsp des VfGH, des VwGH und des für Sozialrechtssachen zuständigen 10. Senats des OGH steht, der eine Ausdehnung der sukzessiven Zuständigkeit im Wege der Analogie ablehnt (mE besteht dafür nach Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erst recht kein Anlass mehr). Der 10. Senat des OGH hat zwischenzeitig zu 10 ObS 149/20i vom 15.12.2020 – nach Erscheinen des Kommentars – die OGH-E 4 Ob 163/19b auch ausdrücklich abgelehnt.

Die Frage, welche Folge die Unterlassung einer Belehrung über das Fehlen der internationalen Zuständigkeit 175 (Art 26 Abs 2 Brüssel Ia-VO) hat, wird bei § 38 ASGG Rz 5 angeschnitten. Eine begründete Antwort auf die in ganz Europa umstrittene Frage hätte zweifellos einigen Platz in Anspruch genommen. Die Ansichten in der Literatur reichen von einer sanktionslosen Ordnungsvorschrift über Amtshaftungsansprüche bis zu Konsequenzen im Vollstreckungsverfahren.

Trotz dieser (kleinen) Anregungen vermittelt der Kommentar vor allem wegen seiner Kompaktheit, seiner Handlichkeit und seiner Aktualität einen äußerst positiven Eindruck. Er wird zweifellos bei Fragen des Verfahrensrechts in Arbeits- oder Sozialrechtssachen immer an erster (jedenfalls aber zur Kontrolle an zweiter) Stelle herangezogen werden.