12Keine betriebliche Übung bei Sonderverträgen nach § 460 ASVG – Formpflicht, Samstagfeiertagsregel
Keine betriebliche Übung bei Sonderverträgen nach § 460 ASVG – Formpflicht, Samstagfeiertagsregel
Nach stRsp des OGH können Sozialversicherungsträger – und damit auch die bekl Pensionsversicherungsanstalt (PVA) – als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Befugnissen nicht schlechthin einem privaten DG gleichgesetzt werden, auch wenn die von ihnen abgeschlossenen Dienstverträge privater Natur sind.
Zweck einer Vorschrift, wie sie hier mit § 460 Abs 1 ASVG vorliegt, ist auch der Schutz des gerade nicht privaten DG und damit der öffentlichen Hand iwS vor den Kosten sachlich nicht gerechtfertigter Privilegierungen. Die Sozialversicherungsträger sind in ihrer gesamten Gebarung an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gebunden; der Rechnungshof ist berufen, ihre Gebarung unter den erwähnten Kriterien zu überprüfen.
Gegen die Verfassungsgemäßheit von Bestimmungen, wie den hier statuierten Zustimmungserfordernissen zum Abschluss von Sonderverträgen, bestehen aus Sicht des OGH keine Bedenken.
Streitgegenständlich ist ein Anspruch von AN der bekl PVA auf bis zu zwei zusätzliche Urlaubstage pro Kalenderjahr, wenn ein Feiertag auf einen Samstag fällt („Samstagsfeiertagsregelung“). Die Vorinstanzen wiesen die nach § 54 Abs 1 ASGG erhobene Feststellungsklage mit der wesentlichen Begründung ab, dass ein solcher Anspruch nur unter den Voraussetzungen des § 460 Abs 1 ASVG bestehen könnte, die hier aber nicht erfüllt seien. Der kl Zentralbetriebsrat (ZBR) bringt in seiner außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung.
1. Seit der Einführung des § 460 ASVG am 1.1.1988 müssen die Formalvoraussetzungen dieser Bestimmungen eingehalten werden, wenn sich der AN auf ihn begünstigende Sondervereinbarungen – sei es auch im Rahmen einer Betriebsübung – berufen will (RIS-Justiz RS0119176). Gem § 460 Abs 1 Satz 2 ASVG können (nur) in begründeten Fällen im Dienstvertrag von den Dienstordnungen (§ 31 Abs 3 Z 9 aF bzw § 30b Abs 1 Z 1 nF ASVG) abweichende Vereinbarungen – ausgenommen solche über die Höhe einer Leitungszulage – getroffen werden. Gem § 460 Abs 1 Satz 4 ASVG sind Dienstverträge mit solchen Vereinbarungen als Sonderverträge zu bezeichnen und nur dann gültig, wenn sie schriftschriftlich abgeschlossen werden und der Hauptverband (ab 1.1.2020 aufgrund des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes [SV-OG], BGBl I 2018/100BGBl I 2018/100: der Dachverband) vor dem Abschluss schriftlich zugestimmt hat. Die Zustimmung muss ausdrücklich erfolgen (RS0029331 [zu § 36 VBG]; 8 ObA 214/98y = ZAS 2001/5 [Stelzer – zu § 25 GehaltsG 1956]). Eine solche Zustimmung des Haupt- bzw Dachverbandes liegt unstrittig nicht vor.
2. Der Kl beruft sich darauf, dass die „Samstagsfeiertagsregelung ausdrücklich Thema von Betriebsvereinbarungen“ (vgl zur eingeschränkten Kompetenz RS0050960 [T2]) zwischen der Bekl und dem BR gewesen sei und die Bekl der Regelung ausdrücklich zugestimmt habe. Das Gesetz verlangt aber eindeutig (auch) eine schriftliche Zustimmung des Hauptverbandes bzw nunmehr Dachverbandes. Offenkundiger Zweck dessen ist gerade, dass ein Sozialversicherungsträger allein einen Sondervertrag nicht abschließen kann. Fehlt die erforderliche Zustimmung des Hauptverbandes (nunmehr Dachverbandes), gibt es auch keinen Vertrauensschutz (vgl RS0029314). Einer Berufung auf den Vertrauensschutz steht entgegen, dass der Gesetzgeber durch § 460 Abs 1 ASVG gerade ausschließen wollte, dass „Sozialversicherungsbedienstete unter Berufung auf die bisherige Betriebsübung, auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und auf behauptete konkludente Vereinbarungen [...] eine Besserstellung gegenüber dem allgemein vorgesehenen dienstrechtlichen Niveau [erreichen]“ (ErläutRV 324 BlgNR 17. GP 43; vgl Klein in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §§ 460a-460c ASVG Rz 7; Resch, Begründung arbeitsrechtlicher Rechte und Pflichten: Allgemeines Arbeitsrecht versus Formstrenge im Dienstrecht, JAS 2017, 340 [344, 347]).
3. Der Kl führt ins Treffen, dass im Bereich der PVA der Arbeiter die Samstagsfeiertagsregelung als Betriebsübung bereits vor dem 1.1.1988 bestanden habe und § 460 Abs 1 ASVG daher zeitlich nicht anwendbar sei. Das Berufungsgericht verwies bereits eingangs seiner rechtlichen Ausführungen darauf, dass der Kl mit Schriftsatz vom 12.10.2018 ausdrücklich erklärt habe, das Klagebegehren hinsichtlich der betrieblichen Übung „vor der Novelle mit 1.1.1988“ sowohl in Bezug auf die PVA der Arbeiter als auch die PVA der Angestellten (welche zum 1.1.2003 zur Bekl fusionierten) zurückzuziehen. Das Berufungsgericht schloss daraus, dass nur mehr auf eine behauptete betriebliche Übung 138 seit dieser Novelle gestützte Ansprüche verfahrensgegenständlich seien. Sowohl die Auslegung des Parteienvorbringens als auch die des Klagebegehrens im Einzelfall ist – abgesehen von Verstößen gegen Denkgesetze oder Unvereinbarkeit mit dem Wortlaut – jeweils keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0042828 [T31]; RS0037440 [T6]). Wenn das Berufungsgericht aufgrund der mit dem Schriftsatz vom 12.10.2018 vorgenommenen Klagsänderung und der hierzu vom Kl gegebenen Begründung den Schluss zog, der Kl stütze sich nicht mehr auf eine Betriebsübung im Bereich der PVA der Arbeiter bereits vor dem 1.1.1988, ist dies vertretbar. Jedenfalls stellt die außerordentliche Revision nicht dar, warum die Auslegung des Berufungsgerichts korrekturbedürftig sein sollte.
4. Der Kl äußert die Ansicht, § 460 Abs 1 ASVG sei verfassungswidrig. Die Bestimmung verhindere nicht nur betriebliche Übungen, sondern auch Vereinbarungen zwischen AG und Belegschaftsvertretern, die als Vertragsschablonen auf die Einzelverträge einwirkten. Damit würden AN der Bekl nicht gleich wie AN sonstiger AG behandelt und unsachlich benachteiligt. Es liege weder im öffentlichen Interesse noch sei es verhältnismäßig und sachlich begründbar, dass § 460 Abs 1 ASVG für einen Rechtsträger, auf welchen sonst das „normale“ private Arbeitsrecht zur Anwendung gelangt, Regelungen vorsieht, wonach eine Bindung an die Dienstordnung – mit Ausnahme der Zustimmung des Dachverbandes – zwingend vorgesehen ist, die also eines der Grundprinzipien des privaten Arbeitsrechts, nämlich das Günstigkeitsprinzip, de facto in diesem Bereich abschaffe.
4.1. Nach stRsp des OGH können Sozialversicherungsträger – und damit auch die bekl PVA – als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Befugnissen nicht schlechthin einem privaten DG gleichgesetzt werden, auch wenn die von ihnen abgeschlossenen Dienstverträge privater Natur sind (9 ObA 206/93; 8 ObA 302/94; 9 ObA 324/00p). Zweck einer Vorschrift wie sie hier mit § 460 Abs 1 ASVG vorliegt, ist auch der Schutz des gerade nicht privaten DG und damit der öffentlichen Hand iwS vor den Kosten sachlich nicht gerechtfertigter Privilegierungen (vgl 8 ObA 214/98y [zu § 25 GehaltsG 1956]; 8 ObA 36/13x [zu § 54 Wr-VBO 1979]; 9 ObA 122/14b = DRdA 2016/12 [Berka] und 8 ObA 51/19m [jeweils zu § 36 VBG]). Dies zeigt sich auch darin, dass § 460 Abs 1 ASVG auf eine Anregung des Rechnungshofs zurückgeht (ErläutRV 324 BlgNR 17. GP 43). Die Sozialversicherungsträger sind in ihrer gesamten Gebarung an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gebunden; der Rechnungshof ist berufen, ihre Gebarung unter den erwähnten Kriterien zu überprüfen (Korinek/Leitl-Staudinger in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [27. ErgLfg] Kap 4.2.4. [S 528]). Die strengen Voraussetzungen, an die der Gesetzgeber günstigere Einzelvereinbarungen geknüpft hat (§ 460 Abs 1 ASVG) wurzeln im die Verwaltung der SV prägenden Wirtschaftlichkeitsgebot (Klein in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm §§ 460a-460c ASVG Rz 2).
4.2. Gegen die Verfassungsgemäßheit von Bestimmungen wie den hier statuierten Zustimmungserfordernissen zum Abschluss von Sonderverträgen bestehen aus Sicht des OGH keine Bedenken (RS0081722 [zu § 36 Abs 1 VBG]). Nur wenn der OGH Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung hat, ist er zur Einleitung eines Normprüfungsverfahrens verpflichtet (RS0053977). Ob Bedenken gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit bestehen, ist nach objektiven Gerichtspunkten zu prüfen. Eine Pflicht des Gerichts zur Anrufung des VfGH besteht nicht bereits deshalb, weil eine Partei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes äußert (RS0108286; RS0053638). Letzteres gilt umso mehr seit Einführung des Parteiantrags auf Normenkontrolle zum 1.1.2015 (Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG, § 528b ZPO), hat doch nunmehr jede Partei abseits von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen stets die Möglichkeit, anlässlich der Anfechtung der erstinstanzlichen E ihre Bedenken gegen die Gültigkeit einer präjudiziellen Norm selbst an den VfGH heranzutragen. Dies unterließ hier der Kl.
5. Die Berechnung des Urlaubsmaßes nach dem UrlG erfolgt nach Werktagen. Darunter sind die Wochentage von Montag bis einschließlich Samstag mit Ausnahme der in diesen Zeitraum fallenden gesetzlichen Feiertage zu verstehen. Sonntage und gesetzliche Feiertage, die in den Zeitraum des Urlaubsverbrauchs fallen, sind daher nicht als Werktage zu berechnen. Werktage, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird (zB ein Samstag bei einer fünf-Tage-Woche), werden hingegen auf den Urlaub angerechnet. Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen ansonsten arbeitsfreien Werktag, ist dieser Feiertag auf den Urlaub nicht anzurechnen; es ist für diesen Feiertag vielmehr ein zusätzlicher Urlaubstag zu gewähren (RS0058884).
Wird der Urlaub – so wie es bei der Bekl, bei der von Montag bis Freitag gearbeitet wird, der Fall ist – in Arbeitstagen berechnet, so ist er nur für Arbeitstage zu gewähren. In Fällen, in denen der Samstag arbeitsfrei ist, bleibt ein auf einen Samstag fallender Feiertag auf den Urlaubsverbrauch ohne Einfluss. Ebenso wie bei der Werktagsregelung ein auf einen Sonntag fallender Feiertag keine Auswirkung auf die Dauer des Urlaubs hat, hat bei der Arbeitstagsregelung ein Samstagfeiertag, wenn der Samstag allgemein arbeitsfrei ist, außer Betracht zu bleiben (9 ObA 350/93 =
[zust Klein]; 9 ObA 606/93; RS0077276). Die Samstagsfeiertagsregelung, wonach ein AN für jeden Samstag, der auf einen Feiertag entfällt, einen zusätzlichen Urlaubstag erhält (höchstens aber zwei), stellt daher eine Begünstigung der AN gegenüber der Gesetzeslage sowie der Dienstordnung dar. Eine solche Begünstigung wäre aber nur unter den Bedingungen des § 460 Abs 1 ASVG zulässig. [...]Vorliegend stand eine Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG zur Entscheidung an. Dieses 139 Instrument wird von PraktikerInnen zuweilen auch „anonyme Feststellungsklage“ genannt. § 54 ASGG sieht hierbei zwei Varianten vor. Jene des Abs 1 umfasst ein grundsätzlich über drei Instanzen mögliches arbeitsgerichtliches Verfahren, während Abs 2 leg cit die Erstellung eines Gutachtens durch den OGH zum Ziel hat. In jedem Fall soll durch diese Verfahren iSd Rechtssicherheit eine prinzipielle Entscheidung erwirkt werden, welche dann ermöglicht, in der Folge auch sämtliche übrige Rechtsverhältnisse nach der Vorgabe durch das (präjudizielle) „Musterverfahren“ zu lösen. In der Praxis hat sich die Einführung dieser Rechtsinstitute bewährt, wie nicht zuletzt auch der vorliegende Fall zeigt. Die im Fall zu lösende Rechtsfrage betraf (weit) mehr als drei AN, weshalb die Zulässigkeit außer Frage stand. Das Ergebnis gibt den Verfahrensparteien die Lösung auch für sämtliche übrige gleich gelagerte Fälle vor. Dies hätte selbstverständlich auch bei anders gerichtetem Verfahrensausgang gegolten (dies freilich mit Ausnahme der Klagszurückweisung wegen Unzulässigkeit).
§ 460 Abs 1 ASVG kennt eine ähnliche Regelung wie § 36 Abs 1 VBG. Es findet sich dort die folgende Regelung (Hervorhebungen vom Autor):
„In begründeten Fällen können im Dienstvertrag von den Dienstordnungen (§ 30b Abs. 1 Z 1) abweichende Vereinbarungen, ausgenommen solche über die Höhe einer Leitungszulage, getroffen werden. Der Abschluß solcher Vereinbarungen obliegt dem Verwaltungsrat (der Konferenz); eine Übertragung dieser Obliegenheit ist nicht zulässig. Dienstverträge mit solchen Vereinbarungen sind als Sonderverträge zu bezeichnen und nur dann gültig, wenn sie schriftlich abgeschlossen werden und der Dachverband vor dem Abschluß schriftlich zugestimmt hat.“
Es besteht Ähnlichkeit dieser Norm zu § 36 VBG (dazu ausführlich Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 36 VBG Rz 1 ff, insb Rz 24 ff), welcher wie folgt lautet (Hervorhebungen vom Autor):
„Sonderverträge
§ 36. (1) In Ausnahmefällen können im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden, die von diesem Bundesgesetz abweichen. Solche Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen und bedürfen der Genehmigung der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport.
(2) Die Bundesministerin oder der Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport kann bei Bedarf verbindliche Richtlinien für die einheitliche Gestaltung bestimmter Arten von Sonderverträgen festlegen. Für den Abschluß solcher Sonderverträge kann von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport eine generelle Genehmigung erteilt werden.
(3) Bei Bedarf kann in den Richtlinien nach Abs 2 auch bestimmt werden, daß der Abschluß solcher Sonderverträge nur mit Inhabern bestimmter, in den Richtlinien angeführter Arten von Arbeitsplätzen zulässig ist.
(4) Auf Sonderverträge, die anläßlich der Betrauung mit einer Leitungsfunktion befristet abgeschlossen werden, ist § 4 Abs 4 nicht anzuwenden.“
Wegen der Ähnlichkeit und Wesensverwandtschaft beider Normen können hierzu ergangene Judikate wechselseitig nutzbar gemacht werden. Die zu § 460 Abs 1 ASVG ergangene vorliegende E reiht sich in jene betreffend Sonderverträge nahtlos ein:
Die Zustimmung zu derartigen Sonderverträgen sowohl nach § 460 Abs 1 ASVG als auch nach § 36 Abs 1 VBG kann nämlich nicht konkludent (etwa auch iS einer geduldeten Betriebsübung), sondern muss ausdrücklich erfolgen. Der zu § 36 VBG entwickelte Rechtssatz lautet (RIS-Justiz RS0029331; siehe Weiteres auch OGH8 ObA 214/98y ZAS 2001/5 [Stelzer]): „Nach der Formulierung des § 36 Abs 1 VBG 1948 ist eine konkludente Genehmigung konkludent entstandener Sonderverträge ausgeschlossen.“
Eine solche Zustimmung des Haupt- bzw Dachverbandes lag jedoch unstrittig nicht vor, was das Schicksal der Klagsabweisung besiegelte. Bei nur unter Einhaltung genau vorausbestimmter Formbestimmungen zustande kommenden Sonderverträgen kann gerade nicht auf konkludente Abschlussmöglichkeiten im Einzel- oder Regelfall („Betriebsübung“) ausgewichen oder damit argumentiert werden. Der OGH hielt ausdrücklich fest: „2. Der Kl beruft sich darauf, dass die Samstagsfeiertagsregelung ausdrücklich Thema von Betriebsvereinbarungen“
(vgl zur eingeschränkten Kompetenz RS0050960 [T2]) zwischen der Bekl und dem BR gewesen sei und die Bekl der Regelung ausdrücklich zugestimmt habe. Das Gesetz verlangt aber eindeutig (auch) eine schriftliche Zustimmung des Hauptverbandes bzw nunmehr Dachverbandes. Offenkundiger Zweck dessen ist gerade, dass ein Sozialversicherungsträger allein einen Sondervertrag nicht abschließen kann. Fehlt die erforderliche Zustimmung des Hauptverbandes (nunmehr Dachverbandes), gibt es auch keinen Vertrauensschutz (vgl RS0029314). Einer Berufung auf den Vertrauensschutz steht entgegen, dass der Gesetzgeber durch § 460 Abs 1 ASVG gerade ausschließen wollte, dass „Sozialversicherungsbedienstete unter Berufung auf die bisherige Betriebsübung, auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und auf behauptete konkludente Vereinbarungen [...] eine Besserstellung gegenüber dem allgemein vorgesehenen dienstrechtlichen Niveau [erreichen]“
. Bei § 36 VBG besteht spiegelgleich der offenkundige Zweck darin, dass eine nachgeordnete Dienststelle bzw selbst eine Zentralstelle (Bundesministerium) allein den Sondervertrag nicht abschließen kann, sondern die Mitwirkung der „Stabstelle“, also gegenwärtig des BM für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (davor BM für öffentlichen Dienst und Sport bzw Bundeskanzleramt), benötigt.
Im öffentlichen Dienst bestand jahrzehntelang die sogenannte „Samstagsfeiertagsregelung“, der zufolge ein Anspruch von AN auf zusätzliche 140 Urlaubstage gebührte, wenn ein Feiertag auf einen Samstag fiel. Es handelte sich um ein Relikt aus der historischen Entwicklung. Vgl zur Regelung des seinerzeitigen 27a Abs 10 (ursprünglich im § 27c Abs 3 enthalten) VBG, welche wohl wegen des Gleichklanges mit den BDG-Vorschriften auch ins VBG übernommen wurde, Ziehensack, VBG Praxiskommentar19 § 27a VBG Rz 21 ff. Ursprünglich ging es darum, im System der Sechstagewoche einem/r öffentlich Bediensteten nicht einen Gebührenurlaubstag zu nehmen, an welchem er/sie wegen der Lage des Feiertages auch außerhalb des Gebührenurlaubes nicht zu arbeiten gehabt hätte. Nach der Samstag-Regelung galt das System auch für die Fünftagewoche. Fiel während der Zeit des Erholungsurlaubes des/der Vertragsbediensteten ein gesetzlicher Feiertag auf einen Samstag, so hatte er/sie Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaubstag. Der Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaubstag bestand auch dann, wenn ein Samstagfeiertag an das Ende eines mindestens fünf Tage dauernden Erholungsurlaubes anschloss. Erforderlich war demnach, dass der betreffende Samstag vom (Gebühren-)Urlaub umschlossen wurde oder das Ende eines (Gebühren-)Urlaubes mit einer Mindestdauer von fünf Tagen darstellte.
Die Samstag-Regel wurde mit der Dienstrechts- Novelle 2008 (BGBl I 2008/147BGBl I 2008/147) aufgehoben. Sie lautete: „(10) Fällt während der Zeit des Erholungsurlaubes eines Vertragsbediensteten, für den die Fünftagewoche gilt, ein gesetzlicher Feiertag auf einen Samstag, so hat er Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub von acht Stunden. Der Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub von acht Stunden besteht auch dann, wenn ein Samstagfeiertag an das Ende eines mindestens fünf Arbeitstage dauernden Erholungsurlaubes anschließt.“
Eine derartige – im Zeitalter von bereits jahrzehntelang eingeführter Fünf-Tage-Woche antiquierte – Regelung bzw faktische Übung wurde im Fall einer PVA behauptet. Die Berufung auf die Betriebsübung schied im Regime der Formalbestimmung von Sonderverträgen aus (zur Begründung siehe bereits oben). Allenfalls davor (nämlich vor Einführung der Formalbestimmung von Sonderverträgen) wäre sie uU argumentierbar gewesen, worauf der OGH jedoch nicht eingehen musste.
Die E enthält auch einige zivilprozessuale „nuggets“. So wäre evtl ein Eingehen des OGH im Rahmen eines obiter dictums natürlich von Interesse gewesen, was die Frage der Betriebsübung vor Einführung der Formbestimmung für Sonderverträge im ASVG betraf, wobei dann aber vielleicht auch die Frage nach einem Kunstfehler der beruflichen Parteienvertretung auf Klagsseite bzw eines taktischen Fehlers des Kl aufgetreten wäre, was durch das uU beredte Schweigen des Höchstgerichts vermieden werden konnte. Das Berufungsgericht hatte nämlich bereits eingangs seiner rechtlichen Ausführungen darauf verwiesen, dass der Kl mit Schriftsatz vom 12.10.2018 ausdrücklich erklärt habe, das Klagebegehren hinsichtlich der betrieblichen Übung „vor der Novelle mit 1.1.1988“ sowohl in Bezug auf die PVA der Arbeiter als auch die PVA der Angestellten zurückzuziehen. Das Berufungsgericht schloss daraus – unbeanstandet durch den OGH –, dass nur mehr auf eine behauptete betriebliche Übung seit dieser Novelle gestützte Ansprüche verfahrensgegenständlich seien.
Hinsichtlich der vom Kl behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 460 Abs 1 ASVG verwies der OGH darauf, dass er diesen Standpunkt nicht teilte (zumal er auch zur vergleichbaren Bestimmung des § 36 Abs 1 VBG von Verfassungskonformität ausging und ausgeht [RIS-Justiz RS0081722]) und sich auch nicht zur Unterbrechung zum Zweck der Einleitung eines VfGH-Verfahrens zur Normenkontrolle veranlasst sah. Die Einführung des Parteienantrags auf Normenkontrolle in der ZPO (§ 528b; siehe auch Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG, § 62a Abs 1 VfGG; dazu übersichtlich und mwN Neumayr in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 528b Rz 1 ff) erfolgte ja gerade zu dem Zweck, um Parteien (und deren Rechtsvertretung) die Möglichkeit an die Hand zu geben, eine Normenkontrolle durch den VfGH bereits während des laufenden Berufungsverfahrens zu erreichen. Nach dem alten System konnte erst die zweite oder dritte Instanz – und nicht die Partei – die Überprüfung von präjudiziellen, aber im Verdacht der Verfassungswidrigkeit (oder Gesetzwidrigkeit: bei Verordnungen) stehenden Normen durch den VfGH bewirken. Die Ausweitung auf die Parteien stellt aber nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht bzw Obliegenheit dar: Wird sie nämlich unterlassen, stellt dies bereits ein gewisses Indiz dar, dass eine erst in der Revision behauptete Verfassungswidrigkeit des anzuwendenden Gesetzes tatsächlich gar nicht vorliegt, andernfalls es an der Partei gelegen wäre, schon viel früher auf den Plan zu treten, nämlich mit dem Parteiantrag auf Normenkontrolle während des laufenden Berufungsverfahrens. Nur wenn der OGH selbst Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung hegt, ist er zur Einleitung eines Normprüfungsverfahrens verpflichtet (RS0053977), nicht aber bei bloßen (erstmaligen) Behauptungen der Verfassungswidrigkeit durch RevisionswerberInnen (RS0108286; RS0053638). 141