Die Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des Betriebsratsvorsitzenden
Die Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des Betriebsratsvorsitzenden
Einleitung
Die (Un-)Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV in Judikatur und Lehre
Unzulänglichkeiten der Rechtsfigur des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers
Die Umkehrung von Regel und Ausnahme
Die Schutzlosigkeit der Minderheit im BR
Das Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden
Die rechtsdogmatische Einordnung des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers
Voraussetzungen der Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV
Allgemeines
Vorliegen eines Rechtsscheins
Zurechenbarkeit des Rechtsscheins
Allgemeines
Zurechenbarkeit zum BR
Veranlassung durch aktives Tun
Veranlassung durch Unterlassen
Fazit
Vertrauen des Erklärungsempfängers
Vertrauensdisposition des Erklärungsempfängers
Zusammenfassung
Die Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers wurde von Judikatur und Schrifttum – bereits unter Geltung des BRG 1947 – in Bezug auf die Mitwirkung des BR in personellen Angelegenheiten entwickelt.* Den Ausgangspunkt bildete dabei die Zustimmung zur Kündigungsabsicht im Kündigungsvorverfahren (vgl § 105 Abs 1 ArbVG)* sowie die Zustimmung zu einer dauernden, verschlechternden Versetzung (vgl § 101 S 3 ArbVG).* Allerdings wird diese Rechtsfigur seither auf immer neue Sachverhaltstypen erstreckt: Sie soll auch auf den Abschluss von Betriebsvereinbarungen (§ 29 ArbVG),* die Beendigung der Funktionsperiode des BR aufgrund der Verständigung des Betriebsinhabers (BI) vom Rücktritt des „alten“ BR durch den Vorsitzenden des „neuen“ BR (§ 62 Z 4 iVm § 57 ArbVG analog),* die dem BI mitgeteilte Regelung hinsichtlich der Vertretung des BR (§ 71 iVm § 66 Abs 8 ArbVG)* sowie die Ausübung vermeintlich übertragener Befugnisse (§ 114 ArbVG) anwendbar sein.* Die „Ausrollung“ dieser Rechtsfigur ist bislang nicht auf grundsätzlichen Widerspruch gestoßen, vielmehr werden bloß punktuelle Vorbehalte 381 angebracht: So hegt Pfeil Bedenken dagegen, dass der Schutz des Vertrauens des BI in eine mitgeteilte Kompetenzübertragung eine ausreichende Basis für die Normwirkung einer BV sein kann,* während es Marhold ablehnt, ein schutzwürdiges Vertrauen des BI in die mitgeteilte Kompetenzübertragung anzunehmen, wenn dabei Ordnungsvorschriften, wie das nicht konstitutive Schriftformgebot des § 53 Abs 2 S 2 Betriebsrats-Geschäftsordnung (BRGO),* verletzt werden.*
Vor dem Hintergrund der Fruchtbarmachung des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers für immer neue Sachverhaltstypen zeigt sich zum einen, dass es sich bei dieser Rechtsfigur um ein zentrales Strukturelement des betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsrechtes handelt. Es stellt sich zum anderen aber auch die Frage, ob die in Judikatur und Schrifttum aufgestellten Voraussetzungen mit der Ausweitung des Anwendungsbereiches dieser Rechtsfigur Schritt gehalten haben und ob diese noch ausreichen, um die Rechtsfolge der ausnahmsweisen Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV zu rechtfertigen.
Der dürftige positivrechtliche Ausgangspunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV bildet § 71 S 1 ArbVG.*
Dieser erschöpft sich in der Anordnung, dass Vertreter des BR gegenüber dem BI und nach außen der BRV ist. Nach einhelliger Auffassung ist dies so zu verstehen, dass dem BRV die Rolle eines „Vertreters in der Erklärung“ zukommt.* Das bedeutet, dass die Vertretungsmacht des BRV nach dem grundsätzlichen Modell des ArbVG nur dann bestehen soll, wenn die Erklärung des BRV im Innenverhältnis durch einen Beschluss des BR gedeckt ist. Das Prinzip der Abstraktheit der Vollmacht, dh das Auseinanderfallen von Bindung im Innenverhältnis und Kompetenz im Außenverhältnis, das den unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Formalvollmachten (vgl § 50, § 126 Abs 2 UGB, § 74 Abs 2 AktG, § 20 Abs 2 GmbHG, § 19 GenG) zugrunde liegt,* kommt im Rahmen des Betriebsverfassungsrechtes nicht zur Anwendung.* Der Grund für die Bindung der Wirksamkeit im Außenverhältnis an den im Innenverhältnis gebildeten Willen des BR ist nach Keinert neben der bloß eingeschränkten, eher ausnahmsweisen Teilnahme am allgemeinen Rechtsverkehr im Ziel des ArbVG gelegen, einen auf dem Grundsatz demokratischer Willensbildung aufgebauten betrieblichen AN-Verband zu schaffen.* Dabei gibt es mE auch noch einen bedeutenden systematisch-teleologischen Grund für diese Ansicht: Die durch § 71 S 1 ArbVG angeordnete Einzelvertretung durch den BRV und die Unwirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte sind als untrennbar miteinander verwobene Strukturelemente der organisationsrechtlichen Normen des ArbVG zu begreifen. Denn der Gesetzgeber ordnet hinsichtlich der Vertretung privatrechtlich organisierter Körperschaften deshalb den Grundsatz der Gesamtvertretung an (vgl § 71 Abs 2 AktG, § 18 Abs 2 GmbHG, § 6 Abs 2 VerG, § 17 Abs 2 GenG), weil das damit erforderliche Zusammenwirken mehrerer Vertretungsberechtigter die einzige Möglichkeit des Schutzes des Vertretenen vor den an sich unbeschränkbaren Formalvollmachten darstellt.* Vor dem Hintergrund, dass sich die Fragen nach dem Schutz des Rechtsverkehrs einerseits und dem Schutz des Vertretenen andererseits in gleicher bzw vergleichbarer Weise auch im Rahmen der Betriebsverfassung stellen, lässt sich das Abweichen vom Grundsatz der Gesamtvertretung nur dadurch erklären, dass keine vergleichbare Schutzbedürftigkeit des Vertretenen besteht. Dies ist aber nur dann möglich, wenn ungedeckte Vertretungsakte nicht grundsätzlich wirksam, sondern grundsätzlich unwirksam sind.
Vom Grundsatz der Unwirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV ist in Judikatur und Schrifttum – neben der Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung des vollmachtslosen Handelns des BRV durch den BR* – eine Ausnahme anerkannt: der Schutz des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers. Alleinige Voraussetzung für die Anwendung dieser Rechtsfigur bildet das Vorliegen eines „schützenswerten“ Vertrauens in die Erklärung des BRV. Dementsprechend ist das Vertrauen in die Erklärung des BRV nach zwei Seiten hin zu begrenzen. Einerseits muss es sich um eine für den Empfänger „günstige“ Erklärung handeln: Während etwa das Vertrauen des BI in eine Zustimmung zur mitgeteilten Kündigungsabsicht geschützt wird, fehlt es an einem schutzwürdigen Vertrauen hinsichtlich eines Widerspruchs gegen die mitgeteilte Kündigungsabsicht;* Letzteres jedenfalls insoweit als das Vertrauen auf den Inhalt und nicht bloß das Vorliegen einer Stellungnahme 382 bezogen werden soll.19) Andererseits ist das Vertrauen des Erklärungsempfängers in die vom BRV abgegebene Erklärung auch dann nicht schützenswert, wenn dieser das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit des Beschlusses entweder kannte oder zumindest kennen musste,20) wobei leichte Fahrlässigkeit nach verbreiteter Ansicht nicht schaden soll.21) Dabei kommt dem BI weder die Pflicht noch das Recht zur Nachforschung in Bezug auf die Willensbildung innerhalb des BR zu.22)
Das gegenwärtige Verständnis vom Schutz des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers führt dazu, dass sich der Mangel der Vertretungsmacht des BRV im Verhältnis zu Dritten kaum jemals auswirkt: Denn bereits der Anschein einer Beschlussfassung durch den BR genügt, um die Wirksamkeit der für den Empfänger „günstigen“ Erklärung des Vertretungsberechtigten im Außenverhältnis zu begründen.23) Dementsprechend hat der OGH bereits eine Zeitspanne von 45 Minuten zwischen der Verständigung von der Kündigungsabsicht und der Abgabe der Stellungnahme durch den BRV genügen lassen, damit der BI nicht davon ausgehen muss, dass es an der beschlussmäßigen Deckung mangelt; denn angesichts des Umstands, dass sich alle Betriebsratsmitglieder zwar auf unterschiedlichen Baustellen, aber doch in Wien aufgehalten haben, sei die Durchführung einer kurzfristig einberufenen (physischen) Sitzung jedenfalls möglich gewesen.24) Vor dem Hintergrund der mit BGBl I 2010/101BGBl I 2010/101 zugelassenen Beschlussfassung im Umlaufweg (§ 68 Abs 4 ArbVG) und der im Schrifttum anerkannten Sitzungsqualität qualifizierter Videokonferenzen25) wird der BI mittlerweile wohl auch auf die beschlussmäßige Deckung von Stellungnahmen vertrauen dürfen, die noch kürzer nach Verständigung des BRV ergehen.26) Ein schutzwürdiges Vertrauen scheint damit nur mehr noch dann ausgeschlossen, wenn evident ist, dass keine Beschlussfassung stattgefunden haben kann; etwa dann, wenn der BRV die Zustimmung zur Kündigungsabsicht in jenem Gespräch erklärt, in dem dieser über die Kündigungsabsicht in Kenntnis gesetzt wird.
Damit wird aber das Verhältnis von Regel und Ausnahme auf den Kopf gestellt: Denn ohne Eingreifen der Rechtsfigur des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers sind ungedeckte Vertretungsakte des BRV grundsätzlich unwirksam.27) Wenn auch das Dogma, dass Ausnahmevorschriften stets restriktiv ausgelegt werden müssen, überholt ist, ist bei deren extensiver Auslegung dennoch „Vorsicht geboten“
;28) dies muss umso mehr dann gelten, wenn – wie hinsichtlich der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers – die Ausnahmevorschrift nicht explizit positiviert, sondern dem Bereich des ungeschriebenen Rechtes zuzurechnen ist.
Hinsichtlich der Verletzung von Verfahrensvorschriften im Betriebsverfassungsrecht ist die Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes lange Zeit davon ausgegangen, dass Streitigkeiten aus der Geschäftsführung im Kollegium durch Beratung und Abstimmung zu entscheiden seien.29) Das Schrifttum hat diese Auffassung als lebensfremd gerügt: Damit wird nämlich die Mehrheit im BR, die bzw deren Vertreter die Mangelhaftigkeit des Beschlusses verursacht haben, zur Entscheidung darüber berufen, ob der Beschluss bekämpft werden soll; diese Auffassung hätte zur Folge, dass die Mehrheit im BR in der Lage wäre, die Minderheit weitgehend sanktionslos von der Betriebsratsarbeit auszuschließen.30) Zu Recht hat sich daher der OGH – nach dem Übergang der Zuständigkeit von den Einigungsämtern auf die ordentliche Gerichtsbarkeit – von dieser äußerst problematischen Auffassung distanziert: Ein einzelnes Betriebsratsmitglied kann die Nichtigkeit eines Beschlusses des BR feststellen lassen, wenn Verfahrensvorschriften erheblich verletzt wurden.31
Ungeachtet dessen erweist sich die Rechtsstellung der Minderheit im BR weiterhin als prekär: Denn nach hA vermag auch die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses des BR nichts an der Wirksamkeit zu ändern, welche die – letztlich ungedeckte – Erklärung des BRV aufgrund der 383 Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers bereits erlangt hat.* Damit besteht trotz allgemein anerkannter Bekämpfbarkeit verfahrensfehlerhaft gefasster Beschlüsse die Möglichkeit, die Minderheit von der Betriebsratsarbeit weitgehend auszuschließen, weiterhin fort. Denn eine Verletzung von Rechten einzelner Betriebsratsmitglieder – insb jener der Minderheit im BR – wird dem BI regelmäßig weder bekannt sein, noch bekannt sein müssen.*
Das schürt die Zweifel am gegenwärtigen Verständnis der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers jedoch nur weiter: Diese soll nicht nur in der Lage sein, das Verhältnis von Regel und Ausnahme in Bezug auf die Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte auf den Kopf zu stellen. Vielmehr soll sie auch dem Verbot der Beschränkung der Mandatsausübung des einzelnen Betriebsratsmitgliedes (§ 115 Abs 3 ArbVG), welches die dogmatische Grundlage für die Bekämpfung von verfahrensfehlerhaften Beschlüssen des BR ist, Grenzen setzen; und dies selbst dann, wenn es das übergangene Betriebsratsmitglied nicht an der gebotenen Sorgfalt mangeln lässt.
Die Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte betrifft jedoch nicht bloß die kohärente Ausgestaltung des betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsrechtes, vielmehr werden davon auch die Grundrechte der betroffenen AN berührt. Denn aus dem Gleichheitssatz (Art 7 Abs 1 B-VG) folgt das Recht des Einzelnen, „nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden“
.* Dieses Recht gilt zwar nicht absolut, Eingriffe bedürfen jedoch einer Rechtfertigung (Verhältnismäßigkeitsprüfung).*
Das Verhältnis zwischen dem Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden, und dem Betriebsverfassungsrecht des ArbVG im Allgemeinen und der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers im Besonderen erweist sich als ambivalent: Zum einen trägt das Betriebsverfassungsrecht des ArbVG dem aus dem Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden, abzuleitenden Auftrag Rechnung: Es schränkt die rechtliche sowie faktische Macht des BI über den AN ein und mindert damit das Element der Heteronomie im Verhältnis zum BI, indem es die AN im Wege des BR an der Führung und Verwaltung des Betriebes beteiligt.* Zum anderen stellt das Betriebsverfassungsrecht des ArbVG aber auch einen Eingriff in das Recht des einzelnen AN dar, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden: Denn die AN sind ex lege Mitglied des vom ArbVG geschaffenen betrieblichen AN-Verbandes, innerhalb dessen die Willensbildung aufgrund von die überstimmte Minderheit bindenden Mehrheitsentscheidungen erfolgt. Dieser Eingriff findet seine Rechtfertigung nicht allein in der Zwecksetzung des Betriebsverfassungsrechtes, die Arbeitsbedingungen der AN zu verbessern,* sondern erst darin, dass dieses Ziel in einem nach demokratischen Grundsätzen organisierten Verband verfolgt wird. Denn die demokratische Ausgestaltung ermöglicht es, das Element der Heteronomie im Verhältnis zum AN-Verband möglichst gering zu halten. Die Legitimation von Mehrheitsentscheidungen, welche die Minderheit binden, rührt nämlich nicht nur aus der „Maximierung des Freiheitswertes“,* sondern insb auch daraus her, dass die Minderheit an der Entscheidungsfindung teilgenommen hat.* Damit liegt die grundrechtliche Problematik der Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV offen zu Tage: Wenn nämlich der BRV in der Lage ist, die Befugnisse der Arbeitnehmerschaft (rechtswidrig, aber dennoch) rechtswirksam auszuüben, kann die rechtfertigende Wirkung der demokratischen Willensbildung nicht zum Tragen kommen. Denn die Erklärung des BRV lässt sich dann weder auf den Willen der – durch die Mehrheit der Mitglieder des BR repräsentierten – Mehrheit der AN zurückführen, noch hatte die – die Minderheit der AN repräsentierende – Minderheit im BR die Möglichkeit, auf die Willensbildung Einfluss zu nehmen.
Dementsprechend lässt sich eine – bereits aufgrund einfachgesetzlicher Wertungen gebotene – Modifikation der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers, welche die ausnahmsweise Wirksamkeit ungedeckter Vertretungsakte des BRV an weitere Voraussetzungen knüpft, nicht mit dem pauschalen Hinweis auf die grundrechtlich geschützte Verfügungsgewalt des BI über den Betrieb (und insb vermittels des Arbeitsvertrages über die AN) abtun.* Vielmehr gilt es zwischen den widerstreitenden Grundrechtspositionen einen angemessenen Ausgleich herbeizuführen: Das gegenwärtige Verständnis der Rechtsfigur des Schutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers, welche den BI vor der Wirksamkeit für ihn ungünstiger ungedeckter Erklärungen schützt und die Unwirksamkeit der für ihn günstigen ungedeckten Erklärungen letztlich nur im Ausnahmefall entfallen lässt, vermag dieser Vorgabe jedoch nicht zu genügen. 384
Eine Modifikation der Voraussetzungen des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers setzt zunächst voraus, sich Klarheit über dessen rechtliches Wesen zu verschaffen. Mangels einer expliziten Regelung dieser Rechtsfigur im ArbVG gilt es daher, ihre dogmatischen Grundlagen abseits der in Judikatur und Schrifttum tradierten Rechtssätze (§ 12 ABGB) freizulegen:
Beim Schutz des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers handelt es sich – abstrakt formuliert – um nichts anderes als einen besonderen Zurechnungstatbestand. Denn der BR muss Vertretungshandlungen des BRV gegen sich gelten lassen, obwohl für diese keine ausreichende beschlussmäßige Deckung bestanden hat. Der Grund für diese Zurechnung wird im Schrifttum darin ausgemacht, dass der BRV dazu bestellt ist, die Beschlüsse des BR durchzuführen, weshalb eine Vermutung bestehen soll, dass der BRV beschlussgemäß handelt.* Damit erweist sich die Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers als eine Spielart der von Wellspacher begründeten Lehre vom Vertrauen auf den äußeren Tatbestand.* MaW: Es handelt sich um eine Vollmacht kraft Rechtsschein („Anscheinsvollmacht“).* Gegen diese zum deutschen Betriebsverfassungsrecht völlig hA* hat sich jedoch Keinert gewandt: Die Anscheinsvollmacht als dogmatische Grundlage des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers sei abzulehnen, weil das ArbVG keine Möglichkeit der Delegation der Beschlussfassung an den BRV kennt.* Diese Argumentation greift jedoch zu kurz. Denn der BRV ist „Vertreter in der Erklärung“ und damit trotz der weitgehenden inhaltlichen Determination, die sein Handeln durch den Beschluss des BR erfährt, dazu verpflichtet, einen eigenen rechtsgeschäftlichen Willen zu bilden.*
Damit stellt der im Einzelfall gefasste Beschluss des BR die Vollmachtseinräumung an den BRV dar. Dementsprechend besteht der Anschein der Vollmachtseinräumung nicht darin, dass der BR dem BRV das Recht zur Beschlussfassung übertragen hat, sondern vielmehr im Anschein eines die Erklärung des BRV deckenden Beschlusses durch den BR.* Sofern der BR daher den Anschein einer beschlussmäßigen Deckung der Erklärung des BRV erweckt, sind diesem ungedeckte Erklärungen des BRV nach Maßgabe der Grundsätze der Anscheinsvollmacht zuzurechnen.
Vor dem Hintergrund der rechtsdogmatischen Einordnung des Vertrauensschutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers gilt es, die Voraussetzungen dieser Rechtsfigur auf den Prüfstand zu stellen und im Einklang mit den Grundsätzen der Vollmacht kraft Rechtsschein zu ergänzen. Allerdings handelt es sich bei der Anscheinsvollmacht nicht um ein abschließend geregeltes Rechtsinstitut. Vielmehr stellt die Rechtsordnung in einer Vielzahl punktueller Bestimmungen die Bedingungen auf, unter denen sich der Vertretene auch vollmachtsloses Handeln zurechnen lassen muss. Durch eine Verallgemeinerung dieser positivrechtlich normierten Voraussetzungen werden die – ihrerseits wieder auf die (insb älteren und mitunter unklaren) Rechtsscheintatbestände zurückwirkenden – Grundsätze der Vollmacht kraft Rechtsschein gewonnen (induktiv-deduktive Methode);* diese bestehen darin, dass sowohl ein dem Vertretenen zurechenbarer Rechtsschein als auch eine im guten Glauben vorgenommene Vertrauensdisposition des Erklärungsempfängers vorliegen muss.*
Damit im Allgemeinen von einem dem Vertretenen zurechenbaren Rechtsschein gesprochen werden kann, müssen zunächst objektive Umstände vorliegen, welche bei einem redlichen und verständigen Erklärungsempfänger den Eindruck erwecken, dass dem Scheinvertreter eine hinreichende Vollmacht eingeräumt wurde.* Solche Umstände können bspw unrichtige Firmenbucheintragungen (vgl § 15 Abs 3 iVm § 54 UGB), vorgelegte Urkunden (vgl § 1028, § 1029 Abs 2, § 1033 ABGB) oder die unterlassene Verständigung eines Dritten vom Widerruf einer diesem bekannten Vollmacht (§ 1026 ABGB) sein. Eine Vielzahl von Normen knüpft den Rechtsschein aber auch an eine bestimmte Funktion, die vom Scheinvertreter bekleidet wird (vgl § 1027, § 1029 Abs 1 S 2 ABGB, § 56 UGB); dies könnte auch für den BRV einschlägig sein. Die gemeinsame Klammer der „Verwaltervollmachten“ ist allerdings, dass jemand mit der „selbständigen wirtschaftlichen Entscheidung hinsichtlich eines Vermögenssubstrats betraut“
wird.* Darin zeigt sich jedoch der fundamentale Unterschied zur 385 Rechtsstellung des BRV: Dieser ist gerade nicht damit betraut, die Befugnisse des BR selbstständig auszuüben, sondern damit, die Beschlüsse nach außen zu verkünden; wenn diese Aufgabe auch die Vermutung zu begründen vermag, dass der BRV einen gültigen Beschluss des BR verkündet, ordnet das ArbVG diesbezüglich keine Fiktion an. Mit der Bestellung des BRV geht daher weder die Einräumung einer Vollmacht einher, noch begründet sie als solche den Rechtsschein einer Vollmacht. Der Rechtsschein, auf welchen der Erklärungsempfänger vertraut, ist vielmehr die in der Erklärung des BRV stillschweigend mitenthaltene Versicherung, dass er als „Sprachrohr des BR“ einen von diesem gefassten Beschluss mitteilt.
Damit stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen sich der BR diesen Rechtsschein als von ihm veranlasst zurechnen lassen muss. Während die ältere Judikatur die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins an den Vertretenen nur dann bejaht hat, wenn diesem Fahrlässigkeit vorgeworfen werden konnte,* ist mit dem HandelsrechtsÄnderungsgesetz (HaRÄG) (BGBl I 2005/120) ein Wandel eingetreten. Vor dem Hintergrund des § 15 Abs 3 UGB wird nunmehr zwischen einer Veranlassung durch aktives Tun sowie durch Unterlassen differenziert; Fahrlässigkeit wird nur mehr noch in Bezug auf Letzteres gefordert.* Zunächst gilt es aber noch, eine vorgelagerte Frage zu klären, welche aus der Eigenschaft des BR als Kollegialorgan* resultiert: Wem muss der Rechtsschein zugerechnet werden können?
Eine in Deutschland verbreitete Auffassung will hinsichtlich der Zurechnung des Rechtsscheins einer beschlussmäßigen Deckung auf die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder abstellen.* Dem hält eine im Vordringen befindliche Auffassung jedoch zu Recht entgegen, dass die Zurechnung zum BR als Ganzes maßgeblich ist.* Letzteres entspricht nicht nur dem Grundsatz, dass der Rechtsschein vom Geschäftsherrn veranlasst worden sein muss,* sondern steht auch im Einklang mit der Judikatur des OGH zur vergleichbaren Problemlage der ausnahmsweisen Wirksamkeit der Erklärung des Bürgermeisters trotz Genehmigungsvorbehaltes des Gemeinderates; so wurde in einer Vielzahl von Entscheidungen hinsichtlich des Anscheins der beschlussmäßigen Deckung darauf abgestellt, dass dieser durch das „kompetente Organ“ erweckt worden ist.* Dies wirft jedoch sogleich die nächste Frage auf: Wann ist dem BR als dem kompetenten Organ ein Rechtsschein zuzurechnen? Diesbezüglich wird im deutschen Schrifttum mitunter vertreten, dass es auf jene Mehrheit an Betriebsratsmitgliedern ankommt, welche auch für die Beschlussfassung notwendig ist.* Dahinter steht offenbar die Überlegung, dass jene Mehrheit der BetriebsratsmitBetriebsratsmitglieder, die den Beschluss fassen könnte, auch in der Lage sein müsse, den Anschein des Beschlusses zu begründen.* Eine solche Argumentation muss jedoch verworfen werden: Sie entwertet nicht nur die Vorschriften über die Willensbildung im BR (Schutz der Minderheit),* vielmehr verkennt sie auch die Bedeutung der Teilnahme der Minderheit für die Legitimationskraft von Entscheidungen (Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterworfen zu werden).* Dementsprechend muss der Rechtsschein nicht bloß der zur Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit an Betriebsratsmitgliedern, sondern allen Betriebsratsmitgliedern zugerechnet werden können. In diese Richtung weist wiederum die Judikatur des OGH: Einerseits hat der OGH hinsichtlich des Rechtsscheins einer ausreichenden Vollmacht im Verhältnis zwischen Gemeinderat und Bürgermeister mehrfach darauf abgestellt, dass „den Mitgliedern des kompetenten Organes“ der Rechtsschein nicht verborgen geblieben sein konnte und sie dennoch nicht tätig geworden sind.* Dies ist dahin zu deuten, dass der Rechtsschein vom Gemeinderat als Ganzem, dh letztlich von allen Gemeinderatsmitgliedern, gesetzt werden muss;* die Kenntnis bloß einzelner Gemeinderatsmitglieder reicht demgegenüber nicht aus, sondern dürfte lediglich die Möglichkeit der Kenntnisnahme der übrigen Gemeinderatsmitglieder indizieren.*
Andererseits hat der OGH auch in Bezug auf die Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers ein solches auf sämtliche Betriebsratsmitglieder abstellendes Verständnis an den Tag gelegt: Hinsichtlich des Vertrauens des BI auf die Wirksamkeit des Rücktritts des BR (§ 62 Z 4 iVm § 57 ArbVG analog) wurde 386 dem Umstand maßgebliche Bedeutung beigemessen, dass „keines der Mitglieder“
den in Wahrheit unwirksamen Rücktrittsbeschluss bekämpft hat, der dem BI bekanntgegeben wurde.*
Im Gegensatz zur älteren Judikatur ist für die Zurechnung des Rechtsscheins durch aktives Tun – im Einklang mit § 15 Abs 3 UGB – bloß „adäquate Kausalität“ erforderlich.* Allerdings muss dafür ein „objektiver Fehler“ in der Sphäre des Vertretenen vorliegen. Denn auch im Rahmen des § 15 Abs 3 UGB ist es für eine Zurechnung durch aktives Tun nicht ausreichend, dass trotz einer richtigen Anmeldung aufgrund eines Fehlers des Firmenbuchgerichts eine unrichtige Eintragung erfolgt.* Dementsprechend hat man hinsichtlich der Zurechenbarkeit des Rechtsscheins eine differenzierte Betrachtungsweise an den Tag zu legen: Die Wahl des BRV durch die Mitglieder des BR erweist sich noch nicht als ausreichend, um die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins zu begründen. Denn ein objektiver Fehler liegt wohl schon wegen der dem BR gesetzlich vorgeschriebenen Wahl des BRV (§ 66 Abs 3 ArbVG) nicht vor und auch das Argument einer objektiv fehlerhaften Auswahl des BRV verfängt jedenfalls nicht gegenüber der bei der Wahl des BRV unterlegenen Minderheit. Dementsprechend vermag nicht bereits die Wahl des BRV, sondern erst seine unzureichende Kontrolle die Zurechenbarkeit des durch den BRV gesetzten Rechtsscheins zu begründen; das ist allerdings kein Fall der Veranlassung durch aktives Tun, sondern ein solcher der Veranlassung durch Unterlassen. Ebenso kein Fall der Veranlassung durch aktives Tun liegt auch dann vor, wenn der BR zwar einen wirksamen Beschluss gefasst hat, der BRV davon jedoch abweicht; denn der BR hat mit der wirksamen Beschlussfassung keinen objektiven Fehler zu verantworten, eine Zurechnung kann wiederum nur über die unzureichende Kontrolle des BRV im Zuge der Durchführung des Beschlusses erfolgen.*
Anders verhält es sich jedoch dann, wenn sich der BRV an die Vorgaben des Beschlusses des BR hält, dieser aber mit einem die Ungültigkeit nach sich ziehenden Verfahrensfehler behaftet ist; etwa dann, wenn das erforderliche Beschlussquorum (§ 68 ArbVG) verfehlt oder ein Betriebsratsmitglied geschäftsordnungswidrigerweise nicht zur Sitzung geladen wird (§ 14 Abs 6 BRGO). Zwar obliegt die Einberufung der Betriebsratssitzung ebenso dem BRV wie die Feststellung des Beschlussergebnisses (vgl § 67 Abs 1 ArbVG: „einzuberufen und zu leiten“),* was dagegen spricht, den Rechtsschein einer (wirksamen) Beschlussfassung den Betriebsratsmitgliedern allein aufgrund der Teilnahme an der Betriebsratssitzung zuzurechnen. Allerdings bestimmt § 14 Abs 10 BRGO, dass alle anwesenden Betriebsratsmitglieder das Protokoll der Betriebsratssitzung zu unterfertigen haben. Dieses hat nach hA zumindest die Abstimmungsergebnisse und die gefassten Beschlüsse zu enthalten.* Die Unterschrift der Betriebsratsmitglieder auf dem Protokoll bringt damit zum Ausdruck, dass sowohl über das Ergebnis der Beschlussfassung als auch über ihre Wirksamkeit Einigkeit besteht; erst sie veranlasst den BRV dazu, die ungedeckte Erklärung gegenüber dem Dritten abzugeben. Dementsprechend setzt jedes Betriebsratsmitglied, das das Protokoll unterfertigt hat, einen objektiven Fehler, der den vom BRV geschaffenen Rechtsschein durch ein aktives Tun veranlasst. Haben alle Betriebsratsmitglieder das Protokoll unterfertigt, kann die Wirksamkeit der ungedeckten Erklärung des BRV nur dadurch verhindert werden, dass ein Betriebsratsmitglied den (gutgläubigen) Erklärungsempfänger von der Unwirksamkeit der Beschlussfassung nicht nur unverzüglich, sondern auch bevor dieser im Vertrauen auf die Erklärung Dispositionen getroffen hat, in Kenntnis setzt: Denn damit entfällt nicht nur dessen Gutgläubigkeit,* vielmehr wird dadurch bereits die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins zunichtegemacht;* das steht im Übrigen auch nicht in Widerspruch zu § 71 ArbVG, weil das Betriebsratsmitglied dabei nicht im Namen des BR auftritt, sondern lediglich im eigenen Namen interveniert (vgl § 37 Abs 2 ArbVG).* Nachdem der vom BRV gesetzte Rechtsschein dem BR nur dann zurechenbar ist, wenn alle Mitglieder diesen veranlasst haben, muss der Rechtsschein aber auch jenen Mitgliedern zugerechnet werden können, die nicht an der Sitzung teilgenommen haben bzw die das Protokoll der Sitzung nicht unterfertigt haben. Hinsichtlich dieser kommt wiederum nur eine Veranlassung durch Unterlassen in Betracht.
Im Allgemeinen wird für die Zurechnung eines Rechtsscheins die schuldhafte Unkenntnis des Vertretenen von dem durch den Scheinvertreter gesetzten Anschein als ausreichend angesehen.* Ein Beispiel dafür bildet die Regelung über den „Pseudoagent“ (§ 43 S 2 Versicherungsvertragsgesetz [VersVG]): Diesem wurde zwar vom Versicherer keine Vollmacht eingeräumt, er geriert sich jedoch gegenüber dem Versicherungsnehmer in einer solchen Weise (zB durch Verwendung des Namens bzw Logos des Versicherers in seinem Briefpapier);* damit liegt der die Zurechenbarkeit 387 des Rechtsscheins begründende Vorwurf gegenüber dem Versicherer darin, dem durch den Pseudoagenten erweckten Anschein nicht entgegengetreten zu sein.* Dies ist auch auf das Verhältnis zwischen BR und BRV zu übertragen: Haben die übrigen Mitglieder des BR den Rechtsschein nicht durch aktives Tun veranlasst, lässt sich diesen der Rechtsschein nur dann zurechnen, wenn dieser für sie erkennbar war und sie dennoch untätig geblieben sind.
Sofern der BRV von einem Beschluss des BR abweicht oder der BR keinen Beschluss gefasst hat, wird der vom BRV gesetzte Rechtsschein von den übrigen Mitgliedern des BR jedenfalls nicht durch aktives Tun veranlasst. Eine Zurechnung kann daher nur dann erfolgen, wenn diesen ein schuldhaftes iSv sorgfaltswidriges Unterlassen vorgeworfen werden kann. Dementsprechend steht im Mittelpunkt der Veranlassung durch Unterlassen die Frage, ob und welche Kontrollpflichten gegenüber dem BRV bestehen. Ausgangspunkt für ein Verschulden des BR bzw der Betriebsratsmitglieder in Bezug auf den vom BRV geschaffenen Rechtsschein bildet der Grundsatz der Gesamtverantwortung: Denn für die Ausübung der Befugnisse der Arbeitnehmerschaft ist der BR bzw sind die Betriebsratsmitglieder der Betriebsversammlung als Ganzes verantwortlich (§ 42 Abs 1 Z 4 iVm § 115 Abs 2 ArbVG). Das ist jedoch von weitreichender Konsequenz, denn dem „Prinzip der Gesamtverantwortung“ ist das „Prinzip der gegenseitigen Überwachung“ immanent;* dieses berechtigt und verpflichtet jedes Organmitglied darauf hinzuwirken, dass alle für das Gesamtorgan handelnden Organmitglieder ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllen.* Nichts anderes kann im Verhältnis zwischen den übrigen Betriebsratsmitgliedern und dem BRV gelten. Das zeigt sich schon an § 66 Abs 4 Z 1 ArbVG, welcher die Möglichkeit normiert, Funktionäre des BR (wie den BRV) durch Beschluss der Mehrheit der Betriebsratsmitglieder vorzeitig zu entheben. Eine rationale Ausübung dieses Rechtes setzt das Bestehen von Kontrollrechten gegenüber dem BRV voraus. Für die Existenz solcher Kontrollrechte sprechen jedoch nicht nur objektiv-teleologische, sondern vielmehr auch systematisch-logische Argumente, denn das Betriebsverfassungsrecht bringt das Wechselspiel zwischen dem Recht zur Enthebung und dem Recht zur Kontrolle mehrfach zum Ausdruck: So korrespondiert das Recht der Betriebsversammlung, den BR zu entheben (§ 42 Abs 1 Z 4 ArbVG), mit dem Recht zur Behandlung von Berichten des BR (§ 42 Abs 1 Z 1 ArbVG), was iSe umfassenden Rechtfertigung gegenüber dem Kontrollorgan verstanden wird (Auskunftspflicht).* Solche Kontrollrechte werden jedoch auch in Bezug auf die Aufhebung der Delegation einer Befugnis iSd § 69 ArbVG sowie in Bezug auf den Widerruf einer Kompetenzübertragung iSd § 114 ArbVG normiert: Das Gesetz statuiert diesbezüglich nämlich sowohl Auskunftspflichten (§ 15 Abs 2 S 2, § 56 Abs 2 BRGO) als auch Teilnahmerechte (§ 69 Abs 5 S 2 ArbVG). Bereits die dabei an den Tag gelegte kasuistische Regelungstechnik offenbart allerdings, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.*
Gerade weil die BRGO als Durchführungsverordnung zulässigerweise lediglich ausdeuten kann, was das ArbVG bereits vorgezeichnet hat (Art 18 B-VG), muss die gesetzliche Grundlage der in der BRGO normierten Auskunftspflichten im Prinzip der Gesamtverantwortung und einer funktionalen Auslegung der im ArbVG vorgesehenen Möglichkeit, Delegationen und Kompetenzübertragungen vorzeitig zu beenden, gesehen werden. Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass aus dem Prinzip der Gesamtverantwortung und dem Recht zur vorzeitigen Enthebung des BRV (§ 66 Abs 4 Z 1 ArbVG) sowohl das Recht als auch die Pflicht der Betriebsratsmitglieder zur Überwachung der Tätigkeit des BRV folgt.
Damit erweist es sich jedoch als notwendig, näher zu konturieren, welche Intensität der Überwachung des BRV geboten ist. Das stößt allerdings auf Schwierigkeiten, denn die Bestimmung der gebotenen Sorgfalt ist – aufgrund der Maßgeblichkeit der konkreten Situation – letztlich immer eine Frage des Einzelfalles.* Dementsprechend können auf allgemein-abstrakter Ebene lediglich die groben Züge herausgearbeitet werden: Einerseits ist davon auszugehen, dass die Kontrollintensität abnimmt, wenn der BRV seine Funktion bereits seit geraumer Zeit unbeanstandet ausübt.* Andererseits verdichtet sich der gebotene Kontrollmaßstab, wenn Verdachtsmomente dafür vorliegen, dass der BRV seiner Verpflichtung nicht ordnungsgemäß nachkommt.* Grundsätzlich werden die Betriebsratsmitglieder ihrer Sorgfaltspflicht daher genügen, wenn sie sich über die seit der letzten Sitzung stattgefundenen Vertretungshandlungen in Kenntnis setzen lassen (Auskunftspflicht des BRV analog § 15 Abs 2 S 2 BRGO, § 56 Abs 2 BRGO).* Wenn dabei ein beschlussloses Handeln des BRV publik wird oder substantiierte Bedenken bestehen, ob der BRV seiner Auskunftspflicht (vollständig und wahrheitsgemäß) nachgekommen ist, muss eine Verpflichtung angenommen werden, unverzüglich den Erklärungsempfänger über die tatsächliche Beschlusslage in Kenntnis zu setzen, um die Zurechnung des Rechtsscheins zu verhindern. Gleiches muss dann angenommen werden, wenn die vom 388 Beschluss abweichende bzw beschlusslose Vertretungshandlung des BRV anderweitig bekannt wird (zB Kundmachung einer vom BR nicht genehmigten BV). Bestehen bereits bei der Beschlussfassung Verdachtsmomente, dass der BRV seiner Aufgabe nicht pflichtgemäß nachkommen wird, verlangt die gebotene Sorgfalt, dass die Erklärung des BRV im Beisein anderer Betriebsratsmitglieder abgegeben wird (Teilnahmerecht des einzelnen Betriebsratsmitgliedes analog § 69 Abs 5 S 2 ArbVG); dies eröffnet die Möglichkeit eines unmittelbaren Widerspruchs, der die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins zum BR verhindert.*
Durch das Erfordernis der Veranlassung des Rechtsscheins durch alle Mitglieder des BR wird die nach gegenwärtigem Verständnis der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers bestehende „Zurechnungslücke“ sowohl im Verhältnis zu den übergangenen Betriebsratsmitgliedern (Schutz der Minderheit) als auch im Verhältnis zu den einzelnen AN (Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden) geschlossen: Denn den übergangenen Betriebsratsmitgliedern ist dann zumindest fahrlässige Untätigkeit vorzuwerfen, womit für den Eingriff in die durch § 115 Abs 3 ArbVG geschützte Mandatsausübung des einzelnen Betriebsratsmitgliedes eine sachliche Rechtfertigung besteht; gleichzeitig lässt sich die Veranlassung des Rechtsscheins durch die Betriebsratsmitglieder zumindest soweit den AN zurechnen, dass der Eingriff in das Recht, nicht der Herrschaft eines anderen unterstellt zu werden, nicht mehr in einem unangemessenen Verhältnis zu den grundrechtlich geschützten Positionen des BI steht.
Neben dem Vorliegen eines dem Vertretenen zurechenbaren Rechtsscheins verlangt die Rechtsfigur der Anscheinsvollmacht, dass der Erklärungsempfänger gutgläubig auf das Bestehen ausreichender Vertretungsmacht vertraut hat. Ohne dass dem Erklärungsempfänger besondere Nachforschungsobliegenheiten auferlegt werden, soll dabei im Allgemeinen bereits leichte Fahrlässigkeit schaden (arg aus § 1026 ABGB: „ohne sein Verschulden“
), während bei unternehmerisch tätigen Vertretenen das Vertrauen erst bei grober Fahrlässigkeit nicht mehr schutzwürdig ist (vgl § 15 Abs 3 UGB).* Vor diesem Hintergrund scheint es zunächst zweifelhaft, ob nicht auch in Bezug auf die Rechtsfigur des Schutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers ein Abstellen auf leichte Fahrlässigkeit geboten sein könnte. Dennoch sprechen zwei Gründe dafür, dass der Maßstab der groben Fahrlässigkeit – jedenfalls im Ergebnis – zutreffend ist:
Zum einen erweist sich die Kontroverse um den Verschuldensgrad, der zum Ausschluss des Gutglaubensschutzes führt, in erster Linie als eine solche um den Sorgfaltsgegenstand: Denn im Zentrum der für den Sorgfaltsmaßstab der leichten Fahrlässigkeit eintretenden Argumentation von Keinert stehen Nachforschungspflichten des BI gegenüber dem BR (zB Befragung des BRV, Einsicht in das Protokoll der Betriebsratssitzung, Anfrage an den BR, Einzelbefragung der Betriebsratsmitglieder),* welche die hA allerdings unter Hinweis auf die antagonistische Konzeption der Betriebsverfassung des ArbVG ablehnt.* Wenn dem BI aber jede Möglichkeit der Nachprüfung der Ordnungsmäßigkeit der internen Willensbildung des BR verwehrt ist, so bleibt nur noch ein schmaler Bereich übrig, auf den sich seine Sorgfaltsobliegenheit erstrecken kann.* Diese Einschränkung des Sorgfaltsgegenstandes weist aber eine Wechselwirkung mit dem Sorgfaltsmaßstab auf: Denn gerade beim „Paradefall“ der unmittelbar nach Verständigung von der Kündigungsabsicht abgegebenen Stellungnahme spielt die Unterscheidung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit ohnehin keine Rolle: Wenn binnen so kurzer Zeit eine Erklärung des BRV erfolgt, dass es nicht einmal möglich war, eine – im Umlaufweg stattfindende – Beschlussfassung herbeizuführen, erweist sich das Fehlen der beschlussmäßigen Deckung immer als auffallend. Dem Erklärungsempfänger, der dies nicht erkannt hat, ist daher grobe Fahrlässigkeit anzulasten.
Zum anderen wird die Auffassung vertreten, dass auch im allgemeinen Zivilrecht leichte Fahrlässigkeit dann nicht schaden soll, wenn der Vertrauenstatbestand direkt an den Erklärungsempfänger gerichtet ist; der stark ausgeprägte Rechtsschein soll demnach den Sorgfaltsmaßstab in Bezug auf den Erklärungsempfänger abschwächen.* Das scheint auf das Verhältnis zwischen BRV und BI jedoch übertragbar: Denn infolge der Sprecherstellung des BRV und der daraus abgeleiteten (widerleglichen) Vermutung der beschlussmäßigen Deckung liegt nicht nur ein vergleichsweise starker Rechtsschein vor, vielmehr ist dieser regelmäßig auch direkt an den BI adressiert (vgl § 66 Abs 8 ArbVG). Neben der in stRsp gebrauchten Formulierung („nicht auffallen musste“
)* deutet auch die jüngere Judikatur des OGH darauf hin, dass für den Ausschluss der Gutgläubigkeit der Maßstab der groben und nicht der leichten Fahrlässigkeit ausschlaggebend ist: Denn dieser hat den guten Glauben des Erklärungsempfängers nicht in Zweifel gezogen, obwohl das Schriftformgebot des § 53 Abs 2 S 2 BRGO nicht eingehalten wurde.* Dass dem BI die Verletzung des Schriftformgebotes des § 53 Abs 2 S 2 BRGO nicht aufgefallen ist, mag zwar einen Verstoß gegen die gebotene Sorgfalt darstellen, dieser ist jedoch weder als ungewöhnlich 389 noch als auffallend zu qualifizieren, weshalb insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
Schließlich setzt eine Vollmacht kraft Rechtsschein noch voraus, dass der Erklärungsempfänger nicht nur Kenntnis vom Vorliegen des Rechtsscheins hat, sondern vielmehr auch aufgrund dieses Rechtsscheins eine Disposition getroffen hat; die hA versteht dies im Allgemeinen weit und sieht davon neben dem Abschluss von Verträgen auch sonstige Rechtshandlungen (zB einseitige Rechtsgeschäfte sowie Zahlungen im weiten Sinn des § 1412 ABGB) sowohl gegenüber dem Vertretenen als auch gegenüber „Vierten“ erfasst.* Dies entspricht auch der Auffassung des OGH, der die Voraussetzung der Kausalität des Rechtsscheins für die vorgenommene Disposition grundsätzlich auch auf die Rechtsfigur des Schutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers zur Anwendung bringt.*
Als Vertrauensdisposition des BI kommen daher bspw die Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Informationsverpflichtungen gegenüber dem bloß kraft Rechtsschein zuständigen Organ (Zahlung iSd § 1412 ABGB) oder der Ausspruch von Versetzungs- oder Kündigungserklärungen gegenüber AN aufgrund der (ungedeckten) Erklärung des BRV in Betracht. Fraglich ist aber, wie weit der Gutglaubensschutz in Bezug auf den Abschluss von Betriebsvereinbarungen reicht. Zwar wird der Abschluss eines Vertrages grundsätzlich als ausreichende Vertrauensdisposition angesehen, weshalb bspw vom BRV im Rahmen des Betriebsratsfonds (BRF) kraft Rechtsschein geschlossene Verträge wirksam sind; allerdings handelt es sich bei der BV nicht um einen gewöhnlichen Vertrag, sondern um einen Arbeitsnormenvertrag, der auch Rechte und Pflichten gegenüber den AN begründet (§ 31 ArbVG). Was daher für einen „gewöhnlichen“ Vertrag gilt, muss nicht zwangsläufig auch für eine BV gelten. Der OGH hegt gegen die Erstreckung der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers auf den Abschluss einer normativ wirkenden BV durch ein bloß kraft Rechtsschein zuständiges Organ keine Bedenken; vielmehr ist dieser einer Argumentation, dass der Abschluss einer BV bedeutender sein soll als bspw die Zustimmung zur mitgeteilten Kündigungsabsicht, explizit entgegengetreten und betrachtet den Abschluss der BV mit dem bloß kraft Rechtsschein zuständigen Organ offenbar als ausreichende Vertrauensdisposition auch für die Normwirkung der BV.* Gegen diese Auffassung wendet sich jedoch Pfeil: Es stehe in einem unauflöslichen Wertungswiderspruch zu dem anerkannten Grundsatz, dass von unzuständigen Organen abgeschlossene Betriebsvereinbarungen (absolut) nichtig sind, wenn die Rechtsfigur des Schutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers auch ausreichen sollte, um die Normwirkung einer BV zu begründen.* Eine zwischen diesen Positionen vermittelnde Lösung erweist sich nicht nur als möglich, sondern ist auch in besonderem Ausmaß dazu geeignet, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden, (grund-)rechtlich geschützten Interessen (des BI, der übergangenen Betriebsratsmitglieder und der AN) zu schaffen.*
Ausgangspunkt bildet eine am Zweck orientierte Interpretation des Vertrauensschutzes: Dieser ist auf den Schutz des „bereits getätigten“ Vertrauens des Erklärungsempfängers gerichtet;* daher kann die Gleichstellung von rechtmäßigem beschlussgemäßen Handeln mit rechtwidrigem beschlusslosen Handeln nur soweit reichen, dass diesem keine Nachteile daraus erwachsen, weil er sein Handeln im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Erklärung des BRV ausgerichtet hat.* Damit rückt die konkrete Vertrauensdisposition des Erklärungsempfängers in den Mittelpunkt: Die Rechtsfigur des Schutzes des gutgläubigen Erklärungsempfängers ist demnach insb dann anwendbar, wenn der Beschluss des BR „Voraussetzung für die Zulässigkeit des Arbeitgeberhandelns“ ist;* damit wird jedenfalls die Mitwirkung des BR im Kündigungsvorverfahren* sowie bei zustimmungspflichtigen Versetzungen erfasst.* Eine normative Wirkung von Betriebsvereinbarungen ist demgegenüber im Allgemeinen abzulehnen;* lediglich hinsichtlich der konkreten Maßnahmen, die in Vollziehung der vermeintlich wirksamen BV getroffen wurden, ist das getätigte Vertrauen des BI sowohl gegenüber dem BR als auch gegenüber den AN geschützt.*
Im Ergebnis hätte dies für den vom OGH zu entscheidenden Fall zum gleichen Ergebnis geführt: Der Kl machte wegen der Unzuständigkeit des ZBR die Unwirksamkeit der Pensionskassen-BV 390 geltend und begehrte eine Betriebspension aufgrund direkter Leistungszusage. Aufgrund der vom BI im Vertrauen auf die Wirksamkeit der abgeschlossenen Pensionskassen-BV geleisteten Beiträge wäre auch nach hier vertretener Auffassung das Begehren abzuweisen gewesen. Im Einklang mit der Grundidee des Abstellens auf das „bereits getätigte“ Vertrauen ist aber keine umfassende Bindungswirkung für die Zukunft gegeben.* Daher ist nach dem Wegfall des schützenswerten Vertrauens des BI in die Wirksamkeit der vermeintlichen Pensionskassen-BV die Rechtslage vergleichbar mit jener bei nachwirkungsloser Beendigung der Pensionskassen- BV durch einvernehmliche Auflösung bzw Befristung.*
Es zeigt sich daher, dass eine auf den Schutz des „bereits getätigten“ Vertrauens des Erklärungsempfängers gerichtete Interpretation nicht nur im Einklang mit den Ursprüngen der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers steht, vielmehr erlaubt sie auch eine systemkonforme Erstreckung dieser Rechtsfigur auf neue Sachverhaltstypen.
Obwohl die ungeschriebene Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers seit langem zum festen Bestandteil des betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsrechtes zählt, wurde ihre rechtsdogmatische Herleitung bislang vernachlässigt. Zusammen mit der Erstreckung dieser Rechtsfigur auf immer neue Sachverhaltstypen hat dies dazu geführt, dass sie sowohl in Konflikt mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsrecht als auch mit den (Grund-)Rechten der betroffenen AN gerät.
Eine Rückbesinnung auf die Anscheinsvollmacht („Vertrauen auf den äußeren Tatbestand“) als dogmatische Grundlage der Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des gutgläubigen Erklärungsempfängers erlaubt es jedoch, diese Unzulänglichkeiten zu überwinden. Während die in Judikatur und Schrifttum aufgestellten Anforderungen an die Gutgläubigkeit des Erklärungsempfängers im Einklang mit den Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht stehen, ist es unumgänglich, sowohl in Bezug auf die notwendige Zurechenbarkeit des vom BRV gesetzten Rechtsscheins zum BR als auch in Bezug auf die erforderliche Vertrauensdisposition des Erklärungsempfängers Modifikationen vorzunehmen.
Zum einen gilt es, das bislang wenig beachtete Verhältnis zwischen dem BRV und dem BR stärker in den Fokus zu rücken. Denn der bloße Umstand der Wahl des BRV durch den BR genügt als solches nicht, um die Zurechenbarkeit des vom BRV gesetzten Rechtsscheins zum BR zu begründen. Es ist vielmehr erforderlich, dass dieser Rechtsschein jedem einzelnen Betriebsratsmitglied entweder durch ein objektiv fehlerhaftes, aktives Tun oder durch ein zumindest fahrlässiges Unterlassen zugerechnet werden kann. Als praktisch bedeutsam erweist sich dabei insb die Unterfertigung des Protokolls einer Sitzung, in der ein unwirksamer Beschluss gefasst wurde (§ 14 Abs 10 BRGO) bzw die Nichtausübung der Kontrollpflicht gegenüber dem BRV (analog § 15 Abs 2 S 2, § 56 Abs 2 BRGO, § 69 Abs 5 S 2 ArbVG).
Zum anderen muss der Umstand der erfolgten Vertrauensdisposition wieder stärker berücksichtigt werden. Während die Vertrauensdisposition iSd Schutzes des bereits getätigten Vertrauens bei jenen Sachverhaltstypen, anhand derer die Rechtsfigur des Schutzes des Vertrauens des Erklärungsempfängers entwickelt wurde (Kündigung bzw Versetzung im Vertrauen auf die erteilte Zustimmung zur mitgeteilten Kündigungsabsicht bzw zur dauernden, verschlechternden Versetzung), geradezu wesensimmanent ist, muss diese auch bei anderen Sachverhaltstypen vorliegen. Anders als bei schuldrechtlichen Verträgen kraft Rechtsschein (im Rahmen des BRF) ist bei Betriebsvereinbarungen kraft Rechtsschein aufgrund ihrer Normwirkung ein besonders strenger Maßstab an den Tag zu legen. Lediglich die im Vertrauen auf die Wirksamkeit der BV getroffenen konkreten Maßnahmen sind zu schützen: Dadurch wird eine vermittelnde Lösung zwischen „voller Normwirkung“ und „keinerlei Wirkung“ ermöglicht, welche die Rechte der (übergangenen) Betriebsratsmitglieder sowie der AN nur insoweit beschneidet, als dies zum Schutz des bereits getätigten Vertrauens des BI notwendig ist. 391