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Altersdiskriminierung bei der Vordienstzeitenanrechnung nach der 2. Dienstrechts-Novelle 2019?

THOMASMATHY (LINZ)
  1. Die Opfer einer Diskriminierung haben Anspruch auf „Angleichung nach oben“, wenn und solange der nationale Gesetzgeber keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen hat.

  2. Mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 wurde keine dem früheren System der Vordienstzeitenanrechnung vergleichbare altersdiskriminierende Rechtslage geschaffen oder aufrecht erhalten.

Der ursprüngliche Kl (idF: Verstorbener) stand vom 1.9.2008 bis zu seinem Ableben [...] 2017 in einem dem VBG 1948 unterliegenden Dienstverhältnis zum Landesschulrat (nunmehr Bildungsdirektion) für NÖ. Er war als Vertragslehrer an einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt tätig. Bei Dienstantritt wurde sein Vorrückungsstichtag mit 30.6.2001 errechnet. Vor dem 18. Geburtstag liegende Schulzeiten des Kl wurden nicht angerechnet.

Mit seiner am 15.7.2016 eingebrachten Klage begehrte er Gehaltsdifferenzen [...] im Wesentlichen mit der Begründung, dass seine zwischen der Vollendung der Schulpflicht und der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Vordienstzeiten bei der Berechnung des Vorrückungsstichtags in altersdiskriminierender und unionsrechtswidriger Weise (EuGH vom 18.6.2009, C-88/08, Hütter) keine Berücksichtigung gefunden hätten.

Im zunächst unterbrochenen und infolge der Entscheidungen des EuGH vom 8.5.2019, C-24/17, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, und C-396/17, Leitner, fortgesetzten Verfahren legte die Bekl dar, dass die Berechnung des Vorrückungsstichtags infolge der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl I 58/2019, zu 424 ergänzen sei um [...], woraus sich unter Berücksichtigung des nach § 94c Abs 4 VBG vorzunehmenden Abzugs [...] als Vergleichsstichtag der 1.1.2001, sohin ein um sechs Monate verbessertes Besoldungsdienstalter und ab 1.5.2016 eine Nachzahlung von [...] ergebe.

Die Vorinstanzen folgten dem Standpunkt der Bekl und wiesen das Klagebegehren, soweit es den zugesprochenen Betrag [...] überstieg, unter Darlegung der Entwicklung der Anrechnung von vor Vollendung des 18. Lebensjahres gelegenen Vordienstzeiten in Gesetzgebung und Rsp ab. Die ordentliche Revision wurde nicht für zulässig erklärt.

In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die nunmehrige Kl (Universalrechtsnachfolgerin des Verstorbenen) zur aktuellen Rechtslage keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Sie ist darin der Ansicht, mit dem Abzug nach § 94c Abs 4 VBG idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 werde erneut das Unionsrecht umgangen. Der Abzug erfolge ohne sachliche Begründung und habe offensichtlich den Zweck, die finanziellen Auswirkungen der Anrechnung von den nun berücksichtigten Vordienstzeiten zu minimieren bzw neutralisieren. Die Vorgehensweise sei sehr ähnlich zu jener aus dem Jahr 2010 (BGBl I 82/2010). Hier bedeute dies eine Anrechnung von sonstigen Zeiten im Ausmaß von null Tagen. Die der 2. Dienstrechts- Novelle 2019 entsprechende zusätzliche Anrechnung von sonstigen Zeiten unter gleichzeitigem Wiederabzug iSd § 94c Abs 4 VBG wirke sich negativ auf die zusätzlich angerechneten Schulzeiten und somit in Summe nur geringfügig positiv auf das Besoldungsdienstalter aus. Letztlich werde durch eine etwas kompliziertere Berechnungsmethode der annähernd gleiche „Erfolg“ herbeigeführt wie durch die Ausdehnung des Verbleibs in der Gehaltsstufe 1 von zwei auf fünf Jahre iSd BGBl I 82/2010. Daher sei auch die Unionsrechtswidrigkeit und das Fortbestehen der Altersdiskriminierung in gleicher Weise gegeben. Der Abzug von vier Jahren zur Hälfte iSd § 94c Abs 4 VBG habe unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs unangewendet zu bleiben. Eine Vorlage an den EuGH werde angeregt. Dazu war zu erwägen:

1. Wie kürzlich zu 8 ObA 73/20y ausgeführt, wurde mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl I 58/2019, für Vertragsbedienstete, deren Vorrückungsstichtag bei der Anrechnung unter Ausschluss der vor dem 18. Geburtstag zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, nach Maßgabe der §§ 94b ff („Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG“) VBG eine Neueinstufung nach einem einheitlichen Regelwerk vorgesehen. In jener Entscheidung wurde weiter ausgeführt, dass gem § 94c Abs 2 Z 1 VBG idF BGBl I 58/2019für die Ermittlung des Vergleichsstichtags nach Maßgabe der Abs 3 bis 6 leg cit die Bestimmungen des § 26 VBG idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2007, BGBl I 96/2007, anzuwenden sind. Nach § 26 Abs 1 VBG idF BGBl I 96/2007 wird zwischen Zeiten, die zur Gänze (Z 1 und Z 2 lit a leg cit), und Zeiten, die zur Hälfte (Z 2 lit b leg cit) dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden, unterschieden. „Sonstige Zeiten“, die die Erfordernisse des § 26 Abs 3 oder 3a VBG idF BGBl I 96/2007nicht erfüllen (§ 26 Abs 1 Z 2 lit b leg cit), sind bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen (§ 94c Abs 4 VBG idF BGBl I 58/2019). Nach § 26 Abs 3 VBG idF BGBl I 96/2007können Zeiten gem Abs 1 Z 2 leg cit („sonstige Zeiten“), in denen der Vertragsbedienstete eine Tätigkeit ausgeübt hat, im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Vertragsbediensteten von besonderer Bedeutung ist. Die Regelungen idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 wurden mit 1.1.2004 in Kraft gesetzt (§ 100 Abs 89 Z 1 VBG 1948). Sie betreffen ua am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 anhängige einschlägige Verfahren, wobei die Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren zu erfolgen hat (§ 94b Abs 3 VBG 1948). Das neu festgesetzte Besoldungsdienstalter ist nach Maßgabe des § 94b Abs 6 VBG 1948 auch ausdrücklich rückwirkend für die Bemessung der Bezüge maßgeblich.

2. Die von der Kl als (alters-)diskriminierend erachtete Bestimmung des § 94c Abs 4 VBG 1948 idgF lautet: „(4) Die zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten sind bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen.“ Wie die bereits vom Berufungsgericht zitierten Erläuterungen (AB 675 BlgNR XXVI. GP 9) festhalten, werden mit Abs 4 für alle Bediensteten „sonstige Zeiten einheitlich nur insoweit zur Hälfte angerechnet, als diese das Ausmaß von vier Jahren zur Hälfte (also das anrechenbare Ausmaß von zwei Jahren) übersteigen. Die nach Abzug eines allfälligen Überstellungsverlusts verbleibenden sonstigen Zeiten sind also einheitlich bei allen Bediensteten um dieses Ausmaß zu reduzieren. Durch die Maßnahmen in Abs 3 Z 4 und Abs 4 werden zufällig erscheinende Veränderungen der sonstigen Zeiten, die wegen ihrer geringeren Wertigkeit zur Verwaltungsvereinfachung in pauschaler Durchschnittsbetrachtung zur Hälfte angerechnet werden, deutlich reduziert. Durch eine zusätzliche Anrechnung anderer Zeiten zur Gänze, die bei der früheren Feststellung des Vorrückungsstichtags nicht berücksichtigt wurden, kann es auch bei der Hälfteanrechnung sonstiger Zeiten zu Veränderungen kommen. Nachdem diese Veränderungen unabhängig vom Lebensalter eintreten können, in dem die sonstigen Zeiten zurückgelegt wurden, werden auch die nach dem 18. Geburtstag liegenden sonstigen Zeiten einer neuerlichen Beurteilung unterzogen.“

3. Soweit die Kl den Abzug nach § 94c Abs 4 VBG deshalb als unionsrechtswidrig erachtet, weil er den Vorteil einer Anrechnung neutralisiere, bedeutet die Beseitigung einer Diskriminierung nach der Rsp des EuGH „nicht, dass die unter der früheren gesetzlichen Regelung diskriminierte Person automatisch das Recht hat, rückwirkend in den Genuss einer solchen Gehaltsdifferenz oder einer Erhöhung der künftigen Gehälter zu kommen. Das ist nur der Fall, wenn und solange der nationale Gesetzgeber keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen hat“ (EuGH vom 14.3.2018, C-482/16, Stollwitzer,425 Rn 30 mwN). In der E EuGH vom 8.5.2019, C-24/17, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, wurde ausgeführt, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, impliziert daher ihre Wiederherstellung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, dass den vom alten Besoldungs- und Vorrückungssystem benachteiligten Vertragsbediensteten die gleichen Vorteile gewährt werden wie den von diesem System begünstigten Vertragsbediensteten, sowohl in Bezug auf die Berücksichtigung vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegter Vordienstzeiten als auch bei der Vorrückung in der Gehaltstabelle (Rn 61 mwN, s auch Rn 56 mwN). Dabei wurde betont, dass diese Erwägungen nur gelten, solange der nationale Gesetzgeber keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen hat (aaO Rn 63 unter Hinweis auf EuGH vom 22.1.2019, C-193/17, Cresco Investigation, Rn 87).

4. Im Unterschied zur Regelung im Rahmen der Bundesbesoldungsreform 2015 sieht die nunmehrige gesetzliche Regelung in § 94b VBG die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für Vertragsbedienstete („Altbedienstete“) vor, wenn sie nach § 94a Abs 1 iVm § 169c Abs 1 GehG (allenfalls iVm § 169d Abs 3, 4 oder 6 GehG oder § 94a Abs 5) übergeleitet wurden (Z 2) und deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist (Z 3) und bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl I 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind (Z 4). Der mit den §§ 94b, 94c VBG 1948 idgF geschaffene Mechanismus zur Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung von Vertragsbediensteten (durch Berechnung eines Vergleichsstichtags) kommt damit für alle diese Vertragsbediensteten („Altbedienstete“) zum Tragen. Für sie sind sonstige Zeiten nach § 94c Abs 4 VBG 1948 einheitlich nur insoweit zur Hälfte anzurechnen, als diese das Ausmaß von vier Jahren zur Hälfte übersteigen. Die Berücksichtigung dieser sonstigen Zeiten ist unabhängig von ihrer Lage im Lebensalter eines Vertragsbediensteten, diese können insb auch – wie im vorliegenden Fall – Zeiten einer nach dem 18. Lebensjahr liegenden privatwirtschaftlichen Tätigkeit eines Vertragsbediensteten betreffen. Dass dadurch im Ergebnis die frühere altersdiskriminierende Rechtslage aufrecht erhalten würde, ist nicht ersichtlich. Im Hinblick auf das Revisionsvorbringen der Kl ist dabei hervorzuheben, dass in der Argumentation zur E EuGH vom 11.11.2014, C-530/13, Schmitzer, wesentlich war, dass der Vorrückungsstichtag der vom früheren System begünstigten Beamten nach § 113 Abs 11 GehG in der durch das Reformgesetz (BGBl I 82/2010) geänderten Fassung nur auf Antrag geändert wurde, zu dessen Stellung diese Beamten aber keinerlei Veranlassung hatten.

Für sie galt daher im Gegensatz zu den vom früheren System benachteiligten Beamten, die einen solchen Antrag stellten, die Verlängerung des für die Vorrückung von der ersten in die zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre nicht (Rn 32 ff). Mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 wurde aber keine vergleichbare altersdiskriminierende Rechtslage geschaffen oder aufrecht erhalten. Es besteht danach auch kein Grund, zu den von der Kl zu § 94c Abs 4 VBG idgF geäußerten Bedenken erneut den EuGH anzurufen.

5. Angesichts der aktuellen Rechtslage zeigt die Kl im Ergebnis keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Ihre außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

ANMERKUNG
1.
Einleitung

In der vorliegenden E hat der OGH erstmals zur Vereinbarkeit (eines Teils) der Regelungen der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 (BGBl I 2019/53) mit dem unionsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung Stellung genommen (dies noch offen lassend OGH 25.8.2020, 8 ObA 73/20y) und den § 94c Abs 4 VBG als unionsrechtskonform qualifiziert. Den Bedenken der Kl, die als Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen ursprünglichen Kl auch in dessen Prozessrechtsverhältnis eingetreten ist (gesetzlicher Parteiwechsel), dass diese Bestimmung eine Fortschreibung des früheren (altersdiskriminierenden) Systems der Vordienstzeitenanrechnung im öffentlichen Dienst bewirke, ist der OGH nicht beigetreten. Das steht nicht nur im Einklang mit den bisherigen Äußerungen im Schrifttum, welche davon ausgehen, dass die Regelungen der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 dem Verbot der Altersdiskriminierung im Allgemeinen Rechnung tragen (Ziehensack, VBG § 26 Rz 97 [31. Lfg, 2019]; Pfalz, Ende in Sicht (?) – Altersdiskriminierung und Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst, DRdA 2020, 228 [235 f]), sondern entspricht auch der Auffassung des BVwG, welches die Parallelregelung des § 94c Abs 4 VBG – den § 169g Abs 4 GehG – als unionsrechtskonform qualifiziert hat (BVwG 27.10.2020, W213 2228568-1; BVwG 8.9.2020, W128 2151136-1).

Zwar ist der gegenständlichen E im Ergebnis zu folgen, ihre Begründung erweist sich jedoch – einer Zurückweisung einer außerordentlichen Revision entsprechend – mitunter als knapp; im Folgenden sollen daher die Ausführungen des OGH in einen breiteren Kontext gestellt und an den maßgeblichen Stellen vertieft werden.

2.
Die Eckpunkte der 2. Dienstrechts-Novelle 2019
2.1.
Ausgangslage

Nachdem der EuGH das ursprüngliche System der Vordienstzeitenanrechnung im öffentlichen Dienst, welches die vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten nicht berücksichtigt hat (im Folgenden: „Alt-System“), als Verstoß gegen das 426 Verbot der Altersdiskriminierung qualifiziert hat (EuGH 18.6.2009, C-88/08, Hütter, Rz 38 ff), ist der Gesetzgeber sowohl mit der Besoldungsreform 2011 (BGBl I 2010/82) als auch mit der Besoldungsreform 2015 (BGBl I 2015/32) daran gescheitert, dieses unionsrechtskonform umzugestalten. Denn beide Male wurde die altersdiskriminierende Wirkung des Alt-Systems fortgeschrieben: Die Besoldungsreform 2011 wollte die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Zeiten, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden, an eine Verlängerung des Zeitraums koppeln, welcher für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw Entlohnungsgruppe erforderlich war; dies qualifizierte der EuGH ebenso als Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (EuGH 11.11.2014, C-530/13, Schmitzer, Rz 42 ff; EuGH 28.1.2015, C-417/13, Starjakob, Rz 37 ff) wie die Besoldungsreform 2015, welche die Überleitung in das neue System der Vordienstzeitenanrechnung auf der Grundlage des Alt-Systems vornehmen und zudem Gehaltseinbußen der übergeleiteten Bediensteten, die vom Alt-System privilegiert worden sind, mittels einer Wahrungszulage dauerhaft ausgleichen wollte (EuGH 8.5.2019, C-396/17, Leitner, Rz 45 ff; EuGH 8.5.2019, C-24/17, ÖGB, Rz 42 ff).

Vor dem Hintergrund dieser vom EuGH aufgestellten Leitlinien für die unionsrechtskonforme Umgestaltung des Alt-Systems gilt es, die Eckpunkte der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 darzustellen und einer ersten Prüfung zu unterziehen:

2.2.
Die Einbeziehung aller Alt-Bediensteten

Durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2019 werden grundsätzlich alle öffentlich Bediensteten erfasst, deren Vorrückungsstichtag unter Außerachtlassung der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten ermittelt wurde bzw deren Vordienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres für die Einstufung nicht wirksam geworden sind (§ 94b Abs 1 und Abs 2 VBG). Im Unterschied zur Besoldungsreform 2011 erfolgt grundsätzlich hinsichtlich aller dieser „Alt-Bediensteten“ eine Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters. Zwar findet dies nur hinsichtlich der Alt-Bediensteten, die sich in einem aufrechten Dienstverhältnis befinden, von Amts wegen statt (§ 94b Abs 1 VBG), während ansonsten dafür ein Antrag erforderlich ist (§ 94b Abs 2 VBG). Die damit einhergehende Benachteiligung (insb) Älterer ist jedoch dem Umstand geschuldet, dass die zuständigen Personalstellen in Bezug auf ausgeschiedene Bedienstete vielfach nicht über aktuelle Zustelladressen verfügen (AB 675 BlgNR 26. GP 5); eine aus dieser Ungleichbehandlung folgende mittelbare Diskriminierung wegen des Alters soll daher – jedenfalls, wenn sich der Bund um eine Information der ausgeschiedenen Alt-Bediensteten bemüht – ausgeschlossen sein (Pfalz, DRdA 2020, 235).

2.3.
Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters

Aufgrund der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 wird das Besoldungsdienstalter aller Alt-Bediensteten zum Ablauf des 28.2.2015 neu festgesetzt: Dies erfolgt auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen dem bisherigen Vorrückungsstichtag und dem nach den Bestimmungen der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 zu ermittelnden „Vergleichsstichtag“. Das Besoldungsdienstalter erhöht sich dabei um den Zeitraum zwischen Vergleichsstichtag und bisherigem Vorrückungsstichtag, wenn der Vergleichsstichtag vor dem Vorrückungsstichtag liegt, andernfalls vermindert es sich um diesen Zeitraum (§ 94b Abs 4 VBG). Nach Maßgabe des so ermittelten Besoldungsdienstalters erfolgt nunmehr die Bemessung der Bezüge aller Alt-Bediensteten (§ 94b Abs 6 VBG); im Gegensatz zur Besoldungsreform 2015 wird es den vom Alt-System Benachteiligten daher nicht unmöglich gemacht, zu den vom Alt-System Privilegierten aufzuschließen.

2.4.
Berücksichtigung der Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres

Auch nach der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 bildet das altersdiskriminierende Alt-System den Ausgangspunkt für die Neueinstufung der Alt-Bediensteten. Denn die Bestimmungen über das Besoldungsdienstalter (§ 26 VBG) sind in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2007 (BGBl I 2007/96) anzuwenden (§ 94c Abs 2 Z 1 VBG); § 26 VBG idF BGBl I 2007/96normiert jedoch in seinem Abs 1 den „Ausschluß der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten“. Damit wird vordergründig eine Rechtslage aufrecht erhalten, die vom EuGH bereits in der Rs Hütter als unionsrechtswidrig qualifiziert wurde. Die drohende Fortführung der Altersdiskriminierung wird jedoch dadurch abgewendet, dass gem § 94c Abs 1 und Abs 3 VBG auch die vor Vollendung des 18. Lebensjahres und nach Vollendung des 14. Lebensjahres liegenden Vordienstzeiten berücksichtigt werden. Zwar handelt es sich beim Abstellen auf das Mindestalter von nunmehr 14 Jahren wieder um ein unmittelbares Anknüpfen an das geschützte Merkmal „Alter“ (Art 21 GRC iVm RL 2000/78/EG). Dennoch wird eine unmittelbare Diskriminierung zu verneinen sein: Denn mit dem neuen Mindestalter wird auf die das primärrechtliche Verbot der Kinderarbeit (Art 32 GRC) konkretisierende RL 94/33/EG betreffend Jugendarbeitsschutz Bezug genommen. Dementsprechend erweist sich der eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung normierende Ordrepublic-Vorbehalt des Art 2 Abs 5 RL 2000/78/EG als einschlägig.

2.5.
Fazit

Mit den Regelungen der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 scheint der Gesetzgeber jene Unzulänglichkeiten des Systems der Vordienstzeitenanrechnung im öffentlichen Dienst, welche der EuGH bislang beanstandet hat, ausgeräumt zu haben. Umso drängender stellt sich daher die Frage, ob die von der Kl gehegten Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität der Neuregelung begründet sind. 427

3.
Zur Hälfte zu berücksichtigende sonstige Zeiten
3.1.
Allgemeines

Jene Zeiten, die nicht die Erfordernisse des § 26 Abs 2 VBG idF BGBl I 2007/96 bzw des § 26 Abs 3 oder Abs 3a VBG idF BGBl I 2007/96 erfüllen und dementsprechend keine bestimmten Qualifikationsmerkmale aufweisen müssen (BVwG 8.9.2020, W128 2151136-1: „Älterwerden“), sind gem § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96als „sonstige Zeiten“ bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages zur Hälfte zu berücksichtigen; dies jedoch nur, soweit diese (insgesamt) drei Jahre nicht übersteigen. Diese Behandlung sonstiger Zeiten iSd § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96erfährt bei der Ermittlung des Vergleichsstichtages durch § 94c Abs 3 Z 4 und Abs 4 VBG eine beträchtliche Modifikation: Nicht nur, dass das zu berücksichtigende Höchstausmaß (zunächst) von drei Jahren auf sieben Jahre angehoben wird (§ 94c Abs 3 Z 4 VBG); vielmehr sind diese „nur insoweit voranzustellen, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen“ (§ 94c Abs 4 VBG). Damit wird einerseits die Verlängerung des Betrachtungszeitraumes für die Anrechnung von Vordienstzeiten (Zeitraum zwischen der Vollendung des 14. und des 18. Lebensjahres) nachvollzogen (AB 675 BlgNR 26. GP 8), andererseits erfolgt eine Anrechnung nur hinsichtlich der vier (zur Hälfte zu berücksichtigenden) Jahre übersteigenden Zeiten. Daraus folgt, dass das Höchstausmaß der zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten iSd § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96 vor und nach Anwendung des § 94c Abs 4 VBG zwar im Ergebnis gleich bleibt: Diese Zeiten können höchstens im Ausmaß von drei (zur Hälfte zu berücksichtigenden) Jahren bei der Ermittlung der Vordienstzeiten einbezogen werden. Infolge der Vier-Jahres-Schwelle des § 94c Abs 4 VBG können jedoch auch weniger zur Hälfte zu berücksichtigende Zeiten zu Buche stehen als nach § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96.

Gegen diese „Anrechnung von sonstigen Zeiten unter gleichzeitigem Wiederabzug“ wendet sich die Kl mit der Begründung, dass damit der gleiche Erfolg herbeigeführt werde, wie mit der – vom EuGH als altersdiskriminierend qualifizierten – Rechtslage nach der Besoldungsreform 2011.

3.2.
Anspruch auf „Angleichung nach oben“

Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen ein unionsrechtliches Diskriminierungsverbot besteht grundsätzlich in einer „Angleichung nach oben“. Das bedeutet, dass jene, die durch eine diskriminierende Regelung benachteiligt werden, Anspruch auf die gleiche rechtliche Behandlung – maW: den gleichen Vorteil – haben, wie jene, die durch die diskriminierende Regelung privilegiert werden (EuGH 7.2.1991, C-184/89, Nimz, Rz 18; EuGH 9.3.2017, C-406/15, Milkova, Rz 66). Dieser Anspruch auf „Angleichung nach oben“ erfährt jedoch in zweierlei Hinsicht eine Beschränkung:

Zum einen scheidet diese Rechtsfolge dann aus, wenn es kein gültiges Bezugssystem gibt, weil eine Unterscheidung zwischen Privilegierten und Benachteiligten unmöglich ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn – wie in lebensaltersbasierten Vergütungssystemen – von einer Diskriminierung alle gleichermaßen betroffen sind (vgl EuGH 19.6.2014, C-501 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, Specht, Rz 96; aA BAG 6 AZR 148/09 NZA 2012, 161). Zum anderen kommt eine „Angleichung nach oben“ nur solange zur Anwendung, wie es der nationale Gesetzgeber verabsäumt, einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen. Denn das Unionsrecht belässt den mitgliedstaatlichen Gesetzgebungsorganen die Freiheit, unter den verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung einer diskriminierungsfreien Rechtslage, „die ihrer Ansicht nach dafür am besten geeignete zu wählen“. Diese sind maW nicht dazu verhalten, im Zuge der Neuregelung eine „Angleichung nach oben“ vorzunehmen; auch eine rückwirkende „Angleichung nach unten“ steht nicht im Widerspruch zu den unionsrechtlichen Diskriminierungsverboten (EuGH 22.1.2019, C-193/17, Cresco Investigation, Rz 88; EuGH Rs ÖGB, Rz 64).

Dass das Ergebnis der Vordienstzeitenanrechnung nach der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 nicht (signifikant) besser ist bzw auch schlechter sein kann als nach dem altersdiskriminierenden Alt-System, vermag daher keinen Verstoß gegen das Unionsrecht zu begründen. Die Vier-Jahres-Schwelle des § 94c Abs 4 VBG verletzt vielmehr nur dann die Vorgaben der RL 2000/78/EG, wenn damit entweder das unionsrechtswidrige Alt-System fortgeführt oder eine andere Art der Altersdiskriminierung festgeschrieben wird.

3.3.
Fortschreibung der bisherigen Altersdiskriminierung?

Das mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 neu eingeführte System der Vordienstzeitenanrechnung erfasst nicht nur jene Alt-Bediensteten, die vom altersdiskriminierenden Alt-System benachteiligt wurden, sondern auch jene, die vom Alt-System privilegiert wurden (BVwG 27.10.2020, W213 2228568-1); insb die Vier-Jahres-Schwelle des § 94c Abs 4 VBG kommt für vom Alt-System Benachteiligte sowie Privilegierte gleichermaßen zur Anwendung und vermag – gemeinsam mit dem ausgeweiteten Betrachtungszeitraum – deren Besoldungsdienstalter sowohl zu verbessern als auch zu verschlechtern. Zudem wird die altersdiskriminierende Wirkung des Alt-Systems der Vordienstzeitenanrechnung weder durch Nachteile des neuen Systems für jene Alt-Bediensteten, die vom Alt-System benachteiligt wurden (Besoldungsreform 2011: EuGH Rs Starjakob, Rz 46), noch durch Vorzüge für jene Alt-Bediensteten, die vom Alt-System privilegiert wurden (Besoldungsreform 2015: EuGH Rs Leitner, Rz 75 f; EuGH Rs ÖGB, Rz 61 f), fortgeschrieben.

Eine Weiterführung der altersdiskriminierenden Rechtslage vor der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 ist damit nicht gegeben. Zu Recht führt der OGH daher aus, dass die 2. Dienstrechts-Novelle 2019 nicht die bisherige „altersdiskriminierende Rechtslage [...] aufrecht erhalten“ hat. 428

3.4.
Neue Diskriminierung wegen des Alters?

Fraglich kann daher lediglich sein, ob § 94c Abs 4 VBG selbst im Widerspruch zum Verbot der Altersdiskriminierung steht. Nachdem § 94c Abs 4 VBG jedenfalls nicht unmittelbar an das Alter anknüpft, käme dafür allenfalls eine mittelbare Diskriminierung in Betracht. Das würde freilich voraussetzen, dass sich § 94c Abs 4 VBG (überwiegend) zum Nachteil von Personen auswirkt, die eine bestimmte Ausprägung des Diskriminierungsmerkmals „Alter“ aufweisen (Art 2 Abs 2 lit b RL 2000/78/EG). Innerhalb des Vergleichsrahmens, welchen der gesamte Geltungsbereich der differenzierenden Regelung bildet (Mohr in Franzen/Gallner/Oetker, EuArbR3 [2020] RL 2000/78/EG Art 2 Rz 46 f), kann der Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung auf zwei Arten geführt werden: Neben einem Vergleich auf der Grundlage statistischer Daten kann die Benachteiligung auch auf andere Weise dargelegt werden. Letzteres setzt jedoch voraus, dass das Unterscheidungskriterium „in ganz hohem Ausmaß“ mit dem Diskriminierungsmerkmal korreliert (Rebhahn in Rebhahn [Hrsg], GlBG [2005] § 5 Rz 41; idS Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz2 [2013] Rz 253).

Zwar ist das Mindesterfordernis von sonstigen Zeiten im Ausmaß von vier zur Hälfte anzurechnenden Jahren unabhängig von ihrer Lage im Erwerbsleben anzuwenden, dennoch scheint vordergründig eine bestimmte Kategorie von Alt-Bediensteten dadurch benachteiligt zu sein: nämlich jene, die im Zeitpunkt des Eintritts in den öffentlichen Dienst „jung“ waren. Denn der Nachweis eines bestimmten Mindestmaßes an „sonstigen Zeiten“ iSd § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96 ist naturgemäß umso schwieriger, je weniger Lebensjahre im Zeitpunkt der Einstellung zurückgelegt worden sind. Eine solche Argumentation hat der EuGH in der Rs Bowman (EuGH 21.12.2016, C-539/15) jedoch verworfen: Die mit der Verlängerung des Vorrückungszeitraums von der ersten in die zweite Bezugsstufe um drei Jahre gekoppelte Möglichkeit, Schulzeiten bis zu einem Höchstausmaß von drei Jahren bei der Anrechnung von Vordienstzeiten zu berücksichtigen, sei keine mittelbare Diskriminierung, weil im konkreten Fall für alle AN, die von der Anrechnung von Schulzeiten profitieren, auch die Verlängerung des Vorrückungszeitraumes zur Anwendung gelangt (EuGH Rs Bowman, Rz 32). Diese Entscheidung ist allerdings alles andere als unumstritten. Sie wurde mit der Begründung kritisiert, dass die angeordnete Rückwirkung der Verlängerung des Vorrückungszeitraumes nichts daran ändere, dass jüngere AN länger auf ihre erste Vorrückung warten müssen (Hartmann, Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im zweiten Halbjahr 2015 und im Jahr 2016, EuZA 2017, 153 [158 f]). Sowohl das Argumentationsmuster des EuGH in der Rs Bowman als auch die Kritik daran lassen sich auf § 94c Abs 4 VBG übertragen: Einerseits kommt die Vier-Jahres-Schwelle für alle Alt-Bediensteten, für die zur Hälfte zu berücksichtigende sonstige Zeiten anzurechnen sind, zur Anwendung. Andererseits fällt es „jung“ in den öffentlichen Dienst eingetretenen Alt-Bediensteten schwerer, in den Genuss der Anrechnung von Zeiten iSd § 26 Abs 1 Z 2 lit b VBG idF BGBl I 2007/96 zu kommen.

Liegt nun in Bezug auf § 94c Abs 4 VBG entgegen dem OGH eine mittelbare Diskriminierung vor? Dies ist zu verneinen, zumal die vordergründig einleuchtende Kritik an der Argumentation des EuGH die Grenzen der Rechtsfigur der mittelbaren Diskriminierung überdehnt. Eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters setzt nämlich voraus, dass Personen mit einem bestimmten Lebensalter durch eine Regelung benachteiligt werden. Genau das ist jedoch in Bezug auf § 94c Abs 4 VBG nicht der Fall: Zum einen kommt die Vier-Jahres-Schwelle für alle Alt-Bediensteten gleichermaßen zur Anwendung. Ebenso wie in einem lebensaltersbasierten Vergütungssystem gibt es daher keine Gruppe der Benachteiligten bzw Privilegierten, weil alle nachteilig betroffen sind; während dies jedoch in lebensaltersbasierten Vergütungssystemen infolge des unmittelbaren Abstellens auf das Alter „nur“ für die Rechtsfolge (keine „Angleichung nach oben“) relevant ist, scheitert bei einem scheinbar neutralen Unterscheidungsmerkmal ohne Gruppenbildung der Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung. Zum anderen erlaubt auch ein Abstellen auf die „schwere Betroffenheit“ durch § 94c Abs 4 VBG, welche daraus resultiert, dass bei „jung“ in den öffentlichen Dienst eingetretenen Alt-Bediensteten häufiger gar keine zur Hälfte zu berücksichtigenden sonstigen Zeiten angerechnet werden als bei Alt-Bediensteten, die erst im „vorgerückten“ Alter in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, nicht die Feststellung einer mittelbaren Diskriminierung. Denn die Vier-Jahres-Schwelle betrifft alle Alt-Bediensteten, die „jung“ in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, gleichermaßen – und dies völlig unabhängig vom derzeitigen Lebensalter. Damit scheitert jedoch der Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung: Der Umstand, dass Bedienstete von der Vier-Jahres-Schwelle des § 94c Abs 4 VBG „schwer betroffen“ sind, korreliert nämlich nicht mit einem bestimmten gegenwärtigen (iSv im Zeitpunkt der Durchführung des Vergleiches) Lebensalter; darauf kommt es jedoch für den Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung an (vgl Franzen/Roth, Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Arbeitsrecht im Jahr 2019, EuZA 2020, 176 [181]).

3.5.
Fazit

Die mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 geschaffene Regelung des § 94c Abs 4 VBG führt hinsichtlich der von ihr erfassten „Alt-Bediensteten“ weder das bisherige altersdiskriminierende System der Vordienstzeitenanrechnung fort, noch handelt es sich bei dieser Bestimmung selbst um eine Diskriminierung wegen des Alters: Dass § 94c Abs 4 VBG auch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, folgt jedoch erst aus einer Bedachtnahme auf die der Rechtsfigur der mittelbaren Diskriminierung immanenten Grenzen.429