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Abfertigung alt: Einzelvertragliche Anrechnung einer Bildungskarenz sowie einer geringfügigen Beschäftigung nicht durch Insolvenz-Entgelt-Fonds gesichert

MARGITMADER

Der Kl vereinbarte mit seinem AG die Anrechnung einer Bildungskarenz im Ausmaß von 1,2 Jahren sowie die Anrechnung einer geringfügigen Beschäftigung im Ausmaß von 1,18 Jahren auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche. Aufgrund dieser einzelvertraglichen Anrechnung ergab sich in Folge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Abfertigung alt im Umfang von neun statt sechs Monatsentgelten. Auf Grund der Insolvenz des AG beantragte der Kl die Abfertigung im Ausmaß von neun Monatsentgelten bei der IEF-Service GmbH. Die IEF-Service GmbH 384lehnte die drei, lediglich auf Grund der einzelvertraglichen Vereinbarung gebührenden Monatsentgelte ab.

Das dagegen gerichtete Klagebegehren wurde abgewiesen. Die außerordentliche Revision des Kl wurde vom OGH mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Nach stRsp gebührt Insolvenz-Entgelt nur für eine gesetzliche Abfertigung. Eine darüber hinaus gewährte freiwillige Abfertigung ist nicht gesichert. Dies wird aus § 1 Abs 4a IESG abgeleitet, der betragliche Obergrenzen für die gesetzliche Abfertigung normiert. Es steht den Arbeitsvertragsparteien nach Ansicht des OGH zwar in gewissem Umfang frei, die Grundlagen für die Entstehung des gesetzlichen Abfertigungsanspruchs zu bestimmen, wenn sie von den tatsächlich geleisteten Zeiten und Entgelten ausgehen und sich insgesamt im Rahmen der gesetzlichen Regelungen bewegen. Diese Entscheidungen betreffen zum einen die Frage der Umstellung einer Vollzeitbeschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung unter dem Aspekt der Höhe des der Abfertigung zu Grunde zu legenden Entgelts, also die Bemessungsgrundlage bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl etwa OGH 25.1.2001, 8 ObS 13/01x unter Berücksichtigung des gesetzlichen Modells des § 23 Abs 8 AngG). Zum anderen beziehen sich diese Entscheidungen auf einzelvertragliche Vereinbarungen über die Anrechnung von tatsächlich zurückgelegten Vordienstzeiten bei einem anderen DG, sofern solche Zeiten nicht bereits bei früheren Beendigungsansprüchen berücksichtigt wurden, also nicht schon abgefertigt wurden (OGH 15.11.2001, 8 ObS 257/01d). Eine sich durch eine solche Anrechnung von Vordienstzeiten ergebende Erhöhung des Abfertigungsanspruchs ist somit ebenfalls gesichert (§ 3 Abs 3 zweiter Satz IESG). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Der OGH hat bereits zu 8 ObS 11/07m vom 21.5.2007 klargestellt, dass der Gesetzgeber ausgehend vom Wortlaut des § 23 Abs 1a AngG explizit eine Nichtanrechenbarkeit der Zeiten der geringfügigen Beschäftigung nach § 7b Abs 1 VKG und § 15e Abs 1 MSchG während der Karenz angeordnet hat. Zeiten der geringfügigen Beschäftigung sind daher für die Berechnung der Abfertigungsanwartschaftsdauer nicht heranzuziehen.

Die Bildungskarenz ist in § 11 AVRAG geregelt. Nach § 11 Abs 2 AVRAG gilt für Rechtsansprüche des AN, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, § 15f Abs 1 MSchG mit Ausnahme des letzten Satzes. § 15f Abs 1 MSchG wurde mit der Novelle BGBl I 2019/68 geändert. Demnach behält die DN den Anspruch auf sonstige, insb einmalige Bezüge iSd § 67 Abs 1 des EStG 1988 in den Kalenderjahren, in die Zeiten einer Karenz fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen. Diese Regelung betrifft die Sonderzahlungen (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration) und sieht vor, dass diese zu aliquotieren sind und nur für den Zeitraum eines Jahres zustehen, in dem die AN gearbeitet und sich nicht in Karenz befunden hat. Für die AN günstigere Regelungen werden dadurch nicht berührt. Der dritte und letzte Satz dieser Bestimmung verfügt nunmehr die Anrechnung von Zeiten der Karenz bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, und zwar für jedes Kind in vollem Umfang bis zur maximalen Dauer gem den §§ 15 Abs 1 und 15c Abs 2 Z 3 und Abs 3 MSchG (= bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes). Die Neuregelung gilt für Mütter (Adoptiv- oder Pflegemütter), deren Kind ab 1.8.2019 geboren (adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) worden ist (§ 40 Abs 29 MSchG).

Nach Satz 3 des § 15f Abs 1 MSchG aF blieb die Zeit der Karenz bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten – soweit nichts anderes vereinbart war – außer Betracht. Nach dem letzten Satz leg cit aF, der vom Verweis des § 11 Abs 2 AVRAG ausgenommen war, wurde die erste Karenz im Dienstverhältnis für die Bemessung der Kündigungsfrist, die Dauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Unglücksfall) und das Urlaubsausmaß jedoch nur bis zum Höchstausmaß von insgesamt zehn Monaten angerechnet.

Im vorliegenden Fall wurden die Zeiten der Bildungskarenz bzw der geringfügigen Beschäftigung in den Jahren 2009, 2010 und 2013, also vor Inkrafttreten und Anwendbarkeit des neuen § 15f Abs 1 MSchG, konsumiert. Daraus folgt, dass schon deshalb weitere Zeiten bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeitsdauer des AN nicht mitberücksichtigt werden (§ 11 Abs 2 AVRAG iVm § 15f Abs 1 Satz 3 MSchG aF). Es kommt demnach nur dann zur Anrechnung der Bildungskarenz auf arbeitsrechtliche Ansprüche wie etwa Abfertigung Alt, wenn dies gesondert vereinbart wird.

Ein Abfertigungsanspruch, der aber lediglich auf einer Einzelvereinbarung über die Anrechnung von Zeiten der Bildungskarenz bzw der geringfügigen Beschäftigung beruht und über den gesetzlichen Abfertigungsanspruch hinausgeht, ist nach Ansicht des OGH nicht nach § 1 Abs 4a IESG gesichert. Es handelt sich hierbei lediglich um eine freiwillige Abfertigung, die nach stRsp im Insolvenzfall nicht durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds übernommen wird.

Die Ansicht der Vorinstanzen war daher in Anbetracht dieser Rechtslage nicht zu beanstanden. 385