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Kollektivvertrag für Autobusbetriebe – Unentgeltlichkeit sämtlicher Ruhepausen und Ruhezeiten

MANFREDTINHOF
Pkt III KollV für private Autobusbetriebe; § 2 Abs 1 AZG

Im Betrieb der Bekl sind ca 700 AN als Busfahrer beschäftigt. Die Einteilung der Dienste erfolgt durch die von der Bekl erstellten Dienstpläne. Bei ausgewählten Dienstplänen bzw Touren werden an einzelnen Tagen die Dienste derart „geteilt“, dass die AN ganz in der Früh und in der Folge erst wieder abends arbeiten müssen. Der kl BR begehrt die Feststellung, dass die in den Dienstplänen der Bekl zwischen zwei Dienstteilen an einem Kalendertag liegende Unterbrechung eine Pause nach § 11 AZG bzw Pkt III 2 lit e des KollV für AN in privaten Autobusbetrieben sei und durch die Bekl dann, wenn die Ruhepausen des Kalendertages insgesamt 1,5 Stunden überschreiten, zu bezahlen sei. Der KollV sieht an der genannten Stelle vor, dass im Gelegenheits- und Kraftfahrlinienverkehr die tägliche unbezahlte Ruhepause höchstens eineinhalb Stunden beträgt.

Die Bekl brachte dazu vor, dass zwischen den Diensten bei „zwei Diensten pro Tag“ sowohl nach dem Dienstplan als auch faktisch mindestens neun Stunden lägen. Es handle sich somit um unbezahlte verkürzte Ruhezeiten, nicht um Ruhepausen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nicht Folge. Der OGH wies die Revision des kl BR zurück.

Das Höchstgericht führt aus, dass der KollV den Begriff „Ruhepause“ nicht definiert, sondern ihn voraussetzt und nur die Dauer der zu gewährenden Ruhepausen regelt. § 2 Abs 1 Z 1 AZG umschreibt Arbeitszeit als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. § 11 Abs 1 AZG spricht davon, dass die Arbeitszeit durch Ruhepausen unterbrochen wird. Demnach zählt die Ruhepause grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit und ist daher, sofern nichts anderes vereinbart ist, auch nicht zu bezahlen. Auch der Begriff „Ruhezeit“ wird weder im KollV noch im Gesetz definiert. Ruhezeiten stellen das Gegenteil von Arbeitszeit dar, wobei auch die Merkmale von Ruhepausen – abgesehen von der exakten Vorhersehbarkeit – zutreffen. Im Wesentlichen unterscheiden sich Ruhepausen und Ruhezeiten nur durch ihre Dauer.

Ob es sich bei den Arbeitsunterbrechungen im gegenständlichen Fall nun um Ruhepausen oder Ruhezeiten handelt, kann dahingestellt bleiben, weil in beiden Fällen keine Entgeltlichkeit vorliegt. Dass Ruhezeiten zu bezahlen wären, behauptet auch der Kl nicht. Zu prüfen ist daher nur eine allfällige Entgeltlichkeit bei Beurteilung als Ruhepause.

Betrachtet man die Regelungen über Ruhepausen im KollV, fällt zunächst auf, dass der KollV Ruhe387pausen generell als „unbezahlt“ bezeichnet, unabhängig vom Zusammenhang, etwa auch bei Festlegung der Mindestdauer und ihrer zeitlichen Lage. Weiters enthält er keine Regelung darüber, dass und wie bei Überschreitung der Höchstgrenze von 1,5 Stunden Ruhepausen zu bezahlen wären. Angesichts des Umstands, dass die Frage der Entgeltlichkeit längerer Unterbrechungen der Arbeitszeit bereits seit den 1990er-Jahren immer wieder in Gerichtsverfahren thematisiert wurde, wäre eine solche ausdrückliche Regelung von den Kollektivvertragsparteien zu erwarten gewesen. Darüber hinaus wurde auch die oberstgerichtliche Rsp, die immer von einer Unentgeltlichkeit von Ruhepausen ausgegangen ist, nicht zum Anlass für eine Änderung des Kollektivvertragstextes genommen. Damit ist nicht davon auszugehen, dass der Bezeichnung „unentgeltlich“ im Zusammenhang mit der Normierung der Höchstdauer von Pausen eine eigenständige Bedeutung zukommt.

Dazu, dass allein der Umstand, dass eine Arbeitszeitunterbrechung, die gegen die Regelungen des KollV verstößt, noch nicht zu einer Entgeltlichkeit dieser Arbeitszeitunterbrechung führt, wurde in der Judikatur bereits – wenn auch in Zusammenhang mit einem anderen KollV – Stellung genommen (OGH 28.10.2013, 8 ObA 61/13y). Vielmehr spricht eine systematische Interpretation gegen ein solches Verständnis, da die vom Kl angestrebte volle Bezahlung derartiger Arbeitszeitunterbrechungen zu einem Wertungswiderspruch zu Pkt IV des KollV „Stehzeiten und Wartezeiten“ führen würde, wonach Stehzeiten bis einschließlich sechs Stunden wie volle Arbeitszeit entlohnt werden, darüber hinausgehende Stehzeiten nach Abzug einer Pause von einer Stunde als bloße Anwesenheitszeit mit 50 % des normalen Arbeitslohnes vergütet werden.

Insgesamt sieht der OGH daher keine Veranlassung von der Vorjudikatur, nach der Arbeitszeitunterbrechungen, sofern nicht von Steh- und Wartezeiten iSd Pkt IV des KollV auszugehen ist, nicht zu bezahlen sind, abzugehen. Auf Pkt IV des KollV stützt sich der Kl aber ausdrücklich nicht.