164Bindungswirkung eines Anbots ist zeitlich begrenzt
Bindungswirkung eines Anbots ist zeitlich begrenzt
Einem AN war im Jahr 2017 schriftlich eine „Prämie“ für den Fall des freiwilligen Wechsels der Dienststelle angeboten worden, wobei dieses Anbot auch eine Generalbereinigungsklausel betreffend etwaige offene Ansprüche des AN enthielt. Im Jahr 2020 nahm der AN dieses Anbot nach Durchsetzung seiner offenen Ansprüche an. Der Wechsel der Dienststelle war schon im Jahr 2017 erfolgt. Gegenstand dieses Verfahrens ist die vom AN eingeklagte Prämie.
Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, dass die Annahme des Anbots durch den AN erst 2020 nach Durchsetzung seiner offenen Ansprüche unabhängig von dem schon 2017 durchgeführten Wechsel der Dienststelle nicht fristgerecht erfolgt sei und wies die Klage ab. Der OGH bestätigte diese E und wies die außerordentliche Revision des AN zurück.
Die Bindungswirkung eines Anbots ist zeitlich begrenzt. Trifft der Anbietende keine ausdrückliche Anordnung, so greifen die gesetzlichen Dispositivnormen ein (§ 862 ABGB). Diese bestimmen, dass mündliche Anbote sogleich angenommen werden müssen. Bei schriftlichen Anboten dauert die Bindung bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anbietende bei Berücksichtigung der Beförderungszeit des Anbots, einer angemessenen Überlegungsfrist und der Beförderungszeit für die Antwort die Annahme erwarten darf. Die Dauer der Angemessenheit bestimmt sich nach der Wichtigkeit des Geschäfts, der Schwierigkeit seiner Beurteilung, aber auch danach, ob der Anbietende Eile bekundet. Auch die Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird daher ebenfalls erst wirksam, wenn sie dem Anbietenden zugeht. Ist dieser Zugang rechtzeitig erfolgt, also innerhalb der Annahmefrist, so kommt der Vertrag zustande (§ 862a Satz 1 ABGB). Ansonsten erlischt das Anbot mit dem Ende der Annahmefrist.
Soweit der AN davon ausgeht, dass der Anspruch auf Zahlung der Prämie nur den Ressortwechsel voraussetzt, übergeht er, dass der AG die Prämie vom Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung abhängig machte, die nicht nur den Ressortwechsel, sondern auch eine Generalbereinigung vorsah. Zu einer solchen Vereinbarung ist es aber mangels fristgerechter Annahme des Anbots durch den AN gerade nicht gekommen.