199Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld: Zuflussprinzip ist maßgeblich
Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld: Zuflussprinzip ist maßgeblich
Der Kl bezog anlässlich der Geburt seiner Tochter das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum von 31.1.2015 bis 30.1.2016. Er war im Gastronomiebetrieb seiner Lebensgefährtin unselbständig beschäftigt. In diesem Jahr hatte er lohnsteuerpflichtige Einkünfte abzüglich Werbungskostenpauschale in Höhe von € 15.471,04. Die Löhne für August bis Dezember 2014 wurden wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Lebensgefährtin vorerst „stehengelassen“ und aufgrund einer von der Bekl vorgenommenen Sozialversicherungs-, Lohnsteuer- und Kommunalsteuerprüfung am 23.12.2015 nachgezahlt.
Mit Bescheid widerrief die Bekl die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum von 31.1. bis 31.12.2015 in Höhe der Überschreitung der für das Jahr 2015 bestehenden Zuverdienstgrenze (€ 6.400,-) und verpflichtete den Kl zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung von € 13.146,55.
Der Kl begehrte mit seiner Klage die Feststellung, dass der Anspruch der Bekl auf Rückforderung nicht zu Recht bestehe. Auch wenn ihm die Löhne erst 2015 zugeflossen seien, habe er den Entgeltanspruch bereits zuvor (im Jahr 2014) erworben, sodass keine für das Jahr 2015 maßgeblichen Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 1 KBGG vorliegen.
Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens das im Einkommensteuerrecht geltende Zuflussprinzip anzuwenden sei und verpflichtete den Kl zur Rückzahlung. Das Berufungsgericht bestätigte diese Rechtsansicht und ließ die Revision nicht zu.
Die außerordentliche Revision wurde vom OGH als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gem § 2 Abs 1 KBGG hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens ua dann, wenn er während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes keine Erwerbseinkünfte erzielt, wobei sich ein Gesamtbetrag an maßgeblichen Einkünften (§ 8 Abs 1 KBGG) von nicht mehr als € 6.400,- pro Kalenderjahr nicht schädlich auswirkt (§ 24 Abs 1 Z 3 KBGG hier idF BGBl I 2013/117BGBl I 2013/117). Soweit im Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte solche aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) erzielt werden und gem § 19 EStG 1988 diesem Anspruchszeitraum zuzuordnen sind (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG idF BGBl I 2013/117). Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, sind darunter alle Einkünfte zu verstehen, die während des Kinderbetreuungsgeld-Anspruchszeitraums steuerlich anfallen, also diesem Zeitraum steuerlich zugeordnet werden und zwar unabhängig davon, ob sie in Ausnahmefällen nicht mit einer Tätigkeit verbunden sind (zB bei Veräußerungsgewinnen) oder, ob diese Tätigkeit in Einzelfällen sogar zu einem anderen Zeitpunkt ausgeübt worden ist. Das Wort „erzielt“ ist somit im steuerrechtlichen Sinn zu verstehen und mit „steuerlich angefallen“ gleichzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, wann die Einkünfte „erarbeitet“ bzw fällig waren.
Unter „Zufluss“ ist die Erlangung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen (§ 19 EStG 1988). Entscheidend ist die tatsächliche Zahlung bzw – bei Überweisung des Arbeitslohns auf das AN-Konto – die objektive Verfügungsmöglichkeit, die mit der Gutschrift auf dem Konto gegeben ist, nicht aber der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs (OGH 17.12.2012, 10 ObS 136/12s). Dies gilt auch für eine im Anspruchszeitraum bezogene Nachzahlung eines Bruttobetrags für laufende Bezüge aus dem Vorjahr (OGH 23.4.2014, 10 ObS 27/14i; OGH 17.11.2015, 10 ObS 124/15f; OGH 28.7.2020, 10 ObS 31/20m).
Im Zusammenhang mit der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte hat der VfGH das Abstellen auf den Zufluss (anstelle der Fälligkeit) als nicht unsachlich erachtet. Auch vor dem Hintergrund, dass die Höhe des maßgeblichen Einkommens oft nicht vorhersehbar sei, hegte der VfGH keine Bedenken gegen das Abstellen auf das Zuflussprinzip. 407