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Übermittlung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen per Telefax möglich

KRISZTINAJUHASZ

Die Kl bezog das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens. Sie ließ sämtliche Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen durchführen und sendete ein Telefax, beinhaltend die verlangten Untersuchungen, an die von der Bekl angegebene Nummer. Die Kl verwendete ein Telefaxgerät an ihrem Arbeitsplatz, von dem aus sie regelmäßig Telefaxe versendete. Für die Kl bestand kein erkennbarer Grund von einer Fehlerhaftigkeit der Telefaxsendung auszugehen. Die Bekl erhielt jedoch ein Telefax bestehend aus ausschließlich leeren Seiten.

Die Bekl reduzierte den Anspruch der Kl auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld um € 1.300,- und forderte die Rückzahlung dieses Betrags mit der Begründung, dass die Kl die vorgeschriebenen Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht vollständig nachgewiesen habe. In ihrer dagegen gerichteten Klage begehrte die Kl, nicht zum Rückersatz verpflichtet zu sein. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht Folge und führte aus, dass die Kl keine Veranlassung gehabt habe, von einer Fehlerhaftigkeit der Telefaxsendung auszugehen, insb da auch der Sendebericht auf „ok“ lautete.

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der Bekl wurde mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückgewiesen.

Ist wie im vorliegenden Fall der rechtzeitige Nachweis bestimmter Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen unterblieben, so besteht gem § 24c Abs 2 Z 1 KBGG trotzdem Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe. Ausschlaggebend ist, dass die Gründe, die den Nachweis verhindern, vom beziehenden Elternteil nicht zu vertreten sind und diesem kein rechtlich relevanter Vorwurf iSd § 24c Abs 2 Z 1 KBGG gemacht werden kann (OGH 13.10.2020, 10 ObS 122/20v). Die Frage, ob der das Kinderbetreuungsgeld beziehende Elternteil den nicht rechtzeitigen Nachweis einer Mutter-Kind-Pass-Untersuchung zu vertreten hat, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0130213).

Schriftliche Anbringen können der Behörde gem § 13 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) (hier iVm § 25a KBGG und § 360b ASVG) in jeder technisch möglichen Form, daher auch mit Telefax, übermittelt werden. In Übereinstimmung mit dieser Rechtslage enthält auch das Informationsblatt zu den Leistungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes keinen Hinweis darauf, dass der gesetzlich vorgesehene Nachweis über die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht mit Telefax erfolgen dürfte. Ein Anbringen ist zwar gem § 13 Abs 1 AVG nur dann als eingebracht anzusehen, wenn es der Behörde tatsächlich zugekommen ist (VwGH 24.6.2014, 2012/05/0180; VwGH 25.8.2010, 2008/03/0077), wovon sich die Partei zu vergewissern hat. Dafür reicht ein Sendebericht mit dem Vermerk „ok“ nicht aus. Darauf kommt es aber hier nicht an, weil ausschließlich zu prüfen ist, ob der Kl unter den konkreten Umständen ein rechtlich relevanter Vorwurf zu machen ist, dass sie sich nicht vergewissert hat, ob ihre Eingabe tatsächlich bei der Bekl eingelangt ist.

Die Kl hat innerhalb weniger Tage auf das Erinnerungsschreiben der Bekl mit der Telefaxsendung reagiert. Sie hat zur Übermittlung des Telefaxes eine von der Bekl ihr bekanntgegebene Nummer korrekt gewählt. Sie hat ein Faxgerät an ihrem Arbeitsplatz für die Übermittlung verwendet, das sie regelmäßig bedient und das sie auch im vorliegenden Fall korrekt bedient hat. Die Kl hat den Sendebericht geprüft: Er war mit dem Vermerk „ok“ versehen und hatte dasselbe Erscheinungsbild wie alle anderen Sendeberichte von diesem Gerät. Die Verpflichtung zur Erbringung des Nachweises hat die Kl nicht übersehen. Somit war das Unterbleiben der Untersuchungsnachweise nicht von ihr zu vertreten und sie behielt ihren Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe.