169

Betriebsbegriff des ArbVG erfordert Verfolgung eines einheitlichen Betriebszwecks der dort arbeitenden Arbeitnehmer

KLAUSBACHHOFER

Die Bekl ist eine österreichische Tochtergesellschaft eines weltweit tätigen Konzerns. Bei der Geschäftsanschrift der Bekl handelt es sich lediglich um die Adresse der für die Bekl tätigen Steuerberatungskanzlei. Die Bekl beschäftigte 2019/2020 neben der im Marketing tätig gewesenen Kl drei Vertriebsmitarbeiter sowie formell (weil es in deren Heimatländern keine Konzerngesellschaften gibt) einen (bis November 2019 zwei) AN, die aber in der Slowakei bzw in Ungarn sozialversichert und steuerpflichtig waren. Alle Mitarbeiter der Bekl arbeiteten von zu Hause aus. Eine Koordinierung bzw Zusammenarbeit im Hinblick auf die Arbeitsverrichtung bzw Personalplanung zwischen den für die einzelnen österreichischen Mitarbeiter der Bekl zuständigen Teamleitern existierte nicht.

Als die im Marketing tätige Kl gekündigt wurde, erhob diese eine Anfechtungsklage.

Die Vorinstanzen wiesen die Kündigungsanfechtungsklage der Kl jedoch mangels Vorliegens eines Betriebs iSd § 34 ArbVG ab.

Die außerordentliche Revision der Kl, die mit einer angeblich uneinheitlichen höchstgerichtlichen Rsp zum Betriebsbegriff iSd § 34 ArbVG begründet wurde, wies der OGH zurück.

Soweit die außerordentliche Revision darauf abstellt, dass die Bekl in den einzelnen Arbeitsstätten (den jeweiligen Arbeitsorten der AN) einen einheitlichen Zweck verfolge und dies eine Einheit des Betriebs begründe, legte sie nicht dar, woraus sich dieser einheitliche Zweck ergeben sollte. Die bloße Tätigkeit mehrerer AN für ein Unternehmen begründet noch keine organisatorisch-technische Einheit. Die hier in unterschiedlichen Bereichen (Vertrieb und Marketing) tätigen AN der Bekl verfolgten keinen einheitlichen Betriebszweck.

Nach hL und Rsp ist wesentliches Merkmal des Betriebsbegriffs iSd § 34 Abs 1 ArbVG die organisatorische Einheit, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt. In der „organisatorischen Einheit“ muss die Einheit des Betriebsinhabers, des Betriebszwecks und der Organisation zum Ausdruck kommen. Dieser Einheit muss also ein gewisses Mindestmaß an Selbständigkeit, insb in technischer Hinsicht, eingeräumt sein, und auch dem Ergebnis des Arbeitsvorgangs dieser Einheit muss eine wenn auch beschränkte Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen eigen sein. Wichtig ist vor allem, dass ein in sich geschlossenes Arbeitsverfahren vorliegt, das Arbeitsergebnis für sich allein bestehen kann und nicht nur ein Hilfs- oder Ergänzungsbetrieb anderer Teile eines Unternehmens vorliegen. Mehrere Arbeitsstätten zusammen können dann als Betrieb angesehen werden, wenn der Betriebsinhaber in diesen Arbeitsstätten einen einheitlichen Zweck verfolgt.