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Entlassung nach Nichteinhaltung der behördlichen Absonderung

CHRISTOSKARIOTIS

Der Kl, ein Außendienstmitarbeiter, der bei der Bekl im Bereich der Lebensmittelproduktion tätig ist, hat gegen die ihm mit dem Absonderungsbescheid auferlegte Quarantäne-Anordnung verstoßen. Der Geschäftsführer der Bekl hat den Kl darauf hingewiesen, dass es wichtig sei, dass sich der Kl an die Absonderung halte. Dennoch hat der Kl am ersten Wochenende seiner Absonderung 18 Fahrten mit über 100 km zu verschiedenen Adressen durchgeführt, obwohl er zu jenem Zeitpunkt noch nicht ausschließen konnte, ein Virusträger zu sein. Auf den Vorhalt des Geschäftsführers, warum er seinen Absonderungsbescheid nicht befolgt habe, erwiderte der AN, dass das den Geschäftsführer „nichts angehe“. Der AG sprach daraufhin die fristlose Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit aus.

Der OGH hat die außerordentliche Revision des Kl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen und hielt fest, dass die Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit und der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bei einem außerdienstlichen Verhalten erfordert, dass zufolge des Verhaltens des AN für den AG die objektiv gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Interessen und Belange durch den AN gefährdet sind. Ob der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht ist, ist nur anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen und stellt daher regelmäßig – von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Das ist auch hier nicht der Fall.

Im Unterschied zu dem der OGH-E vom 14.9.2021, 8 ObA 54/21f, zugrunde liegenden Fall hatte der Kl hier zwar ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gegen die ihm mit dem Absonderungsbescheid auferlegte Quarantäne-Anordnung verstoßen. Aus dem festgestellten Sachverhalt sowie der Erwiderung des AN, dass es den Geschäftsführer „nichts angehe“, dass er seinen Absonderungsbescheid nicht befolgt habe, ist aus Sicht des OGH jedoch objektiv die Befürchtung ableitbar, dass der Kl nicht nur nachlässig mit behördlichen Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung umgehe, sondern auch bestrebt sein werde, den Geschäftsführer darüber im Unklaren zu lassen.

Aus Sicht des OGH war die Entlassung daher berechtigt.