114Kostenerstattung nach § 131 ASVG: Über Landesgesundheitsfonds finanzierte Krankenanstalten sind keine „entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers“
Kostenerstattung nach § 131 ASVG: Über Landesgesundheitsfonds finanzierte Krankenanstalten sind keine „entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers“
Der Kl unterzog sich am 18.6.2018 im selbstständigen Ambulatorium der A* GmbH einer operativen Augenlidstraffung, die ambulant durchgeführt wurde. Dafür bezahlte der Kl € 1.550,- und reichte die Honorarnote bei der Tiroler Gebietskrankenkasse (GKK) ein. Die A* GmbH steht in keiner Vertragsbeziehung zur Tiroler GKK und wird auch nicht über den Landesgesundheitsfonds finanziert. Die Tiroler GKK hat auch keine Verträge über die ambulante Blepharoplastik mit anderen selbständigen Ambulatorien, privaten oder öffentlichen Krankenanstalten abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 25.2.2019 gewährte die Tiroler GKK dem Kl einen Ambulanzkostenzuschuss nach § 41 ihrer Satzung in Höhe von € 32,91, eine darüberhinausgehende Kostenerstattung wurde aber abgelehnt. Mit seiner dagegen erhobenen Klage begehrte der Kl eine Kostenerstattung iHv € 470,42 sA.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, da eine Kostenerstattung nach § 131 Abs 1 ASVG voraussetze, dass die jeweilige Leistung von Vertragspartnern der Bekl angeboten und nach vertraglich vereinbarten Tarifen abgerechnet werde. Dies sei gegenständlich nicht der Fall.
Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Erstgericht habe nicht festgestellt, ob die gegenständliche Leistung in über den Landesgesundheitsfond finanzierten Krankenanstalten angeboten werde und welche Kosten dafür verrechnet werden.
Der OGH befand den gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs der Beklagten für zulässig und berechtigt.
Die Höhe der Kostenerstattung nach § 131 Abs 1 ASVG richtet sich nach dem vertraglich vereinbarten Tarif und setzt deshalb notwendig voraus, dass die in Rede stehende ärztliche Leistung auch von Vertragspartnern des Versicherungsträgers im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erbracht und seitens des Versicherungsträgers honoriert werden hätte können. Die Leistung muss also Gegenstand eines Vertragsverhältnisses sein (OGH10 ObS 231/03y = SSV-NF 17/116). Ist dies nicht der Fall, kann § 131 Abs 1 ASVG nicht zur Anwendung kommen.
„Entsprechende Vertragspartner“ sind freilich nicht nur Vertragsärzte, sondern auch Krankenanstalten, insb Ambulatorien. Die Bekl wendet sich aber mit Recht gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass auch Krankenanstalten, die über den Landesgesundheitsfonds finanziert werden, Vertragspartner iS von § 131 Abs 1 ASVG seien.
Ambulante Leistungen von über den Landesgesundheitsfonds finanzierten Krankenanstalten werden nach § 27b Abs 3 KAKuG vom Landesgesundheitsfonds nach dem Bepunktungsmodell für den spitalsambulanten Bereich (LKF-ambulant) abgegolten, wobei die Tarife von der Landesgesetzgebung oder dem Landesgesundheitsfonds festgelegt werden. Der Landesgesundheitsfonds wird durch Pauschalbeiträge der Sozialversicherungsträger nach § 447f Abs 1 ASVG, aber auch durch Pensionsversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge nach § 447f Abs 3 Z 3 ASVG finanziert. Unmittelbare vertragliche Zahlungsansprüche solcher Krankenanstalten gegenüber den Versicherungsträgern sind nach § 148 Z 10 ASVG ausgeschlossen.
Krankenanstalten, die über den Landesgesundheitsfonds finanziert werden, sind schon deshalb keine „entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers“ nach § 131 Abs 1 ASVG, weil zwischen diesen Krankenanstalten und den Sozialversicherungsträgern nach § 148 Z 10 ASVG gerade keine vertraglichen Tarifvereinbarungen bestehen. Darüber hinaus haben die Versicherungsträger keinen Einfluss auf die für solche Krankenanstalten geltenden Tarife, weshalb eine Bindung der Versicherungsträger an diese Tarife den Absichten des Gesetzgebers widersprechen würde.
§ 131b Abs 1 ASVG sieht nämlich ausdrücklich vor, dass dann, wenn andere Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung stehen, der Versicherungsträger das Ausmaß der Kostenzuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaft242liche Bedürfnis der Versicherten in seiner Satzung festzusetzen hat. Der Gesetzgeber hat daher von verbindlichen Vorgaben abgesehen und stattdessen die Festsetzung der Höhe des Kostenzuschusses der eigenen Verantwortung der Versicherungsträger überlassen.
Da dem Kl der in § 41 der Satzung der Tiroler Gebietskrankenkasse vorgesehene Kostenzuschuss bereits ausbezahlt wurde, kann er keine weiteren Ansprüche geltend machen.