115Entzugsbehandlung ist Krankenbehandlung und keine medizinische Maßnahme der Rehabilitation des Pensionsversicherungsträgers – Entzugsbehandlung als Voraussetzung für medizinische Rehabilitation ist dennoch Krankenbehandlung
Entzugsbehandlung ist Krankenbehandlung und keine medizinische Maßnahme der Rehabilitation des Pensionsversicherungsträgers – Entzugsbehandlung als Voraussetzung für medizinische Rehabilitation ist dennoch Krankenbehandlung
Beim Kl besteht eine Alkoholabhängigkeit in Teilremission und zudem eine Benzodiazepinabhängigkeit. Für das Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit sind weitere ambulante und stationäre Maßnahmen der Rehabilitation notwendig. Voraussetzung für einen Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung ist die Freiheit von Alkohol und anderen Substanzen. Unerlässlich ist eine Entzugsbehandlung der Benzodiazepinabhängigkeit. Der Kl brachte vor, dass wenn die Entzugsbehandlung medizinische Voraussetzung für eine psychiatrische Rehabilitation sei und diese für die Wiedereingliederung in das Berufsleben erfolgsversprechend sei, so sei auch eine Entzugsbehandlung als medizinische Maßnahme der Rehabilitation durch die Bekl zu gewähren.
Beide Unterinstanzen lehnten das Klagebegehren ab, weil es sich bei der Entzugsbehandlung um Krankenbehandlung handle. Da die Entzugsbehandlung aber Voraussetzung für die medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation sei, seien diese derzeit noch nicht zweckmäßig.
Der OGH hält die Revision des Kl für zulässig, aber nicht berechtigt und führt dazu aus:
Der Begriff der Krankenbehandlung ist vom Begriff der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zu unterscheiden. Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation werden in der KV gem § 154a Abs 1 ASVG im Anschluss an die Krankenbehandlung gewährt, um deren Erfolg zu sichern oder die Folgen der Krankheit zu erleichtern. Darüber hinaus können medizinische Maßnahmen der Rehabilitation (subsidiär) gem § 302 ASVG (nur) in der PV erbracht werden. Ziel der Rehabilitation in der PV ist die Herstellung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit, die den Versicherten in die Lage versetzt, im beruflichen und wirtschaftlichen Leben und in der Gemeinschaft einen ihm angemessenen Platz möglichst dauernd einnehmen zu können (§ 300 Abs 3 ASVG).
Diese klare gesetzliche Unterscheidung ist auch für den Anwendungsbereich des § 253f ASVG zu beachten. Der Krankenversicherungsträger ist daher für die gem § 8 Abs 1 Z 1 lit d ASVG in der KV versicherten Bezieherinnen und Bezieher von Rehabilitationsgeld zur Gewährung von Krankenbehandlung und von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation aus der KV (§ 154a ASVG) zuständig. Hingegen ist der Pensionsversicherungsträger zur Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation aus der PV (§ 302 ASVG) auch im Anwendungsbereich des § 253f ASVG verpflichtet.
Zu Unrecht hält die Bekl auch im zweiten Rechtsgang an ihrer Rechtsansicht fest, nicht sie, sondern der Krankenversicherungsträger sei im Rahmen des Case Managements zur Gewährung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zuständig. Es ist aber nicht Sache der Rsp, eine in der Praxis allenfalls als unbefriedigend empfundene Regelung des Gesetzgebers zu korrigieren.
Weil die Vorinstanzen auf Basis des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich bei der Entzugsbehandlung um eine Krankenbehandlung handelt, braucht auf die mitunter schwierige Abgrenzung von Krankenbehandlung und medizinischer Rehabilitation im vorliegenden Fall nicht näher eingegangen werden. Die Zweckmäßigkeit der medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation ist nach den bindenden Feststellungen erst gegeben, wenn der Entzug beim Kl erfolgreich erfolgt ist.
Anmerkung der Bearbeiterin: Gegenstand des Verfahrens, das zum zweiten Mal beim OGH landet, ist der Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation des Kl. Zum bisherigen Verfahrensgang siehe auch DRdA-infas 6/2020, 431 und DRdA 1/2021, 68; der OGH hatte ausgesprochen, dass Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation besteht, solange die vorübergehende Invalidität vorliegt, wobei es im Entscheidungsermessen des Pensionsversicherungsträgers liegt, welche Rehabilitationsmaßnahmen er zu erbringen hat.243