90Unwirksamkeit einer Eventualkündigung muss auch bei laufendem Anfechtungsverfahren rechtzeitig geltend gemacht werden
Unwirksamkeit einer Eventualkündigung muss auch bei laufendem Anfechtungsverfahren rechtzeitig geltend gemacht werden
Der Kl wurde von der Bekl gekündigt. Gegen diese Kündigung erhob der Kl eine Anfechtungsklage. Daraufhin sprach die Bekl während des laufenden Verfahrens eine erneute Eventualkündigung aus. Diesbezüglich begehrte der Kl nun die klagsweise Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses. Die Unwirksamkeit der Eventualkündigung mittels Feststellungsklage machte der Kl erstmals zehn Monate nach ihrem Ausspruch und sieben Monate nach dem darin genannten Endtermin des Arbeitsverhältnisses geltend. Die Bekl wandte im Verfahren ein, dass die Geltendmachung der Unwirksamkeitserklärung zu spät erfolgt sei. Der Kl habe seine Aufgriffsobliegenheit verletzt. Der Kl hielt dem entgegen, dass bei Ausspruch der Eventualkündigung ein Verfahren über den aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses anhängig und damit ihre Wirksamkeit vom Ausgang des Verfahrens abhängig gewesen sei. Deshalb habe er berechtigterweise mit der Geltendmachung seines Anspruchs zugewartet.
Die Vorinstanzen folgten dem Rechtsstandpunkt der Bekl. Dagegen erhob der Kl außerordentliche Revision. Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück.
Nach der Rsp bedingt das Klarstellungsinteresse des DG am Bestand oder Nichtbestand des Dienstverhältnisses eine Aufgriffsobliegenheit des DN, sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses ohne Aufschub gegenüber dem DG geltend zu machen. Zur Beurteilung der Unverzüglichkeit ist ein angemessener, zur Erkundung und Meinungsbildung objektiv ausreichender Zeitraum heranzuziehen.
Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, dass es keine fixen Fristen gibt. Auch die Annahme einer Höchstfrist von sechs Monaten zur Geltendmachung des Fortsetzungsanspruchs, wie dies teilweise in der Lehre vertreten wird, wurde abgelehnt. Das Ausmaß der Frist kann unter Abwägung des Klarstellungsinteresses des DG und der Schwierigkeiten für den DN, seinen Anspruch geltend zu machen, vielmehr nur nach den Umständen des Einzelfalls bemessen werden.
Nach der Rsp ist eine während eines Kündigungsanfechtungsverfahrens ausgesprochene Eventualkündigung grundsätzlich zulässig. Es handelt sich dabei um eine Kündigung unter einer Rechtsbedingung, die zu keiner unzumutbaren Ungewissheit für den DN führt. Vielmehr verdeutlichte die vom DG ausgesprochene zweite Kündigung seinen Standpunkt, das Arbeitsverhältnis endgültig beenden zu wollen, also auch für den Fall, dass der DN im Verfahren über die Wirksamkeit der vorangehenden Kündigung obsiegen sollte.
Auch bei einer Eventualkündigung besteht ein unmittelbares Klarstellungsinteresse des DG daran, ob der DN eine Unwirksamkeit auch dieser Erklärung und damit die Fortdauer des Dienstverhältnisses über den in der Eventualkündigung genannten Zeitpunkt hinaus geltend macht. Dagegen gibt es für den DN keinen Grund, mit einer Geltendmachung seines Anspruchs bis zur Beendigung eines Vorverfahrens über die vorangehende Kündigung zuzuwarten. So entspricht es auch im Zusammenhang mit Kündigungsanfechtungen nach §§ 105 f ArbVG stRsp, dass dem DN, der von vornherein den Standpunkt vertritt, die erste Kündigung könne – wegen ihrer Anfechtbarkeit – keinen Bestand haben, es auch keineswegs unzumutbar sei, in den Fällen einer unbedenklichen Eventualkündigung ebenso die gesetzliche Klagefrist 212einzuhalten wie auch sonst bei der Kündigungsanfechtung. Dies trifft sinngemäß auch auf die Geltendmachung des Anspruchs auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses zu.
Allein der Umstand, dass bei Ausspruch der Eventualkündigung ein Verfahren über den aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses anhängig ist, und damit ihre Wirksamkeit vom Ausgang des Verfahrens abhängig ist, begründet demnach kein Interesse des DN, mit der Geltendmachung seines Anspruchs zuzuwarten. Soweit der Kl damit argumentiert, dass sein Obsiegen im Vorverfahren „Bedingung“ für die Kündigung war, entspricht das, wie dargelegt, dem Wesen der Eventualkündigung.
Die Eventualkündigung wurde dem Kl während des Vorverfahrens, in dem er anwaltlich vertreten war, zugestellt und auch seiner Anwältin zur Kenntnis gebracht. Er hat nach den Ausführungen des Berufungsgerichts im Vorverfahren selbst auf diese Kündigung hingewiesen, ohne näher zu deren (Un-)Wirksamkeit Stellung zu nehmen. Dennoch hat er die Unwirksamkeit der Eventualkündigung erstmals zehn Monate nach ihrem Ausspruch und sieben Monate nach dem darin genannten Endtermin des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Auch in der Revision nennt er keine Gründe, die ihn gehindert haben, früher tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund hält sich die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass ausgehend von den dargestellten Grundsätzen der Kl seine Aufgriffsobliegenheit verletzt hat, im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.