124Ständig ansässiges diplomatisches Personal und deren Familienangehörige können Ansprüche nach dem KBGG geltend machen
Ständig ansässiges diplomatisches Personal und deren Familienangehörige können Ansprüche nach dem KBGG geltend machen
Die Kl und ihr Ehemann sind ägyptische Staatsangehörige. Der Ehemann ist seit 1.1.2016 bei der Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien in Wien als Schreib- und Hilfskraft beschäftigt, war aber auch schon davor in Österreich aufhältig. Die Kl ist seit 18.6.2018 erstmals in Österreich, an der Adresse ihres Ehemanns, hauptwohnsitzlich gemeldet. Am 26.8.2019 kam das gemeinsame Kind zur Welt, für das der Ehemann der Kl die Familienbeihilfe bezieht. Die Kl ging in Österreich bislang keiner Erwerbstätigkeit nach.
Die Kl stellte einen Antrag auf das pauschale Kinderbetreuungsgeld, der mit Bescheid vom 20.5.2020 von der bekl Österreichischen Gesundheitskasse mit der Begründung abgewiesen wurde, dass die Kl nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) nicht den österreichischen Vorschriften über soziale Sicherheit unterliege.
Die Kl macht in ihrer Klage geltend, dass sie einen ständigen Aufenthalt in Österreich habe und sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für das begehrte Kinderbetreuungsgeld erfülle.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab der Berufung Folge, änderte das Urteil dahin ab, dass der Klage stattgegeben wurde und entschied, dass eine Revision mangels höchstgerichtlicher Rsp zur Auslegung des WÜD zulässig ist.
Der OGH entschied, dass die Revision der Bekl zwar zulässig, nicht jedoch berechtigt ist.
Nach Art 33 Abs 1 WÜD (BGBl 1966/66) ist ein Diplomat in Bezug auf seine Dienste für den Entsendestaat von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit. Nach Art 37 Abs 2 des Übereinkommens genießen dieses Vorrecht auch Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben „ständig ansässig“ („permanently resident“) sind.
Eine ständige Ansässigkeit iSd Art 37 Abs 2 des Übereinkommens kann sich daraus ergeben, dass das Mitglied des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder schon vor der Funktionsübernahme seit längerem in Österreich wohnhaft gewesen sind und sich daran mit der Funktionsübernahme nichts ändern sollte (VwGH 20.2.1996, 92/13/0153). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch dann eine ständige Ansässigkeit anzunehmen ist, wenn die betreffende Person zwar erst mit der Funktionsübernahme in Österreich wohnhaft wurde, nach den damaligen Verhältnissen aber schon damit zu rechnen war, dass sie in Österreich nicht nur vorübergehend ansässig sein werde. Da sich die Kl am 18.6.2019 an der Adresse ihres Ehemanns hauptwohnsitzlich gemeldet hat und keine Hinweise darauf bestanden haben, dass sie in Österreich nur vorübergehend aufhältig sein werde, war eine ständige Ansässigkeit der Kl in Österreich anzunehmen, weshalb sie nach Art 37 Abs 2 WÜD den inländischen Vorschriften über soziale Sicherheit unterliegt und auch Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat.
Der Revision der Bekl war daher nicht Folge zu geben.