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Gänzlicher Ausschluss teilzeitbeschäftigter Vertragsbediensteter vom Abfertigungsanspruch unzulässig

ANDREASWELLENZOHN
Art 157 AEUV; § 4 Nr 1 RL 97/81/EG; §§ 1 Abs 2 lit a, 36 Grazer G-VBG

Die Kl war als Psychologin bei der Bekl beschäftigt. Die Kl begehrte mit ihrer Klage die Zahlung einer Abfertigung gem § 36 Grazer Gemeindevertragsbedienstetengesetz (Grazer G-VBG), gestützt auf das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter. Die Bekl stützte sich darauf, dass sich die Kl aufgrund § 1 Abs 2 lit a Grazer G-VBG, wonach ua Personen mit einem Beschäftigungsausmaß von weniger als einem Drittel der für Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Wochenstunden aus dem Geltungsbereich des Grazer G-VBG ausgenommen sind, nicht auf die Abfertigungsbestimmung berufen können.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren dem Grunde nach mit Zwischenurteil statt.

Der OGH erachtete die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Bekl mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig, wies diese zurück und führte aus:

Nach § 4 Nr 1 der TeilzeitarbeitsRL 97/81/EG dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt. Ein „vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter“ ist nach § 3 Z 2 TeilzeitarbeitsRL ein Vollzeitbeschäftigter desselben Betriebs mit derselben Art von Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Betriebszugehörigkeitsdauer und die Qualifikationen/Fertigkeiten sowie andere Erwägungen heranzuziehen sind. Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter vorhanden, so erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrags oder, in Ermangelung eines solchen, gemäß den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder den nationalen Gepflogenheiten.

Vom Begriff der Beschäftigungsbedingungen sind grundsätzlich die gesamten Entgelt- und Arbeitsbedingungen erfasst. Bei der Entlohnung von Teilzeitbeschäftigten sind dieselben Grundsätze anzuwenden, wie sie auch für Vollzeitbeschäftigte gelten. Soweit die Arbeitsleistung lediglich quantitativ geringer ist als bei der Vollzeitarbeit, ist das Entgelt von Teilzeitbeschäftigten regelmäßig pro rata temporis, also anteilig nach dem Verhältnis der Arbeitszeit zur Vollarbeitszeit, zu bemessen.

Nach stRsp des EuGH können schlechtere entgeltrechtliche Modalitäten und Beschäftigungsbedingungen für Teilzeitbeschäftigte eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts iSd Art 157 AEUV darstellen. Eine unterschiedliche Behandlung ist zulässig, wenn sachliche Gründe sie rechtfertigen. Die Sachlichkeit ist stets danach zu beurteilen, ob es der – nicht diskriminierende – Zweck einer Regelung rechtfertigt, Teilzeitbeschäftigte anders zu behandeln als Vollzeitbeschäftigte. Dabei sind nur solche Regelungsziele anzuerkennen, die Gleichwertigkeit von Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung respektieren. Die Maßnahme muss durch objektive Faktoren gerechtfertigt sein. Keine sachliche Begründung wird im Regelfall für den völligen Ausschluss Teilzeitbeschäftigter von bestimmten Anspruchsarten vorliegen, 221wenn der Sachverhalt der Arbeitserbringung gleich oder zumindest vergleichbar ist.

Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht in Widerspruch.

Die Revisionswerberin argumentiert, es gebe im Rahmen der „Integrativen Zusatzbetreuung“, in dem die Kl als Psychologin tätig gewesen sei, keine „vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten“ iSd § 3 Z 2 TeilzeitarbeitsRL, weil das Organisationsstatut (§ 6 VO LGBl 2002/72) vorsehe, dass pro Team für psychologisches Fachpersonal nur zehn Stunden pro Woche „zur Verfügung“ stehen. Es geht auch aus den Revisionsausführungen nicht hervor, inwiefern die organisatorische Limitierung der angebotenen Betreuungsstunden eine Beschäftigung in zwei oder mehreren Teams mit einer insgesamt die Grenze des § 1 Abs 2 lit a Grazer G-VBG überschreitenden Stundenanzahl grundsätzlich ausschließen würde. Letztlich wäre aber selbst in Ermangelung vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter im Betrieb nach Art 3 Nr 2 TeilzeitRL der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrags oder, in Ermangelung eines solchen, gem den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder den nationalen Gepflogenheiten zu ziehen.

Die Revision macht ferner geltend, die in § 1 Abs 2 lit a Grazer G-VBG normierte Ausnahme geringfügig Teilzeitbeschäftigter vom Geltungsbereich des Gesetzes sei sachlich gerechtfertigt, weil die durch Verordnung festgelegte Organisation der integrativen Zusatzbetreuung nur eine Teilzeitbeschäftigung des psychologischen und therapeutischen Fachpersonals zulasse. Dies erklärt aber nicht den fehlenden Anspruch auf eine Abfertigung.

Mit dem Revisionsvorbringen, die vereinbarten Vertragsbedingungen seien gegenüber den Bestimmungen des Grazer G-VBG günstiger gewesen, weil das Entgelt der Kl über dem Schemabezug gelegen und sie nicht dem Verbot von Nebenbeschäftigungen unterlegen sei, wird ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.

Der OGH hat zum Günstigkeitsvergleich im Arbeitsrecht bereits ausgesprochen, dass er nur zwischen Gruppen rechtlich und sachlich zusammengehöriger Normen durchzuführen ist, die den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, was bei der Beschränkung von Nebenbeschäftigungen einerseits und der Entlohnung andererseits nicht ohne Weiteres der Fall ist. Die Revision legt nicht nachvollziehbar dar, inwiefern der Kl durch ihr (allenfalls) den Schemabezug nach Grazer G-VBG übersteigendes laufendes Entgelt vorweg ein fehlender Abfertigungsanspruch abgegolten werden sollte. Die Möglichkeit einer Abweichung vom Schemabezug besteht nach § 37 Grazer G-VBG im Wege des Sondervertrags auch im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, ohne dass dadurch der Anspruch auf Abfertigung berührt wird oder entfällt.

Eine Nebenbeschäftigung ist für Vertragsbedienstete der Bekl nach § 13 Grazer G-VBG grundsätzlich zulässig und nicht bewilligungs-, sondern lediglich meldepflichtig. Sie kann aber untersagt werden, wenn sie aus näher aufgezählten Gründen den Interessen der DG zuwiderläuft. Die Revision stellt nicht dar, worin bei der Kl ein gesetzlicher Grund für die Untersagung einer anderweitigen Tätigkeit gelegen wäre. Hätte die Bekl tatsächlich Bedenken gegen eine Nebenbeschäftigung der Kl gehegt, hätte sie auch außerhalb des Geltungsbereichs des Grazer G-VBG mit ihr eine ähnliche Klausel vereinbaren können.

Insgesamt zeigt die Bekl mit ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, sodass das Rechtsmittel zurückzuweisen war.