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Keine Überprüfung von Feststellungen und Beweiswürdigung in dritter Instanz

ADMIRBAJRIC

Nach den Feststellungen ließ der Kl, der als ärztlicher Leiter eines von der Bekl zur Behandlung und Betreuung Suchtkranker betriebenen Ambulatoriums beschäftigt war, im Februar 2020 in einem Behandlungsgespräch gegenüber einer Patientin Bemerkungen fallen, die diese als sexuell anzüglich empfand. Er berührte sie auch unangekündigt im Schulter- und Nackenbereich, was für sie unangenehm war. Der Kl verfolgte mit diesen Bemerkungen und Berührungen eine über den Behandlungszweck hinausgehende Annäherung an die Patientin. Die Patientin ersuchte daraufhin ihre Beraterin, sie einer anderen Behandlungseinrichtung zuzuweisen, weil sie sich sexuell belästigt fühlte. Nachdem der Vorfall der Bekl zur Kenntnis gelangt war, entließ sie den Kl am 18.5.2020.

Die Vorinstanzen bestätigten die Rechtmäßigkeit der Entlassung; der OGH wies die vom Kl eingebrachte außerordentliche Revision zurück.

Die Frage, ob im Einzelfall ausgehend von den konkreten Feststellungen das Verhalten des AN einen Entlassungsgrund verwirklicht, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Der Kl zieht die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, dass die Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG schon aufgrund des festgestellten Vorfalls gerechtfertigt war, mit dem Hinweis in Zweifel, dass der Wortlaut der vom Kl der Patientin gegenüber getätigten Bemerkungen nicht festgestellt werden konnte. Er meint, dies schlage zu Lasten der für den Entlassungsgrund beweispflichtigen Bekl aus. Dabei lässt er allerdings die positiven Feststellungen zu seinen grenzüberschreitenden Handlungen sowie zu deren Intention und Wirkung auf die Patientin außer Acht, auf die die Vorinstanzen ihre rechtliche Beurteilung gründeten; der Kl wurde auch davor schon einmal wegen einer massiven sexuellen Belästigung verwarnt.

Im Übrigen stößt sich der Kl daran, dass das Erstgericht seinen Feststellungen die „von dritter Seite geschilderten subjektiven Wahrnehmungen einer suchtkranken Patientin“ zugrunde gelegt habe. Bereits das Berufungsgericht hat darauf verwiesen, dass Beweise vom Hörensagen (Zeugenaussagen über die Wahrnehmungen eines Dritten) nicht generell unzulässig sind. Welcher Beweiswert derartigen bloß mittelbaren Beweisergebnissen zuzubilligen ist, ist ausschließlich Domäne der im Verfahren vor dem OGH keiner weiteren Überprüfung unterliegenden Beweiswürdigung.

Die insb auch unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens getätigten Ausführungen des Kl in diesem Zusammenhang stellen bloß den unzulässigen und damit unbeachtlichen Versuch dar, die Feststellungen und die Beweiswürdigung in dritter Instanz zu bekämpfen. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war deshalb die außerordentliche Revision des Kl zurückzuweisen. 223