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Anspruch auf Überstundenentlohnung mangels wirksam vereinbarten Schichtplans

MANFREDTINHOF

Der Kl war bis zum Jahr 2018 in der Wechselschlosserei der Bekl im Turnusdienst beschäftigt. Die Mitarbeiter dieser Schlosserei arbeiteten nach einem Dienstplan, der einen siebenwöchigen Schichtturnus umfasste. Im Rahmen des Schichtplans folgte zweimal auf eine 7-Tage-Woche mit 56 Stunden eine 3-Tage-Woche mit 24 Stunden. In den zwei „kurzen“ Wochen wurden zwei Tage als Ersatzruhetage für die Arbeit an den Wochenenden gewertet. In den übrigen Wochen des Turnus waren 40 Stunden Arbeit vorgesehen. Rechnet man die Stunden im siebenwöchigen Turnus durch, ergibt sich eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Der Kl erhielt kein Überstundenentgelt für die in den beiden „langen“ Wochen verrichteten Überstunden.

Der Schichtplan wurde unter Mitwirkung des BR entwickelt. Eine BV zur Einführung und Ausgestaltung der Schichtarbeit wurde jedoch trotz dazu vorhandener kollektivvertraglicher Ermächtigung nicht abgeschlossen. Eine schriftliche oder (ausdrückliche) mündliche Vereinbarung über die Leistung von Schichtarbeit haben die Parteien nicht getroffen.

Der Kl begehrte ua Entgelte und Zuschläge für die im Rahmen der Schichtarbeit im Zeitraum 2015 bis 2018 geleisteten Überstunden, weil der Schichtplan die Bekl mangels Vorliegens einer BV bzw einer individuellen Vereinbarung nicht zur Durchrechnung der Arbeitszeiten des Kl über den Zeitraum von sieben Wochen berechtige. Die Bekl wendete ein, dass der Schichtplan mit dem Kl konkludent vereinbart worden und jedenfalls gesetzeskonform sei. Abgesehen davon seien dem Kl pro Monat 173 Stunden bezahlt worden, für die er nicht noch einmal einen Überstundengrundlohn fordern könne. Die Ansprüche des Kl seien außerdem verfallen.

Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt, das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl unter Hinweis auf eine kollektivvertragliche Verfallsbestimmung teilweise statt. Der OGH wies nun die außerordentliche Revision der Bekl zurück.

Dass der Kl Schichtarbeit geleistet hat und ihm dieser Umstand auch bewusst war, führt noch nicht zur Annahme einer konkludenten Vereinbarung über eine flexible Arbeitszeitregelung mit Durchrechnung auf Grundlage des § 4a AZG. Die Annahme einer schlüssigen Erklärung setzt gewisse Kenntnisse des Erklärenden (Duldenden) über die im Zeitpunkt seines Verhaltens vorliegenden maßgeblichen Umstände voraus: Dem Kl wurden bei Beginn sei21ner Tätigkeit in der Wechselschlosserei lediglich die Dienstzeiten laut Dienstplan erklärt. Freie Tage wurden nicht thematisiert. In weiterer Folge verrichtete der Kl die Dienste, zu denen er eingeteilt war. Er wurde auch nie über die rechtlichen Konsequenzen des Modells aufgeklärt, mag er auch nach einiger Zeit erkannt haben, dass nach einem Schichtplan gearbeitet wurde.

Des Weiteren entsprachen die Arbeitszeiten nicht durchgehend den im Schichtplan vorgesehenen Arbeitszeiten, sondern ist abzuleiten, dass die Bekl den Kl je nach Bedarf auch zusätzlich, jedenfalls anders einsetzte; auch wurde der Rhythmus nicht eingehalten. Damit basierte die Schichtarbeit des Kl nicht ausschließlich auf dem von der Bekl herangezogenen Schichtplan; eine sich an der Wiederholung eines gleichbleibenden Turnus orientierende Arbeitszeiteinteilung ist daraus nicht zu entnehmen. Der Kl konnte somit weder die rechtlichen Konsequenzen des Modells überblicken, noch im Hinblick auf die gewährten „Ersatzruhezeiten“, die die ausgefallenen wöchentlichen Ruhezeiten (Wochenendruhe) ausgleichen sollten, für sich ableiten, dass die in den zwei Wochen des siebenwöchigen Schichtturnus verrichteten Überstunden überhaupt (durch Zeitausgleich) ausgeglichen wurden.

Betreffend den Einwand der Bekl, dem Kl seien monatlich 173 Stunden bezahlt worden, der Zuspruch der dafür (noch einmal) begehrten Überstundengrundentlohnung sei daher nicht berechtigt, führte der OGH aus, dass die von der Bekl begehrte „Durchrechnung“ schon mangels eines wirksam vereinbarten Schichtplans keine Grundlage hat. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht diesem Standpunkt der Bekl entgegengehalten, dass die Verringerung der Arbeitsleistung in den „kurzen“ Wochen des Modells auf einer Gewährung der (von der Bekl selbst behaupteten) Ersatzruhe beruht habe. Für diese sei Entgeltfortzahlung geleistet worden, sodass eine Doppelzahlung des Überstundengrundlohns nicht vorliege. Auf diese rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts geht die außerordentliche Revision nicht ein. Setzt sich die Revision mit den Argumenten des Berufungsgerichts nicht auseinander, ist die Rechtsrüge in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.