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Ausgleichszulage: Keine Berücksichtigung des Abzugs der Krankenversicherungsbeiträge für ausländische Pension

FABIANGAMPER

Die Kl bezog vom 1.1. bis 31.12.2019 eine österreichische Alterspension von brutto € 487,27 monatlich und eine monatliche deutsche Rente in der Höhe von € 473,70 im ersten Halbjahr bzw € 492,15 im zweiten Halbjahr. Über den Ausgleichszulagen-Jahresausgleich wurde sie von der Bekl mit Mitteilung informiert. Ein Bescheid darüber wurde nicht ausgestellt, deshalb brachte die Kl eine Säumnisklage ein, in welcher sie eine „nochmalige Überprüfung der zu wenig überwiesenen Jahresausgleichszahlung“ begehrte.

Das Erstgericht verpflichtete die Bekl, der Kl einen Ausgleichszulagen-Jahresausgleich von € 423,22 für das Jahr 2019 zu zahlen und wies das über diesen Betrag hinausgehende Begehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass nach langjähriger Rsp des OGH die Ausgleichszulage nach der Bruttopension zuzüglich der übrigen Nettoeinkünfte berechnet wird. Der Abzug der Krankenversicherungsbeiträge für die deutsche Rente werde dabei nicht berücksichtigt, weil dieser sonst auf die Versichertengemeinschaft überwälzt werde. Dagegen richtete sich die außerordentliche Revision der Kl, die zwar zur Klarstellung der Rechtsfrage zulässig, jedoch nicht berechtigt ist.

Dazu stellt der OGH unter Verweis auf seine stRsp klar: Der Ermittlung des Anspruchs auf Ausgleichszulage sind die Bruttopension und die sonstigen Nettoeinkünfte zugrunde zu legen. Zu diesen sonstigen Nettoeinkünften zählen auch ausländische Pensionsleistungen. Der Jahresausgleich stellt lediglich eine nachträgliche (Neu-)Berechnung der Ausgleichszulage dar. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die österreichische Bruttopension und die deutsche Nettorente der Berechnung zugrunde zu legen, stehen daher im Einklang mit der stRsp.

Daraus kann aber nach Ansicht des OGH nicht der Schluss gezogen werden, dass auch die nach § 73a ASVG von der deutschen Rente zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge vorweg abzuziehen sind. Dass der Ermittlung des Anspruches auf Ausgleichszulage bei inländischen Pensionen nicht die Netto-, sondern die Bruttopension zugrunde zu legen ist, hat seinen Grund darin, dass andernfalls die Krankenversicherungsbeiträge, die gem § 73 ASVG auch von der Ausgleichszulage zu leisten sind, faktisch vom Bund finanziert würden. Darauf aufbauend entspricht es der Rsp des OGH, dass ein Abzug der nach § 73 Abs 1 ASVG einzubehaltenden Krankenversicherungsbeiträge zu unterbleiben hat, zumal diese ansonsten auf die Versichertengemeinschaft überwälzt würden.

Mit dem 2. SVÄG 2010 (BGBl I 2010/102BGBl I 2010/102) wurde mit § 73a ASVG die innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auch von ausländischen Pensionsleistungen geschaffen. Erklärtes Ziel der Regelung ist es, im Hinblick auf die Belastung der Versicherten mit Krankenversicherungsbeiträgen eine Gleich45stellung aus- und inländischer Pensionen bzw Renten herbeizuführen.

Die Krankenversicherungsbeiträge nach § 73a Abs 1 ASVG werden zwar von der inländischen Pension einbehalten (§ 73a Abs 3 ASVG), sie stehen deshalb aber nicht in einem Zusammenhang mit ihr. Die Beiträge werden auch nicht in § 73 Abs 1 ASVG genannt, also nicht zu einem Teil der (inländischen) Pension erklärt. Da sie vom Begriff des „gesetzlichen“, also eines auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Abzugs iSd § 292 Abs 3 ASVG erfasst werden, wären sie daher grundsätzlich bei Ermittlung der ausländischen Nettopensionsleistung bezugsmindernd zu berücksichtigen. Das würde aber dazu führen, dass der nach § 73a ASVG einbehaltene Krankenversicherungsbeitrag für die ausländische Pensionsleistung auf den Bund überwälzt würde, weil sein Abzug bei der ausländischen Pension/Rente im selben Ausmaß die Ausgleichszulage erhöht. Trotz der ausdrücklich gegenteiligen Zielsetzung der 29. ASVG-Novelle würde der Ausgleichszulagenbezieher dadurch zu Lasten der Versichertengemeinschaft von Krankenversicherungsbeiträgen (zumindest teilweise) befreit und überdies die durch das 2. SVÄG 2010 angestrebte Gleichstellung der Pensionsbezieher gerade nicht erreicht. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, dass bei gleichem Gesamteinkommen und gleichem Umfang des Versicherungsschutzes nur deshalb ein anderer (geringerer) Beitrag zur KV zu leisten sein soll, weil nicht nur eine inländische, sondern eine in- und eine ausländische Pension bzw Rente bezogen wird, besteht nicht. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, der Gesetzgeber habe Fälle wie den vorliegenden bedacht und den aus § 292 Abs 3 ASVG resultierenden Abzug der Beiträge zur KV von der ausländischen Pension/Rente bewusst nicht abweichend geregelt. Im Gegenteil gehen der eindeutige Gesetzeszweck und der Wille des historischen Gesetzgebers klar in die andere Richtung.

Der Wortlaut des § 292 Abs 3 ASVG ist hinsichtlich seines Zwecks nach somit überschießend und der Begriff des Nettoeinkommens dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der nach § 73a ASVG zu entrichtende Krankenversicherungsbeitrag für ausländische Pensionen/Renten, die zusätzlich zu einer inländischen Pension – zu der die Ausgleichszulage gewährt werden soll – bezogen werden, nicht als gesetzlich geregelter Abzug anzusehen ist.