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Verfahrensrechtliche Besonderheiten im Verfahren zur Feststellung von Schwerarbeitszeiten

ALEXANDER PASZ

Werden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zur Feststellung von Schwerarbeitszeiten des § 247 Abs 2 ASVG nicht erfüllt, ist ein auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten gerichtetes Klagebegehren abzuweisen. Dies führt jedoch zu keinem Ausspruch über das Vorliegen von Schwerarbeitszeiten, da die Frage, ob und wie viele Schwerarbeitsmonate im betreffenden Zeitraum vorliegen, als Vorfrage für das Bestehen dieses Feststellungsanspruchs zu werten ist.

SACHVERHALT

Der Kl leistete als Rettungssanitäter bzw Notfallsanitäter sowie als Flugrettungssanitäter durchschnittlich pro Arbeitstag bei acht Tagesarbeitsstunden 1.536 Arbeitskilokalorien nach Abzug von Unproduktivzeiten oder Leerzeiten. Bei 10,5 Nettoarbeitsstunden erreicht der Kl den „Break Even“ zum Erreichen des für die Feststellung von Schwerarbeitszeiten notwendigen Grenzwerts von 2.000 Arbeitskilokalorien. Er leistete im Zeitraum von 1.6.2002 bis 31.12.2019 nur in acht Monaten an mindestens 15 Tagen zumindest 10,5 Nettoarbeitsstunden.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Mit Bescheid vom 17.1.2020 stellte die bekl Pensionsversicherungsanstalt fest, dass der Kl zum Feststellungszeitpunkt 1.2.2020 insgesamt 503 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund Erwerbstätigkeit und neun Ersatzmonate, insgesamt 512 Versicherungsmonate erworben habe, lehnte aber die Feststellung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum von 1.6.2002 bis 31.12.2019 ab.

Das Erstgericht gab der auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten gerichteten Klage teilweise statt und stellte insgesamt acht Monate als Schwerarbeitsmonate fest. Die gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils eingebrachte Berufung der Bekl wies das Berufungsgericht mit der Begründung zurück, sie sei nicht beschwert. Die Bekl brachte in weiterer Folge Rekurs gegen die Zurückweisung ihrer Berufung ein und beantragte die gänzliche Abweisung der Klage.

Der Rekurs war zulässig und auch berechtigt: Der OGH verwies die Sozialrechtssache mit der E 10 ObS 52/22b vom 24.5.2022 zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück, da eine Beschwer aufgrund der Bindung des Versicherungsträgers an die festgestellten Schwerarbeitszeiten auch dann anzunehmen ist, wenn die festgestellten Schwerarbeitszeiten nach geltender Rechtslage keine Leistungsansprüche des Versicherten begründen können. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl wieder nicht Folge. Die Überlegungen des OGH zur Beschwer würden nach Beurteilung des Berufungssenats sinngemäß auch für die Frage des Feststellungsinteresses des Kl gelten. Ausgehend von der überbundenen Rechtsansicht sei nicht nur eine Beschwer der Bekl, sondern auch ein Feststellungsinteresse des Kl hinsichtlich der von ihm erworbenen und von der Bekl im Berufungsverfahren nicht angezweifelten acht Schwerarbeitsmonate zu bejahen. Der Bekl sei auch entgegenzuhalten, dass es der Grundsatz der sukzessiven Kompetenz gebiete, dass jedenfalls dann, wenn der Versicherungsträger einen Bescheid iSd § 247 Abs 2 ASVG erlassen habe, eine Klageerhebung möglich sei, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung eines „gesonderten Feststellungsinteresses“ bedürfe.

Dagegen richtete sich nun eine außerordentliche Revision der Bekl mit dem Antrag auf Abänderung im zur Gänze klageabweisenden Sinn. Die Revision ist zulässig und berechtigt.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„1.1. Nach § 607 Abs 14 ASVG und § 4 Abs 3 APG besteht ein Anspruch auf Schwerarbeitspension, wenn in den letzten 240 Kalendermonaten vor dem 50Stichtag mindestens 120 Beitragsmonate aufgrund von Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht wurden (Schwerarbeitszeiten).

1.2. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Schwerarbeitspension wird durch Entscheidungen der versicherten Person über ihren Versicherungsverlauf (etwa die weitere Ausübung oder Beendigung der belastenden Tätigkeit) maßgeblich beeinflusst, die typischerweise vor dem Eintritt des Versicherungsfalls liegen. Schon vor einem allfälligen Pensionsstichtag hat eine versicherte Person daher ein wesentliches rechtliches Interesse an der Klärung, ob die Voraussetzungen für eine Schwerarbeitspension erfüllbar sind, insbesondere ob und welche Schwerarbeitszeiten verrichtet wurden […].

1.3. Dieses rechtliche Interesse rechtfertigt nach der Literatur die Erlassung eines Feststellungsbescheids gemäß § 410 Abs 1 Z 7 ASVG […], jedenfalls, wenn es um die Meldung von Schwerarbeitszeiten nach § 5 SchwerarbeitsV geht (Panhölzl, Vollziehungsprobleme bei der Schwerarbeitspension, DRdA 2009, 98 [106]; Pöltner, DRdA 2007, 406 [408]). Da die Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 7 ASVG als Verwaltungssache dem Rechtszug nach § 414 Abs 2 ASVG unterliegen, sind sie der Kognition der ordentlichen Gerichte entzogen. Der Kläger gründet sein Feststellungsbegehren daher zutreffend nicht auf § 410 Abs 1 Z 7 ASVG.

1.4. Über § 410 Z 7 ASVG hinaus kennt § 247 Abs 2 ASVG einen Feststellungsbescheid eines Versicherungsträgers über das Vorliegen und die zeitliche Lage […] von Schwerarbeitszeiten. Nach dem Gesetzeswortlaut hat der leistungszuständige Pensionsversicherungsträger die Schwerarbeitszeiten iSd § 607 Abs 14 ASVG und des § 4 Abs 3 APG festzustellen, wenn die versicherte Person dies frühestens zehn Jahre vor Vollendung des Anfallsalters nach § 607 Abs 12 ASVG oder frühestens zehn Jahre vor Vollendung des frühestmöglichen Anfallsalters nach § 4 Abs 3 APG (für männliche Versicherte handelt es sich nach beiden Bestimmungen um das 60. Lebensjahr) beantragt und aufgrund der bisher erworbenen Versicherungsmonate anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen nach § 607 Abs 14 ASVG oder nach § 4 Abs 3 APG vor Erreichen des Regelpensionsalters (§ 253 ASVG: Vollendung des 65. Lebensjahres) erfüllt werden.

2.1. Die Feststellung von Versicherungszeiten nach § 247 ASVG ist gemäß § 354 Z 4 ASVG (§ 65 Abs 1 Z 4 ASGG) eine Leistungssache […]. Darunter fällt die „Ablehnung“ eines geltend gemachten Anspruchs (vgl VwGH 91/08/0040).

[…]

3. […] Zu prüfen ist […], ob das Feststellungsbegehren des Klägers (für die noch strittigen Monate) auf § 247 Abs 2 ASVG gestützt werden kann.

3.1. Wird ein Antrag nach § 247 ASVG gestellt, so bildet die Feststellung der Versicherungszeiten einen Teil des Leistungsverfahrens. In diesem Fall wird das Verfahren zweigeteilt. Die bis zu dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag erworbenen Zeiten werden – abgesehen von einer Änderung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen – bindend festgestellt und sind daher ohne weitere Prüfung dem künftigen Leistungsverfahren zugrunde zu legen. Bei der Feststellung von Versicherungszeiten gemäß § 247 ASVG handelt es sich damit um einen vorgezogenen Teil des Leistungsverfahrens […].

3.2. Dieses Verfahren verfolgt den Zweck, dem Versicherten Klarheit darüber zu verschaffen, welche Zeiten der Prüfung eines Pensionsanspruchs zugrunde zu legen sind. Es soll ihm eine Grundlage für die Entscheidung geben, ob er einen Pensionsantrag stellt oder ob er weiter im Arbeitsleben bleibt, um weitere Zeiten zu erwerben, bzw ob ein solcher Pensionsantrag sinnvoll ist, wenn etwa für eine bestimmte Pensionsleistung eine gewisse Mindestzahl von Zeiten vorgesehen ist […].

3.3. Aus diesem Grund sollte versicherten Personen nach den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers ein Recht auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten eingeräumt werden (ErläutRV 1314 BlgNR 22. GP 3). § 247 Abs 2 ASVG gewährt daher einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten.

3.4. Dieser Anspruch ist jedoch an zwei Voraussetzungen geknüpft. Bei seiner Schaffung durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 (SVÄG 2006), BGBl I 2006/130BGBl I 2006/130, bestanden diese in einer zeitlichen Einschränkung der Antragstellung (frühestens drei Jahre vor Vollendung des frühestmöglichen Anfallsalters für eine Schwerarbeitspension) und im Vorliegen von bereits 444 Versicherungsmonaten. Mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV-ZG), BGBl I 2017/125BGBl I 2017/125, wurden beide Voraussetzungen im Sinn der geltenden Fassung modifiziert und der Feststellungsanspruch im Ergebnis erweitert, weil die Frist für die Antragstellung auf zehn Jahre vor dem frühestmöglichen Anfall einer Schwerarbeitspension verlängert wurde und nicht mehr auf das Vorliegen einer bestimmten Anzahl von Versicherungsmonaten abgestellt wird, sondern eine Feststellung von Schwerarbeitszeiten (bereits dann) möglich sein soll, wenn aufgrund des bisherigen Versicherungsverlaufs anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für eine Schwerarbeitspension erfüllt werden. Diese letztgenannte Voraussetzung des Feststellungsanspruchs kann als besonderes Feststellungsinteresse bezeichnet werden.

3.5. […]

3.5.1. In den Gesetzesmaterialien wird für die Fälle, in denen das besondere Feststellungsinteresse des § 247 Abs 2 ASVG fehlt, zwar ausgeführt, dass der Antrag „in einem vereinfachten Verfahren zurückgewiesen“ werden kann. Auch in der Literatur wird (noch zu § 247 Abs 2 ASVG idF des SVÄG 2006) vertreten, dass der zuständige Versicherungsträger bei Nichtvorliegen der normierten Voraussetzungen den Antrag „zurückzuweisen“ habe (Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 367 ASVG Rz 29 […]).

3.5.2. Dem ist nicht zu folgen. Nach dem Wortlaut des § 247 Abs 2 ASVG ist das Bestehen des dort normierten Feststellungsanspruchs an die beiden ausdrücklich genannten Voraussetzungen geknüpft. Es 51handelt sich daher nicht um eine der eigentlichen Leistungssache vorgelagerte verfahrensrechtliche Hauptfrage, die mit Bescheid im Verwaltungsverfahren zu erledigen wäre (vgl VwGH 92/08/0142; 93/08/0018; 91/08/0062), sondern um eine Frage der Begründetheit des Antrags selbst und somit um materiell-rechtliche Voraussetzungen. Dass die Formulierung des § 247 Abs 2 ASVG auf den Pensionsversicherungsträger abstellt („Der leistungszuständige Pensionsversicherungsträger hat [...]“), entspricht dem Leistungsrecht des ASVG, das sich ganz grundsätzlich an den Pensionsversicherungsträger richtet, und steht dem nicht entgegen. Anhaltspunkte für eine verfahrensrechtliche Voraussetzung lassen sich dem Gesetz vielmehr nicht entnehmen. Die Stellung der Bestimmung im Vierten Teil des ASVG (und nicht in dessen das Verfahren regelnden Siebenten Teil) bestätigt diese Auslegung. Die nur in den Materialien enthaltene, im Gesetz aber nicht angedeutete gegenteilige Aussage kann im Weg der Auslegung nicht Geltung erlangen […].

3.5.3. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 247 Abs 2 ASVG ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Ihr Fehlen führt nicht zur Zurück-, sondern zur Abweisung des Feststellungsbegehrens mangels Vorliegens eines Feststellungsanspruchs.

4. Dass der Kläger den gegenständlichen Antrag innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem frühestmöglichen Anfallsalter für eine Schwerarbeitspension stellte, wird von keiner Partei in Zweifel gezogen. Der Feststellungsanspruch des Klägers scheitert hingegen am Fehlen des in § 247 Abs 2 ASVG außerdem vorausgesetzten besonderen Feststellungsinteresses.

4.1. Der Gesetzgeber wollte im Rahmen des SV-ZG das Recht versicherter Personen auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten erweitern, und zwar nicht bloß durch die Ausdehnung des Zeitraums, innerhalb dessen ein Antrag gestellt werden kann, sondern auch durch die Abschaffung des Erfordernisses, dass mindestens 444 Versicherungsmonate vorliegen müssen. Stattdessen sollte ein Feststellungsanspruch lediglich in solchen Fallkonstellationen ausscheiden, in denen ein Anspruch auf Schwerarbeitspension in der Zukunft nicht entstehen kann, weil dann ein Feststellungsinteresse fehlt. Nach dem Zweck des Gesetzes und den Absichten des historischen Gesetzgebers ist dieses Erfordernis daher einschränkend zu interpretieren. Im Rahmen der Prüfung sind somit keine Vorhersagen darüber zu treffen, ob und welche Versicherungszeiten in der Zukunft von der versicherten Person wahrscheinlich noch erworben werden, sondern ausschließlich, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine Schwerarbeitspension vor der Erreichung des Regelpensionsalters erfüllt werden können. Nur im umgekehrten Fall, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension nicht mehr erfüllbar sind, etwa weil die erforderlichen Versicherungsmonate (also auch Schwerarbeitsmonate) bis zum Erreichen des Regelpensionsalters (auch unter günstigsten Bedingungen, etwa die Fortsetzung einer als Schwerarbeit zu qualifizierenden Tätigkeit in der Zukunft) nicht mehr erworben werden können, ist das erforderliche Feststellungsinteresse und damit ein Anspruch auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten nach § 247 Abs 2 ASVG zu verneinen.

4.2. Der Kläger erreicht das Regelpensionsalter * 2025. Berücksichtigt man die festgestellten acht Schwerarbeitsmonate bis zum 31. Dezember 2019, ist es aus zeitlichen Gründen nicht möglich, dass der Kläger vor dem Erreichen des Regelpensionsalters die für eine Schwerarbeitspension nach § 607 Abs 14 ASVG oder § 4 Abs 3 APG erforderlichen 120 Schwerarbeitsmonate erwirbt. Eine Feststellung von Schwerarbeitszeiten iSd § 247 Abs 2 ASVG kommt daher nicht in Betracht, und zwar auch nicht in Bezug auf die im gegenständlichen Zeitraum unstrittig vorliegenden acht Schwerarbeitsmonate.

5.1. Soweit das Berufungsgericht davon ausgeht, dass ihm in der Entscheidung 10 ObS 52/22b die Rechtsansicht überbunden worden sei, dass das Feststellungsinteresse des § 247 Abs 2 ASVG vorliege, beruht dies auf einem Missverständnis. Im Rahmen der Entscheidungen 10 ObS 52/22b und 10 ObS 12/22w war lediglich zu prüfen, ob die Beklagte durch die Feststellung von Schwerarbeitszeiten beschwert war, obwohl (nach geltender Rechtslage) ein Anspruch auf Schwerarbeitspension nicht erworben werden kann. Dies wurde in den genannten Entscheidungen bejaht, weil die Feststellung iSd § 247 Abs 2 ASVG die Beklagte im Fall der Rechtskraft für die Zukunft bindet (was bei Änderung der Rechtslage auch zu Leistungsansprüchen führen könnte). Von dieser (möglichen) Wirkung einer Entscheidung iSd § 247 Abs 2 ASVG, die zu ihrer Anfechtbarkeit führt, ist aber die Frage zu unterscheiden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft. Anlass für Aussagen des Obersten Gerichtshofs zu dieser Frage gab es im Rahmen der genannten Entscheidungen nicht.

5.2. Der vom Berufungsgericht und vom Kläger in der Revisionsbeantwortung darüber hinaus ins Treffen geführte Grundsatz der sukzessiven Kompetenz ist hier nicht einschlägig, weil es […] um materiell-rechtliche Voraussetzungen für das Bestehen eines Feststellungsanspruchs geht, die sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergeben. Erlässt der Versicherungsträger daher einen Bescheid nach § 247 Abs 2 ASVG, kann dagegen – dem Grundsatz der sukzessiven Kompetenz entsprechend – Klage erhoben und die Frage einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden. Der Umstand, dass im gerichtlichen Verfahren die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind und eine Klage gegebenenfalls abzuweisen ist, tut dem keinen Abbruch.

5.3. Der Kläger weist in der Revisionsbeantwortung darauf hin, dass sich die Rechtslage ändern könnte, und befürchtet den Eintritt einer für allfällige Pensionsansprüche ungünstigen Bindungswirkung. Aus 52dem Umstand, dass das Klagebegehren abgewiesen wird, folgt allerdings nicht die Feststellung, dass Schwerarbeitszeiten nicht vorliegen. Das Klagebegehren ist vielmehr bloß mangels Bestehens eines Feststellungsanspruchs abzuweisen, weil (aufgrund der hervorgekommenen Versicherungsmonate) nicht anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für eine Schwerarbeitspension vor Erreichung des Regelpensionsalters erfüllt werden.

Der Zweck des § 247 Abs 2 ASVG und ihr Verweis auf § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 3 APG stellen klar, dass das Vorliegen des besonderen Feststellungsinteresses von der Erfüllbarkeit der im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gültigen Voraussetzungen für den Erwerb einer Schwerarbeitspension abhängt. Sollten sich diese Voraussetzungen nach dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt ändern, steht die Rechtskraft der abweisenden Entscheidung einem neuerlichen Verfahren nach § 247 Abs 2 ASVG somit nicht entgegen.

Im Übrigen wird durch die Verneinung des besonderen Feststellungsinteresses des § 247 Abs 2 ASVG nur das Vorliegen eines Feststellungsanspruchs (als Hauptfrage) entschieden. Im Fall der Verneinung des Feststellungsanspruchs (sei dies wegen Antragstellung mehr als zehn Jahre vor Vollendung des Regelpensionsalters, sei dies wegen Fehlens des besonderen Feststellungsinteresses) kommt es – entgegen der Befürchtung des Klägers in der Revisionsbeantwortung – nicht zu einer spruchmäßigen Feststellung dahingehend, dass bestimmte Zeiten Schwerarbeitszeiten (nicht) darstellen. Die Frage, ob und wieviele Schwerarbeitsmonate im betreffenden Zeitraum vorliegen, wird vielmehr nur als Vorfrage für das Bestehen eines Feststellungsanspruchs geprüft. Die bloße Lösung als Vorfrage in den Entscheidungsgründen und die Tatsachenfeststellungen dazu lösen eine Bindungswirkung aber schon grundsätzlich nicht aus […], sodass die vorliegende Entscheidung den Kläger auch nicht an der Stellung eines Antrags auf Zuerkennung einer Schwerarbeitspension hindert.

6. Zusammenfassend ergibt sich:

Das nach § 247 Abs 2 ASVG für die Feststellung von Schwerarbeitszeiten erforderliche Feststellungsinteresse ist im Gerichtsverfahren auch dann zu prüfen, wenn der bekämpfte Bescheid die Feststellung aus anderen Gründen ablehnte. Dieses Feststellungsinteresse ist (nur) zu verneinen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension vor der Erreichung des Regelpensionsalters nicht erfüllbar sind, etwa weil die erforderlichen Versicherungsmonate (oder Schwerarbeitsmonate) bis dahin (auch unter günstigsten Bedingungen) nicht mehr erworben werden können. In diesem Fall ist der in § 247 Abs 2 ASVG normierte Feststellungsanspruch zu verneinen und das auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten gerichtete Klagebegehren abzuweisen.

7. Der Revision der Beklagten ist somit Folge zu geben und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen. Dabei war nur über den Feststellungsanspruch nach § 247 Abs 2 ASVG abzusprechen. Die Rechtsprechung, wonach der Bescheid, mit dem der Versicherungsträger gemäß § 247 ASVG die Versicherungszeiten feststellt, eine inhaltliche Einheit bildet […] und daher über den gesamten Bescheidinhalt neuerlich abzusprechen wäre […], geht auf die Rechtslage vor Schaffung des § 247 Abs 2 ASVG zurück und fußt maßgeblich auf der Überlegung, dass das Begehren auf Feststellung weiterer Versicherungszeiten immer auch die im Bescheid festgestellte Gesamtanzahl der Versicherungsmonate berührt (vgl 10 ObS 55/87 SSV-NF 1/41; 10 ObS 26/87 SSV-NF 1/18). Dies trifft auf die im bekämpften Bescheid getroffene Feststellung iSd § 247 Abs 1 ASVG jedoch nicht zu, weil es nicht um das Vorliegen von (weiteren) Versicherungszeiten geht, sondern nur um ihre Qualifikation als Schwerarbeitszeit. Dafür spricht auch, dass das Gesetz für die Feststellung von Versicherungszeiten und von Schwerarbeitszeiten unterschiedliche Bestimmungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen vorsieht.

ERLÄUTERUNG

Im Mittelpunkt dieser E stand die Feststellung von Schwerarbeitszeiten. Gem § 247 Abs 2 ASVG können Versicherte frühestens zehn Jahre vor Vollendung des Anfallsalters nach § 607 Abs 12 ASVG bzw frühestens zehn Jahre vor Vollendung des frühestmöglichen Anfallsalters nach § 4 Abs 3 APG Schwerarbeitszeiten feststellen lassen, wenn auf Grund der bisher erworbenen Versicherungsmonate anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen nach § 607 Abs 14 ASVG (Langzeitversicherungspension mit Schwerarbeit) oder nach § 4 Abs 3 APG (Schwerarbeitspension) vor der Erreichung des Regelpensionsalters erfüllt werden können. Bei beiden Pensionsformen ist das Vorliegen von mindestens 120 Schwerarbeitsmonaten iSd § 4 SchwerarbeitsVO (BGBl II 2006/104BGBl II 2006/104 idF BGBl II 2019/413BGBl II 2019/413) innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag notwendig. Zur Prüfung, ob Schwerarbeitszeiten vorliegen, sind teils umfangreiche Ermittlungen notwendig. Im Hinblick auf etwaige Beweisschwierigkeiten länger zurückliegender Sachverhalte ist dabei die rechtzeitige Feststellung von Schwerarbeitszeiten für die Versicherten von Vorteil.

Bemerkenswert ist in der Entscheidung die Tatsache, dass die gegenständliche Sozialrechtssache ein zweites Mal ihren Weg zum OGH gefunden hat. Dabei hatte das Berufungsgericht die Argumentation des OGH zur materiellen Beschwer, nämlich dass die Rechtslage sich zukünftig ändern könne und daher der Versicherungsträger dadurch materiell beschwert sei, anlässlich des ersten Revisionsverfahrens in OGH 24.5.2022, 10 ObS 52/22b, aufgegriffen und auf das Feststellungsinteresse des Versicherten umgelegt. Im zweiten Revisionsverfahren ließ der OGH diese Argumentation des Feststellungsinteresses nachvollziehbarerweise nicht gelten und änderte selbständig die Urteile dahingehend ab, dass das Feststellungsbegehren von Schwerarbeitszeiten des 53Kl für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum abgewiesen wurde – auch wenn der Versicherte de facto in acht Monaten Schwerarbeit gem § 4 iVm § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsVO verrichtete.

Mit der E ging der OGH zudem ausführlich auf die Voraussetzungen des besonderen Feststellungsinteresses gem § 247 Abs 2 ASVG ein. Nur wenn diese erfüllt seien, können auch Schwerarbeitsmonate festgestellt werden. Soweit die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, ist das Feststellungsbegehren auf Schwerarbeitszeiten ab- und nicht zurückzuweisen, da nicht verfahrensrechtliche, sondern materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzungen zur Ablehnung des Begehrens führen. Die Prüfung, ob und wie viele Schwerarbeitsmonate im relevanten Rahmenzeitraum liegen, ist als Vorfrage für das Bestehen des Feststellungsanspruchs zu werten. Mit der Abweisung kommt es nicht zu einer spruchmäßigen Feststellung dahingehend, dass bestimmte Zeiten keine Schwerarbeitszeiten darstellen. Die Bindungswirkung erstreckt sich nur auf den Abweisungsgrund des mangelnden Feststellunginteresses. Im Falle einer Änderung der Rechtslage dahingehend, dass die Zugangsvoraussetzungen zur Schwerarbeitspension gelockert werden und die acht Schwerarbeitsmonate des Kl zu einem Leistungsanspruch führen würden, könnte dieser erneut ein Feststellungsverfahren führen bzw wäre ihm der Zugang zur entsprechenden Leistung nicht verwehrt.