31

Invaliditätspension: Kein Eintritt in das Erwerbsleben bei bloß geringfügiger Beschäftigung und Besuch von Schulungsmaßnahmen nach dem AMFG

STEPHANIEPRINZINGER

Die 1997 geborene Kl hat vom 9. bis 14.7.2012 eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Zeitweise hat sie Arbeitslosengeld bezogen. Insgesamt hat sie sechs Beitragsmonate in der Pflichtversicherung-Teilversicherung (APG) erworben.

Mit Bescheid vom 25.10.2021 lehnte die Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Kl vom 29.6.2021 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ab, weil Invalidität nicht dauerhaft vorliege. Weiters liege auch vorübergehende Invalidität von zumindest sechs Monaten nicht vor.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1.7.2021 ab, da grundsätzliche Voraussetzung für die Gewährung einer Invaliditätspension der Eintritt in das Erwerbsleben sei. Diese Voraussetzung erfülle die Kl nicht, da sie durch die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung nicht in die Pflichtversicherung und in den Zeiträumen der Arbeitslosigkeit nicht in das Erwerbsleben eingetreten sei.

Die außerordentliche Revision wurde vom OGH mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der OGH führt dazu aus: Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit setzt nach stRsp voraus, dass sich der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten nach Beginn einer Erwerbstätigkeit in einem für die Arbeitsfähigkeit wesentlichen Ausmaß verschlechtert hat. Es ist daher entscheidungswesentlich, ob der Versicherte ursprünglich arbeitsfähig war und die Arbeitsfähigkeit durch eine nachträglich eingetretene Verschlechterung beeinträchtigt wurde. Maßgeblich für den Zeitpunkt des Eintritts in das Berufsleben ist die „erstmalige Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung“. Der OGH verweist auf seine Rsp, wonach der Besuch von Schulungsmaßnahmen nach dem AMFG keinen Eintritt in das Erwerbsleben bedeutet. Der OGH hält fest, dass es für das Vorliegen einer Invalidität nach § 255 Abs 1 bis 4 ASVG der Feststellung bedürfe, dass die Kl tatsächlich eine die Pflichtversicherung in der PV nach dem ASVG begründende Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts aufgenommen hätte, in welchem Fall ein maßgeblicher Vergleichszeitpunkt für die Veränderung der Arbeitsfähigkeit heranzuziehen und in weiterer Folge gegebenenfalls für diesen Zeitpunkt das Maß der Arbeitsfähigkeit der Kl festzustellen gewesen wäre. Der Eintritt in das Erwerbsleben kann nach Ansicht des OGH nicht durch die Aufnahme der geringfügigen Tätigkeit begründet werden.

Sollte die von der Kl behauptete Arbeitsunfähigkeit bereits vor Eintritt in das Erwerbsleben bestanden haben, könnte die Kl nur dann gem § 255 Abs 7 ASVG als invalid gelten, wenn sie mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz erworben hätte.

Hinsichtlich der von der Kl geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken verweist der OGH auf seine stRsp, nach der solche weder gegen die Voraussetzungen des § 255 Abs 1 bis 4 ASVG, dass während einer versicherten Tätigkeit Arbeitsfähigkeit bestanden haben muss, noch gegen die Voraussetzung des Erwerbs von 120 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit nach § 255 Abs 7 ASVG bestehen. 54