6Funktionszulage einer pharmazeutischen Fachkraft ist bei Teilzeitbeschäftigung nicht zu aliquotieren
Funktionszulage einer pharmazeutischen Fachkraft ist bei Teilzeitbeschäftigung nicht zu aliquotieren
Die Kl ist als Apothekerin beim Land Steiermark teilzeitbeschäftigt und dabei als eine Herstellungsleiterin gem § 8 Arzneimittelbetriebsordnung 2009 (AMBO) in einer (Krankenhaus-)Anstaltsapotheke tätig. Auf ihr Dienstverhältnis ist der KollV für pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken Österreichs anzuwenden.
Die DG brachte die der Kl aufgrund ihrer Funktion einer Herstellungsleiterin nach Art XVI Abs 5 KollV (iVm § 8 AMBO) zustehende Zulage nicht in der vollen Höhe, sondern nur aliquot ihrem Beschäftigungsausmaß zur Auszahlung. Die Kl begehrt mit ihrer Klage den Differenzbetrag zur vollen Höhe (€ 8.591,87 brutto sA). Der KollV sehe in Hinsicht auf die in Rede stehende Zulage keine Aliquotierung vor. Hilfsweise beruft sich die Kl auf das Diskriminierungsverbot nach § 19d Abs 6 AZG.
Das beklagte Land beantragte die Abweisung der Klage und vertritt zusammengefasst den Rechtsstandpunkt, aus Art XVI Abs 4 KollV ergebe sich im Umkehrschluss, dass der Kl, die gerade nicht Apotheken-, sondern nur Herstellungsleiterin sei, die Zulage nur in dem ihrer Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß zustehe. Hierfür sprächen zudem Art XII Abs 7 KollV und § 15 Abs 3 Gehaltskassengesetz 2002.
Die Vorinstanzen beurteilten übereinstimmend den Sachverhalt rechtlich dahin, dass der KollV keine Grundlage für eine Aliquotierung der Zulage biete. Eine solche ergebe sich mangels Anwendbarkeit auch nicht aus der ins Treffen geführten Bestimmung des Gehaltskassengesetzes. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, da der gegenständlichen Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukomme.
Der OGH erachtete die Revision der Bekl für zulässig, jedoch für nicht berechtigt und führte aus:
Der normative Teil eines KollV ist gem §§ 6 und 7 ABGB auszulegen. Nach dem Wortlaut des Art XVI Abs 5 des hier anzuwendenden KollV haben Angestellte, die die Funktion eines Herstellungsleiters (§ 8 AMBO) wahrnehmen, Anspruch auf eine Funktionszulage in der Höhe der Leiterzulage gem Art XII Abs 1.
Art XII Abs 1 KollV sieht für die Leiterzulage vor, dass deren Höhe vor Übernahme der Leitung zwischen dem DG und dem vertretungsberechtigten Apotheker zu vereinbaren ist und deren Mindesthöhe durch die Kollektivvertragspartner zu vereinbaren und mittels Rundschreiben zu verlautbaren ist, dass sie Entgelt iSd AngG ist und dass sie eine Abgeltung der erhöhten und besonderen Verantwortung des Apothekenleiters darstellt.
Dass die nach Art XVI Abs 5 (iVm Art XII Abs 1) KollV für die Übernahme der besonderen Verantwortung gebührende Funktionszulage bei Teilzeitbeschäftigung nur aliquot zum Beschäftigungsausmaß zustehe, ist dem Wortlaut des KollV nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis erforderte eine Einschränkung des Wortlauts, der ohne Unterschied nach dem Beschäftigungsausmaß bereits an die Wahrnehmung der Funktion eines Herstellungsleiters (§ 8 AMBO) den Anspruch auf eine Funktionszulage in der (vollen) Höhe des Art XII Abs 1 KollV knüpft.
In der Revision wird die Ansicht vertreten, die Position eines Herstellungsleiters (§ 8 AMBO) sei der eines Apothekenleiters nicht einmal im Ansatz im Hinblick auf eine „Leitungsfunktion“ vergleichbar. Damit weicht das beklagte Land aber von dem die13se Fragen regelnden KollV ab, aus dem sich ergibt, dass beide Funktionen zum Anspruch auf eine Zulage in derselben Höhe führen (Art XVI Abs 5 iVm Art XII Abs 1 KollV). Es darf den Kollektivvertragsparteien grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (RS0008828). Damit ist aber von der Gleichwertigkeit beider Funktionen auszugehen.
Art XVI Abs 5 KollV knüpft hinsichtlich der Höhe an die Leiterzulage gem Art XII Abs 1 an. Nach Satz 3 der verwiesenen Bestimmung stellt die Leiterzulage eine Abgeltung der erhöhten und besonderen Verantwortung des Apothekenleiters dar. Grund für ihre Auszahlung ist damit die Übernahme der mit der Funktion einhergehenden Verantwortung an sich, nicht deren Ausübung in einem bestimmten Beschäftigungsausmaß. Hätten die Kollektivvertragsparteien bei den Funktionszulagen nach Art XVI Abs 5 KollV ein anderes Verständnis gehabt, hätten sie nur auf Art XII Abs 1 Satz 1 KollV verweisen dürfen. Der Verweis erfasst aber den gesamten Abs 1. Damit bezweckt auch die Herstellungsleiterzulage die Abgeltung der mit der Funktion einhergehenden Verantwortung an sich.
Das beklagte Land möchte aus Art XVI Abs 4 KollV ableiten, dass nur die Funktion des Apothekenleiters auch bei Teilzeitbeschäftigung zur vollen Zulage führt. Diesem Verständnis steht aber die Formulierung entgegen, dass den teilzeitbeschäftigten Apothekenleitern in jedem Falle die volle Leiterzulage zusteht. Weil die Formulierung auf eine bloße Klarstellung hinweist, liegt keine geeignete Grundlage für den vom beklagten Land angestrebten Umkehrschluss vor.
Gegen den Standpunkt des beklagten Landes spricht auch der zutreffend vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, dass sich im KollV an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Ansprüchen eine Reihe von Aliquotierungsregelungen finden, eine solche bei der vorliegenden Zulage jedoch nicht vorliegt.
Letztlich ist für den Standpunkt des beklagten Landes auch nichts aus der Bestimmung des § 15 Abs 3 Gehaltskassengesetz 2002 (BGBl I 2001/154 idgF) zu gewinnen, wonach nicht vollbeschäftigte DN die ihrem Dienstausmaß entsprechenden Teile der Bezüge zu erhalten haben. Die Bestimmung gilt für die von der Gehaltskasse auszuzahlenden Bezüge, nämlich Gehalt, Entlohnung, Familienzulagen, Sonderzahlungen (§ 13 Abs 1 Gehaltskassengesetz 2002). Hier liegt demgegenüber ein kollektivvertraglich vereinbarter Bezugsanteil iSd § 18 Abs 1 Gehaltskassengesetz vor, welcher nach der soeben genannten Bestimmung vom DG selbst zu entrichten ist und nur diesem gegenüber geltend gemacht werden kann. § 15 Abs 3 Gehaltskassengesetz gilt für derartige Bezugsanteile nach der eindeutigen Gesetzessystematik nicht.
Der OGH teilt aus den genannten Gründen die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kl bereits aufgrund der Auslegung des KollV nach den allgemeinen Regeln gem §§ 6 und 7 ABGB die Zulage ungeachtet ihrer Teilzeitbeschäftigung in voller Höhe zusteht.