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Automatische Beendigung des Dienstverhältnisses bei Vertragsbediensteten wegen (fortgesetzten) Einjahreskrankenstandes

HELMUTZIEHENSACK (WIEN)
  1. Gem § 24 Abs 9 VBG 1948 endet dann, wenn Dienstverhinderungen wegen Unfall oder Krankheit ein Jahr gedauert haben, das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten (VB) mit Ablauf dieser Frist. Eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes eintritt, gilt als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung.

  2. Der DG hat den VB spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist nachweislich vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses gem Satz 1 zu verständigen. Erfolgt die nachweisliche Verständigung später, so endet das Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung.

  3. Nach § 8a BEinstG ist im Falle eines begünstigten Behinderten der Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf dieser Frist von Amts wegen zu verständigen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam. Der Gesetzeswortlaut und der Regelungszweck erfordern keine Wiederholung der bereits erfolgten Verständigung des Behindertenausschusses für den Fall, dass die sie auslösende Dienstverhinderung dann doch kein ganzes Jahr gedauert hat, aber die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund einer Zusammenrechnung mit nachfolgenden Krankenständen gem § 24 Abs 9 VBG 1948 eintritt.

[1] Der Kl war bei der Bekl seit März 2010 als VB beschäftigt. Er ist begünstigter Behinderter iSd § 2 BEinstG. Ab dem 13.5.2019 war er durchgehend im Krankenstand. Mit Schreiben vom 30.1.2020 teilte die Bekl dem Kl mit, dass sein Dienstverhältnis gem § 24 Abs 9 VBG 1948 nach einjährigem Krankenstand, sohin mit Ablauf des 12.5.2020, enden werde. Sollte er den Dienst bis dahin wieder antreten, würden weitere Krankenstände innerhalb von sechs Monaten ab dem Wiederantritt des Dienstes der Ersterkrankung angerechnet werden und würde das Dienstverhältnis nach einjähriger Krankenstandsdauer enden. Ein inhaltsgleiches Schreiben erging am selben Tag an den Behindertenausschuss.

[2] Am 1.4.2020 trat der Kl seinen Dienst wieder an. Diesen Umstand und dass das Dienstverhältnis des Kl daher nicht mit Ablauf des 12.5.2020 ende, teilte die Bekl dem Behindertenausschuss am 17.4.2020 auf dessen Anfrage mit, dies unter nochmaligem Hinweis auf die Anrechnung weiterer innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt eintretender Dienstverhinderungen und die Beendigung nach insgesamt einjähriger Krankenstandsdauer.

[3] Vom 20.7.2020 bis 11.9.2020 war der Kl neuerlich im Krankenstand. Mit Schreiben vom 2.9.2020 teilte ihm die Bekl die Beendigung seines Dienstverhältnisses mit Ablauf des 31.8.2020 gem § 24 Abs 9 VBG mit. Den Behindertenausschuss informierte die Bekl davon am 9.12.2020.

[4] Der Kl begehrt die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis über den 31.8.2020 hinaus aufrecht sei. Nach seiner Wiedererkrankung am 20.7.2020 habe die Bekl entgegen § 24 Abs 9 VBG 1948 und § 8a BEinstG verabsäumt, ihn und den Behindertenausschuss neuerlich von der möglichen Beendigung des Dienstverhältnisses zu verständigen.

[5] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Bekl habe mit der einmaligen Mitteilung ihrer Verständigungspflicht Genüge getan.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Zweck der strittigen gesetzlichen Verständigungspflicht liege darin, dem VB die Rechtslage vor Augen zu führen und eine Stellungnahme zur allfälligen Zweckmäßigkeit einer Verlängerungsvereinbarung zu ermöglichen. Die Annahme einer wiederholten Verständigungspflicht bei mehreren zusammenzurechnenden Dienstverhinderungen widerspreche sowohl dem Wortlaut als auch dem Zweck der Regelung. [...]

[9] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

[10] 1. Gem § 24 Abs 9 VBG 1948 endet dann, wenn Dienstverhinderungen wegen Unfall oder Krankheit ein Jahr gedauert haben, das Dienstverhältnis des VB mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, dass vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung. Der DG hat den VB spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist nachweislich vom bevorstehenden Ende des Dienstverhältnisses gem Satz 1 zu verständigen. Erfolgt die nachweisliche Verständigung später, so endet das Dienstverhältnis drei Monate nach dieser Verständigung, sofern der VB bis dahin den Dienst nicht wieder angetreten hat und vor Ablauf dieser Frist auch keine Verlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart worden ist.

11] Nach § 8a BEinstG ist, soweit in dienstrechtlichen Vorschriften für Bedienstete einer Gebietskörperschaft die Beendigung des Dienstverhältnisses wegen langer Dienstverhinderung infolge Krankheit kraft Gesetzes vorgesehen ist, im Falle eines begünstigten Behinderten der Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf dieser Frist von Amts wegen zu verständigen. Der Behindertenausschuss 150 hat zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird – ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften – frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam.

[12] 2. Im Fall des Kl sind die zeitlichen Voraussetzungen des § 24 Abs 9 VBG 1948 unstrittig erfüllt und wurde eine Verständigung nach § 8a BEinstG von der Bekl länger als drei Monate vor dem Ablauf der Jahresfrist durchgeführt.

[13] Nach den Gesetzesmaterialien zu § 8a BEinstG idgF blieb vor der Einführung der Dreimonatsfrist die Verständigungspflicht des Behindertenausschusses in der Praxis in vielen Fällen unbeachtet, sodass Dienstverhältnisse endeten, ohne dass dem Behindertenausschuss Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden war. Um dem entgegenzuwirken, sei die Nicht- oder verspätete Befassung des Behindertenausschusses mit dem Hinausschieben des Endigungstermins sanktioniert worden (vgl 9 ObA 5/21g mwN; etwa ErläutRV 1518 BlgNR 20. GP 12 f).

[14] Der Zweck dieser Regelung besteht darin, ein gesetzeskonformes Verhalten des AG zu erreichen, sodass dem Behindertenausschuss eine Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit einer Fortsetzungsvereinbarung tatsächlich ermöglicht wird. Er ist zur Stellungnahme aber nicht verpflichtet. Der DG ist an eine positive Empfehlung des Behindertenausschusses auch nicht gebunden (K. Mayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 8a BEinstG Rz 2; Widy in Widy/Auer-Mayer/Schrattbauer, Behinderteneinstellungsgesetz § 8a Rz 5).

[15] Der Gesetzeswortlaut und der beschriebene Regelungszweck erfordern, wie die Vorinstanzen bereits ausgeführt haben, keine Wiederholung der bereits erfolgten Verständigung des Behindertenausschusses für den Fall, dass die sie auslösende Dienstverhinderung dann doch kein ganzes Jahr gedauert hat, aber die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund einer Zusammenrechnung mit nachfolgenden Krankenständen gem § 24 Abs 9 VBG 1948 eintritt. Da zum Zeitpunkt der mindestens drei Monate vor dem frühesten Enddatum liegenden Verständigung regelmäßig noch nicht sicher feststeht, ob es überhaupt zu einer einjährigen Dienstverhinderung kommen wird und wenn ja, ob diese durchgehend sein oder durch Zusammenrechnung erreicht wird, hat der Behindertenausschuss ohnehin bei seiner Stellungnahme bereits diese Varianten mit zu berücksichtigen.

hätte, wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt, die Konsequenz, dass eine neuerliche Verständigung nach § 24 Abs 9 VBG 1948 im Fall einer zusammenzurechnenden weiteren Dienstverhinderung praktisch nie innerhalb von drei Monaten vor dem nächsten voraussichtlichen Enddatum möglich wäre und sich dieses Enddatum dadurch weiter hinausschieben würde. Eine solche Regelungsabsicht kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, weil der Gesetzeszweck bereits mit der ersten Verständigung erfüllt wurde und für eine praktisch unausweichliche Verlängerung des Dienstverhältnisses trotz gesetzeskonformen Verhaltens des DG eine sachliche Begründung fehlen würde.

[17] Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen daher mit der Rechtslage im Einklang. [...]

ANMERKUNG
1.
Ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses bei Ein-Jahreskrankenstand nach § 24 Abs 9 VBG

Die Dienstunfähigkeit wird als Kündigungsgrund in § 32 Abs 2 Z 2 VBG definiert, während sie im allgemeinen Arbeitsrecht einen Entlassungsgrund darstellt (§ 82 lit b und f GewO 1859, § 27 Z 2 und 4 AngG). Allerdings nimmt bei letzterem Fall von begünstigten Behinderten iSd BEinstG die Judikatur (OGH 21.2.2013, 9 ObA 127/12k = ZAS-Judikatur 2013/65 = wbl 2013/121 [Mayer] = ecolex 2013/266 = ARD 6355/1/2013 = RZ 2013, 196 = DRdA 2013, 535 = infas 2013 A 63 = Arb 13.096 = SZ 2013/21) eine Einschränkung des Entlassungsrechts des DG vor. Das „Restentlassungsrecht“ besteht nur gestützt auf andere Entlassungsgründe bzw im Fall der Dienstunfähigkeit dann, wenn diese so weit geht, dass eine Beschäftigung überhaupt ausscheidet („überhaupt am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr arbeitsfähig ist“). Nach der modernen Ausdrucksweise lautet der Kündigungsgrund nunmehr, dass der/die VB „sich für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben als gesundheitlich ungeeignet erweist“. Damit wollte der Gesetzgeber des Bundes-Behindertengleichstellungs- BegleitG (BGBl I 2006/90) erreichen, dass die stigmatisierende Wirkung der früheren Formulierung („sich für eine entsprechende Verwendung als geistig oder körperlich ungeeignet erweist“) hinwegfällt. Ebenso knüpft § 24 Abs 9 VBG an die Dienstunfähigkeit an (siehe dazu auch Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 24 VBG Rz 41 ff mwN). Bei der Inanspruchnahme des Krankenstandes sowie dem Fernbleiben vom Dienst aus sonstigen gerechtfertigten Gründen handelt es sich um keine Dienstpflichtverletzungen. Mangels vorliegender Kündigungsgründe scheidet demnach eine Beendigung des Dienstverhältnisses von DG-Seite grundsätzlich aus. Bei fortschreitender Beeinträchtigung der Gesundheit durch die Dienstverrichtung, manifestiert etwa durch ein Ansteigen der Krankenstände, kann ein Grund für den (berechtigten) Austritt des/der VB aus dem Dienstverhältnis vorliegen (Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 34 VBG VI.2.). Darüber hinaus sieht § 24 Abs 9 VBG die automatische Beendigung des Dienstverhältnisses bei Langzeitkrankenständen – mit flankierender Zusammenrechnungsbestimmung und Erfordernis vorheriger schriftlicher Warnung des/der DN durch den DG – vor.

Im Hinblick auf die im allgemeinen Arbeitsrecht entwickelte Rsp (OGH 25.9.1991, 9 ObA 158/91 = ZAS 1992/20, 160 = Arb 10.985 = SZ 64/132 = 151ecolex 1992, 39; OGH 25.9.1996, 9 ObA 2167/96h ua; RS0028917; RS0021592), wonach dann, wenn ein für die Beurteilung des Eintritts der vereinbarten Resolutivbedingung maßgeblicher Zeitpunkt nicht auch nur annähernd feststeht, dies nicht als zulässige Zeitbestimmung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu qualifizieren ist und darum das Arbeitsverhältnis vom AG einseitig nur durch Kündigung oder Entlassung gelöst werden kann, wurde die Zulässigkeit und Anwendbarkeit der Bestimmung des § 24 Abs 9 VBG bzw ihrer Parallelnorm in § 26 Abs 9 NÖ-GVBG in Zweifel gezogen (vgl Mazal,

, ebenso Grassl-Palten, ZAS 1992, 163 in deren jeweiligen Glossen zu OGH 25.9.1991, 9 ObA 158/91 = SZ 64/132 = = ZAS 1992/20 = Arb 10.985 = ecolex 1992, 39). Der OGH ließ diese Frage in der OGHE 11.1.2001, 8 ObA 178/00k = SZ 74/2 mangels Entscheidungswesentlichkeit noch offen („Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die davon abweichende gesetzliche Regelung des § 26 Abs 9 des NÖ-GVBG wegen Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verfassungswidrig ist.“), ging aber in einer Reihe von Entscheidungen doch von der Anwendbarkeit und damit dem Bestand der Norm des § 24 Abs 9 VBG aus (zB OGH 11.1.2001, 8 ObA 178/00k = SZ 74/2, ergangen zu § 26 Abs 9 nö GdVBG; OGH 5.9.2001, 9 ObA 159/01z; OGH 27.8.2013, 9 ObA 66/13s; OGH 23.11.2020, 8 ObA 46/20b). Gegen die Verfassungsmäßigkeit der in § 24 Abs 9 VBG festgelegten Resolutivbedingung, bei deren Eintritt das Dienstverhältnis des/der VB durch Zeitablauf endet, bestehen keine Bedenken (OGH 27.8.2013, 9 ObA 66/13s; OGH 23.11.2020, 8 ObA 46/20b; RS0129049). Das dem öffentlichen DG in § 24 Abs 9 VBG eingeräumte Ermessen (Kann-Bestimmung), auf die automatische Beendigung des Dienstverhältnisses bei Langzeitkrankenständen zu dringen, ist von nachvollziehbaren Gesichtspunkten getragen (RS0129049). Auch eine EU-Rechtswidrigkeit liegt nicht vor: Durch die Gleichbehandlungsrahmen-RL 2000/78/EG wird nach ihrem Erwägungsgrund 17 unbeschadet der Verpflichtung, für Menschen mit Behinderung angemessene Vorkehrungen zu treffen, nicht die Weiterbeschäftigung einer Person vorgeschrieben, die für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes nicht fähig oder verfügbar ist (OGH 23.11.2020, 8 ObA 46/20b). Eine auch nur mittelbare Ungleichbehandlung von AN mit und ohne Behinderung durch eine Vorschrift widerspricht nicht dem Diskriminierungsverbot, wenn sie iSd Art 2 Abs 2 lit b RL 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich sind, oder der AG aufgrund des einzelstaatlichen Rechts verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen vorzusehen, um die sich durch diese Vorschrift ergebenden Nachteile zu beseitigen (OGH 23.11.2020, 8 ObA 46/20b: Die Beurteilung der Angemessenheit erforderlicher Maßnahmen ist nach der Rsp des EuGH im Einzelfall den nationalen Gerichten vorbehalten [EuGHC-335/11, 337/11, HK Danmark, ECLI:EU:C:2013:222; EuGHC-270/16, Ruiz/Conejero, ECLI:EU:C:2018:17]).

2.
Langzeitkrankenstände in „Etappen“

In der vorliegenden E hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es zur automatischen Auflösung des Dienstverhältnisses wegen Ein-Jahreskrankenstandes auch dann kommen kann, wenn es sich bei dem oder der betreffenden DN um eine/n begünstigte/n Behinderte/n nach dem BEinstG handelt und der Ein-Jahreskrankenstand nicht in einem Stück aufgetreten ist, sondern in mehrfachen Etappen. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 24 Abs 9 VBG gelten nämlich Wiedererkrankungen innerhalb von sechs Monaten als Fortsetzung des Erstkrankenstandes. Dies bedeutet, dass auch Zweit-, Dritt- oder sonstige Folgekrankenstände zum Erstkrankenstand hinzugerechnet werden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach dem Erstkrankenstand auftreten.

3.
Sonderregel nach dem BEinstG

Bei begünstigten Behinderten nach dem BEinstG tritt als zusätzliches Erschwernis für den AG hinzu, dass auch eine Verständigung des Behindertenausschusses erforderlich wird. Diesem kommt zwar keine Verhinderungsmöglichkeit der automatischen Beendigung des Dienstverhältnisses zu, jedoch tritt die Wirkung der automatischen Beendigung dann nicht ein, wenn die Verständigung (noch) nicht erfolgt ist.

In der vorliegenden Konstellation stellte sich die Frage, ob nach der bereits einmal durchgeführten Verständigung des Behindertenausschusses über die bevorstehende automatische Beendigung des Dienstverhältnisses eines oder einer bestimmten VB hinausgehend auch noch eine zweite Verständigung (und dann allenfalls auch noch eine dritte oder vierte oder weiter folgende) erforderlich würde, wenn nicht bereits der erste (durchgehende) Krankenstand das vom Gesetzgeber vorgesehene Ausmaß von einem Jahr zu erreichen drohte bzw dies zwar sehr wohl der Fall war, sodann eine (Erst-)Verständigung erfolgt ist, dann aber eben ein Wiederantritt des Dienstes und in Konsequenz eine Wiedererkrankung innerhalb von sechs Monaten.

Mit überzeugenden Gründen sprach sich die zweite Instanz unter Billigung des OGH für den Standpunkt aus, dass in derartigen Fällen eine einmalige Verständigung des Behindertenausschusses reicht. Dadurch wird nämlich sowohl dem Behindertenausschuss als auch dem/r betroffenen DN, welchem/r der Status als begünstigte/r Behinderte/r zukommt, hinreichend klar und deutlich vor Augen geführt, dass es zum Erhalt des Arbeitsplatzes unbedingt erforderlich ist, dass eine alsbaldige (und bleibende) Genesung erfolgt, um in Folge die Planstelle ordnungsgemäß ausfüllen zu können.

Das vom Gericht präsentierte argumentum ad absurdum überzeugt: Die Gegenansicht hätte nämlich zur Konsequenz, dass bei Wiedererkrankungen stets neuerliche Verständigungen des Behindertenausschusses durchgeführt werden müssten und es so unnötig zu einem Hinauszögern des Endtermines käme, der dann im Verständigungszeitpunkt 152 des Behindertenausschusses durch den DG nie mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden kann. Eine Wiedererkrankung innerhalb von sechs Monaten wäre dann ja hinzuzurechnen.

Der gegenteilige Standpunkt käme zwar der DNSeite entgegen, liefe aber auf ein Ergebnis hinaus, das dem Gesetzgeber tatsächlich nicht (mehr) zugesonnen werden kann. Abhängig von der jeweiligen Konstellation müssten dann nämlich mehrfache Verständigungen des Behindertenausschusses in ein und derselben Rechtssache erfolgen, bloß weil es nicht nur zu einem einmaligen durchgehenden Langzeit-Krankenstand in der Dauer von einem Jahr oder mehr gekommen ist, sondern zu mehrfachen zusammenzurechnenden Langzeitund allenfalls auch Kurz(zeit)krankenständen

4.
(Keine) Notwendigkeit von Mehrfachverständigungen nach § 24 Abs 9 VBG

Vorliegend geht es jedoch auch noch um mehr: Auch abseits der Konstellation von VB, welche den Status als begünstigte Behinderte aufweisen, stellt sich die Frage der Abwicklung von Ein-Jahreskrankenständen, welche zur automatischen Beendigung des Dienstverhältnisses führen. Hier gilt es nämlich, mehrere Umstände zu berücksichtigen:

Zum einen bedarf es der nachweislichen Verständigung des oder der DN drei Monate vor dem voraussichtlichen Ende des Dienstverhältnisses. Zum anderen darf von der Personalstelle keine Verfügung getroffen werden, welche die Ex-lege- Beendigung des Dienstverhältnisses nach § 24 Abs 9 VBG gefährdet. Als derartige „Fallen für den Arbeitgeber“ kommen die Bewilligung eines Erholungsurlaubes, Sonderurlaubes, von „Gleittagen“ (freie Tage unter Verwendung von angesammelten Gutstunden/Gleitzeitguthaben), der Abschluss einer Karenz(ierungs)vereinbarung (befristete Aussetzung des Dienstverhältnisses), der Ausspruch einer Kündigung oder Entlassung in Frage. Letztere Beendigungsmaßnahmen dienen nämlich dazu, dass das Dienstverhältnis aufgelöst werden soll und lassen daher idR die Arbeitspflicht des oder der VB entfallen. Eine Zeit, während der ein Dienst antritt wegen einer unberechtigten Entlassung durch den AG nicht in Betracht kommt, wird nicht als Dienstverhinderung wegen eines Unfalles oder einer Krankheit angesehen (OGH 11.1.2001, 8 ObA 178/00k = SZ 74/2, ergangen zu § 26 Abs 9 nö GdVBG, der Parallelnorm zu § 24 Abs 9 VBG; OGH 5.9.2001, 9 ObA 159/01z; RS0114615). Die Entlassung wirkt dabei grundsätzlich sofort, bei der Kündigung bedarf es der Einhaltung von Fristen und Terminen. In der Praxis wird jedoch oftmals eine (widerrufliche) Dienstfreistellung gegen Fortbezahlung der Bezüge ausgesprochen. Auch diese stellt dann einen validen „Abwesenheitstitel“ dar. Er führt in der Folge dazu, dass in diesem Zeitraum nicht die Inanspruchnahme von Krankenstand vorgelegen hat und damit auch keine Fortsetzung eines seinerzeit bereits laufenden (Langzeit-) Krankenstandes bzw einer Hinzurechnungsmöglichkeit zu einem davor bereits vorgelegenen Krankenstand.

Hier stellt sich ebenfalls die Frage, ob es einer mehrfachen Verständigung des oder der DN durch den AG bedarf, was den bevorstehenden Ablauf des Dienstverhältnisses wegen Ein-Jahreskrankenstandes betrifft. Auch hierfür sollte die in der E zum Ausdruck gebrachte Erwägung gelten, dass die einmal erfolgte Verständigung ausreicht (idS bereits Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 24 VBG Rz 69) und nicht mehrfache Verständigungen erforderlich werden. Diese würden nämlich sonst dazu führen, dass das Ende des Dienstverhältnisses nicht hervorgeht und durch kurzfristige Dienstwiederantritte die Beendigung des Dienstverhältnisses, wie sie § 24 Abs 9 VBG vorsieht, verhindern kann. Ein derartiges Ergebnis kann aber dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden.

5.
(Krankenstands-)Zusammenrechnungsregel des § 24 Abs 9 VBG

In der Praxis wird zudem manchmal im Hinblick auf die im Bundesdienst zum Einsatz gebrachte Personalverwaltungssoftware der Standpunkt vertreten, dass durch taktische Maßnahmen die Beendigung des VB-Verhältnisses nach § 24 Abs 9 VBG konterkariert werden könnte. Dies wäre dann der Fall, wenn auf einen kurzen Erstkrankenstand ein längerer Folgekrankenstand folgte. Bei Wiederantritt des Dienstes noch vor dem zusammenzurechnenden Jahreskrankenstand wäre es möglich, dass der oder die DN alsbald wieder erkrankt, wobei dieser dritte Krankenstand dann nicht mehr zusammenzurechnen wäre, da er bereits außerhalb der Halbjahresfrist (von sechs Monaten) nach dem Ende des Erstkrankenstandes entfernt wäre. Dadurch könnte es dann in der Folge dazu kommen, dass VB faktisch jahrelang im Krankenstand weilen könnten, aber stets in der Konstellation, dass auf einen kurzen Erstkrankenstand ein längerer Folgekrankenstand folgt, der dann im Zusammenspiel mit einem „zeitgerechten“ kurzfristigen Dienstwiederantritt die automatische Beendigung des Dienstverhältnisses verhindert. Diese Auslegung mag zwar der Programmierung der Personalverwaltungssoftware entsprechen und insoweit die „Software austricksen“, steht jedoch nicht im Einklang mit den Regelungen des § 24 Abs 9 VBG: Diese sehen nämlich eindeutig eine Zusammenrechnung von vorangegangenen Krankenständen vor, einerlei ob es sich nun um einen Zweit-, einen Drittkrankenstand oder noch weitere Krankenstände handeln sollte. Stets nur den Abstand von sechs Monaten zum Ende des Erstkrankenstandes zum Maßstab zu nehmen, führt nämlich zu den oben geschilderten nicht adäquaten Ergebnissen. Der Gesetzgeber kann nicht gewollt haben, dass VB konsequenzlos sich jahrelang im Krankenstand befinden können, wobei sie taktisch auf einen kurzen Erstkrankenstand einen Langzeit-Krankenstand folgen lassen, um dann kurzfristig wieder zu genesen und erneut einen kurzen Erstkrankenstand anzutreten, auf welchen ein Langzeit-Krankenstand anschließt.

Wenn dagegen eingewandt wird, dass Krankenstände nicht vom Willen von DN abhängen, sondern 153 eine medizinische Indikation und ärztliche Objektivierung aufweisen, gilt es hinzutretend zu berücksichtigen, dass sich in der Praxis das Phänomen feststellen lässt, dass es bei DN zuweilen eine unterschiedliche Tendenz und Bereitschaft gibt, Krankenstände in Anspruch zu nehmen. Zuweilen liegt durchaus ein gewisser Graubereich vor. Manche DN mögen schon bei einem geringeren Leidensdruck sich subjektiv nicht mehr dazu imstande sehen, Arbeitsleistungen zu erbringen, während bei anderen die Schmerzgrenze und Arbeitsbereitschaft anders angesiedelt sind. Auch lassen sich in der Praxis der Personalverwaltung durchaus unterschiedliche Krankenstandsdaten erkennen, welche bei manchen DN auch gewisse Muster und Regelmäßigkeiten aufweisen, die zu weiteren Überlegungen Anlass geben. Krankenstandsinanspruchnahmen am Ende der Arbeitswoche (Freitag) und/oder zu Beginn der Arbeitswoche (Montag) oder bei Fenstertagen, vor und/oder nach dem Urlaubsantritt könnten eine ungünstige Optik ergeben, ebenso ein „Krankenstandsrad“ bei verschiedenen DN. Dabei gilt es insb zu bedenken, dass eine unberechtigte, weil rechtsmissbräuchliche Krankenstandsinanspruchnahme (OGH 24.2.2000, 8 ObA 12/00y = ARD 5122/29/2000 = infas 2000, 96 = RdW 2000, 496 = wbl 2000, 377 = DRdA 2000, 421 = Arb 11.993: Krankenstand wegen „grippalen Infekts“ ohne bewilligte Ausgehzeiten und dennoch Besuch eines „Resteverkaufs“ bei einem großen Bodenbelagsausstattungsgeschäft) DN der Gefahr der Beendigung des Dienstverhältnisses im Wege der Entlassung oder DG-Kündigung aussetzen, ebenso ein genesungsgefährdendes Verhalten im Krankenstand (vgl dazu bspw OGH 25.5.2011, 8 ObA 35/11x = ecolex 2011/339 = RdW 2011/644 = ARD 6185/2/2011 = infas 2011 A 73 = DRdA 2012, 58; OGH 25.8.2014, 8 ObA 47/14s, ergangen zu § 82 lit f GewO 1859 und hierzu Gittenberger, Berechtigte Entlassung wegen mehrstündiger Autoreise im Krankenstand, infas 2015/18).

Die OGH-E bezog sich zwar nicht auf die soeben beschriebene Frage der rechtlichen Konsequenzen unterbliebener weiterer Verständigungen des/r betreffenden DN bei Folgekrankenständen, sondern einzig das Unterbleiben derartiger weiterer Verständigungen des Behindertenausschusses, doch gibt sie die richtungsweisende Lösung auch für die erste Fragestellung vor. Die höchstgerichtlichen Ausführungen („Der Gesetzeswortlaut und der beschriebene Regelungszweck erfordern, wie die Vorinstanzen bereits ausgeführt haben, keine Wiederholung der bereits erfolgten Verständigung des Behindertenausschusses für den Fall, dass die sie auslösende Dienstverhinderung dann doch kein ganzes Jahr gedauert hat, aber die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund einer Zusammenrechnung mit nachfolgenden Krankenständen gemäß § 24 Abs 9 VBG 1948 eintritt.“) zeigen deutlich, dass der OGH von einer Zusammenrechnung des Erst- nicht nur mit dem Zweit-, sondern auch Dritt- und weiteren Folgekrankenständen ausgeht und nicht nur des Erst- mit dem Zweitkrankenstand.

Die vom OGH gefundene Lösung überzeugt nicht nur im Hinblick auf ihre Gesetzeskonformität (§ 24 Abs 9 VBG), sondern auch hinsichtlich der Praktikabilität.