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Zur Auslegung einer Bestimmung in einer Dienstordnung

ANDREASWELLENZOHN

Der Kl war von 1.1.1982 bis 29.2.2020 bei der Bekl beschäftigt und befindet sich nunmehr in Pension. Dem Dienstverhältnis lag die „2. Dienst- und Besoldungsordnung“ der Bekl (DBO) zugrunde, welche folgende Regelungen enthält:

„§ 13 Zusatzpension (…) 2. Der Dienstnehmer hat Anspruch auf eine zusätzliche Altersversorgung bzw Unfallversorgung (Zusatzpension oder Unfallpension), sofern er die Vollendung des 40. Dienstjahres und eine wenigstens 10-jährige Dienstleistung als Angestellter der Diözese (…) nachweist. (…) 3. (...) Die Zusatzpension beträgt 80 % des zuletzt bezogenen Bruttomonatsbezugs ohne sonstige Zulagen, unter Abzug der gesetzlichen Sozialpension. (…)

§ 20 Bezüge während des Dienststandes (…) 2. Der Monatsbezug besteht aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen (Haushaltszulage, Kinderzulage, Teuerungszulagen, besondere Zulagen gemäß Abs 4, Dienstzulage, Ergänzungszulagen). (…) 4. Insoweit es zur Gewinnung oder Erhaltung der für die Erfüllung der Aufgaben des notwendigen Personals unerlässlich ist, kann der Dienstgeber durch Anordnung bestimmen, dass zum Gehalt eine besondere Zulage gebührt. (...)

§ 21 Gehalt (…) 10. Wenn besondere Dienstleistungen es rechtfertigen oder der Personalmangel es erfordert, kann der Dienstgeber einem Dienstnehmer höhere Monatsbezüge gewähren, als ihm nach den Bestimmungen der Abs 1 bis 6 zukämen. Die Gewährung höherer Monatsbezüge hat durch eine Zulage zu erfolgen, die nach Maßgabe des Erreichens höherer Monatsbezüge zufolge Vorrückung in höhere Gehaltsstufen oder Beförderung mit mindestens 50 vH des Erhöhungsbetrages einzusetzen ist. (…)

§ 23 Haushaltszulage, Kinderzulage: 1. Dem verheirateten Dienstnehmer gebührt eine Haushaltszulage (...). Die Haushaltszulage gebührt im gleichen Ausmaß einem nicht verheirateten Dienstnehmer, wenn seinem Haushalt ein Kind angehört, für das er Kinderzulage bezieht. (...)

§ 26 Nebenbezüge: 1. Der Dienstnehmer hat Anspruch auf folgende Nebenbezüge: (...) b) Verwendungszulage für Dienstnehmer, deren Verwendung mit einem besonderen Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte verbunden ist. (...) 2. Als Sonderzulagen können dem Dienstnehmer Fehlgeldentschädigungen, Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahrenzulagen und ähnliche Zulagen gewährt werden.“

Die Bekl gewährte dem Kl eine Zusatzpension, die aufgrund des Bruttomonatsgehalts in der Verwendungsgruppe des Kl zuzüglich vier „Dienstalterzulagen“ und einer „allgemeinen Zulage“ berechnet wurde. Der Kl begehrt weitere € 598,91 sA an Zusatzpension und brachte dazu vor, dass die Bekl bei der Berechnung seiner Zusatzpension auch die Haushaltszulage und die Funktionszulage, die ihm als Leiter der Kirchenbeitragsstelle gewährt worden war, berücksichtigen hätte müssen.

Die Bekl wendete ein, dass die Zusatzpension nach § 13 Abs 3 DBO aufgrund des letzten Monatsbezugs „ohne sonstige Zulagen“ zu berechnen sei.

Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass der Klage stattgegeben wurde. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, dass unter „sonstige Zulagen“ nur solche Zulagen zu verstehen seien, die nicht in § 20 DBO als Teil des Monatsbezugs genannt würden. Hätte die Bekl diese Zulagen nicht in die Berechnung der Zusatzpension einbeziehen wollen, wäre es ihr ein Leichtes gewesen, statt des Begriffs „Monatsbezug“ den Begriff „Monatsgehalt“ zu verwenden. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Der OGH erklärte die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Bekl für zulässig sowie berechtigt und führte aus:

Der Auslegung eines Vertrags kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Im vorliegenden Fall bedarf es aber einer Klarstellung zum Verhältnis der gesetzlichen Auslegungsregeln.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass es sich bei der DBO der Bekl um eine Vertragsschablone handelt, die erst durch Vereinbarung zum Bestandteil des jeweiligen Dienstvertrags wird. Dementsprechend ist die DBO nach den für privatrechtliche Verträge geltenden Regeln in §§ 914, 915 ABGB auszulegen. Die aus einer vertraglichen Vereinbarung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was die eine Partei sagen wollte oder was die andere Partei darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung nach ihrem objektiven Erklärungswert zu verstehen war. Bei der Auslegung ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen. Nach § 20 Abs 2 DBO besteht der Monatsbezug aus dem „Gehalt“ und „allfälligen Zulagen“. Demgegenüber richtet sich die 94Höhe der Zusatzpension gem § 13 Abs 3 DBO nach dem zuletzt bezogenen Bruttomonatsbezug ohne „sonstige Zulagen“.

Da nach § 20 Abs 2 DBO der Monatsbezug aus dem Gehalt und „allfälligen Zulagen“ besteht, ist wohl davon auszugehen, dass damit jede Art von Zulagen erfasst ist. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch umfasst der Begriff des „Bezugs“ nämlich alle Zulagen und Sonderzahlungen. Der DBO sind jedenfalls keine Hinweise zu entnehmen, dass bestimmte Zulagen nicht Teil des Monatsbezugs wären.

Dass in § 20 Z 2 DBO nur „Haushaltszulage, Kinderzulage, Teuerungszulagen, besondere Zulagen gem Abs 4, Dienstzulage, Ergänzungszulagen“ genannt werden, ist als bloß beispielhafte Aufzählung zu verstehen, weil bloß „allfällige Zulagen“ erwähnt werden und keine sachlichen Kriterien ersichtlich sind, nach denen die ausdrücklich genannten von anderen Zulagen abgegrenzt werden könnten. Auch ist etwa eine „Dienstzulage“ in der DBO gar nicht geregelt. Eine Auslegung, wonach jegliche Zulagen bei der Bemessung der Zusatzpension zu berücksichtigen seien, widerspricht aber wieder den klaren Vorgaben des § 13 Abs 3 DBO, wonach „sonstige Zulagen“ außer Betracht bleiben müssen.

Welche Zulagen bei der Bemessung der Zusatzpension zu berücksichtigen sind, lässt sich somit dem Wortlaut der DBO im Ergebnis nicht klar entnehmen. Versagt die Auslegung des in einem Vertrag gebrauchten Ausdrucks nach seinem buchstäblichen Sinn, so ist die „Absicht der Parteien“ zu erforschen. Darunter ist aber nicht der Wille der Parteien, sondern der Geschäftszweck zu verstehen. Es kommt auf den Zweck der Vereinbarung in dem Sinn an, den sie nach der Sachlage für den Partner haben musste. Im Zweifel hat jene Auslegung den Vorzug, die eine wirksame und sinnvolle Anwendung der strittigen Bestimmung ermöglicht.

Die Bekl hat mit Recht darauf hingewiesen, dass es dem Zweck der Regelung widersprechen würde, wenn der DN im Rahmen der Zusatzpension etwa von einer Haushaltszulage profitiert, obwohl er die dafür festgelegten Voraussetzungen – etwa weil ein Kind den gemeinsamen Haushalt längst verlassen hat – gar nicht mehr erfüllt. Die Regelung des § 13 Abs 3 DBO, wonach sich die Zusatzpension nach dem „zuletzt bezogenen Bruttomonatsbezug ohne sonstige Zulagen“ richtet, ist deshalb dahin auszulegen, dass nur die festen Entgeltbestandteile bei der Berechnung der Zusatzpension heranzuziehen sind, während zusätzliche Leistungen, die der DN nur aufgrund wechselnder Gegebenheiten bezogen hat, außer Betracht bleiben sollen.

Bei der Zusatzpension sind deshalb nur jene Zulagen zu berücksichtigen, die sich schon aus der Einstufung in das Gehaltsschema ergeben und deshalb mit dem Gehalt untrennbar verbunden sind, wie dies etwa auf die „Dienstalterzulage“ und die „allgemeine Zulage“ zutrifft. Demgegenüber müssen Zulagen, die von wechselnden Gegebenheiten abhängen, bei der Zusatzpension als „sonstige Zulagen“ außer Betracht bleiben, wie dies insb auf die Haushaltszulage und die in der DBO gar nicht geregelte Funktionszulage zutrifft.

Der außerordentlichen Revision der Bekl war daher Folge zu geben und das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.