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Kostenerstattung für Hornhaut-OP mittels neuer Methode in Privatordination – Höchsttarif für vergleichbare Operationen in der Honorarordnung für niedergelassene Ärzte heranzuziehen

JÖRGTRETTLER

Der Kl leidet in beiden Augen an einem Keratokonus, einer Erkrankung der Hornhaut, welche durch das Implantieren von zwei Halbringen in die Hornhaut behandelt werden kann. Diese Operation wird im AKH Wien auf Kosten der gesetzlichen KV durchgeführt.

Der Kl entschied sich für eine Behandlung durch die (neuere) CISIS-Methode in einer Privatordination. Bei dieser werden nicht zwei Halbringe, sondern ein geschlossener Ring (MyoRing) in das Auge implantiert. Für die Behandlung, die beim Kl an beiden Augen medizinisch indiziert und erfolgreich war, zahlte der Kl an den behandelnden Privatarzt € 3.000,- pro Auge.

Die Satzung der bekl Österreichischen Gebietskrankenkasse (ÖGK) enthält keinen Tarif für Kostenzuschüsse für operative Hornhautimplantationen. Auch in den Honorarordnungen für niedergelassene Ärzte gibt es dafür keinen konkreten Tarif. Es existieren allerdings Tarife für Operationen an den Augen, deren Höchstsatz € 332,- pro Eingriff beträgt und für die durchgeführten Operationen auch anzuwenden wäre. Im Fall der Implantation von Ringsegmenten in einer landesfondsfinanzierten Krankenanstalt wären Kosten von € 3.420,65 pro Auge entstanden, von denen die Bekl € 1.356,63 tragen hätte müssen.

Die Bekl gewährte dem Kl einen Pflegekostenzuschuss je Auge von € 266,87. Die Anträge des Kl auf darüber hinausgehenden Kostenersatz wies die Bekl ab. In seiner gegen die Bescheide der Bekl gerichteten Klage begehrte der Kl eine Kostenerstattung von € 2.733,13 (€ 3.000,- abzüglich € 266,87) je Auge.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass in der Satzung der Bekl eine einschlägige Bestimmung für die beim Kl vorgenommene Operation fehle und daher in Anlehnung an die Tarife für vergleichbare Leistungen ein im Einzelfall angemessener Betrag zu bestimmen sei. Die tatsächlich vorgenommene Behandlung sei hinsichtlich ihres Zwecks und der Methode mit dem Implantieren von Ringsegmenten vergleichbar. Es stehe auch außer Streit, dass (dafür) der höchste OP-Tarif der Honorarordnung für niedergelassene Ärzte einschlägig sei. Angesichts dessen stünden dem Kl nach den Bestimmungen der Satzung der Bekl 80 % von € 332,- je Operation zu, die die Bekl schon geleistet habe.

Mit gegenständlicher E stellte der OGH fest, dass die gegen die (negative) Entscheidung des Berufungsgerichts erhobene (außerordentliche) Revision des Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung unzulässig ist. Der OGH begründete dies mit einem Verweis auf die in der Judikatur entwickelten Grundsätze, wonach mangels eines anwendbaren Tarifs und einer einschlägigen Satzungsregelung trotzdem ein Anspruch auf Kostenzuschuss bestehe, dessen Höhe sich an den für vergleichbare Pflichtleistungen festgelegten Tarifen zu orientieren habe. Welche tariflich erfasste Pflichtleistung mit der im konkreten Fall erfolgten Behandlung vergleichbar sei, könne nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stelle in erster Linie eine Tatfrage dar. Dabei könne es einerseits auf die Art der Leistung an sich, also auf ihre Methode und ihren Zweck, andererseits aber auch auf den im Einzelfall erforderlichen Sach- und Personalaufwand ankommen.

Nach Ansicht des OGH sind die Vorinstanzen von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Auch mit dem Argument, es widerspreche den Grundsätzen der §§ 131 ff ASVG, den Kostenzuschuss anhand vergleichbarer Tarife einer Satzung festzusetzen, obwohl diese keine konkret anwendbare Regelung enthalte, zeigt der Kl nach dem OGH keine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auf. Der OGH verweist auf seine erst kürzlich ergangene E vom 29.3.2022, 10 ObS 23/22p, in welcher er die Ansicht abgelehnt hat, dass mangels Vertragspartners auf jene Kosten abzustellen sei, die die ÖGK im Fall der (einzig sonst möglichen) Behandlung in einer landesfondsfinanzierten Krankenanstalt (Implantation von Ringsegmenten im AKH Wien) tragen hätte müssen.116

Schließlich entgegnet der OGH auf die Behauptung des Kl, das Abstellen auf eine „Auffangposition“ sei eine unerwünschte Pauschalhonorierung, dass die gesetzliche KV dem Versicherten weder alle denkbaren und möglichen Leistungen als Sachleistungen erbringen müsse noch verpflichtet sei, den Marktpreisen entsprechende Kostenzuschüsse vorzusehen.