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Kein Kinderzuschuss für Urenkel auf Grund eindeutiger Gesetzeslage

STEPHANIEPRINZINGER
§§ 252 Abs 1 iVm 262 ASVG

Die Kl bezieht seit 1.1.2015 von der bekl Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine Alterspension. Sie ist Urgroßmutter der 2004 geborenen Z. Nach dem Tod des Vaters von Z im Mai 2020 wurde der Kl im Juni 2020 die Obsorge für ihre Urenkelin übertragen. Z lebt seither bei der Kl in Österreich in ständiger Hausgemeinschaft. Der Unterhalt von Z wird von der Kl gedeckt.

Mit Bescheid vom 13.10.2021 wies die PVA den Antrag der Kl, ihr einen Kinderzuschuss zu gewähren, mit der Begründung ab, dass Urenkel keine Kinder iSd § 252 (iVm § 262 Abs 1) ASVG seien. Mit ihrer Klage begehrte die Kl einen Kinderzuschuss in gesetzlicher Höhe. Die Vorinstanzen stützten die Abweisung des Klagebegehrens darauf, dass sich aus der historischen Entwicklung des § 252 Abs 1 ASVG und dessen Verweis auf § 232 ABGB eindeutig ergebe, dass der Gesetzgeber nur jene Nachfahren als Kinder ansehen wollte, für die eine Unterhaltspflicht des Versicherten besteht. Im Unterschied zu Enkeln sei dies bei Urenkeln nicht der Fall. Eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke liege nicht vor.

Die außerordentliche Revision wurde vom OGH – vor dem Hintergrund der eindeutigen Gesetzeslage – mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die Kl beruft sich auf eine Gesetzeslücke und meint, aus Zweck und Natur des Kinderzuschusses als Unterstützungsleistung für denjenigen, der tatsächlich Unterhalt leiste, ergebe sich, dass der Begriff des „Enkels“ nach § 252 Abs 1 Z 5 ASVG weit auszulegen sei und es nicht darauf ankommen könne, ob eine Unterhaltspflicht iSd § 232 ABGB bestehe.

Der OGH führt dazu aus: Eine planwidrige Lücke ist nur dort anzunehmen, wo das Gesetz an seiner eige117nen Absicht und immanenten Teleologie gemessen unvollständig und ergänzungsbedürftig ist, ohne dass eine Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die Entstehungsgeschichte des § 252 Abs 1 ASVG stützt die Annahme der Kl, die Beschränkung auf Nachfahren der zweiten Generation sei vom Gesetzgeber nicht gewollt und das Gesetz daher ergänzungsbedürftig, nicht: Die in der 32. Novelle zum ASVG vorgesehene – letztlich aber (noch) nicht umgesetzte – Erweiterung des Kindesbegriffs des § 252 ASVG auf Enkel sah vor, dass diese nur dann als Kinder gelten sollten, wenn sie „vom Versicherten überwiegend erhalten werden“. Auch der Entwurf zur 33. ASVG-Novelle, deren Ziel es war, einen „Kinderzuschuss für Enkelkinder“ einzuführen, stellte zunächst auf die überwiegende (tatsächliche) Unterhaltsleistung ab. Dies stieß auf Vorbehalte im Begutachtungsverfahren. Diesen Bedenken trug der Gesetzgeber mit der seither in Kraft stehenden Regelung Rechnung, dass Enkel nur dann als Kinder gelten, wenn sie gegenüber dem Versicherten iSd § 232 ABGB unterhaltsberechtigt sind. Entgegen der Ansicht der Kl zielt der Kinderzuschuss somit gerade nicht auf alle Personen ab, die tatsächlich Unterhalt leisten. Seine Zweckbestimmung liegt vielmehr in einer finanziellen Hilfe zur Erfüllung von Unterhaltspflichten. Darüber hinaus liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme vor, Urenkel seien in § 252 Abs 1 ASVG bloß versehentlich nicht erwähnt worden.