Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/SchelzBetriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung – Handkommentar
31. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München 2022, 2.487 Seiten, gebunden, € 89,-
Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/SchelzBetriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung – Handkommentar
Mit demFitting liegt eines der Standardwerke zum deutschen Betriebsverfassungsrecht nunmehr in aktualisierter Auflage vor. Dabei ist die Neuauflage nicht allein den turnusmäßig abgehaltenen Betriebsratswahlen im Frühjahr 2022 geschuldet (vgl § 13 Abs 1 BetrVG), vielmehr haben sowohl die COVID-19-Pandemie als auch die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt ihre Spuren im BetrVG hinterlassen. Insb das Betriebsrätemodernisierungsgesetz (BGBl 2021 I, 1762) hat, zT aufbauend auf die zur Bewältigung der coronabedingten Widrigkeiten für die Betriebsratsarbeit geschaffenen Regelungen, eine Vielzahl an Neuerungen gebracht, welche das Wahlverfahren (zB Senkung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht, Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens), die Geschäftsführung (zB virtuelle Betriebsratssitzungen, Datenschutz) sowie die Befugnisse des BR (zB Einsatz künstlicher Intelligenz, mobile Arbeit) betreffen. Auf welche Weise diese Neuerungen Eingang in die Kommentierung gefunden haben, soll im Folgenden anhand zweier Beispiele veranschaulicht werden.
Noch bis vor kurzem waren nach hA sowohl Umlaufbeschlüsse des BR als auch virtuelle Betriebsratssitzungen unzulässig (vgl aber Thüsing/Beden, Betriebsratsarbeit 4.0: Die Betriebsratssitzung per Videokonferenz und die virtuelle Betriebsversammlung, BB 2019, 372). Zunächst bloß als befristete Übergangsregel (§ 129 BetrVG aF), mittlerweile aber auch als Dauerrecht (§ 30 Abs 2 und Abs 3 BetrVG) wird die Abhaltung von Betriebsratssitzungen im Wege von Video- und Telefonkonferenzen gestattet. Die „Hürden“ auf dem Weg zur zulässigen virtuellen Betriebsratssitzung sind freilich beachtlich, denn der Gesetzgeber verwendet in § 33 Abs 2 BetrVG gleich eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Gerade hier zeigen sich die bereits mehrfach hervorgestrichenen Vorzüge des Fittings (zuletzt etwa Stadlberger, DRdA-infas 2021, 268): Die eingehende, gleichzeitig aber auch auf die praktische Umsetzung in der täglichen Betriebsratsarbeit Bedacht nehmende Erörterung, welche nicht nur die Vorgaben für eine virtuelle Betriebsratssitzung, sondern auch die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen diese erfahren haben, trägt nicht unwesentlich zur Linderung der in diesem Bereich bestehenden Rechtsunsicherheit bei.
Ausführlich widmen sich die AutorInnen auch § 79a BetrVG, welcher – ergänzend zur Datenschutz-Grundver136ordnung (DSGVO) und § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) – versucht, die mit der Verarbeitung von Beschäftigtendaten durch den BR einhergehenden Schwierigkeiten zu bewältigen. Besonders die Frage, ob der BR als datenschutzrechtlicher Verantwortlicher iSd Art 4 Z 7 DSGVO anzusehen ist, wurde bislang nicht nur im Schrifttum kontrovers diskutiert, sondern auch in der unterinstanzlichen Judikatur uneinheitlich beantwortet. Durch § 79a BetrVG wird nunmehr die Klarstellung getroffen, dass der BR zwar die Vorschriften über den Datenschutz zu beachten hat, der AG jedoch als datenschutzrechtlicher Verantwortlicher anzusehen ist. Ausgewogen und materialreich werden die Argumente für und wider die unionsrechtliche Zulässigkeit dieser gesetzgeberischen Festlegung dargelegt, ohne dabei die eigene Auffassung zu verbergen.
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass sich derFitting auch in seiner Neuauflage gleichermaßen als praxistauglicher Ratgeber sowie als unverzichtbares Nachschlagewerk erweist.