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Kein berechtigtes vorzeitiges Austrittsrecht bei fehlender Geltendmachung der Austrittsgründe

DAVIDKOXEDER

Die Kl war bei der Bekl als Key-Account-Managerin tätig. Nach dem Dienstvertrag war die Bekl berechtigt, den örtlichen Tätigkeitsbereich der Kl festzulegen. Die Kl teilte der Bekl am 28.1.2022 mit, dass sie mit der ihr angebotenen Stelle für Westösterreich nicht einverstanden sei, zumal das geographisch weitläufige Gebiet für sie als Mutter eines fünfjährigen Sohnes nur schwer bewältigbar sei. Da vonseiten der Bekl keine Reaktion erfolgte, erklärte die Kl am 31.1.2022 das Dienstverhältnis unter Ein98haltung der Kündigungsfrist zum 28.2.2022 für beendet.

In weiterer Folge begehrte die Kl den Betrag von € 28.806,72 brutto sA an Kündigungsentschädigung für die Zeit von 1.3. bis 15.7.2022 und begründete das damit, dass sie mit ihrem Kündigungsschreiben ein Austrittsrecht geltend gemacht habe, weil die Änderung ihres Einsatzgebietes eine verschlechternde Versetzung darstelle, die mangels Zustimmung des BR unwirksam sei. Nachdem sie bis 9.1.2022 die Betriebsratsvorsitzende vertreten habe, sei eine Kündigung erst zum 15.7.2022 möglich gewesen.

Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht vertrat zwar die Ansicht, die Kl habe hinreichend deutlich gemacht, dass sie sich auf einen Austrittsgrund stütze, jedoch seien die Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses – bei sonstigem Verlust des Auflösungsrechts – unverzüglich nach ihrem Bekanntwerden geltend zu machen. Nachdem die Kl die fehlende Zustimmung des BR gegenüber der Bekl nie thematisiert habe, sei sie nicht zum Austritt berechtigt gewesen.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück.

In seiner rechtlichen Beurteilung hielt der OGH fest, dass wenn mit der dauernden Einreihung des AN auf einen anderen Arbeitsplatz eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen verbunden ist, diese nach § 101 ArbVG zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des BR bedürfe. Eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits vollzogenen Versetzung ist nicht möglich, weshalb die Zustimmung des BR vor dem Vollzug eingeholt werden muss. Die Rsp sieht vor, dass der durch die Anordnung einer unzulässigen Versetzung geschaffene rechtswidrige Zustand den AN zum vorzeitigen Austritt berechtigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der AG an seiner rechtswidrigen Anordnung weiterhin festhält.

Ergänzend führte der OGH aus, dass die von der Kl als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob eine Aufgriffsobliegenheit bestanden hat, wonach sie das Fehlen der Zustimmung des BR gegenüber der Bekl einmahnen hätte müssen, sich im gegenständlichen Fall nicht stellte. Die Kl hat sich jedenfalls weder in ihrem Schreiben vom 28.1.2022 noch in ihrer Kündigung auf eine fehlende Zustimmung des BR berufen. Darüber hinaus hat die Kl auch nicht vorgebracht, dass die Bekl eine Versetzung ausgesprochen hat, sondern lediglich, dass sie eine solche Versetzung beabsichtigt, weshalb aus all diesen Gründen die Revision zurückzuweisen war.