MayrArbeitsrechtlicher Schutz Soloselbständiger am Beispiel der Plattformarbeit

Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2021, 427 Seiten, € 113,–

JOHANNESWARTER (SALZBURG)

Im Bereich der Plattformarbeit wartet derzeit alles auf die europäischen Vorgaben der Plattform-Arbeits-RL. Bis zum Beschluss der RL und deren Umsetzung in nationales Recht wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Einstweilen wird der arbeitsrechtliche Schutz Plattformbeschäftigter weiterhin am bestehenden nationalen Recht zu messen sein.

Aus diesem Grund werden auch die Ausführungen der vorliegenden Arbeit auf absehbare Zeit von Relevanz sein. Die zu besprechende Arbeit untersucht am Beispiel der Plattformarbeit, welchen arbeitsrechtlichen Schutz Soloselbständige genießen und welche Möglichkeiten der Verbesserungen des Rechtsrahmens in Frage kommen. Die vorliegende Arbeit wurde 2019 als Dissertation an der Universität Augsburg angenommen. Rsp und Literatur sind auf dem Stand April 2019, weshalb das richtungsweisende Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Plattformarbeit (BAG 1.12.2020, 9 AZR 102/20) noch keine Berücksichtigung finden konnte, worauf noch zurückzukommen sein wird.

Gegliedert ist das Buch in fünf Teile: Nach einer kurzen Einleitung (Teil eins) werden im zweiten Teil die Grundlagen plattformbasierter Arbeit sowie das arbeitsrechtliche Schutzkonzept vorgestellt. Anschließend erfolgt im dritten Teil die rechtliche Subsumption, 254 also die Anwendung des arbeitsrechtlichen Schutzkonzepts am Sachverhalt plattformbasierter Arbeit. Im vierten Teil werden anschließend de lege ferenda individualrechtliche und kollektivrechtliche Überlegungen angestellt und mit konkreten Vorschlägen untermauert. Zuletzt werden in den Schlussbetrachtungen (Teil fünf) die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.

Im Gegensatz zu anderen Monographien behandelt das vorliegende Werk plattformbasierte Arbeit in ihrem weiten Verständnis. Erfasst sind deshalb sowohl plattformbasierte Onlinearbeit (Crowdwork) als auch plattformbasierte Offlinearbeit (hier als economy on demand bezeichnet, S 75). Beide werden separat voneinander beschrieben, nacheinander erfolgt auch die rechtliche Subsumption (dazu sogleich). Die von Mayr vorgeschlagene begriffliche Abgrenzung (Crowdwork/economy on demand) hat sich bislang weder in der Literatur noch in der Judikatur durchgesetzt, so bezeichnet das BAG auch plattformbasierte Offlinearbeit als Crowdwork (vgl BAG 9 AZR 102/20, Rn 1).

Inhalt des Werks

Zu Beginn werden im Rahmen der Bestandsaufnahme auf gelungene Weise die verschiedenen Ausprägungsformen plattformbasierter Arbeit beschrieben, ohne dabei auszuufern. Der Autorin gelingt dabei der (schwierige) Spagat aus abstrakter Beschreibung, konkreten Beispielen und empirischen Erkenntnissen (vgl S 36 ff). Verschränkt mit diesen Ausführungen erfolgt eine konzise Beurteilung der vertragsrechtlichen Grundlagen. Zutreffend unterscheidet Mayr dabei zwischen interner und externer plattformbasierter Arbeit. Richtigerweise geht sie davon aus, dass bei formaler Betrachtung der Vertragsbeziehungen zwischen Rahmenverträgen und Einzelverträgen zu unterscheiden ist, wobei der Rahmenvertrag stets mit der Plattform zustande kommt. Der Einzelvertrag wird – abhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall – entweder mit dem Auftraggeber oder der Plattform abgeschlossen (hier als direkte oder indirekte Verhältnisse bezeichnet). Im Falle direkter Vertragsverhältnisse handelt es sich bei den Plattformen um bloße Vermittler (S 52 ff).

Die anschließende allgemeine und vergleichsweise ausführliche (oft rechtsgeschichtliche) Beschreibung des arbeitsrechtlichen Schutzkonzeptes (immerhin 33 Druckseiten, S 89-122) hätte man aus Sicht des Rezensenten kürzen oder gar ganz einsparen können.

Besonders spannend sind die Ausführungen zur vertragsrechtlichen Ausgangslage bei einer von der Plattform intendierten Vermittlerrolle. Mayr ist dabei der Ansicht, dass eine Plattform dann nicht Vermittlerin sein kann, wenn sie ihre Vermittlerrolle nicht offenlegt. Darüber hinaus kann sie aber auch nicht bloße Vermittlerin sein, wenn sie wesentliche Gläubigerfunktionen (Vorgabe der Vertragsbedingungen, Festsetzung des Preises, Übernahme der Zahlungsabwicklung etc, S 208) wahrnimmt. Vielmehr wird die Plattform in diesen Fällen (alleinige) Vertragspartnerin (S 209). Diese Einschätzung halte ich für zutreffend, die dogmatische Begründung bleibt allerdings verborgen. Problematisch kann diese Änderung der Vertragsparteien freilich für Kunden der Vermittlungsplattformen sein, die von der Einflussnahme auf die Vertragsbedingungen nicht zwingend etwas wissen müssen (vgl hierzu schon Warter, Vertragsrechtliche Fragen plattformbasierter Wirtschaft, in Bayer et al [Hrsg], Privatrecht 2050 [2020] 117 ff).

Wesentlicher Inhalt des Werkes ist aber freilich die Frage nach dem arbeitsrechtlichen Status der Plattformbeschäftigten. Zutreffend hält Mayr vor ihrer Subsumption fest, dass die Schwierigkeit darin besteht, Aussagen für die verschiedenen Unterformen und Ausprägungen zu finden (S 137).

Mayr geht zunächst zutreffend davon aus, dass bloße Rahmenvereinbarungen grundsätzlich nicht zu einem Arbeitsverhältnis führen, weil sie nur die Modalitäten nachfolgender Leistungserbringungen regeln. Sie enthalten idR keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung (S 141 f, 146). Anderes kann sich allenfalls bei anderer praktischer Handhabung ergeben (S 142). In diesem Zusammenhang verneint die Autorin eine (Mindest-) Leistungspflicht, wenn Beschäftigte nur vorübergehend von Tätigkeiten ausgeschlossen werden und diese Sperre auf Wunsch der Beschäftigten wieder aufgehoben wird (S 148). Zwar wird für diese Aussage auch eine einschlägige Quelle einer Plattform präsentiert, jedoch ist wohl das Gegenteil der Regelfall. Nur in den seltensten Fällen werden derartige Sanktionen auf Wunsch der Plattformbeschäftigten wieder aufgehoben. Darüber hinaus kann aber schon eine drohende vorübergehende Sperre für viele Beschäftigte eine so schwerwiegende Sanktion darstellen, dass sie eine Leistungspflicht iSd § 611 BGB nicht auszuschließen vermögen. Im Übrigen ist wohl zu überprüfen, ob derartige vorübergehende Ausschlüsse seitens der Plattformbetreiber tatsächlich jederzeit und unproblematisch aufgehoben werden.

Mayr vertritt (neben anderen) die Ansicht, dass bei Betrachtung der einzelnen Vertragsverhältnisse eine Leistungspflicht jedenfalls dann auszuschließen sei, wenn einzelne Aufgaben sanktionslos unvollendet bleiben können (S 155). Nicht ausreichend sind nach Ansicht von Mayr jedenfalls bloße Anreizmechanismen (S 149). Nach Meinungen in der Literatur könnte ein Leistungsbestimmungsrecht auch aus einem dauerhaften Heranziehen der Arbeitskraft entstehen. Für plattformbasierte Arbeit verneint Mayr dies wiederum mit dem Argument, dass in den meisten Fällen nicht von einer entsprechenden Einplanung in die Organisation ausgegangen werden kann (S 149).

Zutreffend ist Mayr der Ansicht, dass dem Grunde nach viel für das Vorliegen eines Werkvertrags spricht (S 159), allerdings schließt sie ein Arbeitsverhältnis nicht aus, wenn die konkrete Aufgabendurchführung in persönlicher Abhängigkeit erfolgt. Eine persönliche Abhängigkeit verneint Mayr allerdings idR, da keine örtlichen Weisungen vorliegen. Auch zeitliche Vorgaben, wie sie regelmäßig vorkommen, stellen nach Ansicht von Mayr keine Weisungen dar, es sei denn, die Aufgabe müsse unmittelbar darauf erledigt werden oder sie hat einen Umfang, der die Arbeitskraft bis zur Abgabe permanent beschäftigt (S 162 f). Fachliche Weisungen liegen nach Ansicht von Mayr nicht vor. Fraglich ist dabei vor allem, ob Weisungen vorweggenommen werden können. Das verneint Mayr etwa damit, dass Microtasking-Aufgaben häufig sehr einfach seien und keine Umschreibung erfordern (S 165). Diese Annahme entspricht nicht zwingend der Realität, wie der Rezensent im Rahmen eines Eigenversuchs feststellen musste (selbst bei einfachen Aufgaben, wie dem Abtippen von Zutaten in ein Textfeld, werden teilweise mehrseitige Anleitungen bereit gestellt). Darüber hinaus seien nach Mayr Weisungen meist darauf beschränkt, einen 255 bestimmten Arbeitserfolg herbeizuführen. Sie ergäben sich zudem aus der Natur der Sache (S 165, 177). Auch eine Eingliederung in die Organisation samt Verwendung fremder Betriebsmittel sei zu verneinen, da die Arbeit mit der zur Verfügung gestellten Software in der Natur der Sache läge (S 166, 167). Zuletzt weist Mayr darauf hin, dass Kontrollelemente bei Beurteilung der Statusfrage nur dann zu berücksichtigen seien, wenn sie tatsächlich ausgeübt werden (S 168 f).

Mayr bejaht ein Arbeitsverhältnis aber dort, wo die Plattform in irgendeiner Form Weisungen erteilt, die die Durchführung der Tätigkeiten betreffen. Möglich wäre nach Mayr das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses in den Fällen, in denen die Plattform die Tätigkeit des Microworkers genau protokolliert und so die Durchführung der Tätigkeit – und nicht lediglich das Ergebnis – überwacht (S 171). Ebenso bejaht Mayr bei Beförderungsdienstleistungen der Plattform UBER ein Arbeitsverhältnis, da die zu fahrende Strecke vorgegeben wird, Handbücher bestimmte Verhaltensweisen empfehlen, bei deren Nichtbeachten ein Ausschluss von der Plattform droht, Uber die Preise mittels Algorithmus bestimmt, und die Fahrer zudem auf die Verwendung der App angewiesen sind, die die Aufgaben vermittelt, die Routen zuweist und die Abrechnung übernimmt (S 177 ff). Die zuvor vorgebrachten Natur-der-Sache-Argumente werden in diesem Zusammenhang freilich nicht mehr erwähnt.

Eine Subsumption plattformbasierter Arbeit unter das (deutsche) Heimarbeitsgesetz (HAG) ist für Mayr nicht ausgeschlossen. Gerade im Bereich der economy on demand scheidet eine solche Qualifikation allerdings meist aus, da es an einer selbstgewählten Tätigkeitsstätte fehlt (S 240 f, 253). Mayr bemängelt diesbezüglich, dass analog verrichtete Tätigkeiten damit schlechter gestellt seien als digitale Crowdarbeit (S 254).

Ähnliches gilt auch für die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person. Auch in der Plattformökonomie könne es nach Mayr arbeitnehmerähnliche Verhältnisse geben. Problematisch sei dabei die Unterscheidung zwischen den Gestaltungsformen: Eine die AN-Ähnlichkeit voraussetzende wirtschaftliche Abhängigkeit sei lediglich bei indirekten Gestaltungen denkbar. Bei durch Plattformen lediglich vermittelten direkten Vertragsverhältnissen scheide eine AN-Ähnlichkeit mangels nachhaltiger und dauerhafter Tätigkeit für nur einen Kunden aus (S 280 f).

Anschließend werden im vierten Teil Überlegungen über den arbeitsrechtlichen Schutz soloselbständiger Plattformarbeiter de lege ferenda angestellt. Mayr plädiert nach Vorstellung diverser Konzepte für eine Beibehaltung des Typusbegriffs, da der Gesetzgeber darauf angewiesen sei, bestimmte Fälle generalisierend zu behandeln (S 294 ff). Zudem ermöglicht diese Methode der Rsp, den AN-Begriff trotz sich verändernder Umstände zu konkretisieren und so zu tragfähigen Ergebnissen zu gelangen (S 298 f). Dennoch verweist Mayr auf das nicht geklärte Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit (S 297). Darüber hinaus spricht sie sich für eine Modernisierung des HAG aus und bringt dafür auch gleich mehrere Änderungsvorschläge (S 308 ff). In diesem Zusammenhang wird auch eine Übertragung der Rechtsfolgen des HAG auf arbeitnehmerähnliche Personen vorgeschlagen, was dazu führen würde, dass nicht nur ein gewisser formeller Kündigungsschutz vorhanden wäre, sondern auch die Möglichkeit bestünde, Mindestentgelte vorzuschreiben (S 332).

Abschließend wird ein Basisschutz für Soloselbständige diskutiert, wobei nach einigen zivilrechtlichen Ausführungen insb auch ein Sonderschutz für Platt formarbeit, wie er nunmehr von der Europäischen Kommission angedacht wird, abgelehnt wird (vgl S 348 ff). Zuletzt werden auf 30 Seiten (S 361-391) noch kollektivrechtliche Ansätze und Schutzmechanismen diskutiert.

Inhaltliche und formale Anmerkungen

Mit dem zu rezensierenden Werk hat Mayr eine beeindruckende Arbeit vorgelegt. Auf 427 Seiten mit mehr als 2.500 Fußnoten (!) wird sehr viel Literatur nicht nur zitiert, sondern auch verarbeitet. Das Werk behandelt das Thema umfassend. Die Arbeit ist sprachlich gut lesbar und sehr verständlich. Die von Mayr herausgearbeiteten Ansichten sind durch die Bank gut vertretbar, die Begründungen nachvollziehbar. Vor allem gelingt es ihr, differenziert zu argumentieren und nicht sämtliche Konstellationen über einen Kamm zu scheren. Freilich überzeugen einige (grundlegende) Passagen den Rezensenten nicht. Entscheidender ist jedoch, dass auch das BAG in einigen Bereichen zu anderen Ergebnissen gekommen ist.

Dies betrifft zunächst das Element der Leistungspflicht. Das BAG (9 AZR 102/20) ist hier einen Schritt weiter als die Autorin (und der Rezensent) gegangen, indem es entschied, dass sich eine Leistungspflicht auch durch das bloße Anreizsystem einer Plattform ergeben kann (Rn 36), nämlich dann, wenn durch Anreizsysteme wirtschaftlich handelnde Plattformbeschäftigte dazu veranlasst werden, die Angebotssituation ständig zu prüfen und sich dienstbereit zu halten. Dies gilt insb dann, wenn das Anreizsystem gezielt eingesetzt wird, um Nutzer zu veranlassen, kontinuierlich Tätigkeiten zu erledigen (Rn 49). Methodisch verbleibt dabei freilich die Frage, ob und wenn ja, wann das BAG mit dieser Interpretation an die Grenzen des Wortlauts des AN-Begriffs stößt (arg „Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer [...] zur Leistung [...] verpflichtet.“ Darauf hinweisend Warter/Gruber-Risak, Arbeitnehmerstatus eines Crowdworkers, RdA 2021, 329 [332]).

Sehr genau setzt sich Mayr mit den vertragsrechtlichen Grundlagen sowie dem Element der (Mindest-) Leistungspflicht auseinander. Vergleichsweise (zu) wenig tiefschürfend sind ihre Ausführungen zum Tatbestandselement der persönlichen Abhängigkeit (Weisungsrechte und Fremdbestimmtheit). Der Begriff der Fremdbestimmtheit kommt in der gesamten Arbeit – soweit ersichtlich – überhaupt nicht vor. Zwar ist Mayr in ihrem Ergebnis zuzustimmen, dass im Rahmen der Qualifikation der Fokus der Beurteilung darauf gelegt werden muss, ob dem Auftraggeber oder der Plattform verrichtungsbezogene oder ergebnisbezogene Kontrollrechte zustehen (S 301). Wie das BAG aber treffend feststellte, beziehen sich die zahlreichen Schritt-für-Schritt-Anweisungen häufig gerade nicht nur auf das Ergebnis und stellen deshalb kein sach- und ergebnisorientiertes Weisungsrecht dar, sondern sie strukturieren vielmehr den Weg zum Arbeitsergebnis häufig so stark, dass von einer freien Gestaltung der Durchführung keine Rede mehr sein kann (vgl BAG 9 AZR 102/20, Rn 36; vgl auch Schneider-Dörr, Crowd Work und Plattformökonomie 256 [2021] 274). Zu oft finden sich (mE unzutreffende) in der Natur der Sache Argumentationen (S 165 f, 177). Zu streng ist auch Mayr‘s Maßstab, den sie an das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses anlegt (etwa wenn sie davon ausgeht, dass ein Arbeitsverhältnis dem Crowdworker jeglichen Gestaltungsspielraum nehmen muss [S 166]. Das BAG schließt ein Arbeitsverhältnis nur dann aus, wenn jedwede Weisungsgebundenheit fehlt [vgl BAG 9 AZR 102/20, Rn 31]).

Trotz differenzierender Passagen legt die Autorin mE eine (zu) starke Betonung auf die vertraglichen Gestaltungen, insb in AGB (etwa ob Plattformen tatsächlich als Vermittler zu qualifizieren sind [S 207]; bei Beurteilung, zu welchem Zeitpunkt ein Vertag geschlossen wird [S 153, 210]). Das Primat der Realität („Primacy of facts“) stellt gegenüber vertraglichen Vereinbarungen ein geradezu essentielles Grundprinzip des Arbeitsrechts dar (vgl auch BAG 9 AZR 102/20, Rn 39). Bei der Ermittlung des Sachverhalts darf der Fokus gerade nicht auf ausformulierte Rechtsdokumente reduziert werden. Vielmehr sind auch tatsächliche Zwänge zu berücksichtigen, etwa eine vom Auftraggeber geschaffene Organisationsstruktur, die geeignet sein könnte, Beschäftigte zu dem gewünschten Verhalten zu veranlassen, ohne dass dazu konkrete Weisungen ausgesprochen werden müssen (BAG 9 AZR 102/20, Rn 36).

Dies alles ist im vorliegenden Kontext auch deshalb von Interesse, weil Mayr prognostizierte, dass der AN-Begriff des § 611a BGB durch das BAG im Wege der Rechtsfortbildung dahingehend weiterentwickelt werden könnte, dass an die Stelle persönlicher Abhängigkeit insb eine informationelle Abhängigkeit treten könnte, die sich durch entsprechende Überwachungsmöglichkeiten äußert (S 359; Gruber-Risak spricht in diesem Zusammenhang von der virtuellen Dimension plattformbasierter Arbeit, in der eine hohe Kontrolldichte weniger stark ausgeprägte Elemente der persönlichen Abhängigkeit ausgleichen kann [vgl Gruber-Risak/Griesser/Plank, Arbeiten in der Plattformwirtschaft, DRdA 2023/1, 3 [5]). Es überrascht aber, warum Mayr diese Weiterentwicklung des AN-Begriffs der Judikatur überlassen und sie nicht in ihrer Arbeit selbst in Angriff genommen hat.

Gar nicht thematisiert wird die Möglichkeit, dass es im Rahmen plattformbasierter Arbeit auch zu Konstellationen kommen kann, bei denen eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegt (vgl OLG Wien 10 Ra 59/20z DRdA 2021/16 [zust Gruber-Risak]).

Fazit

Insgesamt spricht Mayr die richtigen Problembereiche an. Trotz des immensen Aufwands und der offensichtlichen Mühen fehlt der Autorin für meinen Geschmack zuweilen der Mut, unkonventionelle Herangehensweisen oder progressive Meinungen zu vertreten. Die Autorin beschränkt sich häufig auf die Darlegung bereits vertretener Meinungen, um sich anschließend für die eine oder andere Seite zu entscheiden, ohne aber eigene innovative Argumentationen oder Konzepte in den wissenschaftlichen Ring zu werfen. Eingelesene Experten erfahren vergleichsweise wenig Neues. Das ist beim eingesetzten Aufwand fast ein wenig schade.

All das ist freilich Jammern auf höchstem Niveau. Unbestritten hat die Autorin mit dem vorliegenden Werk eine beeindruckende Arbeit abgegeben. Dazu möchte ich ihr auf diesem Wege herzlich gratulieren!