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Mündlicher oder schlüssiger Abschluss von Sonderverträgen im öffentlichen Dienst unmöglich

ANDREASWELLENZOHN

Aufgrund einer vom Gemeinderat der Bekl am 14.2.1950 beschlossenen Richtlinie gewährte die Bekl ihren ausgeschiedenen Vertragsbediensteten und deren Hinterbliebenen bestimmte Versorgungsleistungen, nämlich Witwen- und Waisengeld sowie ein Treuegeld, das sich nach der Anzahl der Dienstjahre richtete. Am 16.10.1995 beschloss der Gemeinderat, dass diese Versorgungsleistungen nur solchen DN gewährt werden, deren Dienstverhältnis zur Bekl vor dem 1.1.1996 begründet wurde. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.2020 wurde die Richtlinie mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Die Kl begehrt nach § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass die Richtlinie des Gemeinderats für Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.1996 begründet wurde, weiterhin gelte. Die Richtlinie des Gemeinderats sei aufgrund der be154trieblichen Übung Inhalt der Einzelverträge geworden, sodass die Bekl den Vertragsbediensteten diese Ansprüche nicht einseitig entziehen dürfe.

Die Bekl wendete ein, dass solche im Gesetz nicht vorgesehenen Versorgungsansprüche nur im Wege von Sonderverträgen begründet werden könnten, sodass die Berufung auf eine von den zwingenden Vorgaben des Vertragsbedienstetenrechts abweichende betriebliche Übung unzulässig sei.

Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Da solche Versorgungsleistungen im Vertragsbedienstetenrecht nicht vorgesehen seien, wäre für eine rechtswirksame Begründung solcher Ansprüche nach § 41 NÖ GVBG der Abschluss von Sonderverträgen samt Genehmigung des Gemeinderats erforderlich gewesen. Eine konkludente Genehmigung sei im öffentlichen Recht nicht möglich, weshalb eine Berufung auf die betriebliche Übung ausscheide.

Der OGH erklärte die außerordentliche Revision der Kl mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und führte aus:

Nach § 41 NÖ GVBG können in begründeten Ausnahmefällen im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden, die zugunsten des Vertragsbediensteten von den allgemeinen Bestimmungen für Vertragsbedienstete abweichen. Solche Dienstverträge sind nach § 41 NÖ GVBG als Sonderverträge zu bezeichnen und bedürfen der vorherigen Genehmigung des Gemeinderats. Nach stRsp des OGH ist deshalb ein mündlicher oder gar schlüssiger Abschluss von Sonderverträgen nicht möglich (RIS-Justiz RS0029331). Da keine schriftlichen Sonderverträge abgeschlossen wurden, kann sohin auch die langwährende betriebliche Übung, auf die sich die Kl hier als Grundlage beruft, keine Ansprüche der DN der Bekl begründen (RS0008975; RS0029331).

Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Abschluss von Sonderverträgen sind Schutzvorschriften zu Gunsten des öffentlich-rechtlichen DG (RS0029314; RS0115297). Wurden keine wirksamen Sonderverträge abgeschlossen, kommt nach stRsp des OGH kein Vertrauensschutz in Betracht (RS0029314). Auch hat der OGH bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass gegen die Verfassungskonformität der Regeln über den Abschluss von Sonderverträgen keine Bedenken bestehen (RS0081722).

Die von der Kl in ihrem Zulassungsantrag aufgeworfenen Rechtsfragen wurden damit vom OGH bereits beantwortet. Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.