72Betriebsübergang – Zulässige Stichtagsregelung beim Erwerber kann bessere Pensionskassenregelung auf Stammarbeiter begrenzen
Betriebsübergang – Zulässige Stichtagsregelung beim Erwerber kann bessere Pensionskassenregelung auf Stammarbeiter begrenzen
Der mittlerweile pensionierte Kl war ab 1.9.1990 bei einer GmbH (Veräußererin) beschäftigt. Mit Stichtag 1.7.2010 wurde er durch einen Betriebsübergang AN der Bekl (Übertragung des bisherigen Betriebs an die Bekl durch Aufnahme). Anlässlich des Übergangs wurde das Gehalt des Kl neu strukturiert und vereinbart, dass ausschließlich die Regelungen der Bekl und nicht mehr jene der Veräußerin anzuwenden sind.
Sowohl bei der Veräußerin als auch bei der Bekl gab es eine durch BV geregelte Pensionskassenzusage, die ursprünglich einen AG-Beitrag von 15 % der (über der Höchstbeitragsgrundlage liegenden) Bemessungsgrundlage vorsah.
Im Betrieb der Bekl wurde diese BV zum 31.12.2005 mit Wirkung für alle nach diesem Stichtag eingetretenen AN gekündigt und durch eine nachfolgende BV ersetzt. Diese sieht in der Fassung 21.11.2005 vor, dass für AN mit Eintritt vor dem 1.1.2006 15 % und mit Eintritt nach dem 31.12.2005 5 % der Beitragsbemessungsgrundlage zu leisten sind.
Die Bekl zahlte für den Kl nur 5 % der Bemessungsgrundlage an Pensionsbeitrag ein.
Der Kl begehrte den Ersatz des „Pensionsschadens“ aufgrund der Verweigerung des höheren Beitragssatzes von 15 %. Da er seit 1990 bei der Veräußerin beschäftigt gewesen sei, sei er aufgrund des Betriebsübergangs gleich wie ein vor dem 1.1.2006 eingetretener Stammarbeiter der Bekl zu behandeln. Hinzu komme, dass er schon im Betrieb der Veräußerin Anspruch auf AG-Beiträge in Höhe von 15 % der Bemessungsgrundlage gehabt habe und ihn die Anerkennung des früheren Stichtags insoweit nicht besser als vor dem Betriebsübergang gestellt hätte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung im klagsabweisenden Sinn. Der OGH schloss sich dem Berufungsgericht an und führte aus:
Stichtagsregelungen, mit denen nur für bestimmte, in den Geltungsbereich einer günstigeren älteren Regelung fallende AN (Stammarbeiter) dispositive Ansprüche weiter aufrecht erhalten werden, sind zulässig, weil der Gleichbehandlungsgrundsatz den AG nicht daran hindert, in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren und Vergünstigungen ab einem bestimmten Zeitpunkt den in Betracht kommenden AN nicht mehr zu gewähren. Stichtagsregelungen 155können als Fortwirken einer vormals abstrakt abgefassten begünstigenden Regelung verstanden werden und bewirken, dass die von ihnen betroffene AN-Gruppe bestimmbar und abgeschlossen ist.
Die bei dem Veräußerer verbrachten Dienstzeiten sind zwar aufgrund des § 3 Abs 1 AVRAG so zu berücksichtigen, wie wenn sie beim neuen AG verbracht worden wären, diese Anrechnung schlägt aber laut OGH nicht auf Stichtagsregeln im obigen Sinne in KollV und BV durch. Die §§ 3 ff AVRAG sollen lediglich vor dem Verlust bestehender Ansprüche schützen, weshalb diese Regelungen und die dazu ergangene Rsp nicht erfolgreich zur Begründung eines Anspruchs herangezogen werden können, der dem Kl ohne Betriebsübergang im Betrieb des Veräußerers nicht zugestanden wäre.
Der Geltung des Stichtagsprinzips kann grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass dem übergewechselten AN auch beim Veräußerer eine gleichartige Leistung nach einer dort geltenden BV zugestanden wäre, wie sie beim Erwerber nur mehr Stammarbeitern zukommt. Bei Betriebsübergang nach § 3 Abs 1 AVRAG bleiben die Arbeitsbedingungen aufrecht, es sei denn, aus den Bestimmungen über den Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit (§ 4 AVRAG), die betrieblichen Pensionszusagen (§ 5 AVRAG) und die Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen (§§ 31 und 32 ArbVG) ergibt sich anderes.
Die Höhe der streitgegenständlichen AG-Beiträge zur Pensionskasse gründeten sich jeweils auf Betriebsvereinbarungen. Nach § 31 Abs 7 ArbVG bleibt die Geltung von Betriebsvereinbarungen für AN von Betrieben oder Betriebsteilen, die von einem anderen Betrieb aufgenommen werden, nur insoweit unberührt, als sie Angelegenheiten betreffen, die von den Betriebsvereinbarungen des aufnehmenden Betriebs nicht geregelt werden. Einer Fortwirkung der BV der Veräußerin iSd § 31 Abs 7 ArbVG steht hier entgegen, dass auch bei der Bekl eine BV iSd § 97 Z 18 ff gilt.
Die außerordentliche Revision des Kl war daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.