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Berechnung der Diäten im Güterbeförderungs-KollV

GREGORKALTSCHMID
Pkt C. KollV für Arbeiter im Güterbeförderungsgewerbe 2014

Der Kl war bei der Rechtsvorgängerin der Bekl als LKW-Fahrer beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Güterbeförderungsgewerbe 2014 (idF: KollV), Pkt C., dessen Lohn- und Zulagenordnung lautet:

„C. Tages- und Nächtigungsgelder

Als Abgeltung für den erhöhten Lebensaufwand bei Fahrtätigkeit oder Dienstleistungen außerhalb des Dienstortes (Betriebsstätte, Werksgelände, Lager, usw.) werden Tages- und Nächtigungsgelder gewährt. Als Dienstort (Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) gilt jener Ort (Anschrift), an dem der Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet ist.

1. Tages- und Nächtigungsgelder im Inland

Das Tagesgeld beträgt € 26,40 pro Kalendertag. Dauert die Fahrtätigkeit oder die Abwesenheit vom Dienstort mehr als drei Stunden, gebührt für jede angefangene Stunde 1/12 des Tagesgeldes; bis drei Stunden Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort gebührt kein Tagesgeld. Im Fall einer Nächtigung …“

Der Kl begehrte die Zahlung von € 250,80 netto an Tagesgeldern, die ihm entgegen der Ansicht der Bekl nicht erst ab der vierten Stunde, sondern auch für die ersten drei Stunden Fahrtätigkeit pro Tag gebührten.

Die Vorinstanzen gaben der Kl statt.

In rechtlicher Hinsicht gingen die Vorinstanzen davon aus, dass der normative Teil eines KollV nach den Grundsätzen der §§ 6, 7 ABGB auszulegen sei. In erster Linie sei daher der Wortsinn – auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen – maßgeblich und die sich aus dem Text des KollV ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen. Das Tagesgeld werde als Abgeltung für den erhöhten Lebensaufwand bei Fahrtätigkeit oder Dienstleistungen außerhalb des Dienstortes gewährt, es sei damit pauschalierter Aufwandersatz. Der erste Halbsatz des zweiten Satzes in Pkt C.1. sei eindeutig so zu verstehen, dass bei mehr als drei Stunden dauernder Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort für jede angefangene Stunde (also auch für die ersten drei Stunden) 1/12 des Tagesgeldes gebühre. Der zweite Halbsatz („bis drei Stunden Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort gebührt kein Tagesgeld“) lasse nicht erkennen, dass damit der nach dem ersten Halbsatz bestehende Anspruch eingeschränkt werden solle. Wäre dies gewollt gewesen, müsste die Regelung lauten: „Für die ersten drei Stunden Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort gebührt kein Tagesgeld.“ Insgesamt sei die Regelung so zu verstehen, dass Tagesgeld nur für solche Fahrtätigkeiten oder Abwesenheiten vom Dienstort zustehe, die länger als drei Stunden dauerten, dann aber bereits ab der ersten Stunde.169

Das Berufungsgericht ließ die Revision zur Auslegung der Bestimmung zu.

Der OGH ließ die Revision zu, gab ihr aber keine Folge.

Der OGH teilt die Auslegung der Vorinstanzen, sodass sowohl methodisch als auch im Ergebnis darauf verwiesen werden kann. Hervorzuheben ist, dass die Regelung des Pktes C.1. zweiter Satz in den beiden Halbsätzen zwei Tatbestände anspricht – einerseits eine Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort von mehr als drei Stunden, andererseits eine Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort von bis zu drei Stunden – und dafür jeweils Rechtsfolgen anordnet. Die Anordnung im ersten Halbsatz „für jede angefangenen Stunde 1/12 des Tagesgeldes“ ist dabei schon nach ihrem Wortlaut auf jede Stunde der Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort zu beziehen, wenn die Voraussetzung einer Fahrtätigkeit oder Abwesenheit vom Dienstort von mehr als drei Stunden erfüllt ist. Das entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, weil sich ein erhöhter Lebensaufwand, der mit dem Tagesgeld pauschal abgegolten werden soll, typischerweise aus der Gesamtdauer der Abwesenheit vom Dienstort ergibt, dh aus der Zeitspanne ab dem Verlassen des Dienstortes ohne Rückkehr innerhalb von drei Stunden. Dass das Tagesgeld dabei nicht nur für reine Fahr-, sondern auch für Pausenzeiten gebührt („Abwesenheit vom Dienstort“), stellt die Revision nicht mehr in Frage. Schließlich steht dem auch der zweite Halbsatz nicht entgegen, weil mit diesem klargestellt wird, dass eine Abwesenheit von nicht längerer als dreistündiger Dauer nicht aufwandersatzbegründend ist. Die Beurteilung der Vorinstanzen ist danach nicht korrekturbedürftig.