Zugang zum Arbeitsmarkt von Drittstaatsangehörigen in Gesundheits- und Pflegeberufen

JOHANNESPEYRL

Die Diskussion über Arbeitskräftebedarf in Gesundheits- und Pflegeberufen ist in vollem Gang. Eine von mehreren Stellschrauben, diese Herausforderung zu lösen, ist Zuwanderung bzw Zulassung zum Arbeitsmarkt von drittstaatsangehörigen Arbeitskräften in diesen Berufsbildern.

Gesundheits- und Pflegeberufe umfassen sehr unterschiedliche Berufsbilder, von Ärzt*innen über Krankenpfleger*innen bis hin zu 24h-Pflegekräften. Entsprechend unterschiedlich sind die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen, um als Drittstaatsangehörige/r in diesen Berufen arbeiten zu können. In jüngerer Vergangenheit wurden in diesem Bereich zT durch Gesetze, zT durch Verordnungen und zT durch „Klarstellungen“ in Erlässen einige Änderungen vorgenommen und der Zugang zum Arbeitsmarkt für einige Gruppen vereinfacht. Es ist daher sinnvoll, einen Überblick über diese Bestimmungen zu geben, da diese soweit ersichtlich in der Literatur bislang wenig besprochen wurden.*205

1.
Erteilung einer „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ für Krankenpfleger*innenschüler*innen möglich

Gemäß dem durch BGBl I 2022/106neu eingefügten § 63 Abs 1 Z 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG)* können nun auch Schüler*innen einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG)* oder Teilnehmer*innen eines Lehrgangs für Pflegeassistenz gem § 96 GuKG eine „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ erhalten, wenn sie eine von der Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung (GuK-AV)* oder der Pflegeassistenzberufe-Ausbildungsverordnung* erfasste Ausbildung absolvieren. Im Wesentlichen sind dies Ausbildungen im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege sowie Pflegefachassistenz und Pflegeassistenz.* In weiterer Folge können die Absolvent*innen in diesen Berufsfeldern auch in Österreich erwerbstätig sein (siehe unten Pkt 4).

Klärungsbedürftig scheint, ob es zulässig ist, dass auch die praktischen Teile der Ausbildung von drittstaatsangehörigen Schüler*innen absolviert werden können: Mit einer „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ ist gem § 63 NAG iVm § 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)* eine Erwerbstätigkeit mit Beschäftigungsbewilligung möglich; für eine Tätigkeit bis zu 20 Stunden pro Woche entfällt gem § 4 Abs 7 Z 2 AuslBG die Arbeitsmarktprüfung. Es ist aber auch möglich, mehr als 20 Stunden zu arbeiten, wenn die Schulausbildung als ausschließlicher Zweck gewahrt bleibt (das wäre mE bei einer fachspezifischen Tätigkeit jedenfalls der Fall) und das Arbeitsmarktservice (AMS) keine Ersatzkräfte vermitteln kann. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung wäre daher möglich.

Gem § 3 Abs 5 iVm § 2 Z 15 AuslBG sind auch Praktika möglich, die im Rahmen eines geregelten Lehr- oder Studienganges an einer inländischen Bildungseinrichtung mit Öffentlichkeitsrecht vorgeschrieben sind; solche Praktika sind lediglich anzeigepflichtig. Da gem § 18 Abs 4 GuK-AV die praktische Ausbildung in Form von Praktika durchzuführen ist, liegen die Voraussetzungen vor, somit können Krankenpfleger*innenschüler*innen auch die praktischen Teile der Ausbildung absolvieren. Gleiches gilt für Pflegeassistenzberufe gem § 15 sowie Anlage 1 und 2 Pflegeassistenzberufe-Ausbildungsverordnung.

2.
Besonderheiten für die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“

Ärzt*innen, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen sowie nicht diplomierte Krankenpfleger*innen und verwandte Berufe sind in der FachkräfteVO 2023* angeführt und können daher, wenn sie über eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, gem § 41 NAG iVm § 12a AuslBG eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ als Fachkraft in Mangelberufen erhalten.

Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen sowie Pflegefachassistent*innen mit Qualifikationsnachweisen aus Drittstaaten oder dem EWR, bei denen zur Anerkennung bzw Nostrifikation Ergänzungen nötig sind, sind berechtigt, sich im jeweils niederschwelligeren Pflegeberuf (Pflegefach- oder Pflegeassistenz) in das Gesundheitsberuferegister eintragen zu lassen und diesen Beruf innerhalb von zwei Jahren ab Erlassung des Anerkennungs- oder Nostrifikationsbescheides auszuüben.*

Nach einem Erlass des Arbeitsministeriums* gilt das Kriterium der „einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung“ für die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ als Fachkraft in einem Mangelberuf für diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen sowie Pflegefachassistent*innen als erfüllt, wenn diese über entsprechende ausländische Ausbildungsabschlüsse und (durch Auflagen bedingte) österreichische Anerkennungs- bzw Nostrifikationsbescheide verfügen. Von der Voraussetzung der Eintragung im Gesundheitsberuferegister für den jeweiligen niederschwelligeren Pflegeberuf bereits vor Erteilung der „Rot-Weiß-Rot – Karte“* kann laut Arbeitsministerium abgesehen werden.* Voraussetzung ist natürlich, dass diese Berufe in der jeweils aktuellen FachkräfteVO als Mangelberufe aufscheinen.

In einem thematisch verwandten Erlass* wurde auch der Zugang zur „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für Fachkräfte in Mangelberufen für Gesundheits- und Krankenpfleger*innen, die ihre einschlägige Ausbildung außerhalb Österreichs abgeschlossen haben, erleichtert: Diese Personen können unter bestimmten Voraussetzungen gem § 34 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) eine Tätigkeit im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege unter Anleitung und Aufsicht einer*eines 206diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin bzw -Krankenpflegers zu Fortbildungszwecken bis zur Dauer eines Jahres ausüben, wenn ihnen vom Landeshauptmann eine entsprechende Bewilligung erteilt wurde. Eine Verlängerung um ein Jahr ist möglich. Auch in diesem Fall gilt nach dem Erlass bei Vorliegen dieser Bewilligung das Kriterium der „einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung“ für die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ als Fachkraft in einem Mangelberuf gem § 41 NAG iVm § 12a AuslBG als erfüllt.

In beiden Fällen ist zu untersuchen, ob das Kriterium der einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung gem § 12a Z 1 AuslBG erfüllt ist. Dies ist mE zu bejahen: Da nach dem klaren Wortlaut der oben angeführten §§ 28a, 31 und 89 Abs 6 GuKG der konkrete jeweils niederschwelligere Beruf ausgeübt werden darf, auch wenn das Nostrifikationsverfahren noch läuft, liegt eben insofern für diesen Beruf eine abgeschlossene Berufsausbildung vor, schließlich darf er auch berufsrechtlich ausgeübt werden.* Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung ist aufenthalts- bzw beschäftigungsrechtlich nicht erforderlich.* Ähnlich verhält es sich im Fall des § 34 GuKG: Auch hier ist die Ausübung des Berufs berufsrechtlich zulässig, für die Erteilung der „Rot-Weiß-Rot – Karte“ ist eine Nostrifikation bzw Anerkennung nicht zwingend nötig. Somit ist in diesen Anwendungsfällen mE davon auszugehen, dass das BM für Arbeit und Wirtschaft zu Recht die Auffassung vertritt, dass in diesen Fällen eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z 1 AuslBG vorliegt.

3.
Ausnahme vom Geltungsbereich des AuslBG für Pflegekräfte, die ihre Ausbildung in Österreich absolviert haben

Für Personen, die bereits in Österreich über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG verfügen, ist die Arbeitsaufnahme weiter vereinfacht: Drittstaatsangehörige, die über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG verfügen und in Österreich eine Ausbildung als diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen bzw in einem Pflegeassistenzberuf nach den Bestimmungen des GuKG erfolgreich absolviert haben und nach dem GuKG zur Berufsausübung berechtigt sind, sind gem § 1 Z 6 AusländerbeschäftigungsVO vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen; diese Personen können daher (in der Regel in einem Zweckänderungsverfahren gem §§ 24 Abs 4 oder 26 NAG) eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ gem § 43b NAG erhalten und ohne weitere Bewilligung erwerbstätig sein. In der Praxis wird das fast ausschließlich Personen betreffen, die über eine „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ als Schüler*innen einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege oder als Teilnehmer*innen eines Lehrgangs für Pflegeassistenz verfügen.

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sind bereits aufgrund ihres Status vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen,* Personen mit „Daueraufenthalt – EU“ bzw „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ sind gem § 17 AuslBG zur Ausübung jeder Erwerbstätigkeit berechtigt. Asylwerber*innen sowie (selten) Personen mit „Aufenthaltsberechtigung“ gem §§ 55 oder 56 AsylG oder „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gem § 57 AsylG und auch ukrainische Vertriebene gem VertriebenenVO* haben eben kein Aufenthaltsrecht nach dem NAG. Aber auch Personen, die ein Aufenthaltsrecht gem NAG haben, aber keinen Zugang zu unselbständiger Erwerbstätigkeit (zB „Niederlassungsbewilligung“, „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“), können gem § 33 NAG auch keine Tätigkeit ausüben, die vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen ist. De lege ferenda wäre sinnvoll, diesen sehr eingeschränkten Personenkreis zu öffnen.

4.
24-Stunden-Pflege

24-Stunden-Pflege wird – jedenfalls faktisch – nahezu ausschließlich von EU-Bürger*innen in selbständiger Erwerbstätigkeit ausgeübt. An der Qualifikation als selbständige Tätigkeit kann mit sehr guten Gründen gezweifelt werden,* das ändert aber nichts daran, dass dies die bei weitem dominierende Form der Erwerbstätigkeit von 24h-Pflegekräften darstellt. Somit wird die 24-Pflege weitgehend im Rahmen der Niederlassungs- bzw Dienstleistungsfreiheit ausgeübt.

Unter diesen Rahmenbedingungen ist auch ein Zugang zum Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer 24h-Pflegetätigkeit faktisch unmöglich: Eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“ für selbständige Schlüsselkräfte scheidet aus, da weder Investitionskapital eingebracht wird noch Arbeitsplätze geschaffen werden. Möglich wäre allenfalls eine „Aufenthaltsbewilligung – Selbständiger“ gem § 60 NAG, die erteilt werden kann, wenn sich Drittstaatsangehörige zur Durchführung 207einer bestimmten selbständigen Tätigkeit vertraglich verpflichtet haben und diese Verpflichtung länger als sechs Monate bestehen wird.* Allerdings muss das AMS bei begründeten Zweifeln der Aufenthaltsbehörde am Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit prüfen, ob tatsächlich eine solche vorliegt; es muss gegebenenfalls abgewartet werden, ob das AMS in diesen Fällen tatsächlich Selbständigkeit annimmt.

Für eine Zulassung zu einer unselbständigen Tätigkeit als 24h-Pflegekraft bleibt mangels anderer Möglichkeiten nur die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“. Die Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen ist zwar nicht ausgeschlossen, aber doch in den meisten Fällen nicht wahrscheinlich.

5.
Conclusio

In letzter Zeit wurden einige Anstrengungen unternommen, um die Zulassung zum Arbeitsmarkt von Drittstaatsangehörigen in Gesundheitsberufen besser möglich zu machen. Ob diese Maßnahmen aber tatsächlich zielführend sind (siehe zB die oben angeführte Beschränkung der Ausnahme aus dem AuslBG auf Pflegekräfte, die bereits ein Aufenthaltsrecht gem NAG besitzen), wird abzuwarten sein, Zweifel sind aber angebracht.