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Unberechtigte Entlassung nach teilweiser Zurückbehaltung der Arbeitsleistung wegen Entgeltvorenthaltung

MANFREDTINHOF

Aufgrund von Gehaltsrückständen behielt ein AN seine Arbeitsleistung zurück, verrichtete jedoch noch teilweise Tätigkeiten für die AG. Nachdem er wegen Arbeitsverweigerung entlassen worden war (§ 27 Z 4 AngG zweiter Tatbestand), machte er die sich daraus ergebenden Ansprüche klageweise geltend. Die AG bestritt zwar weder, dass im relevanten Zeitraum Lohnrückstände bestanden, noch dass diese den AN grundsätzlich zur Zurückbehaltung seiner Arbeitsleistung berechtigt hätten. Sie meinte jedoch, der AN habe die ihm übertragenen Aufgaben teilweise erfüllt und daher von seinem Leistungsverweigerungsrecht objektiv keinen Gebrauch gemacht.

Die Vorinstanzen gingen von der Berechtigung eines AN aus, seine Arbeitsleistung so lange zurückzuhalten, bis der AG einen bereits fällig gewordenen Lohnrückstand gezahlt hat, und verneinten somit das Vorliegen des Entlassungsgrundes. Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG zurück.

Nach § 1155 Abs 1 ABGB gebührt dem AN auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des AG liegen, daran verhindert worden ist. Es genügt, dass der AN einen derartigen die Arbeitsverweigerung rechtfertigenden Grund im Prozess nachweist, ohne dass es darauf ankommt, ob er diesen Grund im Zeitpunkt der Ablehnung der Arbeit vorgebracht hat.

Da durch das Vorenthalten des fälligen Lohnes die völlige Verweigerung der Arbeitsleistung gerechtfertigt gewesen wäre, kann sich die AG nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Entlassung gerechtfertigt sei, weil der AN nur die ihm aufgetragene, nicht aber jegliche Arbeitsleistung verweigert habe.